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Fortuna-Punkte: Die Tops und Flops der Saison – eine Abrechnung (2)

Was den Deutschen allgemein die Zeit zwischen dem 9. November 1989 und dem 3. Oktober 1990, war den Anhängern der glorreichen Fortuna die Woche zwischen dem 15. und dem 22. Dezember 2018: die Wende. Obwohl nur einmal wirklich von der Leistung her voll neben der Spur findet sich das F95-Team nach dem 14. Spieltag mit schlappen 9 Punkten auf dem letzten Tabellenplatz. Die diversen Experten, die früher mal tolle Fußballer waren, sich intellektuell aber eher abwärts bewegt haben, fühlen sich bestätigt. Nur die Fans, die glauben an “Gekommen um zu blieben”. Und dann geht es innerhalb von acht Tagen rumms, bämm, zong!

Dass dabei die Konkurrenten um den Verbleib in Liga 1, Freiburg und Hannover, geschlagen werden, war vielleicht zu erwarten. Das Wunder vom 18.12. dagegen nicht. Da kamen die Schwatzgelben in die Arena, die zu diesem Zeitpunkt die Tabelle mit neuen Punkten Vorsprung vor BMG anführten und noch kein Saisonspiel verloren hatten. Sagen wir so: Die Mannschaft zeigte eine fast perfekte Abwehrleistung und zog dem damals noch als Meisterschaftskandidat geführten BVB sämtliche Zähne. Das 1:0 durch Dodi war das Ergebnis eines Zuckerpasses von Kevin Stöger. Mit dem 2:0 erzielte unser Jean Zimmer das Tor des Monats Dezember 2018. Nach dem 2:1-Erfolg und dem simplen Sieg in Hanoi lagen plötzlich 18 Punkte auf dem Weihnachtsteller, und die wunderschöne Diva auf Platz 14.

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Das Dodi-Syndrom

Wir erinnern uns: Ein völlig euphorischer Gästeblock singt lauthals und unentwegt das Bayern-Lied in der Allianz-Arena. “Wir würden nie zum FC Bayern München gehn” heißt es da, und die Frage danach wie verdorben man sein muss, um bei diesem Scheißverein einen Vertrag zu unterschreiben, steht brüllend im Raum. Da geraten die Kaviarhäppchen der Münchner Logenhocker bedenklich ins Wackeln. Erst recht als unser kleiner Jean den stylischen Herausgeber eines stylischen Style-Magazins namens “Boa” ziemlich blöd aussehe lässt und Dodi am Neuer vorbei das 1:2 markiert.

Derselbe Monsieur Lukebakio, der nach einem zungenschnalzerischen Pass von Nico Gießelmann mutterseelenallein aufs FCB-Gehäuse zu rennt und die Bude zum 2:3 macht. Derselbe Schlaks, der in der Nachspielzeit vollstreckend am Ausgleich zum 3:3 beteiligt ist. Da konnte man buchstäblich hören, wie dem jungen Belgier die Rosinen im Hirn anschwollen. Leider blieb dieser Zustand chronisch, und aus den Korinthen wurde haufenweise Glitzerknete. Wer das Dodi’sche Verhalten in etlichen folgenden Spielen “arrogant” fand, hat – zumal als Testosteronbehälter – vergessen, wie ein Kerl so sein kann mit einundzwanzig Jahren. Nein, mit Überheblichkeit hatte das wenig zu tun, eher mit einem stark schwankenden Realitätsbild und – nennen wir es hilfsweise so – einer starken Egozentrierung.

Ja, Dodi Lukebakio hat zweifelsfrei einen erheblichen Anteil daran, dass die Fortuna am Ende so gut rauskam. Ja, es gelang seinem Mentor aus Neuss erstaunlich oft und intensiv, den langbeinigen Dribbler auf Linie zu halten. Aber spätestens mit seinen beiden verschossenen Elfern, bei denen er sich gegen jeden Widerstand die Pille griff, zeigte sich deutlich: Der ist nicht reif für das Spiel. Mit einundzwanzig ist Mann auch nicht mehr so jung, dass größere Entwicklungen zu befürchten sind. Das ist schade, weil Lukebakio das Talent hätte, ein Großer zu werden. Nur: Welcher andere Trainer auf diesem Globus könnte ihm die Flausen austreiben, der nicht Friedhelm Funkel heißt?

Der Fink-Faktor

Ein gewisser Oliver Fink, seines Zeichens Käpt’n dieser herrlichen Truppe, ist mehr als 15 Jahre älter als Dodi – in Worten: FÜNFZEHN. So lange dauert die Karriere eines handelsüblichen Profikickers oft gar nicht. Die des im hintersten Niederbayern geborenen Herrn Fink begann mit 20 beim damaligen Regionalligisten SSV Jahn Regensburg in der Saison 2002/03 – und ist noch lange nicht zu Ende. Bis 2009 musste er sich da unten in Bayern herumdrücken und sogar bei Wacker Burghausen und Haching für Kohle kicken. Dann ereilte ihn ein gnädiges Schicksal, das ihn in die schönste Stadt am Rhein führte. Man kann annehmen, dass es vor allem seine Dankbarkeit ist, die ihn so fit hält.

