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Vorbericht: F95 gegen Leipzisch – Was tun?

Das hatten wir hier noch nicht, einen Vorbericht. Aber dieses Mal muss es sein vor dieser vermeintlich unlösbaren Aufgabe. Verzichten wir mal auf die übliche Wut gegen den Gegner; das Team der Gäste Dosen, Konstrukt oder SSV Markranstätt zu nennen, ist ja so originell auch nicht mehr. Auch die armen, irregeleiteten Menschen zu beschimpfen, weil sie der Milliardentruppe meinen zujubeln zu müssen, muss auch nicht mehr sein – sie haben unser Mitleid verdient, weil sie nie erleben werden, was es wirklich ausmacht, Fan eines Fußballvereins zu sein. Wenden wir uns lieber der Frage zu, ob und wie die glorreiche Fortuna was gegen diesen Gegner holen kann.

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Januar 2019: Eine unglückliche Klatsche

Als es am 27. Januar des Jahres eine 0:4-Klatsche gab, sah es nämlich trotz des Ergebnisses gar nicht so schlecht aus. Immerhin hatte das F95-Team mehr Ballbesitz, kam auf dieselbe Fehlpassquote wie Leipzisch und sage-und-schreibe 8:2 Ecken. Gut, die Truppe, die damals antrat, schwamm ja auch auf einer Erfolgswelle. Man hatte sich vor der Winterpause mit drei Siegen aus dem Tabellenkeller gehievt und im Januar mit einem Sieg in Augsburg einen 6-Punkte-Abstand zum 15. Platz angehäuft. Leipzisch hatte dagegen zuhause gegen den BVB mit 0:1 verloren.

Und dann das: Rensing-Fehler führt zu Tumult im eigenen Sechzehner, und -schwupps- steht’s nach zwei Minuten 0:1. In der 9. Minute umspielt einer der gegnerischen Innenverteidiger drei Fortune, kommt frei vor Rensing zum Schluss, haut leicht daneben, aber die Pille kullert rein. Danach in der 16. Minute erst das erste richtige Tor, das ausgerechnet der Oberunsympath der Liga einlocht. Der Fisch war geschuppt. Und dann passiert, was die Fortuna letzte Woche gegen den BVB völlig vergessen hat: Sie spielen offensiv und kreieren immerhin zehn Torschüsse.

Erster Vorschlag: Kaan Ayhan ins Mittelfeld

Unter normalen Umstand wäre vielleicht sogar ein Unentschieden drin gewesen. Nun haben sich beide Mannschaften gegenüber dem Januar in vieler Hinsicht verändert – Leipzisch hin zum Positiven, F95 dagegen eher abwärts. Weil die Söldner aus Sachsen bislang die meisten Tore geschossen und sich die zweitwenigsten eingefangen haben, spricht ja alles für Beton. Sprich: 5er-Kette plus strunzdefensivem Mittelfeld und dem einsamen Rouwen Hennings vorne. Aber, die Partie in Dortmund hat gezeigt, dass dieses Rezept gegen einen derart spielstarken Gegner nicht zieht, weil a) nicht nur die AV, sondern auch die Mittelfeldaußen ständig im Verteidigungsmodus rackern müssen und b) so gut wie keine Spieleröffnung aus dem zentralen Mittelfeld heraus stattfindet.

Jetzt kommt’s: Neben dem frischgebackenen Maskenmann Marcel Sobottka ist aktuell Kaan Ayhan der einzige Fortune, der genau das kann und auch tut: sich Kreative Dinge nach vorne auszudenken und umzusetzen; man denke an seine Vorlagen auf Hennings. Wie wär’s also damit, den guten Kaan mal auf die Position Sechs zu befördern – und zwar vor einer traditionellen Viererkette. Am besten mit Andre Hoffmann und, ja, wirklich: Robin Bormuth als IV. Der fröhliche Robin ist nämlich das genaue Gegenteil vom Zappelkasper Kasim Adams, eben ein Stoiker, der nach Kräften weghaut, was wegmuss. Außen müssten Niko Gießelmann und Matthias Zimmermann mit voller Konzentration aufs Verteidigen eingesetzt werden.

Zweiter Vorschlag: Ohne Rouwen Hennings

Womit wir bei einem Tabubruch sind: Ihr sehr Ergebener würde vorschlagen, dieses Mal Hennings auf der Bank zu lassen, Dawid Kownacki in die Spitze zu stellen und ihn von Erik Thommy und Nana Ampomah mit Flanken versorgen zu lassen, wobei Thommy ausnahmsweise auf rechts geht – rochieren können die Flitzer nach Belieben. Und weil Ayhan Zuspiele in der Zentrale gut kann, braucht er zwei zweikampstarke Gesellen im Mittelfeld. Da sind natürlich nur Jungs mit guter Zweikampfquote, also einer von 50 Prozent und mehr, zu gebrauchen. In der Statistik für diesen Wert liegt – oh Wunder! – Adams von allen F95-Kickern am besten (leider nur auf einem mittleren Platz in der Rangfolge). Es folgen mit kurzen Abständen Ayhan und Gießelmann sowie Oliver Fink, Kenan Karaman und Thommy; auf exakt 50 Prozent kommt dann Adam Bodzek.

