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F95vs Fürth 1:1 – Von Spielkunst und Destruktion

Die gute Nachricht: Vor dem Anpfiff waren die Kartoffeln geerntet und die zugehörigen Strünke halbwegs gerodet. Angesichts dessen, was woanders “Rasen” heißt, schlägt sich der Freund des getretenen Rundballs ans Hirn und fragt sich: Wie kann es sein, dass ein 16 Tage zuvor ausgerollter Grasteppich in einen derartigen Zustand gerät? Der ehemalige Stadionsprecher Ilja Ludenberg fragt zudem öffentlich auf Facebook, ob die Stadt Düsseldorf möglicherweise das Interesse am Profifußball verloren hat, dass sie etwas Derartiges zulässt. Und es soll keine Entschuldigung für die teilweise überschaubare Leistung der Herren in Weiß sein, wenn man darauf hinweist, dass immer die spielerisch stärkere Mannschaft durch einen solchen Untergrund benachteiligt wird. Und, ja, die glorreiche Fortuna war über 90 Minuten spielerisch klar besser.

Clowns aus Fürth

Man kann auch sagen: Eine Gurkentruppe wie diese destruktiven Clowns aus Nürnbergs Vorort müsste der Spitzenreiter eigentlich weghauen. Aber so geht der moderne Fußballsport nicht mehr. Zumal der Trainer der Greuther ein neues System erfunden hat, es heißt: Doppel-Fünferkette. Es ist dies das kaputtmachendste taktische System, das im Fußball denkbar ist. Und wenn dahinter ein Tormann agiert, der wirklich in jeder Situation goldrichtig steht, dann wird’s schwer für die bessere Truppe. Zumal auf einem Acker. Nun haben die Fürther ja ohnehin kaum noch etwas anderes im Sinn, als möglichst wenig Tore zu kassieren, weil sie über alles gesehen beim Toreschießen eine Lachnummer sind. Und passte das überaus glückliche 0:1 in der 10. Minute in diesen abscheulichen Spielplan wie der sprichwörtliche Arsch auf den Eimer.

Übrigens: Man hätte diesen Treffer des giftigen Burschen in Grün auch als Eigentor eintragen können, denn in der TV-Aufzeichnung wird deutlich, dass der fleißige Rouwen Hennings wohl geradeso seine Birne dran hatte. Deutlich wird aber auch, dass dieser Strahl von einem Schuss auch so in die Maschen hinter Raphael Wolf eingeschlagen wäre. Der im gesamten Spiel – und das bezeichnet die Verhältnisse – wirklich nur zweimal so richtig retten musste. Bis zu dieser Bude aus ziemlich heiterem Himmel ging es auf der anderen Seite anders zu: Bämm, bämm, bämm! Drei veritable Chancen erspielten sich die Männer, die das heilige Logo auf dem Herzen tragen. Und wäre das Ei dabei auch nur einmal eingeschlagen, wer weiß, ob sich die Fürther nicht eine derbe Klatsche abgeholt hätten.

Ein waschechtes 4-2-4

Besonders auffällig in dieser Phase: Davor Lovren (nominell auf links) und Jean Zimmer (gegenüber), die echte Flügelflitzer gaben und die Konkurrenten halbwegs schwindlig spielten. Dies in einem waschechten 4-2-4 mit Käpt’n Oliver Fink als Variable vor der Doppel-Sechs und kurz hinter dem Sturmtrio. Wobei über die gesamte Spieldauer gerechnet Andre Hoffmann als Kicker des Tages ausgezeichnet werden kann, der im Verbund mit dem ebenfalls soliden Kaan Ayhan dafür sorgte, dass die Fürther überhaupt nur in ganz wilden Kontersituationen so etwas wie Gefahr erzeugten. Ebenfalls ein bemerkenswerter taktischer Trick die Verstellmöglichkeit in Richtung Dreierkette, wenn jeweils einer der Außenverteidiger mit nach vorne ging.

