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Fortuna-Rückblick: Das war die Hinrunde 2016/17

Lange sah es nicht danach aus, aber nach dem überaus glücklichen Sieg der Funkel-Kids beim Aufsteiger aus dem Erzgebirge am vierten Advent überwintert die Fortuna auf einem annehmbaren siebten Tabellenplatz. Immerhin vor Teams wie dem VfB Stuttgart, Hannover 96 und dem FC St.Pauli, und punktgleich mit den Mitfavoriten um den Aufstieg aus Nürnberg und Kaiserslautern. Außerdem steht die junge Mannschaft in Rot nach Siegen gegen Hansa Rostock und den Sechstligisten BFC Preussen aus Berlin, der in der ersten Runde den 1. FC Köln eliminiert hatte, nach Jahren erstmals wieder in einem Achtelfinale des DFB-Pokalwettbewerbs. Dabei begann die Hinrunde der Zweitliga-Saison für die Mannschaft furios. Aber dazu mehr im folgenden Rückblick.

Blutjunge Truppe

Wie jung die Truppe von Friedhelm Funkel tatsächlich ist, lässt sich schon am diesjährigen Strafenkatalog ablesen, der im Wesentlichen von Mannschaftsratsmitglied Kevin Akpoguma erarbeitet wurde, der mit seinen immerhin schon 21 Jahren das Ohr immer noch am Puls der Youngster hat. So steht auf Zuspätkommen zum Training immerhin eine Woche lang keine Bärchenwurst, und wer sogar zum Start einer Auswärtstour nicht pünktlich ist, kann sein Kuscheltier gleich beim Zeugwart Aleks Spengler abgeben. Auf Pokemon-Go-Spielen während der Trainingseinheiten steht eine Woche Snapchat-Verbot. Und wer sich bei den Übungen nicht richtig reinhaut, muss anschließend in der Kabine in der Ecke stehen und sich schämen. Erstes Opfer dieser Maßnahme war noch im Trainingslager in Maria Alm der Routinier Julian Koch, der die Sache so kommentierte: “Das ist doch Kinderkram!”

Erlaubt ist es den jungen Spielern dagegen ausdrücklich, das Trainergespann Funkel und Hermann sowie den Sportvorstand Rutemöller “Opa” zu nennen. Der Chefcoach dazu: “Das schafft Nähe und Vertrauen, und das brauchen die Burschen manchmal.” Derselben Meinung sind auch die fünf erfahrenen Spieler, die intern nur die “Achsenmächte” genannt werden. Axel Bellinghausen meint: “Mir doch egal, ob mich der Justin immer Papa nennt – Hauptsache, er pariert!” Sichtlich genervt dagegen Oldie Adam Bodzek, der die Situation so kommentiert: “Meine Frau und ich wollten nie Kinder.”

Furioser Start

Zum Auftakt beim SV Sandhausen setzte das Trainerteam auf die Startelf, die sich spätestens nach dem 4:1 gegen den CF Malaga im Saisoneröffnungsspiel empfohlen hatte. Mit dabei auch der nach einer Verletzung genesene Justin Kinjo, der wegen seiner Technik bei Fernschüssen den Spitznamen “Tippkick” trägt. Nachdem er auch gegen den Verein aus der Kurpfalz im ersten Spiel zwei Dinger versenkt hatte, liefen in der F95-Geschäftsstelle die Telefone heiß: Mehrere Teams der amerikanischen Football-Liga NFL hatten nachgefragt, ob Kinjo als Kicker zu haben sei. Erich Rutemöller lehnte mit dem Hinweis “American Football, so’n neumodischer Kram!” jegliche Ablöseverhandlungen rundheraus ab. Natürlich fiel der Sieg beim SVS mit 6:1 mindestens ein Tor zu hoch aus, aber die Fortuna-Euphorie war geweckt.

