Wie schrieb heute ein Freund auf Facebook? „Und jetzt mal ab vom Spiel: Danke Essen. Danke Stadion. Danke RWE-Fans. Habe schon lange nicht mehr das Gefühl gehabt, beim echten Fußball zu sein. Ich wünsche euch, dass ihr wieder hoch kommt, wenigstens in die Traditionsliga. Denn da gehört ihr hin!“ Dem kann sich jeder, der den echten Fußball liebt, nur anschließen. Gerade wir Fortuna-Fans, denn uns ging’s kaum zwölf Jahre zuvor nicht viel anders. Auch da wünschten sich viele Freunde anderer richtiger Fußballvereine uns zurück. Natürlich würden wir den RWE auch dann noch hassen, wenn er wieder in einer Liga mit uns kickt, aber wir würden den Leipzigs, Ingolstadts, Hoffenheims und Wolfsburg auch zeigen, wie das so ist, wenn in einem Fußballstadion Fußball vor Fußballfans gespielt wird. Und, nein, es gibt auch bei schärfster Rivalität nicht jedes Mal Bürgerkrieg. Auch wenn gestern die gewaltbereite Bundespolizei am Hbf Essen versuchte, bürgerkriegsähnliche Verhältnisse zu erzeugen, und der durchgenknallte Essener Cop-Vorturner sogar einen Wasserwerfer im Industrigebiet versteckte: Die von gewissen Polizeigewerkschaftlern und Sozeninnenministern herbeigesehnten Krawalle blieben aus.
Erstaunlicherweise erklärten die üblichen Schreibfinken auch die beideitige Rauch- und Pyroshow nicht zu „Ausschreitungen“. Das taten leider vor allem Fortuna-Fans, bei denen die seit 2012 intensiv betriebene Gehirnwäsche nun gewirkt hat. Pyro ist böse, weil der DFB in seiner unendlichen Weisheit Strafen gegen die Vereine ausspricht, die also dafür zahlen müssen. Greifen wir doch bitte mal auf die Argumente der grandiosen 12:12-Bewegung zurück: Das Geldstrafensystem des DFB ist am ehesten mit mafiöser Schutzgelderpressung zu vergleichen. Und diese fehlgeleiteten Pyrogegner erklären die eigenen Leute zu Feinden, die eben für Rauch und Feuer im Stadion sorgen, also für eine dermaßen geile Stümmung wie gestern an der Essener Hafenstraße. Dass es die Ultragruppierungen aber nicht schaffen, nur Buben an die Bengalos zu lassen, die diese nicht irgendwann panisch auf den Rasen schmeißen, ist beschämend. Gerade UD rühmt sich ja gern, für Kontrolle im Ultra-Teil der Fanschaft zu sorgen, verhindert aber auch das wirklich gefährlich und blöde Böllerwerfen nicht. Daran wäre zu arbeiten.
Es war also alles besten angerichtet im ehemaligen Georg-Melches-Stadion. Das Haus war voll, die RWE-Leute waren bester Laune, und nachdem sich die Rauchschwaden verzogen hatten, konnte der hochgradig verwirrte Schiri Siebert anpfeifen. Das war der Pfeifenmann, der das legendäre 5:5 gegen den BTSV lautete und den Ihr sehr Ergebener anno 2008 nach dem Spiel gegen Offenbach noch lobte. Aber irgendwie kam der mit der Situation nicht zurecht, dass zwischen den spielenden Teams zwei Ligen lagen. Schlaue Spieler hätten das schnell mitgekriegt, aber ein Herr Koch ist offensichtlich nicht schlau genug, sondern springt einem RWE-Kicker mit beiden Beinen voran in die Füße. Hätte auch ne Rote geben können. Dann gab’s zwei weitere Ruppigkeiten unserer Spieler, und nun wurde Gelb verteilt. Das spielte den Essener in die Karten, die deutlich auf Ballgewinn spielten und praktisch immer den ballführenden Fortunen anliefen – meistens sogar zu zweit.
Besonders dem schnellen und sympathischen Herrn Bolly gelang fast nichts, und mancher auf der Tribüne dachte: Mensch, Trainer, erlös ihn doch. Nein, der musste sich erst Mitte der zweiten Hakbzeit an den Oberschenkel fassen um endlich Platz für unseren Ihlas Bebou zu machen. Und der zeigte eine ganz andere Nummer. Besonders kämpferisch. Wieder war er es, der dem Angriffsspiel der Fortuna Schwung verlieh. Ähnlich wie unser Axel nach seiner Einwechslung. Wobei der viel mehr Fehler macht, als man es von ihm gewohnt ist. Aber die zweite Hälfte brachte eben mehr Ausgeglichenheit zwischen den Gegner und damit ein spannendes Spiel mit Chancen hüben und drüben. Hätte auch ein Torfestival geben können, aber auch der junge Robin Heller, den wir ja alle bestens kennen, stand dem Herrn Unnerstall in nichts nach und hielt seinen Kasten sauber. So kam es zur Verlängerung, in der die Regionalliga-Kicker des RWE deutlich abbuaten. Zumindest deutlicher als die Zweitliga-Profis der Fortuna, von denen einige aber auch schon recht platt waren. Gerade in der zweiten Hälfte dieser Verlängerung entstand erstmals Überlegenheit für unsere Mannschaft, die in einer Handvoll riesiger Chancen mündeten, die aber keiner reinmachte.