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F95 vs Gladbach 3:1 – Hochmut kommt vor dem Fall

Klar war es auch ein Wettkampf der Fans! Die Rivalität ist vorhanden, obwohl hier ein Traditionsverein, der bereits 1933 Deutscher Meister wurde, gegen einen Club antrat, von dem vor 1956 noch kein Mensch wusste wie man den Namen schreibt. Überhaupt: Dass die Borussia aus Ostholland überhaupt je ihre Nase in den hochklassigen Fußball stecken durfte, hat sie der Fortuna zu verdanken: 1956 durfte Weltmeister Toni Turek nach Gladbach wechseln. Und zwischen 1972 und 1979 – das vergessen selbst viele F95-Fans – bewegten sich die Vereine in der ersten Liga auf Augenhöhe. Nun war die glorreiche Diva bekanntlich ein paar Jahre abgetaucht, und selbst als auch BMG nur zweitklassig spielte, war der Abstand groß. Das ist seit gestern anders. Dieses Zauberteam der Fortuna machte die Millionentruppe aus dem Bauernkaff mal eben platt.

Und, von wegen „Fohlen“! Nachdem die Grünlichen, die gestern weißlich antraten, drei Buden kassiert hatten und selbst nichts, aber auch gar nichts auf die Kette kriegten, wurden sie zur Kloppertruppe. Wie sehr ein Verein wie dieser „VfL“ den Charakter verdirbt, konnte man am eigentlich ganz lieben Neuhaus, dem es bei der Fortuna sehr gut ging, sehen, der um die 35. herum unseren Kevin Stöger niedermähte; rotkartiger war ein Körperangriff selten, aber der schwache Schiri Stieler zeigte nur Gelb. Die Söldner von BMG nahmen das als Lizenz zum Treten, und beinahe jeder Zweikampf endete mit einem Foul.

Nun muss man den Sensibelchen (von denen ja keiner – soweit man weiß – in Gladbach wohnt, sondern am liebsten in Düsseldorf oder einem der westlichen Vororte) zugutehalten, dass sie sich eben diese drei Hütten innerhalb von zehn Minuten gefangen hatten. Alle übrigens nach demselben Muster. Dass es den Untergebenen von diesem Hecking nicht gelang, diesen Spielzug zu verteidigen, spricht nicht für ihre Intelligenz. Aber, der Schlüssel für das geradezu lächerliche Versagen der Ostholländer war anderswo zu finden: Im geradezu albernen Hochmut, den deren Anhänger an den Tag legten und den von seiner Truppe fernzuhalten dem Trainer nicht gelang.

Gladbacher Arroganzanfälle

In einem BMG-Forum hieß es, die Fortuna wäre nach der kleinen Krise der ideale Aufbaugegner, die Stümmung in der Arena habe bestenfalls Zweitliganiveau, und man solle mal eben rüberfahren und den Gegner plattmachen. Das rief nach Rache, und die vollführten Mannschaft und Fans genüsslich. Zumal: Ob die Postbank-Legionäre das Hinspiel überhaupt gewonnen hätten ohne den bizarren Elfmeterpfiff, ist unklar, denn überlegen war der mit Nationalspielern gespickte Haufen auch damals im November nicht.

Jedenfalls: Dreimal bekam der wunderbare Benito Raman einen langen Ball, zweimal auf rechts, einmal auf links, sprintete los und legte die Pille optimal in den gegnerischen Sechzehner. Zweimal war es der nicht weniger wunderbare Rouwen Hennings, der das Ding versenkte – einmal trickreich, einmal hart. Und einmal fand Benito den ebenfalls wunderbaren Kevin Stöger ganz zentral vor dem Fünfer, der das Ei einschob – mit RECHTS! Da sage noch einer, Herr Stöger habe den rechten Fuß nur, damit er nicht umfällt. Überhaupt: Kevin Stöger ist ein Weltklassefußballer – immer kreativ, manchmal atemberaubend trickreich, mit Überblick, mit Ideen, mit enormer Ballsicherheit, mit allem eben, was ein Weltklassefußballer braucht. Den aus Bochum zu holen muss als Großtat des Kaderplanungsteams von Uwe Klein gewertet werden.