Kein Wunder also, dass die Partie gegen den VfB aus der schwäbischen Landeshauptstadt am 12. August annähernd ausverkauft war. Die gut 10.000 Freikarten, die an bedürftige Rentner und -innen verteilt worden waren, wurden auf dem Schwarzmarkt zu Preisen jenseits der 100 Euro gehandelt. Funkels Mannschaft startete wie die Feuerwehr, und nach 12 Minuten stand es schon 3:0 für die Rot-Weißen – alle drei Treffer fielen nach demselben Muster, dass der Trainer später in der Pressekonferenz schelmisch grinsend die “Island-Situation” nannte. Einmal Schauerte, einmal Schmitz flankten nach schnellem Umschalten aus vollem Lauf von außen auf der Höhe der Strafraumkante, und je einmal Iyoha, Rüzgar und Ritter brauchten nur den Fuß bzw. den Kopf hinzuhalten, um einzunetzen. Am Ende blieb die Fortuna deutlich hinter den beiden höchsten Heimsiegen gegen die Schwaben zurück und gewann nur mit 5:2.

Das Pokalspiel an der Ostsee gegen die Kogge entwickelte sich dann zu einem Drama, von dem man im deutschen Fußball noch lange sprechen wird. Am Ende stand es nach insgesamt neun(!) Strafstößen 5:4 für die Rheinländer – allerdings nach der normalen Spielzeit. Schiri Aytekin gab später zu, dass er seit einiger Zeit unter Sehstörungen auf dem rechten Auge leide. Tatsächlich zeigte er in Halbzeit Eins viermal für die Rostocker auf den Punkt, wobei es sich samt und sonders um Fehlentscheidungen handelte. Wie üblich traten die Teams nach der Pause in umgekehrter Richtung an, entsprechend wirkte sich Aytekins Augenproblem nun positiv für die Schützlinge von Trainer Funkel aus. Den Siegtreffer erzielte schließlich Kevin Akpoguma nach dem einzigen berechtigten Elfer – der Hansa-Torwart hatte F95-Stürmer Ferati etwas zu scharf angesehen, sodass dieser die Balance verlor und zu Boden ging. Die gut 250 mitgereisten Fans der launischen Diva feierten noch Stunden nach dem Abpfiff im Stadion – man hatte nicht geschafft, sie zu evakuieren.

Eine unentschiedene Serie

Als Tabellenführer reisten die Düsseldorf beim 1. FC Kaiserlautern an, um an einem hochsommerlichen Montagabend am Ende mit einem 1:1 zufrieden zu sein. Das Endergebnis stand schon vor der Halbzeitpause fest, und die Mannschaften spielten in der Folge als seien sie bei der EM und wollten Verlängerung samt Elfmeterschießen. “Pulver schon verschossen” titelte der Express und stellte die Position von Trainer Funkel in Frage. Julian Schauerte stellte in seinem vierundvierzigsten Interview der Saison fest, dass die Truppe volle Kanne hinter dem Coach stehe, und er sowieso. Und man müsse sich jetzt zusammenreißen und anpacken.

Ganz ähnlich auch die Aussagen von Schauerte nach dem siebten Unentschieden in Folge bei den Münchner Löwen, als dem Ex-Fortunen Liendl mit einem Kunstschuss in der 96. Minute der späte Ausgleich gelang: “Die Mannschaft steht volle Kanne hinter dem Coach. Das gilt auch für mich. Wir müssen uns jetzt zusammenreißen und anpacken.” Vorstandsvorsitzender Robert Schäfer merkte noch in der Allianz-Arena an, dass der Vorstand geschlossen hinter Trainer Funkel stünde und sich jetzt alle mal zusammenreißen müssten. Als auch das folgende Heimspiel gegen die Arminen mit einem 1:1 endete, gab F95-Sponsor Tipbet.com bekannt, dass die Quote bei jedem Tipp auf ein 1:1 der Fortuna in jedem Spiel bis auf Weiteres 1:1 betrage.