Über lange Zeit hinweg passte das Tandem aus Niko Gießelmann und Lovren perfekt, was aber in der ersten Halbzeit zu einer deutlichen Linkslastigkeit führte, die es dem Gegner leichter machte. Die Kooperation zwischen Zimmer und dem überraschend in der Startelf befindlichen Julian Schauerte funktioniere anfangs kaum und später ein wenig besser. Apropos: Man kann als Fan der glorreichen Fortuna diese reflexhaften Schmähungen gegen Schauerte einfach nicht mehr hören. Offensichtlich packen es die Kleingeister im Publikum nicht, keinen Sündenbock zu haben. Das ist peinlich und nervig. Tatsächlich ist der gute Julian kein Fußballgott, aber einer, der immer alles gibt, was er am jeweiligen Tag drin hat. Ja, er hat Fehlpässe gespielt und ein paar Bälle verloren. Aber er war es auch, der nicht zufällig die ganz große Chance zum Ausgleich in der 30. Minute hatte, weil er als einziger Kollege den langen Pass antizipiert hatte.

Schauerte und die Großchance

Ein bisschen sah es so aus, als sei unsere Nummer 4 erschrocken, plötzlich allein vor dem Keeper zu stehen. Und so oft ist er ja auch nicht in eine solche Situation gekommen. Also schien er über einen Lupfer nachzudenken, weil der Fürther Torwart schon weit draußen war; während des Nachdenkens verringerte sich aber der Abstand zwischen Scheuerte und Torhüter, sodass an dem kein Ball mehr vorbeigehen konnte. Schade. Denn angesichts der vielen unsachlichen Kritik hätte man Julian Schauerte diese Hütte von ganzem Herzen gewünscht.

Zu diesem Zeitpunkt verzeichnete die Statistik mehr als 70 Prozent Ballbesitz für die Fortunen und eine Quote von mehr als 55 Prozent gewonnener Zweikämpfe. Gleichzeitig einen erheblichen Mangel an Steil- und Schnittstellenpässen und Flanken und damit an Einschussmöglichkeiten. Wie so oft in den vergangenen Partien hat das auch etwas mit der Spielweise des Rouwen Hennings zu tun, der eigentlich nie im gegnerischen Sechzehner zu finden ist, wo er eigentlich hingehört. Zumal dann, wenn er zwei waschechte Außenstürmer und einen offensiven Mittelfeldler zur Verfügung hat. Wie ebenfalls sehr oft in den letzten Spielen entstand so ab ungefähr der 30. Minuten eine Handballsituation: Die Greuther riegelten den Strafraum allseitig ab, und die Fortunen spielten unentwegt, aber ideenlos drumherum.

Ratlos und zermürbt

Es war schon vor dem Halbzeitpfiff abzusehen, dass diese erzwungene Spielerei auf diesem irrwitzigen Rasen zermürbend wirken würde. Immerhin legten die Kreativköpfe nach dem Wiederanpfiff ein bis zwei Gänge zu. Aber gerade Florian Neuhaus hatte zunehmend Probleme mit der Ballkontrolle – dies eben auch eine Folge der ganzen Ackerei. Marcel Sobottka wirkte ab ungefähr der 60. Minute regelrecht wütend und rannte mit und ohne Ball, was das Zeug hielt. Aber, je länger sich das Ganze hinzog und je dichter die Grünen ihr Raster aus den zwei Fünferketten zuzogen – und übrigens auch immer mehr foul spielten – desto mehr war den Fortuna-Kicker die Ermüdung anzusehen.

