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[Ergänzt] F95 vs Bochum 1:3 – Wo in aller Welt ist Tugrul Erat?

Paul Simon sang einst über die 50 Wege, die/den Geliebte/n zu verlassen. Das aktuelle Team von Fortuna Düsseldorf führt uns diese Saison 50 Möglichkeiten vor, ein Spiel blöd zu verlieren. Gestern war es die Variante „Spiele 60 Minuten gut, führe verdient, krieg blöd den Ausgleich, gerate durch einen Traumfreistoß in Rückstand und brich dann komplett auseinander.“ Mit dieser Kurzbeschreibung ist eigentlich alles gesagt, außer dass spätestens ab Minute 80 ein Großteil der anwesenden F95-Anhänger über einen Weg nachdachte, diese Geliebte zu verlassen. Es ist so traurig, so aussichtslos, so deprimierend – und am Freitag müssen wir wieder da hin. Frust macht Wut, und der Zorn der enttäuschten Fans ist inzwischen richtungslos oder, besser gesagt, beliebig. Nachdem es ja im vergangenen Jahr vor allem die Funktionäre Kall, Schulte und Jäger waren sowie partiell der Aufsichtsrat, sind es inzwischen hauptsächlich der Manager Azzouzi und eine Auswahl an Spielern, denen gern die aktuelle Situation angelastet wird. Gestern kam dann noch Neu-Trainer Marco Kurz hinzu, dem die Einwechslung der Herren Pohjanpalo und Bolly zum Vorwurf gemacht wird und das resignierte Sitzenbleiben auf dem Patexstuhl nach dem 10-Minuten-Desaster.

Tatsächlich erinnerte die Haltung des Trainers ein wenig an die Haltung von Ex-Trainer Kramer vor seinem Ende und leider auch an Buyo Büskens am Ende seiner kurzen Leidenszeit an der Seite der Diva. Dabei kann man zum Spiel gestern alles Mögliche schwafeln, aber die Niederlage an dem einen oder anderen Spieler oder dem Trainerstab festzumachen, ist nackter Schwachsinn. Genau bescheuert wie das erste Gegentor dem Herrn Rensing zuzuschreiben, also als Torwartfehler zu bezeichnen. Die Pille war verdeckt und beschrieb (später im TV gut zu sehen) eine physikalisch kaum mögliche Kurve. Dass es dann wenig später diesen Freistoß gab, der zur Führung für Tiefimwesten führte, war natürlich Ergebnis einer defensiven Fehlleistung, aber einer, die beinahe jeder Mannschaft in beinahe jedem Spiel mal passiert. Und das Torschütze Sararer sich wenig später in einer gefährlichen Situation fein aus der Verteidigung raushält, kennt man von ihm. Bumms, drei Dinger in gut zehn Minuten. Danach war Schicht im Schacht.

Inzwischen tief im Westen kurz vor Bochum. Eine Stunde später angepfiffen die Partie der SG Wattenscheiß gegen unsere Zwote im kuschelig nass-kalten Lohrheidestadion vor handgezählten 375 Zuschauern. Ein Wahnsinn, der sich an der Torfolge festmachen lässt: 0:1, 1:1, 2:1, 2:2, 3:2, 3:3. Der Ausgleich übrigens so ungefähr in der 93. Minute. Hei, muss das ein Spaß gewesen sein für die treuen Anhänger der Zwoten, denen kein Weg zu weit, kein Stadion zu nass-kalt ist, wenn die U23 antritt! Und nun kommt’s: Torschütze zum 2:2 und 3:3 ist ein gewisser Tugrul Erat. Die Älteren werden sich erinner: Das ist doch dieses immer gutgelaunte Eigengewächs, das mal wie die große Hoffnung aussah, aber schlecht beraten und von gewissen Trainer schlecht gefördert weg wollte, aber nicht konnte, trainingsfaul und -fauler wurde und in die Zwote strafversetzt wurde.

Da fragt sich der Detailversessene: Zu welchem Kader gehört denn der Tuggi jetzt? Zu dem der ersten Mannschaft oder zur U23? Und geht frohgemut auf die Vereinswebsite. Im Kader der „Profis“ (so heißt das da) isser nicht. Also rüber in die Rubrik „Nachwuchs“ und dann unter U23 bei „Team“. Da isser auch nicht. Es gibt ihn nicht. Das mag auf den ersten Blick nach lustiger Schlamperei aussehen, zeigt aber auch den Umgang der aktuellen Vereinsverantwortlichen mit den Spielern, namentlich den Kickern aus dem eigenen Nachwuchs. Es geht nach dem Holztäfelchen-Prinzip (Jens). Oder nach dem Dich-brauchen-wir-nur-wirklich-nicht-mehr-Verfahren (Lumpi). Und jetzt kommt die Methode hinzu, einen nicht mehr genehmen Spieler zur Unperson zu machen. Also den fröhlichen Kerl, der im nass-kalten Bochumer Vorort nicht aufgibt, bevor er in der Nachspielzeit den Ausgleich macht.

Da fragt sich Ihr ergebener Berichterstatter, wie wir Fans eigentlich von den aktuellen Söldnern so etwas wie Identifikation mit dem Verein erwarten können, wenn sich der Verein nicht einmal mit seinen Spielern identifiziert? Übrigens: Die Verantwortlichen eiern momentan herum, ob sie dem erfolgreichen Leiter des Nachwuchsleitungszentrums (NLZ) Markus Hirte und dem ebenso erfolgreichen U23-Trainer Taskin Aksoy mit neuen Verträgen ausstatten sollen. Und da fragt sich Ihr Ergebener erneut: Was können wir bei dieser bescheuerten Personalpolitik – die sich übrigens durch alle Abteilungen des Vereins, auch die nicht-sportlichen hindurch zieht – eigentlich von den Insassen des „Profi“-Kaders erwarten? Weiter: Da werden aussichtsreiche U23-Spieler in den Kader der ersten Mannschaft geholt … und verschwinden in der Versenkung. Wer will es da den jungen Spielern (und ihren Beratern) verdenken, dass sie schnell wechseln, wenn sie von woanders her ein halbwegs erträgliches Angebot bekommen.

Klären wir auf: Natürlich ist Tugrul Erat, Nationalspieler von Aserbeidschan, noch für die erste Mannschaft spielberechtigt. Vielleicht sollte sich Trainer Kurz den mal ins Training der Ersten holen und begutachten. Und dann auch noch Nazim Sangarè und vor allem Kemal Rüzgar. Zusammen mit Ihlas Bebou, Marcel Sobottka, Christian Gartner und Emma Iyoha hätte er dann eine Reiher feuriger Spieler auf der Bank oder auf dem Platz, die es sich gar nicht leisten können, die Zeit bis zum Vertragsende aus- oder abzusitzen. Und er müsste nie, nie, nie wieder die Herren Pohjanpalo, Bolly und auch Koch einwechseln.

Ergänzung 02.03.2016, 11:20: Die Website-Jungs haben übrigens schnell reagiert, und Tuggi wird jetzt wieder im Team der Zwoten geführt.

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