Immerhin hatte man dem unangefochtenen Tabellenführer aus Bochum den einzigen Punkt abgeknöpft. Funkel dazu: “Wir sind ganz zufrieden. Natürlich muss sich eine so blutjunge Truppe erstmal finden. Aber das Unentschieden beim unangefochtenen Tabellenführer in Bochum lässt doch hoffen.”

Kreischende Mädchen

Nicht zuletzt durch die Wahl zum “Süßesten Fortunaspieler” im Düsseldorfer Mädchenblog “Radschlägerinnen”, die von der Tagesschau und ZDF-heute aufgegriffen wurden, mauserten sich die Youngster im F95-Team zu wahren Teenie-Idolen. Mehrere Realschulen drohten ihren weiblichen Schülerinnen harte Strafen an, sollten diese wieder den Unterricht schwänzen, um an den Gittern des Trainingsgeländes ihren Angebeteten zu zu kreischen. Taylan Duman kommentierte die Situation recht kühl: “Alle zu alt für mich. Ich finde, eine Frau sollte immer ein bisschen jünger sein als der Mann.” Aleks Spengler beklagt sich: “Ich weiß nicht mehr wohin mit den ganzen Mädchenunterhosen und BHs, die am Zaun hängen.” Sieger bei der Wahl wurde mit einigem Vorsprung der Stürmer Emanuel Iyoha, dem die Sache sichtlich peinlich war.

Überhaupt führte der geringe Altersdurchschnitt zu denkwürdigen Ereignisse. So das Geschenk der Mannschaft zum 19. Geburtstag von Arianit Ferati: “Ich habe mich sehr über den tollen Rasierapparat gefreut. Jetzt muss ich noch lernen wie das macht mit diesen Barthaaren.” Das von ihm gestiftete Nutella-und-Kakao-Büffet in der Kabine war in Nullkommanix geplündert. “Ist doch okay, wenn die Jungs mal über die Stränge schlagen”, meinte dazu Co-Trainer Hermann.

Am Rande der Verzweiflung

Unentschieden acht bis elf wurden von den Verantwortlichen noch mit Humor genommen. “Immerhin kein 1:1 dabei,” witzelte Mentalcoach Axel Zehle und strich dabei dem deprimierten Anderson Lucoqui über den Kopf. Den hatte sich der Ur-Fortuna Axel Bellinghausen im Spiel bei den Kiezkickern aus Hamburg ordentlich zur Brust genommen, woraufhin sich nicht nur Lucoqui, sondern seine Kumpels alle auswechseln ließen. Immerhin retteten die acht Feldspieler auf dem Platz noch ein 4:4 nach einer 3:0-Führung, die bis zur besagten Auswechslung hielt. “Ach, der Axel,” kommentierte Torwarttrainer Reitmeier, der in die Rolle als Kids-Bespaßer hineingewachsen ist, “der kann eben nicht mit Kindern.”

Inzwischen hatten sich auch die Rheinische Post und die Reste der WZ der Trainer-raus-Kampagne von Express und Bild angeschlossen. Angesichts dessen beschlossen die Vereinsmitglieder dieses Mal tatsächlich den Ausschluss der Pressevertreter bei der Jahreshauptversammlung, sodass nur Vereinsmitglied Bernd Jolitz im Saal bleiben konnte. Trotzdem verlief die Veranstaltung in harmonischer Stimmung, auch weil Vorstandmitglied Paul Jäger wegen einer eigenartigen Erkrankung des Sprechapparats keine Rede halten konnte. Vorstandsvorsitzender Schäfer zur sportlichen Situation: “Natürlich sind wir nicht zufrieden und verzweifeln langsam. Die Serie muss ein Ende haben, die Mannschaft muss den Bock jetzt umstoßen und endlich wieder drei Punkte einfahren. Natürlich stehen wir geschlossen hinter dem Trainer.” Julian Schauerte betonte im anschließend Gespräch mit den ausgesperrten Medienvertretern, dass die Truppe volle Kanne hinter dem Coach stehe, und er sowieso. Und man müsse sich jetzt zusammenreißen und anpacken.

