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F95 vs Union 2:1 – Probleme, Lösungen und zwei Schüsse

Wenn je ein Schuss das ominöse Etikett „fulminant“ verdient hat, dann die Granate, die Rouwen Hennings mit seinem angeblich schwächeren rechten Fuß in die Bude ballerte. Wenn je der Begriff „Kunstschuss“ auf ein Ding gepasst hat, dann auf die Banane, die Erik Thommy in der 90. Minute trickreich ins Netz zwirbelte. Beides zusammen bescherte der glorreichen Fortuna ein halbwegs fröhliches Weihnachtsfest. Denn schließlich waren 15 Punkte zum Ende der Hinrunde ein realistisches Zwischenziel.

Und das Erreichen dieses Etappenendes muss völlig unabhängig vom damit erreichten Tabellenplatz betrachtet werden. Wenn überhaupt, dürfen wir Fans darüber spekulieren, welche anderen Teams unsere Jungs am Ende hinter sich lassen könnten – zwei MÜSSEN es sein, drei wären besser. Wenn Friedhelm und seine Funktionsbuben es schaffen, die Fortuna in der ersten Liga zu halten, bieten sich Möglichkeiten für einen echten Umbruch, also das, was der Äff-Zeh gerade vormacht. Wer sich nicht so mit dem F95-Nachwuchs auskennt: Auch F95 hat eine ganze Bande Youngster, die für eine Qualitätssteigerung sorgen können, in der Pipeline.

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Bevor wir uns aber der fernen Zukunft widmen, sollten wir dann aber doch bitte das gestrige Treiben gegen die Unioner beleuchten. Schon die Startaufstellung ergab unter Experten eine Mischung aus Juhu! und Hä?, denn Ihr sehr ergebener Berichterstatter war heilfroh, dass der super gechillte Zappelkasper nicht einmal auf der Bank saß und dass Niko Gießelmann sich endlich ausruhen durfte. Warum in Drei-Hoenesses-Namen aber ausgerechnet Erik Thommy nicht in der ersten Elf stand, wird ewig ein Rätsel bleiben. Und dass Dawid Kownacki als Außenstürmer nicht wirklich der Bringer ist und – wenn zurzeit überhaupt – dann die eine Hälfe der Doppelspitze geben sollte, müsste eigentlich auch klar sein – dazu später mehr.

Die Achse der Guten lebt doch noch

Da hat nun Ihr Ergebener vor wenigen Tagen das Ende der Achse verkündet, und – schwupps – stellen die Trainer sie wieder auf den Platz. Hätte nur noch gefehlt, dass der wieder fitte Michael Rensing den zuletzt, ähem, unglücklichen Zack Steffens ersetzt hätte. So aber stand da der in Ehren angegraute Stamm in Form von Ayhan – Bodzek – Fink – Hennings auf dem Rasen, um den sich ein bunter Strauß weniger angestammter Kicker gruppierte. Die Kombi des soliden und immer engagierten Ayhan mit Markus Suttner und Andre Hoffmann funktionierte auch ganz gut; Matthias Zimmermann war auf rechts nicht so viel gefordert und wurde oft offensiv tätig.

Das defensive Problem war dann auch keines der Viererkette (Okay, Hoffmann hätte vor dem Ausgleich klären können und müssen), sondern der Hühnerhaufen im eigenen Sechzehner, den die restlichen sechs Kollegen gleich mehrfach anrichteten. Ist ja toll, wenn auch Stürmer ihre Verteidigungsaufgaben ausfüllen, aber wenn, dann bitte halbwegs organisiert und ohne die Hektik, die es vor Zacks Häuschen einige Male gab. Leider hatten auch die beiden Insassen des defensiven Mittelfeldes mehrfach Anteil am Chaos; Alfredo Morales, der eine ordentliche Partie mit geringem Kreativgehalt liefert, und der limitierte Adam Bodzek standen in solchen Situationen mehrfach nicht so super. Überhaupt: Es ist ja nicht so, dass Bodzek außergewöhnlich knackig zur Sache ginge, die Mehrzahl seiner Fouls entstehen aufgrund technischer Mängel oder Geschwindigkeitsproblemen – muss auch mal gesagt werden.

Sichtbar entschlossener

Positiv zu vermerken: Im Vergleich zum der elenden Kickerei gegen Augsburg gingen die F95-Burschen gestern sichtbar und messbar entschlossener zu Werke. Balleroberung hieß das Gebot, und auch wenn das nicht immer wirklich klappte, drückte sich dieses Wollen in einer leicht besseren Zweikampfquote als die der Unioner aus. Die Fehlpassquote lag endlich mal wieder unter 20 Prozent (was immer noch geradezu lächerlich ist – aber die Berliner waren auch nicht besser). Immerhin 117 Kilometer spulten die Jungs in Weiß ab, weniger als der Gegner, aber besser als zuletzt. Aber: Wären Käpt’n Fink und Morales nicht jeweils mehr als 12 Kilometer gerannt, wer weiß, ob nicht erneut ein indiskutabler Wert dabei herausgekommen wäre.

