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F95 vs Freiburg 1:2 – Durchgehend fehlerhaftes Spiel


Eine Schlüsselszene spielte sich um Minute 60 herum ab. Nein, keine spielentscheidende, aber eine, die Aufschluss über das Binnenklima im Trainerteam geben könnte. Co-Trainer Thomas Kleine geht zum Chef, spricht mit ihm und deutet auf die Einwechselspieler, die sich warmmachen. Keine Reaktion. Kurz drauf: Axel, bewaffnet mit seinem Klemmbrett, geht ebenfalls vor zu Funkel, zeigt ihm was, sagt was und zeigt ebenfalls auf die Auswechselspieler. Keine Reaktion. Wenig später: Sportvorstand Lutz Pfannenstiel erhebt sich von der Bank, geht rüber zum faltigen Neusser und redet auf ihn ein. Ergebnis: Börnie Tekpetey wird eingewechselt und kurz danach auch Nana Ampomah. Wobei Ersterer schon zur Bank gerufen, aber zunächst nicht eingewechselt wurde. Die Beobachtung deckt sich mit dem, was man so aus dem Umfeld der Sportabteilung hört:

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Danach hört sich der alte Recke, dem wir Fortunen einen Nichtabstieg, einen Aufstieg und einen Klassenerhalt zu verdanken haben, an, was ihm die Mitglieder seines Stabes empfehlen, entscheidet aber durchweg nach eigenem Gusto. So kam es vermutlich auch zur Startaufstellung am gestrigen Sonntag, bei der erfahrene F95-Anhänger Schluckauf bekamen. Ganz offensichtlich meint der Cheftrainer an Niko Gießelmann festhalten zu müssen, obwohl der sich in einer Formdelle befindet. Und jetzt wird es verrückt: Nicht der bei den Fans sehr beliebte Niko gab den linken Außenverteidiger, sondern der soeben gekaufte Dawid Kownacki! So sah es anfangs jedenfalls aus – als ob Friedhelm dem Dawid gesagt hätte: Hömma, du sicherst ab, wenn der Niko mal bisschen offensiv was machen will. Nibelungentreue kann auch Starrsinn sein.

Ziemlich öder Kick

Ansonsten haben wir es mit einem in der ersten Halbzeit ziemlich öden Kick zu tun, der seine Ursache in mangelnder Qualität beider Teams hatte. Gut, man kann sagen, wenn beide Mannschaften mit je zwei Viererketten antreten, ist schwer durchkommen. Das ist so nur richtig, wenn die Coaches den Team nur ein einziges Rezept mitgeben. Das lautete auf Fortuna-Seite: Immer über außen, immer bis fast an die Grundlinie, immer halbhohe Flanken. Ob die Freiburger überhaupt ein Rezept hatten, ist schwer zu sagen: Der seit diesem Sieg amtierende Tabellendritte lieferte eine schwache Partie ab. Und eigentlich waren die Jungs in Weiß in Hälfte Eins einen Tick besser und über weite Strecken der zweiten Halbzeit sogar leicht überlegen.

Insgesamt aber war es ein durchgehend fehlerhaftes Spiel. Dem SCF-Keeper unterlief in der 42. Minute ein böser Fauxpas, der es unserem Rouwen Hennings erlaubte, die Pille mühelos einzunetzen. Da war die Erleichterung auf der Süd und überall da, wo Fortuna-Fans hockten, aber groß. Schon fielen die Floskeln vom „Arbeitssieg“ und von der „Belohnung“. Nur war der Fisch mit dem Führungstreffer noch gar nicht geschuppt. Im Gegenteil: Kaum drei Minuten später sorgten die Freiburger zum ersten Mal für so etwas wie Gefahr im F95-Sechzehner, und schon kam Gießelmann gegen den anschließenden Torschützen einen Schritt zu spät – Ausgleich.

Zweimal 4-4-2 ist blöd

Über die Menge an Ballverlusten und Fehlpässen auf beiden Seiten decken wir den höflichen Mantel des Schweigen. Dass bei zweimal 4-4-2 kein Spektakel auf dem Rasen explodiert, ist klar, aber dass das Niveau sich in der Gegend der dritten Liga bewegte, wunderte da schon. Bei der Fortuna kam zur Rezept- eine deutliche Mutlosigkeit. Also, genau das, was der Trainergigant seinen Mannen nach dem Spiel in Gladbach vorgeworfen hatte, fand erneut statt. Dieses Mal nicht erst ab der 60. Minute, sondern sofort nach dem Anpfiff. Hohes und aggressives Pressing? Fehlanzeige. Mutige Pässe? Nada. Anlaufen des Ballführenden? Äußerst selten. „Das machen die extra,“ witzelte einer im Block, „Friedhelm hat gesagt, die sollen sich schonen, damit sie nachher nicht wieder platt sind.“