Tatsächlich aber lebt der Typ wie ein Asket und tut alles für seine Fitness. Wo gibt es das sonst, dass ein fast 36-Jähriger deshalb so erfolgreich im Fußball ist, weil er ein dermaßen unermüdlicher Kämpfer ist? Die alten Säcke leben doch eher langsam und von ihrer Erfahrung. Die Spielweise unseres Käpt’ns ist aber darauf angelegt, jedem Gegner im offensiven Mittefeld das Leben so schwer wie möglich zu machen, also bei jeder sich bietenden Gelegenheit (und manchmal auch ohne) dazwischen zu gehen. Balleroberung heißt das Prinzip. Wir nennen es den Fink-Faktor. Mit dem hat der Olli fast alle Mitstreiter angesteckt; jedenfalls die, die weniger als 15 Jahre jünger sind als er.

Lauf, Benito, lauf!

Wobei er einen anderen Kollegen mit einer anderen seiner großen Eigenschaften infiziert hat. Den anderen Belgier, nämlich, diesen Benito Raman, der schon in der Vorsaison zum fortunistischen Volkshelden avanciert war. Der ist anders begabt als Dodi, aber per Saldo wohl wertvoller. Der kam als potenzieller Bösewicht zur Fortuna und wurde von Funkel gezähmt. Keine Skandale! Nicht ein einziges Danebenbenehmen. Dabei hatte der gute Benito in der abgelaufenen Saison so seine sportlichen Schwierigkeiten. Zumindest in der Hinrunde, was ihm manches Bankdrücken eintrug, das er aber stoisch ertrug. Dass der temperamentvolle Außenstürmer nie muckte, ist das große Verdienst des Trainerteams. Manche sagen, es sei vor allem unser Axel gewesen, der da von seinen aus eigener Erfahrung gespeisten Ausrastern profitiert hat – nach dem Motto “Mach’s nicht so wie ich manchmal.”

Am Ende hatte Mijnheer Raman auch zehn Hütten auf dem Zettel. Und dazu noch einen Haufen Chancen, die er nicht verwandelt hat. Dass angeblich Dutzende Großclubs aus England, England und England daran interessiert sind, ihn aus seinem Vertrag herauszukaufen, wird unentwegt kolportiert. Aber bei klarem Verstand betrachtet findet man keinen Verein in Europa, zudem unser Benito besser passt als zur wunderhübschen Fortuna.

Sag nie wieder “Posse”!

Eigentlich war also alles gut zur Winterpause. Entsprechend fröhlich reiste der Tross ins Trainingscamp nach Marbella. Niemand ahnte was Böses. Bis dann am Samstag der Lagerwoche die merkwürdige F95-Pressemitteilung aufpoppte, dass der Verein sich bei Friedhelm Funkel bedanke, da dieser zum Ende der Saison ausscheide. Waaas?!??!!! war noch die mildeste Form der Fan-Reaktion. Passiert war dann das, was fantasiearme Fußballjournalisten “Posse” zu nennen nicht müde wurden. Der damals noch regierende Vorstandsvorsitzende Robert Schäfer und der Faltige hatten sich zum Gespräch über eine mögliche Vertragsverlängerung verabredet. Nix Großes eigentlich, denn im Vorjahr hatte man sich ohne großes Geplänkel mit einem schnellen Händedruck geeinigt, um dann zum Essen und Trinken überzuwechseln.

Nun aber soll (die Aussagen der Augen- und Ohrenzeugen gehen immer noch ein bisschen auseinander) der Herr Schäfer den Herrn Funkel ganz vorsichtig gefragt habe, ob man denn die Vertragsverlängerung sofort und in Marbella beschließen müsse oder doch lieber bisschen später und in Düsseldorf. Dass muss Old Blue Eyes in einen falschen Hals gekriegt haben, weil er es so verstand, als wolle der Vorstand erstmal gucken, ob der Erfolg anhalte. Funkel war empört, ja, angeblich so richtig beleidigt und brach ab. Der Rest ist dann hinlänglich dokumentiert.

Ihrem sehr ergebenen Berichterstatter erschließt sich bis heute nicht, was an diesem Theater im Moliere’schen Stil so lustig gewesen sein soll, dass man es als Posse im Sinne der Comedia dell’Arte hätte verstehen können. Und dass “Unruhe” generell schlecht für einen Fußballclub sein soll, versteht Ihr Ergebener ebenfalls nicht. Denn eigentlich ist Ruhe doch das, was vor dem Einschlafen kommt…

[Die dritte Folge unserer Abrechnung befasst sich mit den Aufs und Abs der Rückrunde, mit einem Stoiker namens Marcin, einem unterschätzten Helden in der IV und dem kommenden Stürmerstar der Fortuna.]

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