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MSV vs F95 1:2 – Wer soll die Fortuna jetzt noch stoppen?


Man kann die Geschichte eines Auswärtsspiels im Wedaustadion ganz traditionell von vorn nach hinten erzählen, also: Anreise Im Schlenk, viel, viel Polizei, Böller, Pyro, Rauch und Tumult, eine Niederlage und Abreise im Schlenk. Aber das kennt ja nun jeder. Beginnen wir also ausnahmsweise mit einer Spielzusammenfassung. Die Partie des MSV gegen die überaus glorreiche Fortuna war ein Kampf zweier guter Mannschaften, der vor allem von taktischen Maßnahmen und der Disziplin, diese durchzuführen, geprägt war. Insofern gab es gestern kein gutes, aber ein interessantes Spiel, das F95 gewann, weil die Jungs von Trainer Funkel immer ein bisschen disziplinierter, ein bisschen ernsthafter und ein bisschen geduldiger agierten. Der MSV, Aufsteiger aus der dritten Liga, muss aber – das zeigte auch das Hinspiel – zu den stärksten Teams der Liga gezählt werden, steht völlig zurecht oben in der Tabelle, und es sollte sich niemand wundern, wenn die Zebras (die wir in Düsseldorf liebevoll “Streifenesel” nennen) am Ende die Relegationsrunde spielen.

Und dazu gab’s schon gestern ein Geschenk für die Gestreiften: Dank rund 6.000, vorwiegend per Bus und Bahn mitgereister Düsseldorfer, war die luftige Hütte an der Wedau prall gefüllt. Das war’s dann aber auch schon mit Präsenten. Im Gegenteil: Die beiden Teams schenkten sich über 94 Minuten nicht, aber auch gar nichts. Und trotzdem blieb es ein faires Spiel, das Schiri Stegemann mit einer klaren Linie leitete, wovon aber hauptsächlich die Rotweißen profitierten, womit sich der Unparteiische den Zorn der MSV-Anhänger zuzog. Vor allem wegen eines Vorfalls in der 58. Minute, bei dem Julian Schauerte im eigenen Sechzehner auf einen Blauweißen stieß, der daraufhin fiel. Selbst F95-Fans, die das Spiel am TV verfolgten, sprachen von einem klaren Elfer. Ihr sehr ergebener Berichterstatter ist sich nach mehrfachem Studium der fraglichen Szene in der Aufzeichnung da nicht so sicher – je nach Blickwinkel sieht es so aus, als hebe der MSVler schon vor der Berührung durch den F95-Mann ab.

Schon wieder Schauerte

Apropos Schauerte: Der lieferte das zweite gute Spiel nacheinander ab. Was zweierlei belegt: Dass es manchmal ganz winzige Drehungen an den Stellschrauben sind, mit denen ein Trainer aus seinem Kader das Optimale herausholt und dass Schauerte und Takashi Usami sehr gut harmonieren. Wobei sich unser 33 über weite Strecken der Partie versteckte, seine Position nicht hielt, wenig anspielbar war und die Arbeit seinem Kollegen Schauerte überließ. Erst bei seinem irrwitzigen Jubel nach dem Einlochen zum 2:0 wurde der gute Usami so richtig sichtbar. Mittlerweile ist die die vom Trainer-Team jeweils gewählte Startelf frei von dicken Überraschungen. Das sollte im letzten Viertel einer Saison auch so sein. Wer am 26. Spieltag noch experimentieren muss, hat entweder keinen guten Kader zur Verfügung oder einfach die Spiele zuvor nicht richtig analysiert. Insofern spricht es sehr, sehr für Friedhelm Funkel, dass er nun nur noch an den bereits erwähnten Stellschräubchen fummeln muss.

Zumal sich ja einige Personengruppen herausgebildet haben, die man tunlichst zusammenstecken sollte. Neu war die eigenartige Formation des F95-Mittelfeldes mit der Dreierachse Adam Bodzek, Marcel Sobottka und Käpt’n Fink. Keiner sollte jetzt auf die Idee kommen, einer der beiden älteren Herren habe Florian Neuhaus ersetzt, der auf der Bank ein bisschen geschont wurde, denn Neuhaus ist nicht zu ersetzen. Stattdessen blieb das zentrale Mittelfeld mit Sobottka einfach besetzt, während Bodzek eine Art “Libero” gab und vor der Dreierkette abräumte. Fink wuselte als kreativer Geist im offensiven Mittelfeld herum. Und das höchst erfolgreich. Auch wenn sein Pass zum 1:0 nach eigenen Aussagen “schlecht” war, zeigte der exakt, was der Plan für unseren Käpt’n war.