Konnte man draufkommen, denn außer dem unermüdlichen Matthias Zimmermann und dem bereits erwähnten Kownacki ging kein Fortune wirklich weite Wege, das zeigt sogar die offizielle Statistik. Wohlgemerkt: Weite Wege, denn das nicht gleichbedeutend mit Laufdistanz. Bei der lagen die Teams am Ende um schlappe fünf Kilometer auseinander – zugunsten des SCF. Und, wer ist am meisten gerannt? Genau, der in letzter Zeit oft gescholtene Gießelmann. Auch die Doppelsechs, bestehend aus dem ewigen Adam Bodzek und Lewis Baker, lief viel, agierte aber unauffällig, was wieder mit dem gewählten System zu tun hatte, das dem Fortunakader der Saison 2019/20 passt wie ein schlechtsitzender Konfirmationsanzug. Es wirkte auch durchgehend so, als seien sich die Spieler in diesem System nie ganz sicher über die verabredeten Laufwege.

Siegtreffer versiebt

Sprechen wir über Kenan Karaman, der höchstpersönlich den Sieg versiebt hat. Und zwar in der 73. Minute als der enorm fleißige Kownacki ihn prima bediente, sodass Karaman frei vorm SCF-Tormann zum Schuss kam, den dieser weltklassemäßig parierte. Aber, das Ei kam zurück zum Karamalz, der musste sich nur die Ecke aussuchen, geriet aber in leichte Rückenlage und haute das Ding über die Hütte. Es wäre der verdiente Siegtreffer gewesen, ganz sicher. Aber, es war ja eine fehlerbehaftete Partie, da kann so eine bescheuerte Schusshaltung schon mal passieren. In der 66. Minute begann dann auch das Referee-Team seine Fehlertour.

Angeblich habe Hennings bei einer Freistoßsituation einen SCFler im Sechzehner umgesenst. Schiri Siebert hatte das nicht bemerkt. Man spielte fröhlich weiter. Dann setzte schon ein Breisgauer zum Einwurf an, als der Unparteiische das Spiel unterbrach. Ausgerechnet unsere Bibi hatte man an diesem Tag in die Kölner Gruft zum Fernsehgucken verdonnert, und die hatte was gesehen. Die entsprechenden Ausschnitte der betreffenden Szene im TV lassen auch nur vermuten, dass es sich um ein Foul handelte. Vielleicht hat die Bibi aber auch einfach einen Fehler gemacht. Der unterlief dann aber dem Freiburger Strafstoßschützen, der mit verzögertem Anlauf einen auf Superstar machte und kläglich versagte. Zack Steffen war in der richtigen Ecke, und zwar rechtzeitig, und nahm die Pille dankbar in die Arme.

Elfmeter hin, Elfmeter her

Wie fehlerhaft dieses ganze besch***ene Spiel war, erwies dann ein klares, weder von Herrn Siebert auf dem Rasen, noch von Frau Steinhaus im Keller gesehenes und geahndetes Handspiel eines Freiburger im eigenen Strafraum. Das war ganz kurz vor Schluss, und da stand es gerade 2:1 für die Gäste. Auch dieses Tor war natürlich Resultat einer Fehlerkette, die mit einem Ballverlust kurz vorm gegnerischen Sechzehner begann, sich durch Nicht-Wegsensen des SCF-Stürmers fortsetzte, der dann nach Lust und Laune parallel zur Strafraumkante rennen darf, um die günstigste Schussposition zu erreichen. Nein, der Einzige, der in dieser Situation keinen Fehler machte, war Steffen, der das Ding in der langen Ecke nicht kriegen konnte.

Es gab drei gute Freistoßpositionen für die Weißen, aber diese Chancen wurde alle vergeben – teils kläglich. Es gab ein paar vielversprechende Eckbälle, aus denen nichts wurde. Es gab viel zu wenig Balleroberungen und viel zu viele Ballverluste. Die Fehlerquote verteilte sich einigermaßen gleichmäßig, wobei man im Defensivbereich Andre Hoffmann positiv herausheben kann. Und, ja, die im Training tausendfach geübten langen Diagonalpässe klappten auch einigermaßen.

