Website-Icon Fortuna-Punkte

Fortuna-Punkte: Von Flüchen, Krisen, Läufen und dem systemischen Betrug bei Fußballwetten

Nein, wenn du auf Ergebnisse von Fußballspielen wettest, wirst du aller Wahrscheinlichkeit nach nicht betuppt. Dafür ist der Markt inzwischen einfach zu gut reguliert. Und ob es wirklich immer noch oder immer wieder manipulierte Partien gibt, damit irgendwelche Highroller in Asien paar Milliönchen abräumen, ist derzeit unbekannt. Aber, der Betrug steckt bei Sportwetten im System. Und das seitdem ein französischer Parfümhändler 1865 den Totalisator erfunden hat. Ihm ging es darum, das wilde Wetten auf der Rennbahn in geordnete Bahnen zu lenken. Zuvor gab es ja nur Buchmacher, gegen die man zu festen oder variablen Quoten wetten konnte, oder es wurde auf Pferde und Hunde nur untereinander gewettet – nach dem Motto: Ich wette 1.000 Francs darauf, dass Gänseblümchen im achten Rennen gewinnt. Antwort: Ich halte dagegen. Der wahre Beschiss liegt im Hantieren mit Statistiken.

Die blöde Wahrscheinlichkeit

Ein mir persönlich bekannter Mathematiker, der sich vor allem mit Wahrscheinlichkeitsdingen und Statistik befasst, hat einmal gesagt: Das Schlimme ist ja, dass die Leute die Wahrscheinlichkeitsrechnung und die statistische Verteilung nicht kapieren. Und darauf haben Wettanbieter und ihre Sprachrohre immer schon gesetzt. Wenn – sagen wir mal – ein Gaul namens Oliver seine letzten drei Rennen gewonnen hat, dann ist es nicht wahrscheinlicher, dass er das nächste auch gewinnt. Hört sich bekloppt an, ist aber so. Das ist wie beim Würfel: Die Wahrscheinlichkeit, dass im nächsten Wurf eine Sechs fällt, ist IMMER 1:6. Laut meines Zahlenverdrehers kann man bei Sportwetten völlig nach dem Zufallsprinzip setzen – die Gewinnchance wäre à la longue genauso groß als ob man Statistiken, Formkurven und dergleichen heranzieht.

Das werden nicht nur Anbieter von Sportwetten ungern hören, sondern auch die überwiegende Mehrheit der Sportberichterstatter. Denn denen sind ja Statistiken ein bewährtes Füllmittel, mit dem sie ihre Inkompetenz in der jeweiligen Sportart und ihren Mangel an Phantasie kaschieren. Am allerblödesten ist das Gelaber vom „Fluch“. Wenn unsere glorreiche Fortuna – nur mal angenommen – sechsmal nacheinander kein Auswärtsspiel gewonnen hat, blubbern die einfältigen Sprech- und Schreibfinken heutzutage ganz selbstverständlich vom „Auswärtsfluch“. Dabei ist es müßig darüber zu streiten, ab dem wievielten Mal aus einer Serie ein Fluch wird. Wir erkennen den Zusammenhang zwischen Statistiken und Wetten, denn wer an einen solchen Fluch glaubt, der wird im siebten Auswärtsspiel natürlich auf Niederlage setzen. Oder? Nein, die sich selbst für gewieft haltenden Wetter setzen jetzt auf Sieg, weil sie davon ausgehen, dass ein Fluch irgendwann gebrochen wird. Wir lernen: Bei Flüchen ist es wurscht, ob ich auf eine Fortsetzung oder ein Ende setze.

Ab wann genau ist es eine Krise?

Ähnliches gilt für die Krise, die von Fußballjournalisten ja immer gern in alarmistischen Überschriften beschworen wird. Jetzt können wir den Tatbestand ganz konkret an F95 in der Zweitligasaison 2017/18 prüfen. Nachdem die Fortuna an den Spieltagen 28 bis 30 dreimal nacheinander verloren hat, galt dies als Krise. Aber, halt, im November/Dezember gab es ja schon einmal eine Krise – vom 12. bis zum 17. Spieltag fuhren die Jungs vom Funkel keinen Sieg mehr ein. Es hieß, Fortuna sei in sechs Spielen „sieglos“ geblieben. Was hätten die Kommentatoren denn gesagt, wenn die launische Diva ihre 19 Siege, 5 Unentschieden und 9 Niederlagen hübsch alternierend abgeliefert hätte? Also beispielsweise nach dem Muster: Sieg, Sieg, Niederlage, Sieg, Unentschieden, Niederlage usw. Erfahrene Roulettespieler wissen, dass das Setzen auf alternierende Permanenzen so ziemlich das ödeste ist, was sich als System spielen kann. Hat man an einem Tisch das (scheinbare) Muster durch eifriges Beobachten der Coups erkannt, setzt man so lange bis dieses Muster bricht – laaangweilig.

Und wenn sie etwas verhindern wollen, die Kollegen der schreibenden und sprechenden Zunft, dann Langeweile. Da muss dann ein armes Schwein aus der Sportredaktion – wie in den vergangenen Wochen geschehen – sich Tag für Tag eine mehr oder weniger inhaltsleere Analyse aus dem Kreuz leiern, um den Fortuna-Kessel am Brodeln zu halten. Was wäre denn da zu analysieren, wenn Siege, Niederlagen und Unentschieden einem klaren Muster folgen? Man kann allerdings die Begriffe „Krise“ und „einen Lauf haben“ auch sinnvoll einsetzen, wenn man sie nicht auf Ergebnisse anwendet, sondern auf die konkret beobachtbaren Vorgänge in Spielen. Wenn eine Mannschaft (ja, ja, die Fortuna…) in 30 Spielen nur einen einigen Treffer nach einem Eckball erzielt, dann hat sie sehr wohl eine Ecken-Krise. Was aber nichts mit Wahrscheinlichkeit zu tun hat, sondern eher mit Fehlern, mangelnder Konzentration und vor allem – zu wenig Übung. Insofern war es eine wichtige Maßnahme des Trainerteams, die Jungs in der vergangenen Woche kräftig Ecken und Freistöße trainieren zu lassen und ein paar Varianten einzustudieren.

Kein Interesse an Aufklärung

Otto Normalwetter wird aber was anderes vorgegaukelt, und er glaubt es gern. „Fortuna kann keine Ecken,“ heißt es dann gern, und es klingt nach einer unverrückbaren Tatsache. Würden die Männer mit dem F95 auf der Brust dann aber beispielsweise zehn Spiele lang in jeder Partie ein Tor nach einer Ecke erzielen, dann wäre die schöne Binsenweisheit perdü. Die Medien lieben Klischees, weil man mit ihnen die Fans „da abholt, wo sie stehen.“ Daran, dass die Interessierten was lernen oder gar über den systemischen Betrug bei Sportwetten aufgeklärt würden, hat ja kaum jemand ein Interesse.

Die mobile Version verlassen