Website-Icon Fortuna-Punkte

Marathon in Düsseldorf? Interessiert keine Sau…

Spannend wird, wieviele „Zuschauer“ sich die Düsseldorfer Lokalmedien dieses Mal zusammenlügen. In den Vorjahren gingen die offensichtlichen Fälschungen bis au Operettenwerte von 500.000 Bekloppten, die angeblich den 18.000 Läufern zujubelten. Dieses Mal versucht die ehemals ernstzunehmende Zeitung „Rheinische Post“ die Veranstaltung zur fröhlichen Partymeile hochzujazzen: „An der Laufstrecke reiht sich Party an Party: Sambagruppen, Musikbands und Bergmannsleute sorgen für Stimmung.“ – getreu dem Reklamespruch für die bescheuerte Rumrennerei, der da „42 Kilometer Emotionen“ lautet. Drunter geht’s ja nicht mehr bei diesen vor Zynismus nur so triefenden Events. Wieder kontrollierte ihr Ergebenster den südlichen Teil der Strecke zwischen Corneliusstraße und Landtag, zwischen Hütten- und Steinstraße. Als der Führende, ein gewisser Marius, nach 1:48 an der Berliner Allee vorbeikam, fanden sich an der Kreuzung zur Graf-Adolf-Straße handgezählte ELF „Fans“ ein. Bei Kilometer 41 am Südende der Kö waren es NULL…

Warten auf das Feld der Läufer
Entlang der Hüttenstraße flanierten die Sonntagsmittagsspaziergänger, nur eine dürre Frau mit Fahrrad applaudierte einem der menschlichen Rennpferde zu. An der Verpflegungsstation auf der Steinstraßen-Brücke über den Kö-Graben standen auf der Südseite SIEBEN Menschen, während sich gegenüber rund 40, vielleicht 60 Personen versammelt haben. Das Streckenpersonal war jedenfalls immer in der Überzahl. Die Webcam am Burgplatz, dem Startort, zeigt gegen 12:00 von den Absperrungen gestörte Passanten, und am Ziel lag die Menschenmasse gegen 11:00 bei vielleicht 200, 300 Menschen. Interessant am sehr unterschiedlichen Engagement der übriggebliebenen Düsseldorfer Lokalzeitungen: Keiner nennt die Veranstaltung bei ihrem Namen, den eigentlich handelt es sich ja um den „Metro-Group Marathon Düsseldorf 2015„. Das war in den Vorjahren anders. Dazu passt, dass außer der RP Online die anderen lediglich über die umfassenden Straßensperrungen berichten. Vermutlich hat die Metro-Group dieses Mal nicht genug Werbegelder in die klammen Kassen der Gazetten fließen lassen.

Marathon-Zirkus auf der Kö
Dass sich aber immer wieder annähernd 18.000 Irre – neben den rund 80, 100 Profis, von denen noch die Rede sein wird – finden, die als Amateure mitlaufen, muss als Symptom einer schweren Störung der Gesellschaft betrachtet werden, als Auswuchs des galoppierenden Selbstoptimierungswahns, der gerade per Apple Watch in den Selbstvermessungirrsinn übergeht. Betrachten wir es differenziert: Ja, es gibt bundesweit Tausende Menschen, die dem Laufsport anhängen und ihn eben als Sport betreiben, einige davon haben sich auf Marathonrennen spezialisiert. Aber die Mehrheit der Mitläufer(sic!) bei den diversen Stadtmarathons sind Geelgenheits- oder Niejogger, die irgendwem irgendwas beweisen wollen. Prototypisch die arme Sau, die von 140 auf 80 Kilo abgespeckt hat, um einmal im Leben eine solche gesundheitsgefährdende Tortur über sich ergehen zu lassen. Oder Papi, der sonntags stolz durch den Park joggt und nun den versammelten Clan zwingt, ihm beim Hecheln und Stöhnen zuzujubeln. Im Hintergrund lauert immer der Schweinehund, der innen sitzt und den es auszutricksen gilt. Dass es sich um einen üblen Militärbegriff handelt, weiß natürlich wieder keiner:

Im Zweiten Weltkrieg war es allgemeines Landserdeutsch und danach bei Trainern und Turnlehrern noch lange als „Besiegen des Inneren Schweinehundes“, also der Überwindung von Faulheit und mangelnder Disziplin in Gebrauch. Neuerdings wird der „innere Schweinehund“ meliorativ verwendet. [Quelle: Wikipedia]

Diesen von der Natur mit Recht installierten inneren Widerstand gegen gefährliche und/oder bescheuerte Handlungen zu überwinden, gilt den Menschen in der entsolidarisierten Ich-Gesellschaft als Heldentat. Dabei ist es nur der in aller Öffentlichkeit vorgetragene Brunftschrei: Nehmt mich, ich bin besser als die anderen. Also als die Nichtläufer. Denn bei allem Dummquatsch vom fröhlichen Marathonisieren entlang einer ewigen Partymeile handelt es sich um knallharten Konkurrenzkampf. Besonders bei den Profis, denen ins Gesicht zu schauen Ihr Ergebener das geringe Vergnügen hatte: Die Typen sehen nach knapp zwei Stunden Trab aus wie Hamster auf Ecstasy, wobei die Analogie zu leistungsfördernden Substanzen ohnehin sehr, sehr nahe liegt.

So ist das Schönste am Marathon in Düsseldorf, dass weite Teile der Innenstadt an einem Sonntag über viele Stunden autofrei sind. Und eben weitestgehend menschenleer.

Die mobile Version verlassen