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F95 vs Kiel 1:1 – Ein doofes Spiel und ein Platzstürmchen für die ganze Familie


Machen wir uns nichts vor: Aufgestiegen ist die glorreiche Fortuna vor einer Woche mit dem Auswärtsspiel in Dresden. Die Partie gegen die Aufsteiger in Kiel, die nun sicher in die Relegation um einen Platz in Liga 1 gehen, war halt nur das letzte Heimspiel. Und weil so viele, viele Düsseldorfer den Aufstieg mitfeiern wollten, war die Arena ausverkauft. Nun ist es ja so, dass Gelegenheitszuschauer nicht immer so richtig vertraut damit sind, wie man sich in einer solchen Situation zu verhalten hat. Sie möchten sich auch so richtig dolle freuen und Emotionen zeigen und einfach nur dabei sein, wissen aber nicht ganz genau wie das geht. Das betrifft vor allem partywütige Jungmänner, die sich auch sonst gern das passende T-Shirt zum Anlass kaufen, wenn’s wo was zu feiern gibt. Die hatten natürlich alle schon mal im Fernsehen gesehen, dass man einen Aufstieg mit einem Platzsturm feiert. Weil eine solche Pitch Invasion – wie der Fachbegriff lautet – leider vom Stadionsprecher schon sehr, sehr früh angesagt wurde, also mit dem Hinweis, man möge bis zum Schlusspfiff damit warten, dachten möglicherweise einige Zuschauer, sie müssten den Rasen betreten.

Im Fernsehen kam das, was ja ein Platzsturm sein soll, eher wie ein laues Lüftchen, wie ein Platzstürmchen rüber. Klar, es ist ein tolles Gefühl, selbstpersönlich auf dem Rasen zu stehen, auf dem die kickenden Recken ihr Tagwerk verrichtet haben. Aber der Anlass fehlte irgendwie. Nun kann man nicht sagen, dass diese Betreten des Rasens peinlich gewesen wäre, denn peinlicher als das populistische Radschlagen des amtierenden OB Geisel in der Halbzeit konnte nichts mehr werden. Im Gegenteil: Die Atmosphäre zum Anstoß mit den vielen Familien, den entspannten Leuten, die sich am Sonnenwetter erfreuten und die vorgehaltenen Fähnchen schwenkten, war wirklich schön und angenehm und erfreulich. Dass dann auch diejenigen, die sich während der Saison eher selten oder gar nicht in der Arena hatten blicken lassen, vom Kapo der Ultras zum Mitsingen animieren ließen, machte selbst dem an den Bildschirm gefesselten Beobachter so richtig Spaß. Will sagen: Auch die oft gescholtenen “Eventies” wissen die Jungs in Weiß anzufeuern.

Wenig Anlass zur Freude

Dabei gab das Spiel zunächst sehr wenig Anlass zur Freude bei den fortunistischen Anhängern. Zu vorsichtig agierten beide Mannschaften, und man konnte die Rechenschieber in den Hirnen der Akteure klackern hören nach dem Motto: Eigentlich reicht ja ein Unentschieden. Zudem war Trainer Friedhelm Funkel gezwungen, den nicht zu ersetzenden Florian Neuhaus zu ersetzen und tat dies ein wenig überraschend mit Harvard Nielsen. Das ergab ein Spielsystem, das näher an einem 4-4-2 war als am bekannten 4-3-2-1. Nun ist Nielsen Stürmer und für größere kreative Aktionen wenig bekannt. Übernehmen mussten dies dann mehr oder weniger erzwungenermaßen Marcel Sobottka, Genki Haraguchi und Takashi Usami. Wobei besonders die beiden japanischen Kollegen diese Aufgabe in der ersten Spielhälfte ziemlich gut lösten.

Dafür setzten die Kieler auf ihre unnachahmlich offensive Weise immer wieder die F95-Defensive unter Druck und schürte die Fortunen gar minutenlang im eigenen Sechzehner ein. Da blieb Kaan Ayhan, der ja absolut das Zeug zu einem Mittelfeldregisseur in sich trägt und diese Rolle in der kommenden Saison anstelle von Neuhaus, der ja zurück nach MG muss, übernehmen könnte, keine Zeit für größere offensive Aktionen. Zumal er auch nicht ganz rund lief und so angeschlagen erschien, dass man dachte, er müsste ausgewechselt werden. Ansonsten funktionierten die Duos und Trios fast wie gewohnt – besonders die Harmonie zwischen Julian Schauerte und Usami wirkt, als hätten die schon seit Jugend zusammen gekickt. Auf der linken Seite fand Niko Gießelmann einfach zu wenig Zeit zu größeren Angriffsversuchen, zumal sein Zusammenspiel mit Haraguchi ohnehin anders angelegt ist.

