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[Geändert und ergänzt] Harmlosia B. vs F95 0:0 – oder: Irgendwas ist immer

Natürlich ist es unmöglich, einen Spülbericht zu verzapfen, wenn man weder beim Spiel im Stadion war, noch eine Live-Übertragung der Partie in einer Gastwirtschaft verfolgen konnte. Andererseits ist es ein spannendes Experiment, über eine Begegnung der glorreichen Fortuna zu schreiben allein auf Basis der vom TV gereichten Häppchen und diverser Aussagen von Augenzeugen. Auch so entsteht ein rundes Bild, das beim Spiel in Blödelfeld genau zwei Seiten hat: eine fußballerische und eine fanszenische. Wobei alles in allem über Letzteres gesagt werden kann: The torture never stops. Oder: Same procedure on and on. Denn die Auslöser für eine äußerst heftige Boxerei im Stehblock der Fortunen waren dieselben, die wir nun schon spätestens seit Klautern 2013 kennen: Einer hat was an, andere hängen was auf; bestimmte Leute fühlen sich provoziert und provozieren zurück und – schwupps – kreist der Hammer. Neu an den gestrigen „Vorfällen“, die hier im Detail nicht beleuchtet werden sollen, dass nun auch UD mittendrin war.

Wie üblich wird von der „Spaltung der Fanszene“ geschwafelt und die Einheit derselben beschworen. Wie immer mit denselben Argumenten. Gespalten ist die Fortuna-Fanszene ja spätestens seit dem Rausmobben der Ultragruppe Dissidenti aus dem Block 42B vor gut zwei Jahren, das die Ultras Düsseldorf (UD) einfach so haben geschehen lassen. Seitdem gibt es Fronten, und die paar Rechtsdrehenden, die sich immer noch im Stadion zeigen, kommen nur noch, um die „linken Zecken“ ordentlich zu provozieren, worauf die immer und immer wieder einsteigen. Ab und an gibt es Schlichtungsgespräche und sogar Absprachen. An solche Absprachen halten sich die beteiligten Gruppen in der Regel, aber dann gibt es immer wieder verstrahlte Einzelnasen, die mal Helden für einen Tag sein wollen und zum Beispiel im Thor-Steinar-Leibchen in den Auswärtsblock klettern. Schon sind für „die Linken“ alle Nicht-Linken Faschos und man schwingt die Nazikeule gegen Gruppen, die in Sachen politischer Positionierung heterogener nicht sein könnten.

Stein des Anstoßes ist aber vor allem die Freundschaft diverser Mitglieder der Hool-Truppe Bushwhackers Düsseldorf (BD) mit Fans des spanischen Spitzenklubs Atletico Madrid. Die entzündete sich vor Längerem an einem Banner der dortigen Fangruppe „Frente“, in der auch und nicht wenige Anhänger der faschistischen Falange enthalten sind, die sich die alten Zeiten unter Caudillo Franco zurückwünschen. Dieses Banner galt den antifaschistischen F95-Anhänger als faschistisch und die Personen, die es zeigten, also als Nazis. Und weil Differenzieren so schwer ist und Intelligenz erfordert, wurde gleich die ganze Gruppe, zu der diese Bannerträger zähl(t)en, zu Nazis erklärt. Die Schlichtung ergab den Verzicht auf diese Frente-Fahne.

Stattdessen hing gestern eine Atletico-Madrid-Fahne am Zaun auf der Alm. Und schon ging das alte Spiel wieder los… Natürlich darf man fragen, weshalb man bei einem Spiel der Fortuna das Banner irgendeines anderen Vereins aufhängt, aber so betrachtet: die Protagonisten der großen Fanfreundschaft zwischen Fortuna Düsseldorf und Ipswich Town FC tun das auch. Diese war aber nicht Auslöser der Keilerei. Auch der Typ mit dem Thor-Steinar-T-Shirt nicht, denn nach dem Kapo Marvin auf Fahne und T-Shirt aufmerksam gemacht hatte, zog der Typ sich was über, und UD und Dissidenti beschlossen, die Atletico-Fahne zu ignorieren.
[Ergänzung]: Stattdessen legte es ein Trupp von zehn, zwölf Burschen, die sich am und auf dem Zaun aufhielten, darauf an, den Rest des Blocks, vor allem aber die Ultras der verschiedenen Geschmacksrichtungen zu provozieren. Dass diese provozierenden Youngster unter erheblichem Einfluss von Substanzen standen, bestätigen fast alle Anwesenden. Dann riss einem der provozierten Ultra der Geduldsfaden, sodass er einen gefüllten Bierbecher in Richtung der Störer schleuderte – und einen auch traf. Anlass genug für diese Testosteronopfer, eine Massenschlägerei anzuzetteln, die dann auch auf Gruppen übergriff, die sich eigentlich heraushalten wollten. Dass es in der Folge zu Koalitionen verschiedener Gruppen kam, die lange nicht mehr kooperiert haben, ist die einzig gute Nachricht zum Thema.