Damit haben wir ein Dilemma. Rein statistisch müssten es also Adams und Käpt’n Fink sein oder eben Bodzek anstelle von einem der beiden. Wenn das Trainerteam aber wieder die Oldies aufstellt, wird das Fanvolk murren. Hieße, man könnte das Experiment mit Ayhan UND Adams nebst Fink im defensiven Mittelfeld wagen. Heraus kommt ein 4-3-2-1, das ja im Repertoire der Systeme vorliegt.

Dritter Vorschlag: Defensiv hart rangehen

Gut, es ist eher ein Eindruck als ein belegbarer Fakt, aber tatsächlich sieht es immer einen Hauch zu brav aus, wie die F95-Defensivlinge ihre Gegner beackern. Gerade bei einer Truppe wie der aus Leipzisch, die voll aufs Spielerische setzt, müssen die Körper aufeinanderprallen. Das heißt eben nicht, im Kampf um den Ball zu foulen, sondern eher regelgerecht rempeln, auch mal sperren und die Gäste auch im Spiel ohne den Ball attackieren. In der Summe nennt man diese Spielweise ja heute „Zustellen“. Zu diesem Verteidigungsansatz gehört auch das kompromisslose Wegschlagen von Bällen, die zu gefährlichen Situationen führen könnten.

Vierter Vorschlag: Offensiv mehr durch die Mitte

Ebenfalls nicht wirklich zu beweisen ist die Annahme, dass die Fortuna der Spielzeit 2019/20 zu fixiert auf das Spiel über die Flügel ist. Durch die Mitte läuft wenig bis gar nichts – es sei denn, Ayhan schaltet sich ein. Und weil wir den als Regisseur im Mittelfeld sehen, kann eben dieses Mal wirklich mehr über die Achse IV – Ayhan – Kownacki laufen, wobei ja auch Thommy das Zeug hat, sich mal im gegnerischen Sechzehner anzubieten. Zu diesem Vorschlag gehört auch die Empfehlung dieses Mal noch mehr mit Fernschüssen zu probieren – hier ist u.a. Andre Hoffmann gefragt, der das draufhat.

Letzter Vorschlag: Gelegentlich hohes Pressing einstreuen

Wenn eine spielerisch derart starke Mannschaft wie die aus L. auf ein in dieser Hinsicht nicht wirklich gutes Team trifft, meiden die Unterlegenen meist jede Form von hohem Pressing, weil das Risiko, dabei ausgekontert zu werden, zu groß ist. Die Erfahrung (man denke nur an Nordirland vs DFB-Auswahl) lehrt aber, dass gelegentliche Pressing-Phasen den übermächtigen Gegner verunsichern können. Vor allem, wenn diese unvermutet und nach einiger Zeit tiefen Stehens eingestreut werden. Fortuna hat das in der vergangenen Saison einige Male sehr schön gespielt, wobei es Hennings war, der das Signal zum Pressing gab – das sollte dieses Mal am besten Käpt’n Fink übernehmen.

Was ist so möglich?

Ehrlich gesagt sieht Ihr Ergebener nur wenig andere Möglichkeiten, dem Meisterschaftsfavoriten einen Punkt abzuluchsen. Ein 4-4-2 mit Hennings und Kownacki wäre vorstellbar, wobei die beiden bisher nicht wirklich harmoniert haben. In diesem Fall wären wohl Alfredo Morales und Aymen Barkok besser fürs Mittelfeld vor der eingespielten Viererkette mit Ayhan und Hoffmann als IV und Gießelmann und Zimmermann als AV. Wenn er fit genug ist, müssten Marcel Sobottka und Erik Thommy dazu. Wobei dies die am leichtesten auszurechnende Variante wäre. Soll es ein 4-5-1 sein, muss natürlich Hennings in die Spitze.

Über Systeme und Aufstellungen kann man fein debattieren, entscheidend wird sein, a) die geradezu absurde Fehlerquote auf ein vernünftiges Maß abzusenken und b) die Konzentration über 90 Minuten hoch zu halten. Was übrigens auch bedeutet, dass ein Spieler, der Konzentrationsschwächen zeigt, frühzeitig auszuwechseln ist – und nicht erst in Minute 60, wenn der Baum schon lichterloh brennt. Ob dieses Rezept mit den handelsüblichen Phrasen wie „Leidenschaft“, „Mentalität“ und „Wille“ etikettieren muss, sei dahingestellt. Dass aber ein Auftritt wie in der zweiten Halbzeit gegen den BVB schnurstracks ins Verderben führt, dürfte jedem klar sein.

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