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Fortuna-Punkte: Causa Funkel – die Macht, die Vergebung und der Erfolg

Eine beliebte Sichtweise unter F95-Fans (und auch einigen Medienvertretern) besagt, dass es in den Gremien „Machtkämpfe“ gegeben hat und gibt. Dabei werden den agierenden Personen durchweg erzpersönliche Motive unterstellt. Da heißt es dann, der Vorstandsvorsitzende habe „die Macht an sich gerissen“ und könne nur schwer Verantwortung an andere übertragen. Diese Ansicht impliziert, Leuten wie Schäfer, Ernst und den anderen Mitspielern gehe es gar nicht um den Verein, sondern nur um sich selbst. Gern wird dann das Etikett „Selbstdarsteller“ verteilt, das ja bei Menschen, die in der Öffentlichkeit stehen, einigermaßen absurd ist. Diesen Leuten sei gesagt: Schließt mal nicht von euch auf andere!

Machen wir ein Gedankenexperiment

In diesem Zusammenhang hat am vergangenen Samstag ein weiser, seit Jahren aktives Mitglied der Fan-Gemeinde geschrieben, man müsse den gesamten Fall jetzt sorgfältig und sachlich analysieren. Dem sei hinzugefügt: Ohne diesen grassierenden Hass und ohne Häme. Vielen sei angeraten, ein Gedankenexperiment zu wagen. Was, wenn Robert Schäfer, Reinhold Ernst und Friedhelm Funkel – um nur die wichtigsten Akteure in der Causa Funkel zu nennen – vor allem das Wohlergehen des Vereins TSV Fortuna Düsseldorf 1895 im Sinn haben und in dieser Angelegenheit hatten? Was, wenn es wirklich genau so war, wie es Schäfer nun mehrfach öffentlich, zuletzt in dieser fürchterlichen Sport1-Sendung „Doppelpass“ erklärt hat. Dass er einen Fehler gemacht hat, dass er, aber auch Funkel in der Diskussion (zwischen Tür und Angel am Ende des Trainingslagers) einfach dickköpfig waren, wenn beide nicht richtig zugehört haben und der ganze Kladderadatsch im Kern aus einem Kommunikationsproblem entstanden ist?

Wenn es also im und zwischen den Gremien (Aufsichtsrat und Vorstand) überhaupt keine Machtkämpfe gibt, sondern höchstens unterschiedliche Vorstellungen darüber, wie die zu verantwortenden Dinge zu hantieren sind? Nur einmal angenommen, so sei es, dann ergibt sich ein anderes Bild, und ein anderer weiser und in Ehren angegrauter Fortuna-Freund hätte Recht, der sagte: Der Verein wird aus dieser Situation gestärkt hervorgehen.

Von Enttäuschungen und Ressentiments

Sicher, dieses Gedankenexperiment wird einer gewissen Gruppe innerhalb der Fan-Gemeinde schwerfallen bzw. es wird den Insassen dieser Gruppe unmöglich sein, es zu wagen. Es sind vor allem diejenigen, die in früheren Zeiten persönlich einflussreich im Verein waren, die persönliche Beziehungen bis in die jeweiligen Kader hatten und mit gewissen nicht mehr amtierenden Funktionären per Du waren. Für diese Menschen, die besonders in den dunklen Jahren bis zum Aufstieg in die zweite Liga im Jahr 2009 eine enorm wichtige Rolle bei der Rettung der glorreichen Fortuna vor dem Untergang gespielt haben, spielt vor allem die Wut darüber eine Rolle, dass sie inzwischen mehr oder weniger abgehängt sind. Es sind die Menschen, die jetzt gern sagen: Wofür habe ich mir eigentlich all die Jahren den Hintern aufgerissen? Diese Klientel hängt noch dem Wunsch nach, alle Verantwortlichen des Vereins müssten „echte Fortunen“ sein. Und da fallen dann Personen wie Robert Schäfer und Lutz Pfannenstiel, aber auch Kommunikationsdirektor Thomas Gassmann durchs Raster. Und nicht selten spielen bei Leuten, die irgendwann einmal im Unfrieden ausgeschieden sind, auch Rachegelüste eine Rolle.

Eine andere Sorte Fans kann sich dem Gedankenexperiment nicht stellen, weil sie schon immer und überall dumpfe Ressentiments gegen die Eliten hegen. Das sind diejenigen, die gern von der „Teppichetage“ reden, wenn sie die Personen meinen, die was Ordentliches studiert, möglicherweise sogar promoviert haben und nicht gleich nach dem Ende des Studiums zur Fortuna gestoßen sind. Bei diesen Menschen spielt immer auch der Neid auf die aus ihrer Sicht „enormen“ Gehälter eine Rolle. Dabei vergessen sie, dass Leute, die BWL, Jura oder irgendetwas mit Management studiert haben, in der sogenannten „freien Wirtschaft“ mit ihrer nachweisbaren Qualifikation oft deutlich mehr verdienen könnten. Wer sich für einen Job bei einem Fußballverein der Größenordnung entscheidet, in der sich die Fortuna befindet, dem müssen a) der Fußball und b) der Verein, für den sie arbeiten, etwas bedeuten.