Auch dass Friedhelm Funkel in dieser 60. Minuten mit Takeshi Usami und Harvard Nielsen gleich zwei neue Offensivkräfte brachte, wobei einer davon Schauerte ersetzte und der andere anstelle von Käpt’n Fink antrat, hatte auch etwas Verzweifeltes an sich. Immerhin zogen die Fortunen nun das Spiel wieder etwas breiter, wobei sowohl Lovren, als auch Zimmer die Erschöpfung anzumerken war, sodass es kaum noch Spurts bis an die Grundlinie gab. Dafür wirbelten die beiden Eingewechselten in den Zonen an den Strafraumecken die gegnerischen Spieler durcheinander. Und plötzlich gab es wieder Torchancen. Es war dann der hochmotivierte Usami, der in der 76. Minuten mit einem strammen Schuss den Ausgleich besorgte. Davor aber lagen da bereits mehr als 30 Minuten, die nach Rat- und Hilflosigkeit rochen. Ja, die Fortuna hätte auch gewinnen können. Oder verlieren. Wobei die Fürther nur noch eine, wenn auch erhebliche Chance hatten. Am Ende waren alle kaputt und froh, dass die Qual vorbei war.

Arschlöcher provozieren den Kapo

Da hatte der Kapo der Ultras sein Mikro bereits wütend in die Ecke geknallt und hatte seinen Platz verlassen. Und das war mehr als verständlich, weil irgendwelche Arschlöcher ihn in den angrenzenden Blocks unentwegt beschimpft und provoziert hatten. Wie bescheuert muss man sein, sich in die Nähe der Stümmungszentrale zu stellen, um den Vorsänger dann lautstark zu beleidigen? Wie wenig Fan muss man sein, auf diese Weise dafür zu sorgen, dass die Anfeuerung praktisch abbricht? Wie blöde muss man sein, nicht zu realisieren, welche entscheidende Rolle die Ultras in Sachen Support spielen? Und eines ist klar: Wer sich gestern an der Schmutzkampagne gegen den Kapo beteiligt hat, wird wohl zu keinem Auswärtsspiel gefahren sein – denn sonst wüsste er, zu was der Block in der Lage ist, wenn ihn die Ultras mit ihren Gesängen und Schlachtrufen mitnehmen.

Nein, man muss kein Freund der Ultras sein, und, nein, man muss den Kapo auch nicht gut finden. Und, ja, man kann auch meckern und nörgeln. Aber was gestern rund um den 36er abging, geht gar nicht. Geradezu bizarr war die Situation, nachdem es zwei Wochen zuvor beim sogenannten “Kurventreff” eine äußerst konstruktive Debatten zwischen den Kritiker von UD und den Ultras gegeben hat. Von denen, die gestern pausenlos Wörter wie “H****sohn” in Richtung des Kapos keiften, war sicher keiner bei dieser Diskussion dabei. Ist ja auch einfacher, das Maul im Schutz der Menge aufzureißen.

Harte Arbeit

Direkt nach dem unerwarteten Führungstreffer für den Gegner sagte ein erfahrener Fortuna-Fan im Block: Oha, das wird schwer. Recht hatte er: Dieses Spiel war in hartes Stück Arbeit in jeder Hinsicht. Alle messbaren Werte sprachen für die Fortuna, und bis zum unglücklichen Gegentor sah das Spiel der Herren in Weiß manchmal wie Zauberei aus. Leider ist es aber so, dass die Menschen sich eher an das Negative am Schluss erinnern. Nur so lassen sich die Pfiffe einiger Zuschauer gegen die eigene Mannschaft erklären, die – und darüber kann es keine zwei Meinungen geben – sich gegenüber der Partie in Berlin deutlich gesteigert hatte.

Vielleicht fehlten in einer solch mühseligen Begegnung die quicken, ideen- und trickreichen Kicker wie Benito Raman und Genki Haraguchi besonders, weil die – so sie keinen gebrauchten Tag gezogen haben – auch gegen eine Doppel-Fünferkette durch pure Geschwindigkeit etwas ausrichten können. Vielleicht war das Spiel gegen Fürth aber auch einfach das schwerstmögliche der gesamten Rückrunde. Das werden wir aber erst ungefähr im April wissen, wenn die Saison 2017/18 in ihr Finale geht.

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