Fehler im System

Als dann zunächst Tekpetey und schließlich auch Ampomah endlich eingewechselt wurden, dankten nicht wenige Fans auf der Süd dem Fußballgott, dass er dem Trainerdenkmal eine Eingebung geschickt hatte. Denn die Fortuna stand da schon unter Feuer. Nach dem Wiederanpfiff sah die Sache aus wie in den ersten Minuten gegen Gladbach: Die Gegner wurden stark angelaufen, das Pressing fand hoch statt, und die Zweikämpfe wurden zunehmend gewonnen. Allein, es fehlte an irgendwie brauchbaren Offensivaktionen. Kownacki (der zunehmend fehleranfälliger wurde) war ja oft als Absicherung für Gießelmann gebunden – anstatt die Sturmspitze zu geben, die er eigentlich ist. Karaman fuhrwerkte im vorderen Mittelfeld herum auf der Suche nach Balleroberungen, und Hennings machte, was Hennings so macht. Und ausgerechnet dem eher nicht so großgewachsenen Kerl hohe Bälle zu servieren, war auch keine gute Idee. Die wären besser für Karaman gewesen, der sich aber viel zu oft aus dem gegnerischen Sechzehner raushielt.

Da lag der Fehler so offensichtlich im System, dass sich engagierte, interessierte und einigermaßen fachkundige Fortuna-Fans ziemlich einig waren: Diese Niederlage geht wieder auf das Konto der Trainer. Auf der Süd war man nach Abpfiff ziemlich frustriert und ein bisschen ratlos. Da stand ein Grüppchen heftig, aber sachlich diskutierend vor Block 40, und sogar Stadion-DJ Opa hatte sich dazu gesellt. Die Debatte war so interessant, dass sie erst beendet war, als die Ordner auf ihren Feierabend bestanden und die Leute in den Umlauf geleiteten. Beinahe dieselbe Diskussion setzte sich dann in der Altstadt fort, wo sich u.a. am Engelchen wieder Experten und solche, die es werden wollen, versammelt hatten, um die Sache bei einem Bier aufzuarbeiten. Die Kritik an Trainerfuchs Funkel war dabei nicht zu überhören.

Lieber Fußballgott, bring Stöger zurück

Wir wiederholen uns: Lieber Fußballgott, gib uns bitte schnell Kevin Stöger zurück und, ja, bitte auch Marcel Sobottka. Denn ohne kreatives Mittelfeld wird das nix. Zwar findet sich Baker immer besser in die Mannschaft und zeigt immer öfter, was er kann, aber so ideenreich wie Stöger agiert er einfach nicht. Dass man ihm Bodzek als defensives Gegenstück zugeordnet hatte, ging in Ordnung – der Bodze ist einer, der aus seinem Talent auf Basis seiner Erfahrung immer wieder das Allerbeste macht.

Wie gesagt: Endlich kamen Tekpetey und Ampomah, und die besonders Mutwilligen hofften auch noch auf Teenager Ofori. Börnie legte auch los wie die Feuerwehr und hatte mit den nicht ganz auf der Höhe spielenden Freiburg-Verteidiger relativ leichtes Spiel. Nur fand er nach feinen Dribblings keine Abnehmer: weder an der Strafraumkante, noch am Fünfer. Nana Ampomah ging es wenig später ähnlich: Er zeigte eindrucksvoll seine Schnelligkeit und seine perfekte Ballbehandlung, aber das bleib brotlos, weil beide Flügelraketen einfach in ein System gestopft worden waren, dass nicht darauf ausgerichtet ist. Wie aber soll diese Fortuna „Durchschlagskraft“ entwickeln, wenn die unbestrittenen Fähigkeiten solcher Talente wie Kownacki, Ampomah, Tekpetey und auch Ofori derart verschenkt werden?

Am meisten sollte die aktuelle Erfolglosigkeit dem Sportvorstand Lutz Pfannenstiel stinken, der ja in Sachen Transfers einen tollen Job abgeliefert und dem Trainerteam einen Kader voller Möglichkeiten serviert hat. Kann sein, dass Herr Funkel damit argumentiert, man habe ja mit einer Aufstellung ähnlich der von gestern in Bremen gewonnen, die können ja nicht so schlecht sein. Aber wenn das die Grundlage für den Erfolg in dieser Saison sein soll, dann hätte man sich die Verpflichtungen der genannten großen Talente sparen können. Dann hätte es gereicht, Zack Steffen auszuleihen. Wohlgemerkt: Angebrannt ist noch nichts. Kann gut sein, dass die Coaches am Freitag in Berlin mit einer mutigen Startaufstellung und einem passenden System auftreten und F95 erneut im Stadion mit der blauen Laufbahn gewinnt.

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