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F95 vs Bremen 0:1 – Was soll das, Herr Funkel?


Wenn Ihr sehr ergebener Berichterstatter so ungefähr anderthalb Stunden vor Anpfiff seinen angestammten Platz im Block 41 einnimmt, kommt wenig später sein Freund Gotcha vorbei, um seine Zaunfahne über dem Tunnelmund zu installieren – eine gute Gelegenheit zum Fachsimpeln. Schon seit Monaten beharrt der altgediente F95-Fan darauf, dass das Problem der laufenden Saison in der Coaching-Zone steht und graue Bartstoppeln hat. Bisher konnte Ihr Ergebener den guten Gotcha besänftigen, und ihm sogar gestern vor dem Spiel noch „Wird schon“ mit auf den Weg geben. Das war dann nach Bekanntgabe der Startaufstellung vorbei: Ja, Gotcha hat Recht! Ja, wir müssen jetzt ganz schnell die Trainerfrage stellen.

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Und wenn der Vorstandsvorsitzende Röttgermann meint, Herrn Funkel eine „Jobgarantie im Abstiegskampf“ zu erteilen, dann spricht das eindeutig gegen seine sportliche Kompetenz. Im Grunde vollzieht sich, was sich an internen Schwierigkeiten im Trainerteam schon seit Saisonbeginn andeutet (siehe diverse Spielberichte hier auf TD) und mit der Demission von Torwarttrainer Reitmeier erstmals sichtbar wurden: In diesem wichtigen Funktionsteil des Teams herrschen Unstimmigkeiten, die der Herr Funkel – nach allem was man hört – mit seiner spezifischen Art Altersstarrsinn immer wieder wegbügelt. Wie sollte er auch anders, wenn ihm ständig vorgeredet wird, er müsse ja erfolgreich sein, weil er schon so oft Abstiegskampf begleitet hat. Diese Formel ist ausgemachter Blödsinn. Erfolgreich war Friedhelm Funkel ja vor allem rund um den 10. Platz der Vorsaison, als er mutig und modern aufstellte und spielen ließ. Und als er vor allem seinem Co Thomas Kleine mehr Einfluss einräumte, der sich aber ganz offensichtlich in der laufenden Saison bei seinem Chef nicht mehr durchkommt mit seinen Vorstellungen.

Ohne Thommy und Stöger? Euer Ernst?

Nicht nur Ihr Ergebener hatte vor dem Spiel über die mögliche Startaufstellung spekuliert, das tun die Kollegen anderer Publikationen auch. Der Schock dürfte bei denen nicht geringer gewesen sein und sich an zwei Dingen entfacht haben: Erik Thommy auf der Bank? Im Ernst? Wie hier schon mehrfach stand: Es gibt keinen vernünftigen Grund, Thommy nicht in der Startelf zu bringen, wenn der nicht verletzt ist! Auch wenn dem guten Erik nicht immer alles gelingt (Aber wem gelingt schon jederzeit alles?), bringt er eine Dynamik im Spiel, die dem Gros seiner Kollegen einfach abgeht. Und seinen ernsthaften Willen, Spiele zu gewinnen, kann man ihm ansehen. Zweitens: Angenommen, der Kevin Stöger ist wieder ganz hergestellt, ist aber noch nicht in der Lage volle neunzig Minuten zu absolvieren, wie kann man auf die bekloppte Idee kommen, ihn als Joker zu bringen? Wo es doch gegen einen Gegner auf Augenhöhe nur um das kreative Plus gehen kann – und das kann eigentlich nur zu Beginn der Partie zu Toren führen; am Schluss wird nur noch gekämpft.

Jedenfalls: Thommy kam in der 63. Minute für den wieder bemühten Dawid Kownacki, Stöger durfte erst in der 71. Minute den ebenfalls bemühten Alfredo Morales ersetzen. Kaum zu glauben, aber wahr: Der Auftritt des guten Kevin veränderte das Spiel der Fortunen SOFORT. Seine zweite Ballberührung brachte den allerersten Schnittstellenpass auf fortunistischer Seite im gesamten Spiel! Warum, in Dreihonessnamen, verzichtet ein Cheftrainer auf einen solchen Mann? Warum muss der arme Dawid, der doch für jeden sichtbar Scheiße am Schuh hat, sich so lange quälen? Es geht ja noch weiter: Käpt’n Oliver Fink ist ohne Zweifel das Kadermitglied mit den meisten Verdiensten rund um die Fortuna. Er ist für sein Alter außergewöhnlich fit, er hat immer noch eine Spielweise, die den Gegner aus der Ruhe bringen kann. Aber, er war nie ein Teamleader und wird es nicht werden, und der Zahn der Zeit nagt schon auch an seiner Kondition. Warum, in Dreirummeniggesnamen, muss der bis zur 79. Minute ackern, wo doch deutlich sichtbar jegliche Kreativität im Mittelfeld fehlte?