Der Knotenplatzer

Und dann platzte der Knoten. Ausgerechnet beim Pokalspiel gegen den unterklassigen BFC Preussen, der in der ersten Runde ausgerechnet den Kölner FC aus dem Wettbewerb geworfen hatte. Auf bekanntem Rasen im Stadion der Eisernen an der Wuhlheide veranstalteten die Fortunen ein wahres Torfestival. Neun Tore erzielt durch acht verschiedene Spieler – darunter ein Kopfballtreffer von Torhüter Unnerstall – waren mehr als genug, um endlich wieder einmal ins Achtelfinale einzuziehen.

Aber erst am vierzehnten Spieltag und ausgerechnet gegen den favorisierten Absteiger aus Hannover fand die Mannschaft rund um die Routiniers Fink, Bodzek, Madlung und Bellinghausen wieder zur Stärke der ersten beiden Saisonspiele. In einem rasanten Spiel bei strömendem Eisregen stand es nach der ersten Spielhälfte bereits 4:2 für die Fortunen. Das Team aus der niedersächsischen Landeshauptstadt kam durch einen wunderschönen und direkt verwandelten Freistoß noch einmal heran, bevor Tippkick Kinjo gleich zweimal zuschlug. Den Treffer zum 6:3-Endstand erzielte er mit einem fulminanten Schuss aus 45 Metern Entfernung.

Die Aufholjagd

Sofort verstummten die Forderungen nach einer Entlassung des Trainers. Im Gegenteil: Express und Bild waren nach dem folgenden Sieg in Würzburg voll des Lobes für den Trainerstab. Selbst die erste Niederlage der Mannschaft, ein saftiges 1:5 gegen den Club aus der Lebkuchenstadt, vermochte die Euphorie nicht zu stoppen. So konnten sich die Jungs über lustige Geschenke freuen, die der Nikolaus in der Kabine vorbeibrachte. Besonders Jerome Kiesewetter und Robin Bormuth freuten sich riesig über die lustigen Ausmalbücher: “Sowas habe ich mir immer schon gewünscht”, meinten beide einhellig.

So fuhr man am vierten Advent frohgemut ins tief verschneite Erzgebirge zum Aufsteiger aus Aue. Niemand ahnte, welches Drama sich bei Temperaturen deutlich unter dem Gefrierpunkt dort abspielen würde. Im Gegenteil: In der ersten Halbzeit mühten sich beide Mannschafte damit, auf dem kaum bespielbaren Boden zurechtzukommen. Flachpassspiel war unmöglich, und wer versuchte hohe Pässe zu spielen, sah den Ball nicht selten in den tiefhängenden Wolken verschwinden. Und dann die 86. Spielminute: Schwerer Schneefall setzt ein, und Schiri Schieber unterbricht die Partie, um die Teams in die gut geheizten Kabinen zu schicken. Erst zweieinhalb Stunden später wie die Partie auf inzwischen geräumten Rasen fortgesetzt. Die 90. Minute kommt, und Torwart Rensing setzt zum Abschlag an. Aber anstatt den Ball nach vorne zu dreschen startet er ein Dribbling übers komplette Feld bis in den gegnerischen Strafraum, vernascht dort den Auer-Keeper und netzt zum überaus glücklichen 1:0 ein.

Allerdings vor leeren Rängen, die von der örtlichen Feuerwehr aus Sorge um die Gesundheit der Zuschauer vorsorglich evakuiert worden waren. Auf der langen Rückreise soll es, wie ausgewissen Kreisen verlautet, zu Exzessen gekommen sein. Jemand habe ein Daggi-Bee-Video abgespielt, und es sei Red Bull getrunken worden. Mannschaftsratsmitglied Akpoguma dementierte nach der Rückkehr aufs Schärfste.

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