Meier und Funkel: die alten Nasen
Ein bisschen aufgeladen war das Spiel auf der Blödefelder Alm durch die Begegnung zwischen dem Aufstiegstrainer Norbert Meier und dem approbierten Abstiegsverhinderer Friedhelm Funkel. Die Statistiken sagen, dass sich die Herren kickend auf dem Rasen nur ein paar Mal gegenüberstanden. Ob sie sich sonst persönlich kennen, weiß man nicht – es könnte aber gut sein, weil sie sich in mancher Hinsicht ähneln. In der laufenden Saison aber haben beide für ihr jeweiliges Team dieselbe Aufgabe zu erfüllen: den Abstieg zu verhindern. Bisher hat sich die Arminia als Aufsteiger ganz gut geschlagen, aber aus der Gefahrenzone ist der Ostwestfalen-Club noch nicht heraus. Und weil die Fortunen ebenfalls noch knöcheltief im Abstiegssumpf stecken, war es nach langer Zeit mal wieder ein Duell auf Augenhöhe.

Bei dem das derzeitige F95-Team durchweg die bessere Mannschaft war. Wer eine stupide Mauerei erwartet hatte, sah sich getäuscht, denn beide Truppen gingen Risiko. Die Funkel-Adepten glänzten durch erheblich mehr Ballbesitz, spielten sich aber so gut wie keine Chancen heraus. Und wenn, dann war der arminische Tormann erfolgreicher als der jeweilige Schütze. Und doch: Nicht lang vor der Pause hätte die Partie eine entscheidende Wende nehmen müssen, weil ein Blödelfelder per Notbremse eine Hundertprozentige von Herrn Djurdjic verhinderte und der hoffnungslos überforderte Schiri Kempter nicht einmal pfiff. Überhaupt gingen die Kicker um Herrn Meier ziemlich rüde zu Werk, was der besagte Referee aber selten ahndete.

Brotlose Kunst
Immerhin rund 4.000 Anhänger des Deutschen Meisters von 1933 waren in die nichtexistente Stadt gereist, um das Team zu unterstützen, aber ab etwa der 60. Minute – als die Schlägereien im Block begannen – war es mit dem Support so gut wie Essig. Da wogte die Partie immer noch hin und her, und nun war es mehrfach der Herr Rensing, der was gegen einen möglichen Rückstand unternahm. Spieler das Tages war (erneut) der Herr Fink, der immer noch keinen neuen Vertrag hat – was (erneut) gegen die Fähigkeiten des noch amtierenden Managers Azzouzi spricht. Am Ende blieb die Kunst der Männer in kurzen Hosen auf beiden Seiten brotlos.

Stellt sich wieder die Frage: Hat der feige Rausschmiss von Trainer Kurz was gebracht? Rein statistisch betrachtet lautet die Antwort: Ja. Denn vier Punkte aus zwei Spielen hatten wir lange nicht. Aber nüchtern betrachtet hat es schon unter Trainer Kramer – die Älteren werden sicher erinnern: der amtierte Anfang der Saison – Spiele wie dieses gegeben, und insgesamt ist kaum ein Aspekt der fortunistischen Kickerei anno 2016 wirklich besser geworden. Wer zum Beispiel sagt, die aktuellen Kicker hätten bisher nicht gekämpft, lügt (sich selbst was in die Tasche). Vielleicht ergibt der gesamte Spielfilm der Saison 2015/16 das Urteil „Viel Pech gehabt“. Und dafür hätten dann die Versager gleich ZWEI Trainer verschlissen? Der einzige Aspekt, bei dem eine Verbesserung festzustellen ist: die Fehlerquote. Gab es in der Hinrunde teils (statistisch nachweisbare) Fehlpassquoten bei 60 Prozent – und zwar flächendeckend über alle eingesetzten F95-Kicker – sind es inzwischen eher einzelne Akteure, denen in jedem zweiten Spiel kaum ein Zuspiel gelingt. Da ist unter Trainer Funkel eigentlich nichts besser geworden.

Und trotzdem: Vermutlich ist der Jung aus Nüss à la longue der richtige Mann für die Fortuna. Denn der sucht nach seiner langen Wanderschaft durch die Clubs der Republik nun eine Heimat – ähnlich wie seinerzeit der betagte Wolf Werner. Und weil der Friedhelm ein enorm bodenständiger Mann ist, der gern in Krefeld wohnt und immer noch jedes Jahr aktiv am Neusser Schützenfest teilnimmt, könnte es sein Ziel sein, mit der Fortuna über einige Jahre erfolgreich zu sein. Das Zeug dazu hätte er ohne Frage, und dass er sich gern auch dem eigenen Nachwuchs zuwendet, hat er ja in den wenigen Wochen seiner Tätigkeit schon gezeigt. Und dass nur der Einbau unserer eigenen Jungs aus der U19 und der U23 in den Profikader 2016/17 das Fundament für einen langfristigen Plan zur Existenzsicherung des TSV Fortuna Düsseldorf 1895 bilden kann, daran zweifelt ja wohl niemand mehr. Außer vielleicht einem, der in seinem beschränkten Netzwerk wohl schon wieder nach altgedienten Ex-Topspielern sucht oder Leihgeschäfte ausheckt. Sie wissen schon, wer…

[Foto: Sandra Drljaca / livedown photography]

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