Erneut ohne kreatives Mittelfeld

Und das – wie wir wissen – ja nicht zum ersten Mal in der laufenden Saison. Warum, wenn man sich aus nicht nachvollziehbaren Gründen nicht traut, Stöger von Beginn an aufs Feld zu schicken, nicht wenigstens Marcel Sobottka? Was hat der eigentlich verbrochen, dass er zunehmend degradiert wird, der ehemalige Hoffnungsträger? Nicht so offensichtlich, aber ebenfalls eine Frage wert. Wenn man Börnie Tekpetey im Trainingslager systematisch zum Schützen von Fernschüssen ausbildet und der auch beweist, dass er einen Hammerschuss hat, warum setzt man dieses taktische Mittel nicht systematisch ein, wo doch diese Distanzknaller ein Mittel sind, die ansonsten meist fehlen? Und es geht weiter mit den Fragen: Was spricht eigentlich dafür, dass Rouwen Hennings immer wie ein Frettchen im gegnerischen Sechzehner wühlen muss, wo er doch seine Buden eher aus der Halbdistanz zimmert? Auch gestern ging die Gefahr vor allem von seinen Schüssen dieser Art aus. Er könnte also eine Art hängende Spitze mit einem Hauch seitenwechselnder Narrenfreiheit geben, während Kownacki wirklich mal als einzige Spitze ran darf.

Aber, solche konkreten Fragen zur Strategie und Taktik werden gern und zunehmend mit schmierölpsychologischen Floskeln zugedeckt und mit Durchhalteparolen gekontert. In dieser Hinsicht nehmen sich die Herren Funkel, Pfannenstiel und Röttgermann nichts. Einem mitgliedergeführten Verein wie dem TSV Fortuna Düsseldorf stünde es gut an, wenn sich die fürs Sportliche verantwortlichen Herren auch mal sportlichen Diskussionen stellen würden. Nein, nicht weil von den 46.000 im Stadion 50 Prozent selbst Bundesligatrainer sind, sondern weil die am Sportlichen ernsthaft Interessierten dann mal genau diese Fragen stellen könnten, um auf qualifizierte Antworten zu hoffen. Die Prognose Ihres Ergebenen wäre, dass die Einzigen, der sich auf so etwas einließen, möglicherweise die Co-Trainer Kleine und Bellinghausen wären. Nun ist der lange Kerl ja notorisch schweigsam, und Axel bezeichnet sich selbst (zu Recht und mit der gebotenen Demut) als Lehrling.

Der Fall Kastenmeier

Womit wir bei der Causa Kastenmeier sind. Es ist ja gar nicht gut, wenn die Nummer 1 im Tor seine Kniebeschwerden wochenlang unter der Decke hält und erst dann damit rauskommt, wenn’s nicht mehr geht und er tatsächlich passen muss – Beschwerden an der Patellasehne (das weiß Ihr Ergebener aus persönlicher Erfahrung) lassen sich recht schnell und nachhaltig therapieren, wenn früh genug dran gearbeitet wird. Leider hat Zack Steffen lieber weiter trainiert und gespielt… Also stand das Coachingteam vor der Frage: Michael Rensing oder Florian Kastenmeier in die Kiste? Der alte Haudegen Rensing hatte im Trainingslager gezeigt, dass er wieder einsatzfähig ist, aber schon auch, dass ihm ein wenig Spielpraxis fehlt. Die fehlt dem 23-jährigen Florian, der ablösefrei von der Stuttgart-Reserve kam, leider auch; lediglich im Pokalspiel gegen Aue durfte er ran, ohne dass er sich dabei besonders auszeichnen konnte. Gestern rächten sich einerseits das Zack’sche Eiern rund um sein Knie und andererseits, dass die Trainer Kastenmeier nicht systematisch als Nummer 2 aufgebaut haben. Weil die Zwickmühle entstand, einen potenziell kommenden Keeper durch Bankdrücken mittelfristig zu verbrennen oder ihn ohne Vorerfahrung dem Druck einer immens wichtigen Partie auszusetzen.

Man setzte auf Letzteres, und Florian Kastenmeier machte seine Sache gut, entschärfte alles, was zu entschärfen war und hatte seine anfängliche (geringe) Nervosität gut im Griff. Aber dann unterlief ihm ein Fehler. Ein Fehler, der auf einer Skala der blödesten Torwartfehler von 1 bis 10 maximal mit einer 2 gewertet würde, ein Ding, das auch einem Bürki, einem Nübel oder jedem anderen Toptormänner passiert. Und nun wird er vom ehemaligen Fußballfachmagazin Kicker als „tragische Figur“ bezeichnet, und andere nichtlokale Medien können gar nicht damit aufhören, die Niederlage ihm anzulasten. Es ist zum Kotzen: Torwartfehler führen sehr oft zu Toren, und wenn davon in einer Partie nur eines fällt, dann wird die Niederlage immer dem Keeper angelastet. Und wenn einem Torhüter das bei seinem Bundesligadebut passiert, dann wird er mit dem Etikett lange kämpfen müssen. Schade für Florian, blöd von den Trainern. Moment, könnte der Fall Kastenmeier vielleicht sogar der Grund dafür gewesen sein, dass Herr Funkel plötzlich kein Vertrauen mehr in den lustigen Reitmeier hatte? Hat der kurzbehoste Torwarttrainer dem großen Friedhelm vielleicht sogar Widerworte gegeben? Man weiß es nicht…

