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Fortuna-Punkte: Von Kondition, Angst und Konzentration – ein Gespräch mit Mile

Meistens ist es gut, sich mal mit jemandem zu unterhalten, der Ahnung hat. Gestern war ich wieder zu Gast bei Mile Miletic. Der ehemalige Profikicker, der unter anderem für die Fortuna, St. Pauli, RWO und RW Ahlen gespielt hat, hat vor einigen Monaten den legendären Imbiss “Ham-Ham” auf der Kurze Straße von seinen Eltern übernommen. Ham-Ham ist weltberühmt für die Schweinebrötchen. Ich aber gehe hin, um die besten Cevapcici der Stadt zu genießen und mit Mile über Fußball zu fachsimpeln. Natürlich kamen wir auf die Niederlagen der glorreichen Fortuna in Frankfurt und Gladbach zu sprechen. Und ich fragte ihn: “Was sagst du zu den konditionellen Problemen einiger F95-Spieler?”

Mile serviert noch rasch zwei Haxenteller und kommt dann zu mir an den Tisch. Das Verhalten einiger Fortunen in der jeweiligen zweiten Hälfte, so sagt er, habe wenig oder gar nichts mit mangelnder Kondition zu tun. “Aber,” gebe ich zurück, “die statistischen Werte für die zweiten 45 Minuten zeigen das doch.” Der große Kerl, der in seiner Zeit als knallharter Abwehrrecke galt, schüttelt den Kopf: “Das ist der Qualitätsunterschied.” Und erklärt: Wenn ein nominell schwächeres Team früh, also vor der Pause, mit 1:0 in Führung geht, wird die Zeit für die Spieler ganz schön lang. Unbewusst ist ihnen klar, dass ihnen fast jeder Kicker des Gegners in mindestens einer Eigenschaft überlegen ist. Und dann kommt die Angst. Hoffentlich ist bald Pause, denken sie, und in Hälfte Zwo: Hoffentlich pfeift der Schiri bald ab.

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Ja, fällt mir ein, das ist wie beim Radrennen, wenn ein Außenseiter nach einem geglückten Ausreißversuch die Favoriten im Nacken spürt und nur noch irgendwie ins Ziel kommen will. “Du siehst doch als Spieler während der Partie alles. Dass dein Gegenspieler den Ball besser annehmen kann als du, besser behaupten, dass er die besseren Pässe schlägt.” Sagt Mile und kommt auf die Anhänger zu sprechen: “Schrecklich, wenn dich die Fans auspfeifen, weil dir ein Ball verspringt. Die ahnen ja nicht, was dir dabei durch den Kopf geht und wie schwierig es ist, den Ball anzunehmen, während dich dabei der Gegner körperlich angeht.” Auf meine Frage, bei welchem seiner Vereine die Fans denn am schlimmsten in dieser Hinsicht waren, meint er: “In Ahlen, da haben wir mehr als einmal mit Fanvertretern darüber diskutieren müssen.”

Angst und Mutlosigkeit, fügt der heutige Sportinvalide an, führen natürlich zu Konzentrationsmängeln. Und die äußern sich bei jedem Spieler anders. Bei dem einen sieht es aus, als würde er immer langsamer, der anderen wird zappelig und bei allen steigt die Fehlerquote. “Die Statistik täuscht. Natürlich läufst du viel weniger, wenn du hinten drinstehst. Wenn’s einen Konter gibt, bewegen sich ja dann auch nur drei oder vier Spieler nach vorne. Also hast du in einer solchen zweiten Halbzeit weniger Kilometer auf der Uhr.” Nein, betont Mile, mit Konditionsmängeln (wie wir in unserem Spielbericht angenommen haben) habe es in beiden Spielen nichts zu tun gehabt.

Das alles klang plausibel, nicht nur weil es von einem Mann stammt, der selbst zehn Jahre lang für Geld gegen die Pille und den Gegner getreten hat. Insofern müssen wir unsere These von schlechter Kondition der Fortunen revidieren. Wir plauderten dann noch ein bisschen über Miles alten Kumpel Robert Palikuca und seinen schweren Job in Nürnberg. Da hatte ich meine Cevapcici verdrückt, zahlte und verabschiedete mich. “Wenn ich mal wieder Nachhilfe brauche,” sagte ich zum Schluss, “komm ich vorbei.” Mile lachte: “Kannst auch so wiederkommen, mein Freund.”

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