Und dann auch noch Ayhan und Bodzek raus…

Vergessen wir nicht, dass unser Trainerteam bei der Aufstellung nicht viel Auswahl hatte und dass außerdem während der Spiels zwei tragende Säulen der Verteidigung verletzt ausgewechselt werden mussten. In der 52. Minute musste der wunderbare Kaan Ayhan raus, nachdem er sich ohne Einwirkung eines Gegners verletzt hatte und nicht mehr rund lief. Klar, dass Andre Hoffmann ran, der den türkischen Nationalspieler glänzend vertrat. Und dann zog sich Adam Bodzek, der alte Haudegen, bei einem Kopfballduell einen Cut zu und musste ebenfalls raus. Wer kam? Genau, Robin Bormuth, die Stimmungskanone auf dem Trainingsplatz und in der Kabine, der zuletzt in der 90. Minute gegen Hoffenheim reinkam. Und der gute Robin trat auf, als sei er schon seit Jahren Stammkraft und spielte sein Spiel wie er es immer spielt: schnörkellos.

Neben Bodzek musste auch der andere Veteran ran: Der wunderbare Oliver Fink (über dessen Alter man jetzt bitte mal nicht mehr reden oder schreiben sollte), der dem kompletten Gladbacher Mittelfeld über 90 Minuten das Leben schwermachte und mehr Bälle eroberte als mancher Gegner in der ganzen Partie überhaupt berührte. Volle 21 gewonnene Zweikämpfe listet die Statistik für unseren Käpt’n! Da konnte nur noch der Herr Stöger mithalten, der – für eine Kreativkraft ungewöhnlich – ebenfalls 21-mal den Ball eroberte. Und wo wir gerade bei der Statistik sind: Die Mannschaft aus Viersen-Süd war den Fortunen in allen Werten überlegen, zum Teil deutlich, nur in einem nicht, der zurückgelegten Strecke. Was im Umkehrschluss bedeutet, dass die Laufbereitschaft bei den Rotweißen wieder gigantisch war.

Ein Lob für Markus Suttner

Womit wir bei einem Spieler wären, der seit seiner Ankunft noch nicht so richtig beweisen konnte, wozu er fähig ist. Markus Suttner gewann den internen Rennpokal mit 12,77 Kilometern (vor Fink und Stöger, übrigens). Und der rannte nicht nur, sondern spielte – zwar unauffällig, aber wirkungsvoll – auf links vor Niko Gießelmann. Die beiden Kollegen harmonierten prima und sicherten bei Bedarf den jeweils anderen bei dessen Offensivbemühungen ab. Außerdem fabrizierte Suttner mit die wenigsten Fehlpässe. Die einzige Alternative zu Suttner in der gewählten 4-3-2-1-Aufstellung wäre Taka Usami – der sich zwischenzeitlich warmlief, weil es Raman zwickte -, aber nach allem, was man hört, bietet sich unser Japaner im Training nicht wirklich an; seine Tage bei der Fortuna scheinen gezählt…

Wo wir gerade beim Mann des Spiels, dem belgischen Benito sind: Der ist gerade in jeder Hinsicht dabei, seinen Landsmann Dodi Lukebakio links und rechts zu überholen. Was nicht nur an seinen per Talent entstandenen Fähigkeiten liegt, sondern vor allem an seinem enormen Kampfgeist und der Disziplin, die ihm bei seinem alten Verein niemand zugetraut hätte. Man könnte auch sagen: Dass Dodi nur eine Saison für uns tanzte, wird im nächsten Jahr keinen Nachteil mit sich bringen (Wobei ja mit Emma Iyoha noch ein verliehener Kicker nur darauf wartet, seine Laufbahn bei F95 fortzusetzen).