Die vertikale Achse

Weil diese vertikale Achse so wichtig war, lässt sich das gespielte System auch nicht so richtig in Zahlen fassen – am ehesten war es ein 3-3-2-2(wenn’s das überhaupt gibt), aber eigentlich ist das auch egal, weil es einfach funktioniert hat. Zumal die ganze Chose auch noch sehr flexibel gestaltet wurde. Nehmen wir Niko Gießelmann, der sich bei klaren Verhältnissen immer wieder offensiv einschaltete und mit Genki Haraguchi ebenfalls prima kooperiert. Weil Haraguchi seine Rolle als echter Flügelflitzer interpretiert, Usami aber viel zu oft in die Mitte schielt, kann von einer japanischen Flügelzange leider keine Rede sein. Wobei Rouwen Hennings mehr Vorlagen von Fink und Schauerte bekam als von den beiden japanischen Kollegen. Bei Hennings fragt man sich langsam, ob die gegnerischen Trainer keine Videoanalysen fahren. Falls sie das täten, müssten sie den Wühler doch ausrechnen und neutralisieren können. Aber wenn schon der gegnerischen Keeper die Hosen voll hat, weil er ein ums andere Mal von Hennings angelaufen wird, dann erkennt man erst den wahren Wert der Wühlerei.

Wenn hier von einer Dreierkette die Rede ist, dann von einer äußerst variablen Version, die man so sehr selten sieht. Das hat auch die Leute verwirrt, die für das Fernsehen und Webseiten Aufstellungen zu formulieren und zu bebildern haben. Fixiert war nur, dass die kongenialen Innenverteidiger Kaan Ayhan und Andre Hoffmann den Kern der Kette bilden. Je nachdem, ob die Action über links oder rechts lief, bildete der jeweils nicht stürmende Außenverteidiger die Nummer Drei – oder Bodzek übernahm die Zentrale, während Ayhan und Hoffmann nach außen rückten. Das stand so auch ziemlich sicher, sodass Raphael Wolf nicht allzu viel zu tun hatte. Zumal der MSV eigentlich immer nach demselben Schnittmuster angriff: Laufspiel über außen, Doppelpass, Pass in Richtung Sechzehnerecke und dann irgendwie rein in den Strafraum.

Die Wucht des Anrennens

Das gelang öfter und gefährlich erst relativ spät im Spiel, auch befeuert durch die Auswechslungen auf blauweißer Seite. Bei der Fortuna gab es bis zur 80. Minute keinen Grund auszuwechseln, und vielleicht hatte sich Funkel dieses Mittel auch bewusst als Zeitfresser reserviert, möglicherweise mit der Vorahnung, es könne am Ende knapp werden. Zuerst kam der junge Davor Lovren, energiegeladen und hochmotiviert wurde der zum Vorlagengeber für das sehenswerte 2:0 durch Usami – dies ein perfekter Konter, perfekt von Lovren ausgespielt und perfekt von Usami verwandelt. Da schien der Drops gelutscht, aber das MSV-Team war noch lange nicht fertig mit Schönschreiben, sondern drehte noch einmal am Gasgriff. Nicht dass die Fortunen nun müde oder unkonzentriert gewesen wären, aber die schiere Wucht des Duisburger Anrennens führte dann doch zum in jeder Hinsicht verdienten Anschlusstreffer. Für mehr reichte denen dann die Zeit nicht mehr.

Wer oder was soll die Fortuna noch stoppen, wenn der Schlachtruf “Spitzenreiter, Spitzenreiter” am 26. Spieltag schon beinahe langweilig geworden ist? Nein über Punktestände und -abstände muss man nicht reden, auch wenn laut Bilker-Häzz-Wirt Micha Nord eine alte Indianerweisheit gilt: “Wenn du mehr Punkte Vorsprung hast, als Spiele zu spielen sind, bist du durch!” Also sollten sich die Anhänger und Freunde des TSV Fortuna Düsseldorf 1895 schon einmal daran gewöhnen, dass ab dem 13. Mai ein paar Tage lang intensiv Aufstieg gefeiert wird; eine Party, um die uns im Jahr 2012 die blöde Hertha, der doofe Preetz und dieser Anwalt des Grauens betrogen haben.

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