Womit wir wieder bei der Achse der Guten wären. Denn dass Finki in seinem Alter immer wieder solche Dauerleistungen bringt, verdankt er ja seinem asketischen Lebensstil. Wenn die Kollegen schon an der Playstation kleben, spult der sportliche Oliver eben noch mal zehn Kilometer im Wald ab. Wenn die anderen mit ihren Partner*innen kuscheln, frisst Herr Fink noch ein bisschen Eisen im Fitnesskeller. Fragt sich nur, wie lange der Kerl das noch aushält. Wird ja immer dieser Pizzamann aus Bremen als Beispiel dafür angeführt, was Vierzigjährige im Profifußball noch bringen können; der Vergleich hinkt, denn die Beanspruchung ist für einen fightenden Mittelfeldler ungleich höher als die eines Knipsers. Wie schon kürzlich gesagt: Die tragende Rolle in welcher zukünftigen Achse auch immer fällt eindeutig Kaan Ayhan zu, dem kommenden Käpt’n – ceterum censo: Ayhan gehört auf die Position Nummer 6!

Kommendes Torwartproblem? Eher nicht…

Reden wir kurz über Zack Steffen, dem man die milde Verunsicherung nach dem Desaster von Augsburg durchaus ansah. Bei den Hühnerhaufensituationen vor seiner Kiste sah er erneut nicht gut aus. Und ein mitspielender Torhüter Neuer’scher Prägung wird der auch nicht mehr. Zumal maximal eine Verlängerung der Leihe denkbar ist, leuchtet am Horizont auf den ersten Blick ein Keeper-Problem. Florian Kastenmeier hat bei seinen Auftritten Gold und Blei gezeigt, Rensing dürfte seine besten Tage hinter sich haben, und das Fragezeichen hinter Raphael Wolf scheint in Bronze gegossen. Bei Timm Wiesner weiß man nicht so recht. Dafür aber toben in den U-Teams gleich DREI ernsthafte Torwächtertalente herum, die vielleicht noch ein, zwei Jahre brauchen (dazu demnächst mehr in den „Fortuna-Punkten“). Jedenfalls ist der gute Zack so oder so nicht Fortunas Zukunft.

Was uns zu den beiden teuren Einkäufen bringt. Beginnen wir mit dem Positiven. Nana Ampomah ist schnell und trickreich, ja, sogar einigermaßen durchsetzungskräftig – also ein bisschen Typ Dodi. Aber ihm fehlt im Gegensatz zu Lukebakio das Pfund Spielintelligenz, das den Unterschied zwischen einem guten und einem Spitzenspieler ausmacht. Okay, auch bei Dodi hat es ein paar Monate gebraucht bis er gelernt hat, dass man nicht auch noch den Torpfosten umdribbeln muss – aber bei Nana sieht so aus, als wenn ihm nach erfolgreicher Ballbehauptung Richtung Strafraum einfach nichts mehr einfällt. Immerhin sucht er nicht ständig die Grundlinie, sondern zieht öfter in die Mitte, was theoretisch auch mal Torschusschancen generiert.

Kownacki: Will viel, schafft wenig

Bei Dawid Kownacki sieht momentan einfach gar nichts wirklich gut aus. Das Schlimmste gestern: Offensichtlich will der Pole aus Italien auf Lewandowski-komm-raus beweisen, dass er knipsen kann. Gefühlte sechs Mal versuchte er von der Sechzehnerkante aus draufzuhalten, obwohl eine Flanke oder ein Pass auf Hennings oder wenn auch immer aussichtsreicher erschien. Der Typ ist grundsympathisch und hätte das Zeug zum Volkshelden, würde er a) Hennings Grundgelassenheit erreichen und b) DURCHZIEHEN. Sollte sich stattdessen seine Schwalbenartigkeit steigern, müsste man ihn leider, leider als Fehleinkauf abbuchen. Und dass, obwohl er – wäre er als kreativer Faktor im Mittelfeld eingesetzt gewesen – mit vielen Läufen, außergewöhnlich vielen gewonnenen Zweikämpfen und auch gelungenen Pässen glänzen konnte.