Hennings: Von wegen Chancentod

Und dann dieser Rouwen Hennings, den die geistig eher flachen unter den Fortunafreunden schon „Chancentod“ geschimpft haben! Klar, der spielte seinen Stiefel, ackerte und wühlte, erlaubte sich zwischendurch einen (beinahe tödlichen) Fehlpass, war aber – und das ist es, was einen sogenannten Knipser auszeichnet – im richtigen Moment am richtigen Ort. Nein, es ist nicht eine 100-Prozent-Quote bei der Chancenverwertung, sondern das unermüdliche Versuchen, Buden zu machen. Spielerisch wird sich Hennings sicher nicht mehr verbessern, aber das gilt auch für Bodzek und Fink sowie einige andere, aber wenn er in Partien wie der gestrigen seine ganz spezielle Rolle mit Toren krönt, wird man sagen müssen: Prädikat besonders wertvoll.

In der 71. Minute durfte Hennings raus – möglicherweise ging er dann seinen persönlichen Nachwuchs trainieren, der nach Spielschluss im Stile der Familie Spengler unter dem Jubel der Fans ein Tor nach dem anderen schoss. Für ihn kam Dawid Kownacki, der wohl wieder so fit ist, dass er die guten 20 Minuten durchhalten konnte. Allerdings passte er irgendwie weder ins System, noch in den Spielplan. Die Ballkontakte waren an zwei Händen abzuzählen, das Zusammenspiel mit den Kollegen kaum vorhanden. Dass der polnische Nationalspieler viel, viel mehr kann, weiß man in Düsseldorf, und die Freunde der Fortuna hoffen, dass der gute Kownacki das bald einmal über 90 Minuten unter Beweis stellen kann.

Das könnte man nach der gestrigen Partie auch dem wunderbaren Michael Rensing aufkleben, der so viel für diesen Verein geleistet hat, dass man sich wünscht, er möge auch nach seinem Abschied den Kontakt halten und eines Tages möglicherweise in anderer Funktion zurückkehren. Der tat – ähnlich wie Hennings – gestern genau das, was seine Rolle ist: gegnerische Chancen abtöten. Das tat er bei den wenigen gefährlichen Schüssen der Gladbacher sicher, sauber und zweimal mit Bravour – was kann man Besseres über einen Torhüter sagen?

Die Unauffälligen

Fehlen noch die Herren Kaminski und Zimmermann bei der Aufzählung der Helden, der dem Rautenvolk gezeigt hat, wo genau der Hammer hängt. Die beste Szene von Marcin Kaminski sah man nach dem Abpfiff, als er sein überaus süßes Töchterchen mit vor die Kurve brachte und beim allgemeinen Hüpfen sehr vorsichtig zu Werke ging, damit der Kleinen nichts passiert. Ansonsten kann man über den polnischen Nationalspieler erneut wenig sagen, und auch die Statistik gibt weder Positives, noch Negatives über ihn Preis. Wie hoch das Niveau der Truppe auch in Phasen von Verletzungspech wirklich ist, kann man daran erkennen, dass man Matthias Zimmermann einen seiner weniger guten Tage attestieren muss. Nein, falsch machte er nichts, aber weder war er so laufstark wie sonst, noch schaltete er sich ähnlich oft in den Angriff ein. Und trotzdem würde es bei einer Bewertung nach Schulnoten immer noch für eine 3+ reichen.

Und wenn jemand, der sich mit der Fortuna nicht so auskennt, fragt, woher es kommt, dass die Truppe nicht im Abstiegssumpf strampelt, sondern auf Platz 10 schielen darf, dann muss inzwischen jedem, der ein bisschen Ahnung vom Fußball hat, klar sein: Weil Friedhelm Funkel in Tateinheit mit dem gesamten Trainer- und Funktionsteam JEDEN EINZELNEN Spieler im Kader (jedenfalls die tatsächlich zur ersten Mannschaft gehören) besser gemacht hat, jeden einzelnen! Und wenn es beim DFB auch nur eine Handvoll nicht korrupter Funktionäre mit Sachverstand gibt, dass MUSS der olle Neusser im kommenden Jahr zum „Trainer des Jahres 2019“ gekürt werden.