Beide Mannschaften auf Abstiegsniveau

Reden wir bei aller Enttäuschung, bei allem Frust und auch aller eventuellen Wut mal sachlich über dieses „Sechspunktespiel“. Über alles gerechnet bewegte sich die Geschichte auf Abstiegsniveau, was bei unseren Jungs wenig überraschend kommt, aber bei Werder doch erschreckt angesichts der individuellen Qualitäten etlicher Spieler dort. Obwohl der jungsche Trainer der Bremer ja gewöhnlich als coole Socke gehypt und für qualifiziert gehalten wird: Auch bei denen steht das Problem in der Coachingzone, denn der versteht dieses Jahr einfach nicht, aus den zur Verfügung stehenden Kickern eine Mannschaft zu machen, was aber auch daran liegt, dass es bei denen niemanden auf dem Platz gibt, der auch nur ansatzweise das Team führt. So wird viel vor sich hin gekickt und darauf gesetzt, dass dieser eine Typ die Sache schon schaukeln wird. Mit einem vernünftigen strategischen Konzept müsste Werder auch mit seinen vielen Verletzten nicht da unten rumdümpeln.

Stellen wir auch fest, dass es sich relativ zum Abstiegsniveau nicht wenige Aktionen der Jungs in Weiß ziemlich gut aussahen, dass die Fortunen den Werderanern nach deren Anfangsattacke überlegen waren und ein deutliches Chancenplus erspielten sowie (bis auf eine Hühnerhaufensitutation um die 12. Minute herum) sicher und sortiert in der Abwehr standen. Seien wir gerecht und heben wir handgezählten fünf tolle Spielzüge hervor, die leider nur teilweise zu Chancen führten. Reden wir aber auch über die ernüchternde Ideenlosigkeit im Spielaufbau und prangern wir dieses übelriechende Rückpassspiel an, bei dem im Verlauf der Partie (ja, es gibt eine Strichliste) volle fünf Mal Gefahr für unser Tor entstand. Regen wir uns ruhig mal über diese ewigen Hoch-nach-vorne-Bälle auf, die nur nach dem Prinzip Hoffnung geschlagen werden, oder über diese sinnlose Köpperei im Mittelfeld. Streichen wir positiv die positive Bilanz in Sachen Balleroberung heraus, die auch der leicht neben der Spur pfeifende Schiri Brych nicht ganz unterbinden konnte. Und, ja, lassen wir das viele Pech bei den Torschüssen nicht außer Acht, dass zu leicht verzogenen Bällen oder rein zufällig geblockten Schüssen führte.

Das Problem steht in der Coaching-Zone

Tatsächlich ist das Einzige, was bei einer Spielbetrachtung nicht lügt, die offizielle Statistik. Nicht dass die etwas über das Endergebnis aussagen würde, aber Ihr Berichterstatter verwendet das Zahlenwerk gern, um Trends aufzuspüren. So wie den von Kevin Stöger in der vergangenen Saison nicht nur durch sein Kreativspiel glänzte, sondern durch enorme Laufleistungen von mehrfach mehr als zwölf Kilometern pro Spiel. Bei der Anwendung dieser Methode sieht es in der bisherigen Saison für die Fortuna nicht sehr gut aus. Auch gestern ergab das Tracking, dass die Fischköppe das Rennduell mit 114,7 zu 110 Kilometern gewannen. Auch bei der Zweikampfquote (51,44 zu 48,56) lagen sie vorn, und auch die Fehlpassquote (20,48 zu 22,57) war auf Bremer Seite besser. Leider geht das so oder so ähnlich schon seit dem fünften Spieltag so. Der Mangel hat anscheinend Methode, und die einzigen, die diesem Mangel nachhaltig abhelfen können, sind die Trainer. Damit beißt sich die rotweiße Polonaise in den Hintern.

Natürlich wäre es völliger Quatsch, den Herrn Funkel zum totalen Sündenbock zu stempeln – auch einige der Kicker müssten sich im stillen Kämmerlein mal fragen woran es bei ihnen persönlich hapert und was sie persönlich dagegen tun könnten. Die Frage richtet sich zunächst ans gesamte Trainerteam, ob sie denn alles dafür tun, um aus diesem Kader das Optimum herauszuholen. Angesichts dessen, was in der vergangenen Saison möglich war und zu Beginn dieser Saison aufschien, muss aber nun sehr genau analysiert werden, welches Mitglied des Trainerteams für die Minderleistungen mehr oder weniger Verantwortung zu übernehmen hat. Ihr sehr ergebener Berichterstatter und leidender Fortuna-Fan kommt seit gestern immer mehr drauf, dass sein Kumpel Gotcha Recht hat: Das Problem steht vorne in der Coaching-Zone.

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