Die beiden genannten Personengruppen neigen am stärksten dazu, auf ein Desaster wie das rund um die Vertragsverlängerung von Friedhelm Funkel besonders aggressiv zu reagieren – jenseits der Grenzen von Anstand und Respekt. Dass es auch völlig anders geht, hat seit dem vergangenen Freitagmittag die übergroße Mehrheit der Fortuna-Freunde bewiesen. Natürlich waren beinahe alle F95-Fans schockiert und, ja, auch wütend angesichts der unglaublichen Vorgänge. Aber der Schock und die Wut äußerten sich einerseits in ungeheuren Sympathiekundgebungen für den ollen Neusser und andererseits in ausgesprochen sachlichen Aktionen. Natürlich waren die Petitionen zur Sache ausschließlich symbolischer Natur, und ob die Angelegenheit tatsächlich genug Gründe für die Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung hergibt, darf bezweifelt werden. Aber: Die mehr als 20.000 Freunde der glorreichen Diva haben ihre Meinung auf allen Wegen, die dieses Internet für demokratische Teilhabe bietet, laut und deutlich kundgetan.

Fortuna ist der geilste Club der Welt

Sicher, auch bei anderen Vereinen hat es schon Fan-Aufstände gegeben. Gern haben Extrem-Fans erfolglosen Spielern den Tod angedroht und Kreuze auf Trainingsplätzen versenkt, ziemlich oft hat sich die Wut gegen „die da oben“ in Blockaden und anderen dramatischen Aktionen geäußert. Aber selbst bei Vereinen, die zehnmal mehr Mitglieder haben als die Fortuna, haben wohl noch nie so viele Fans so schnell so wirkungsvoll agiert. Dass diese Bewegung (aller Wahrscheinlichkeit nach) erfolgreich war, beweist gleich eine ganze Reihe von Dingen:

  1. Fortuna-Fans können eine enorme Kraft entfalten.
  2. Fortuna-Fans können die Korrektur von Fehlentscheidungen bewirken.
  3. Die Kraft der Fans ist im Zweifel stärker als die „Macht“ der Gremien.
  4. Die Verantwortlichen hören auf die Fans.
  5. Robert Schäfer ist bereit, einen Fehler einzugestehen und zu korrigieren.

Das alles passt zu dem, was die merkwürdige „Fortuna-DNA“ tatsächlich beschreibt, also das wahrhaft Besondere an diesem Verein, das sich aus seiner Geschichte der vergangenen zwanzig Jahre ergibt. Nein, es war nicht der verstorbene OB Joachim Erwin (der seinerzeit gern als GröFRaZ, also Größter Fortuna-Retter aller Zeiten verhohnepipelt wurde), der den Verein vor dem finalen Absturz gerettet hat. Es waren die Fans – von den Gründern und Aktiven der legendären Montagsrunde, über die Organisatoren des Abriss- und des Mythos-Spiels bis hin zu den aktiven Fans, die immer wieder neue Ideen rund um das Wohlergehen des Vereins erdacht und realisiert haben. Einzelne Personen haben in der Zeit zwischen etwa 1999 und 2009 nie die ganz große Rolle gespielt, seien sie auch noch so verdienstvoll wie Paul Jäger, Charly Meyer und Peter Frymuth. Wichtiger waren aber die Menschen, die mit dem Slogan „Wir sind der Verein!“ ständig am Weiterleben der Fortuna gearbeitet haben.

Keine Kopf-ab-Kampagne, bitte

Und, nein, immer schön doll anzufeuern und zu jedem Auswärtsspiel zu reisen, zählte nicht zu den herausragenden Leistungen in dieser Phase. Wohl aber das Organisieren der Fan-Szene durch den AK und den SCD und die Beteiligung von Mitgliedern dieser Fan-Vereinigungen an der Gremienarbeit. Genau diese vielen Tausend Menschen sind nun aufgerufen – natürlich nach sorgfältiger Prüfung der Ereignisse -, die handelnden Personen zu beurteilen. Am Ende müssen aber keine Verurteilungen stehen, sondern möglicherweise auch Vergebung.

Jetzt nicht eine Kopf-ab-Kampagne zu fahren, sondern Verantwortlichen, die Fehler gemacht, eingesehen und das öffentlich erklärt haben, noch einmal das Vertrauen auszusprechen. Das könnte ein weiterer Beweis dafür sein, dass der TSV Fortuna Düsseldorf 1895 wirklich anders ist als (die meisten) andere Vereine. Dies könnte noch einmal für mediale Aufmerksamkeit und Erstaunen bei den Konsumenten da draußen erzielen, die gern davon reden, das „Fußballgeschäft sei nun mal so“. In diesem Fall wären die Causa Funkel und seine Lösung am Ende ein weiterer Baustein in der laufenden Erfolgsgeschichte der schönen Fortuna.

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