Rivalität aus guten Gründen

Wie gesagt: Die Rivalität zwischen den Fans von Fortuna Düsseldorf und den Anhänger von BMG ist nicht sonderlich halt und hat ihre Ursache darin, dass Mitte der Siebzigerjahre eine Sorte Mensch in Grünschwarz auftrat, die mit dem Begriff „asozial“ noch freundlich umschrieben ist. Die formten eine marodierende Masse, die sich nicht an das Minimum von Anstand hielt, das seinerzeit auch unter den härtesten Fans zu ungeschriebenen Gesetzen führten – Angriffe auf unbeteiligte Passanten beispielsweise, das Umwerfen von Kinderwagen inklusive. Nicht wenige Kenner der damaligen Fußballszene sprachen bei Gladbacher Fans nur noch von „Abschaum“. Auch wenn das heute vielleicht ganz anders ist: Animositäten zwischen Fans verschiedener Clubs haben ein zähes Leben.

Geschätzte 10.000 Anhänger der Kleinpferde waren gestern angereist; man hat sogar einen der sonst immer leerstehenden Trennblöcke für Gladbacher freigegeben. Natürlich war die Halle ausverkauft, aber dass man überall außerhalb der Gästeblöcke (ausgenommen die Süd) massenhaft Zuschauer in Grünschwarz sah, ist zunächst ärgerlich, denn die meisten davon müssen ihre Tickets von Fortuna-Fans, ja, vermutlich sogar Fortuna-Vereinsmitgliedern bekommen haben. Dass deswegen Tausende Freunde der glorreichen Fortuna draußen bleiben mussten, kann wütend machen. Andererseits: Die räumliche Nähe führt dazu, dass es nicht wenige Freundeskreise und Familien, besonders links des Rheins, gibt, in denen sich Fans beider Vereine mischen. Da ist es klar, dass der fortunistische Onkel dem leider, leider borussischen Neffen eben Karten für die Arena besorgt.

BNG-Support: erbärmlich

Jedenfalls dachten die aktiven Gladbach-Fans, sie hätten leichtes Spiel damit, die Lufthoheit im Stall zu übernehmen. Aber, wie so oft bei BMG: They’re only singing, when they’re winning. Schon nach dem 1:0 in der 6. Minute brach die Stümmung im Nordosten zusammen. Nein, man feuerte die Mannschaft nicht mehr wirklich an, sondern erging sich in Beschimpfungen der Fortuna. Und nach dem 3:0 ging dann gar nichts mehr im Gästeblock, und selten stimmte der Ruf „Ihr seid leiser als Fortuna Köln“ mehr. Dass die Atmosphäre auf rotweißer Seite dagegen grandios war, dafür trugen die Ultras mit einer mächtigen Choreo, DJ Opa mit einem exzellent passenden Musikprogramm, die Freunde im 160er, die immer wieder etwas anstümmten, was in die darunter liegenden Blöcke schwappte, Kapo Marvin, der sich Schlafwagenlieder verkniff und wirklich passgenau die richtigen Dinger lostrat, auf die jeder einsteigen konnte, sowie die vielen Tausend euphorischen Menschen auf den Sitzplätzen bei, die immer wieder stehend mitsangen und klatschten. Düsseldorf war für 90 Minuten united.

Und das eben nicht nur rund um diese drei göttlichen Tore, die der gladbachischen Arroganz das Genick brachen, sondern auch während der ersten 30 Minuten der zweiten Halbzeit, die einfach unglaublich langweilig waren. Nehmen wir die fälschlicherweise immer noch „Fohlen“ genannte Truppe ein bisschen in Schutz, denn Teams voller individueller Klasse werden immer Schwierigkeiten haben, einen solchen Rückstand aufzuholen. Dass aber weder der Mannschaft, noch dem Trainer auch nur ansatzweise etwas einfiel, diese schmähliche Niederlage zu verhindern, ist erbärmlich. Und das passt zur diesem Verein.

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