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Augsburg vs F95 1:2 – Ohne Funkel gäbe es diesen Sieg nicht

Nein, es war kein gutes Fußballspiel. Und, nein, es war auch kein wirklich guter Auftritt der Fortunen. Besonders nicht in der ersten Spielhälfte, in der sich Schlampigkeit an Schlampigkeit reihte und die Mannschaft einfach nicht erkennen wollte, wie schwach die Augsburger wirklich waren. Aber, und das ist das ist das unglaubliche Verdienst des Trainerteams unter Friedhelm Funkel, diese Truppe lässt sich nie hängen, sondern präsentiert sich immer als Einheit, in der keiner dem anderen Vorwürfe macht, in der es jeder einzelne Spieler auch an solchen Tagen immer und immer wieder versucht. Das für alterfahrene Anhänger der glorreichen Fortuna Ungewöhnliche: Am Ende werden genau diese Eigenschaften belohnt. Das war nicht immer so.

Auch, dass erneut der Sieg erst kurz vor knapp erreicht wurde. Die leidensfähigen Anhänger der Diva sind es ja eher gewohnt, noch in letzter Sekunde um die Punkte gebracht zu werden. Oder einen (unberechtigten) Elfmeter zu kassieren. Und jetzt? Das exakte Gegenteil. Das ist kein Zufall, sondern das Ergebnis harter Arbeit und … kluger Entscheidungen des Friedhelms, der es schon jetzt verdient hätte, Ehrenbürger der Stadt zu werden (obwohl er ja eingefleischter Neusser ist). Gerade nach den Vorfällen der letzten acht Tage, die offensichtlich genau das bewirkt haben, was alle Spieler und Fans erhofft haben: Dass Mannschaft und Trainer noch enger miteinander verbunden sind.

Weil Sieg und Zusammenhalt so schön sind, kann man ungestraft auch über die individuellen Schwächen der beteiligten Kicker reden. Und über die Stärken: Fortune des Spiels ist eindeutig Kevin Stöger. Als der blöde Ausgleich fiel, war er es, der die Führung an sich riss, der noch mehr lief, noch mehr Regie führte und dafür sorgte, dass plötzlich die Fortuna wieder am Drücker war. Erwähnen muss man auf der positiven Seite natürlich auch Kaan Ayhan, der selbst in unübersichtlichen Situationen den Überblick behielt, und vor allem Matthias Zimmermann und Alfredo Morales. Letzterem gelang in der 89.(!) Minute ein Traumpass auf Benito Raman, der frei vor dem gegnerischen Keeper tat, was ein Stürmer zu tun hat: Buden machen.

Und Marvin Ducksch, der immerhin seinen ersten Treffer im Hemd mit dem F95-Logo erzielte? Übrigens: Ein fast perfektes Tor nach einer herrlichen Diagonalflanke von Dodi Lukebakio, optimal mit dem Kopf gegen den Lauf des Tormanns ins Netz gezwiebelt. Und da blitzte dann das auf, was den guten Marvin im vergangenen Jahr zum Torschützenkönig der zweiten Liga gemacht hat. Wild wedelnd bot er sich knapp außerhalb des Sechzehners an, verzögerte kurz, um dann im genau richtigen Moment nach vorne und außen zu sprinten, um dann exakt an der Stelle zu sein, wo er den Pass verwerten konnte. Chapeau! Schon im Trainingslager hat Ducksch gezeigt, dass und wie wertvoll er noch für die Fortuna werden kann. Auch wenn er im direkten Kontakt mit gegnerischen Verteidigern manchmal doch ein wenig ungelenk wirkt.

Taka Usami trat ungewohnt glücklos auf, spielte sehr weit hinten, mischte sich so oft in die Defensive ein, dass er auf Außen wenig zu sehen war. Das Ausgleichstor für die Heimmannschaft leitete er mit einem Foul ein – leider an einer Stelle, die ziemlich passend für ein Tor aus einer Standardsituation ist. Michael Rensing parierten den heftigen Schuss zwar noch, wie aber die Technik deutlich zeigte, knapp hinter der Linie. Lukebakio fiel über fast 45 Minuten gar nicht auf. Auch er sollte wohl eher einen hängenden Außen spielen; was bei zwei echten Spitzen mit Ducksch und Kenan Karaman auch Sinn macht.

Apropos: Karaman ist ein Stürmer der brachiale Art. Kein Knipser, sondern eher einer, der sich im Nahkampf seine Chancen selbst bastelt. Da kann es passieren, dass er über 90 Minuten keinen einzigen ernsthafte Torschuss vollbringt. Weil er aber in der Zentrale viel in Bewegung ist, zieht er oft zwei oder gar drei Verteidiger auf sich, und schafft so Raum für die zweite Spitze und die Kollegen, die auch mal scoren möchten. Bleiben von der Startelf nur noch Marcin Kaminski und Niko Gießelmann. Kaminski spielte wieder solide, spielt aber offensiv keine Rolle. Und wenn er nicht gerade einen Eckball auf die Birne kriegt, wird er auch keine Tore machen. Bei Gießelmann weiß man manchmal wirklich nicht so recht: War er nun gut, so lala oder schlecht? Beeindruckend heute wieder seine kämpferische Leistung und seine Bereitschaft sich nach vorne zu engagieren. Leider ist er es auch, dessen Fehlerquote bisweilen auf unterirdische Werte ansteigt.

Gewonnen hat das Spiel aber Friedhelm Funkel im Verbund mit seinen Co-Trainern Thomas Kleine und Axel Bellinghausen. Das beginnt mit dem Austüfteln des Spielplans und dem sich daraus ergebenden System, geht über die überraschende Startaufstellung und endet mit den genialen Einwechslungen von Ayman Barkok und vor allem Benito Raman.

Muss man sich als Freund des TSV aus Flingern noch Sorgen machen im Hinblick auf „Gekommen um zu bleiben“? Vermutlich nicht, denn die vier Siege in Folge plus dem grandiosen 4:1 gegen die Hertha waren und sind keine Zufallsprodukte, sondern Qualitätsbeweise. Sie zeigen, dass die Mannschaft mit diesem Trainer und seinem Team absolut erstligatauglich und konkurrenzfähig ist. Sicher wird die Fortuna jetzt nicht im Siegesrausch durch die Rückrunde rennen, aber wenn weiterhin die Konkurrenten im Abstiegskampf kleingehalten werden, dann könnte am Ende tatsächlich ein Platz oberhalb der roten Linie stehen.

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