Sagen wir so: Erik Thommy an einem schlechteren Tag wie in Augsburg ist immer noch wertvoller für das Team als alle Stürmer auf der Bank zusammen. Natürlich war sein goldener Schuss, bei dem er die Pille sacht über den Spann flutschen ließ, was dem Ei den torbringenden Spin versetzte, das Highlight des Tages, aber mit seiner Einwechslung für Nana in der 67. Minute kam sofort ein anderer Zug in die Offensive. Der Typ, der immer so ernst guckt, hat Ideen und die Fähigkeiten diese umzusetzen, und manchmal kapieren seine Mitspieler auch, was er vorhat. Ihr Ergebener bleibt dabei: Ein fitter Thommy gehört in die Startelf – und zwar ausgestattet mit kreative Narrenfreiheit.

Ein Hauch Rückrunde 18/19

Immerhin konnte man gestern in der vorweihnachtlichen Arena zumindest einen Hauch von Rückrunde 18/19 spüren – zum Beispiel beim hohen Pressing, das wie einst im Mai von Hennings per Handzeichen angeordnet wurde und die Unioner in Verlegenheit brachte. Auch die Umstellungen in der Kettenbildung während der Partie waren wieder zu sehen, bewirkten aber nichts. Und eigentlich sah es zur Pause auch so aus, als hätten die Weißen die Sache im Griff und müssten nur geduldig weiter und am oberen Rand ihrer fußballerischen Möglichkeiten arbeiten, um das Ding in die eigene Kasse zu schaukeln. Gefährlich war der Gegner beinahe nur nach Ecken oder bei konzertiertem Eindringen in Steffens Sechzehner, wo – wie mehrfach angemerkt – die Hühnerhaufenlage entstand.

Als dann aber exakt aus solch einer leicht panischen Defensivsituation der Ausgleich fiel, ging in vielen fortunistischen Spielerköpfen wieder die rote Warnlampe an, die sagt: Oh je, wir sind gar nicht so gut, wir können das nicht, die sind uns über – Mami, ich will nachhause! Bis zur Einwechslung von Thommy sah es eher nach der Führung für die Unioner aus, und hätten sich speziell Ayhan, Hoffmann und auch der wirklich solide Markus Suttner nicht zusammengerissen, wer weiß, ob die Sache gut ausgegangen wäre. In dieser Phase kamen auch den unermüdlichen Supportern auf der Süd anscheinend milde Zweifel. War die Anfeuerung bis zum Ausgleich mächtig und laut – und zwar schon lange vor dem Anpfiff der Partie -, wirkten die Gesänge nun ein wenig zaghaft, zumal die Köpenicker Schlachtenbummler entsprechend alles gaben.

Voller Support – trotzdem

Es ist sicher keine Binse, dass der Zusammenhalt zwischen dem gesamten Team und den aktiven Fans auf den Tribünen im Abstiegskampf ein ungeheures Pfund sein kann. Es gibt ja auch die nicht ganz von der Hand zu weisende Gegenmeinung, zu viel Unterstützung und Trost könne eine Mannschaft einlullen, und Wut aus dem Block könne motivierend wirken. Ja, nicht wenige meinen, die kräftige Anfeuerung in Krisenzeiten wäre so etwas wie Schönreden mangelhafter Leistungen – aber die Debatten auf der Süd sprechen dagegen, weil bei allem Singen und Grölen immer ein fettes „trotzdem“ mitschwingt.

Nun ist also die Hinrunde durch und die in dieser Saison leicht überforderte Diva hat 15 Punkte auf Tasche und steht dank der misslungenen Halbsaison der Bremer nur auf dem Relegationsplatz. Diese Tatsache aber relativiert den Auftaktsieg auswärts bei Werder ganz erheblich. Genau wie die Siege gegen Mainz und Köln, weil bei diesen Konkurrenten zu der Zeit, als die Fortuna gegen sie anzutreten hatte, bei denen gar nichts passte. Die Niederlage gegen Paderborn müsste den Freunden des geilsten Clubs der Welt am meisten zu denken geben – die nicht wirklich erwarteten zwei Punkte auf Schalke und in Hoffenheim dagegen weniger.

Aber das sind Kartoffeln von gestern, und die Frage ist: Hat der Sieg gestern Hoffnung auf eine erfolgreiche Rückrunde, an deren Ende der 15. Tabellenplatz steht, gemacht? Die Antwort ist ein klares Jein. Grundlegende Probleme mit Kader und strategischer Ausrichtung wurden genauso sichtbar wie individuelle Qualitäten, auf die man bauen kann. Was am Ende überwiegt und ob Wintereinkäufe und/oder Umstellungen bei Personal und Systemen was bringen werden, steht in den Sternen.

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