Geplänkel im Mittelfeld

Aber so richtig viel los war ohnehin erst gegen Ende der Spielhälfte Eins. Vorher wurde im Mittelfeld geplänkelt, Chancen gab’s kaum. Das sollte sich in der zweiten Halbzeit drastisch ändern. Waren die Kieler über alles in den ersten 45 Minuten die deutlich bessere Mannschaft, wurde die Partie ausgeglichen, ja, nach einer halben Stunden hatten die Fortunen die Nase vorn. Fortuna unternahm nun noch mehr, und hätte in irgendeiner Weise vom Handspiel des Kieler Tormanns profitieren müssen. Der sprang mit ausgestreckter Faust nach einem Lupfer und traf den Ball gut einen halben Meter außerhalb des Strafraums, was als absichtliches Handspiel zu werten wäre, also einen Freistoß und eine Karte, ja, womöglich eine rote Karte für den Torwart hätte nach sich ziehen müssen. Da war die Frage, ob das Handspiel im Strafraum eines Kielers wenig später wirklich strafwürdig war, schon schwerer zu beurteilen.

Beides kann man dem Schiri schon ankreiden, der ohnehin – besonders in der ersten Halbzeit – mit einigen eigenartigen Entscheidungen glänzte und sich so den Zorn von Trainer Funkel zuzog. Der wurde daraufhin mit einer Ansprache durch den Unparteiischen traktiert, die merkwürdig wirkte, weil der Kerl kraft seines Amtes meinte, dem in Fußballehren ergrauten Neusser belehren zu müssen wie einen Klippschüler. Das war diesem Spiel nicht angemessen; dann schon eher die freundliche Begegnung der beiden Coaches, die Arm in Arm auf den Platz kamen. Eigentlich hatte der Referee auch wenig Mühe mit dieser durchweg fair gestalteten Begegnung, die sich der fröhlichen Stimmung in der Arena anpasste.

Getrübt wurde die friedlich-fröhliche Atmosphäre um die 70. Minute herum. Irgendein Vollhonk auf der Südtribüne warf ein Feuerzeug auf den Kieler Keeper und traf ihn am Kopf. Der war fair genug, daraus kein Drama zu machen und dem Schiri einen Grund für einen Spielabbruch zu liefern. Natürlich löste diese bescheuerte Aktion bei Medienvertretern und Funktionären die üblichen Reflexe aus, dass das nichts mit Fußball zu tun habe usw. usw. usw. Wer einen solchen Sachenschmeißer je aus der Nähe erlebt hat, wird wissen, dass in aller Regel heftiger Alkohol- und/oder Drogenmissbrauch die Auslöser sind – was die Sache kein bisschen besser macht.

Dann kam Raman

Und dann kam unter großem Jubel Benito Raman für den eher unauffälligen Harvard Nielsen und legte los. Wir wissen, dass der kleine Belgier nicht mehr in der grandiosen Form der Vorrunde ist, aber allein dessen Energie und der unbedingte Willen, was zu reißen, machen ihn so wertvoll. Und, zack, war es genau dieser Raman, der einen von einem Kieler unglücklich abgefälschten Ball im Sechzehner annahm und mühelos zum 1:0 vollstreckte. Da dachten die Fortuna-Freunde im Publikum eine Zeit lang, der Drops sei gelutscht und die als Siegerpreis für den Ersten der zweiten Liga ausgelobte Autofelge können nach Abpfiff überreicht werden. Pustekuchen, denn nach nur zwei Minuten machte der Kieler Torjäger nach einer tollen Kombination und einem Tunnel gegen den jungen Bormuth den Ausgleich. Und damit war die Sache dann auch erledigt, denn beide Teams unternahmen keine wirklich mächtigen Anstrengungen mehr, das Spiel zu gewinnen.

So kommt es am kommenden Sonntag in Nürnberg zu einem echten Endspiel um die Trophäe, weil die Fortuna und der Club nun punktgleich sind; der Sieger wird als Zweitligameister, und den Nürnbergern reicht dank des viel besseren Torverhältnisses sogar ein Unentschieden. Ähnlich wie in Dresden werden wieder einige Tausend Fortunen die Reise antreten und anwesend sein und die Mannschaft in jedem Fall feiern. Die Daheimgebliebenen können das Team spätabends wieder nach der Rückkehr bejubeln und am folgenden Montag an den offiziellen Feierlichkeiten auf dem Marktplatz vor dem Rathaus teilnehmen. Wer weiß, ob OB Geisel dann erneut radschlagend das Volk für sich wird einnehmen wollen.

[Fotostrecke: Matthias Neugebauer und Max Brugger]

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