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Fortuna-Punkte: Schäfer soll gehen – Paukenschlag oder Posse?

Männer, die in Männerclubs Mitglied sind, respektieren sich, helfen sich und informieren sich. Ob das so etwas wie ein Heimatverein oder einer der global operierenden Wohltätigkeitsvereine ist: Der eigentlich Zweck ist der Klüngel. Und so drängen natürlich auch Journalisten in die Zirkel der Wissenden, die diesen oder jenen Lions– oder Rotary-Club oder eben in die Düsseldorfer Jongens. Dort erfährt man unter dem Siegel der Verschwiegenheit manches, das man als der Auflage verpflichteter Redakteur einfach nicht für sich behalten kann. Das als Vorrede und Hinweis auf den Whistleblower im Aufsichtsrat der Fortuna Düsseldorf und den amtierenden Chefredakteur der Rheinischen Post.

Der ließ es sich nicht nehmen, am vergangenen Samstag höchstpersönlich und im Verbund mit dem alten Löricker RP-Schlachtross einen Aufmacher mit der Sensationsnachricht zu verzapfen, dass sich die Fortuna vom Vorstandsvorsitzenden Robert Schäfer trennen werde. Man kann sich vorstellen, wie den Sportredakteuren im Hause RP, die nicht informiert und eingebunden waren, das geschmeckt hat. Unabhängig davon, was der heuernde und feuernde Aufsichtsrat tatsächlich beschlossen hat, stellt sich die Frage: Wer aus diesem Kreise hat aus welchen Gründen ausgerechnet Bröcker und Onkelbach informiert? Denn der eigentlich Paukenschlag, der diese Posse ausmacht, war genau deren Vorpreschen.

Die alten Herren der RP

Überrascht haben die alten Herren der Rheinischen Post, die beide nicht dafür bekannt sind, sich sonderlich für Fußball oder gar die Fortuna zu interessieren, eigentlich die gesamte F95-Welt. Vor allem aber die Aufsichtsratsmitglieder, die über die geplante Trennung noch gar nicht Bescheid wussten. Überrascht waren auch die anderen Fortuna-Vorstände, -Direktoren und -Mitarbeiter. Und am überraschtesten dürfte AR-Vorsitzender Reinhold Ernst gewesen sein, der die ganze Angelegenheit eigentlich ganz anders hatte regeln wollen. Eigentlich – das lässt er gegenüber der deutlich seriöseren WZ durchklingen – habe man sich im gegenseitigen Einvernehmen trennen wollen. Leute aus Robert Schäfers Nähe mutmaßten sogar, dass der aktuelle Vorstandsvorsitzende von sich aus um Vertragsauflösung zum Saisonende habe bitten wollen bzw. sollen.

Das hätte nach außen alles bestens vermittelt werden können, und die Fortuna hätte nicht wieder so blöd dagestanden wie im Januar in Marbella. Apropos: Da nun die Vorgänge rund um die Verlängerung des Vertrags mit Friedhelm Funkel im Wintertrainingslager durch detaillierte Fleißarbeit ordentlich protokolliert und dokumentiert ist, wird man sagen können: Schäfer hat mit seiner Darstellung gelogen und nebenbei den Aufsichtsrat schlecht aussehen lassen. Für ein Ende seiner Tätigkeit für F95 wird dieser Vorfall aber nicht gereicht haben. Die immer wieder aufkommenden Beschwerden über seinen gnadenlosen Führungsstil werden eine Rolle gespielt haben und möglicherweise ein weiterer Alleingang, über den noch keine Details bekannt sind.

Mehr Posse als Paukenschlag

Eigentlich aber ist die gestern angestoßene Sache weniger ein Paukenschlag als eine Posse – eine Medienposse im Allgemeinen und eine Rheinische-Post-Posse im Speziellen. Der Sportinformationsdienst SID hatte innerhalb von Minuten den RP-Artikel aufgenommen und breit gestreut. Medien vom kicker über den Focus bis hin zum WDR übernahmen die SID-Meldung und bastelten an der Überschrift herum. Da wurde viel mit dem Konjunktiv hantiert und mit Wörtern wie „wohl“ und „offenbar“. Dann verbreitete der SID ein Dementi des Vereins, und etliche der Online-Medien, die zuvor noch fröhliche Trennungsnachrichten verbreitet hatten, zogen ihre Veröffentlichungen zurück.

Ganz aufgeregt müssen sie beim EXPRESS gewesen sein, weil kein Aufsichtsrat ihnen diese Nachricht gesteckt hatte. Also presste Geissler einen Kommentar in den Online-Auftritt des Blattes, der hart mit dem Aufsichtsrat ins Gericht geht. Derweil lancierte der RP-Chefredakteur – nun ohne Onkelbach im Schlepptau – ein Gerücht über einen potenziellen Schäfer-Nachfolger. Man könnte auch sagen: Dieser Teil der RP möchte gern eine mit ihr aus Gladbacher Zeiten freundlich verbundene Person auf den Vorstandsthron hieven, und ein F95-Aufsichtsrat wäre – aus freundschaftlich-kollegialen Gründen – ganz doll dafür. Währenddessen machten sich die Kollegen bei der WZ daran, das „Versagen“ des Robert Schäfer zu formulieren und darauf hinzuweisen, dass sie vorher auch schon bisschen was gewusst haben.

Mediales Nachtreten

Das ist das Schlimmste an diesem Paukenschlag: Nun fühlen sich viele Medienvertreter mit ihren echten oder gefühlten Interna hausieren zu gehen und sich endlich all das von der Seele schreiben zu dürfen, was sie am zukünftigen Ex-VV immer schon doof fanden. Unter den Fans, die mit ihren Meinungen fleißig das Internet vollschreiben, sind all diejenigen erleichtert und erfreut, die früher mal Einfluss hatten, aber von Robert Schäfer nicht gehätschelt wurden. Da dürfte es noch sehr lange dauern bis sich mal ein Journalist aufrafft, eine objektive Bilanz dessen aufstellen, was dieser Vorstandsvorsitzende für den Verein geleistet und was er sich gegenüber den Mitarbeitern dieses Vereins geleistet hat.

Und sehr, sehr nüchtern betrachtet kann man auch sagen: Die Mission „Professionalisierung“ durch RS ist accomplished – Herr Schäfer wird nicht mehr gebraucht, weil nun nach dem gelungenen Nichtabstieg die nächste Phase in der Entwicklung der glorreichen Fortuna vom Karnevalsverein zum stabilen Erstligisten zwingend eingeleitet werden muss. In dieser Phase wird dann kein einzelkämpfender Vorsitzender mehr gebraucht, der am liebsten alles allein macht und ergebene Diener um sich schart, sondern ein Großer Kommunikator, in dessen Vorstand Leute arbeiten, die wissen, was sie tun und denen er vertraut. Dieser neue Vorstandsvorsitzender (nennen wir ihn satzungswidrig und spaßeshalber „Präsi“) muss zwingend Fortune sein, einer dem die Angestellten des Vereins vertrauen und den die Fans lieben. Was wird eigentlich Friedhelm Funkel machen, wenn er nicht mehr Trainer ist?

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