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Leverkusen vs F95 3:0 – Mit beschränkten Mitteln

[Analyse] Es hätte auch anders ausgehen können, denn die blauen Jungs der Fortuna standen lange gut, kämpften ohne zu gröberen Mitteln zu greifen und erarbeiteten sich in der ersten Halbzeit immerhin drei waschechte Chancen. Ob es im optimalen Fall zu einem Unentschieden oder gar zum Sieg gereicht hätte, ist Spekulatius. Am Ende setzte sich das gebündelte Talent dann eben doch – wenn auch mit einem Tor zu viel – durch. Wenn sich eine Erkenntnis vom Sonntagabend mitnehmen lässt, dann vielleicht die: Am Spielplan, dem taktischen System und der Aufstellung lag es nicht, sondern daran, dass die Pillentruppe wieder einmal das bessere Team war. Und hätte olle Funkel nach dem Spiel nicht schon wieder versucht, die Situation schönzureden, könnte jede Trainerdebatte auch beendet werden.

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Als engagierter, weil mitleidender Fan der wunderhübschen Diva ist man dieses Floskelgewitter irgendwann auch einfach leid. Ja, natürlich muss der Cheftrainer sagen, dass er noch an seine Mannschaft glaubt und dass man so wie gestern auch noch den einen oder anderen Sieg holen wird. Aber Sportvorstand Pfannenstiel brachte die Sache nüchtern auf den Punkt: Der Abstieg kann nur vermieden werden, wenn insgesamt eine zweistellige Zahl Siege geholt wird. In Worten: Nach Ansicht des Weitgereisten muss F95 in den restlichen fünfzehn Partien also noch 18 Punkte holen – angesichts der beschränkten Mittel dieses Kaders ein schwer ambitioniertes Unterfangen. Gut, dass wohl noch zwei neue Spieler kommen werden, die dann aber bitteschön das Niveau heben.

Erschreckende Statistik

Wieder einmal offenbart die offizielle Statistik Erschreckendes: Die Passquote lag in den ersten 45 Minuten, die ja gar nicht so schlecht aussahen, unter 70 Prozent. Das ist jämmerlich bis erbärmlich. Gut sah der Auftritt der Fortunen auch nur deshalb aus, weil man bei einem der dicken Bs punkten konnte: der Balleroberung. Bei B Nr. 2, der Ballbehauptung sah es schon weniger schön aus, und das dritte B, das für Ballannahme steht, zeigte den grundsätzlichen Mangel an Talent – verglichen nicht nur mit den Leverkusenern, sondern ungefähr 14 anderen Bundesligisten dieser Saison. Was nutzt es da, die Spieler zu beschimpfen und zu stöhnen, diesen oder jenen Ball hätte jeder C-Jugendliche sauberer unter Kontrolle gekriegt. Es ist wie es ist, und ob diese Schwächen durch Einwirken des Trainerteams abgestellt werden können, ist fraglich.

Und dann kommt ja auch noch Pech hinzu. Wo in der vergangenen Saison auch Eier aus unmöglichen Winkeln und Entfernungen in der gegnerischen Hütte einschlugen, gehen eigentlich alle aussichtsreichen Schüsse nicht rein. Haben sich die Herren dann mal eine waschechte Chance erschaffen, dann verdaddeln sie die – so gesehen in der 26. Minute als Erik Thommy einen Konter auf halblinks bis in den Bayer’schen Sechzehner lief und quer auf Skrzybski legen wollte. Also so, wie die Topmannschaften es beim Umschaltspiel ständig treiben. Leider war der Pass so ungenau, dass er nicht im Lauf des Neuen landete, sondern auf dessen Höhe, sodass er nicht einschieben, sondern noch entscheidend gestört werden konnte.

Einmal gepennt, Tor gefangen

Bis dahin hatte die ehemalige Werkself eine halbe Torchance. Fahrradkette – nach einem 1:0 für die Düsseldorfer wäre es für die Hausherren noch schwieriger geworden, ihr rasantes Offensivspiel aufzuziehen. Stattdessen pennt der solide Suttner in der 40. Minute und läuft hinter dem späteren Torschützen ein, sodass der eine feine Flanke mit dem Kopf ungestört reinhauen kann. Merkwürdig und nur von wenigen bemerkt: Ersatztormann Kastenmeier reagiert gar nicht – warum auch immer. Dieses Tor beweist nachdrücklich, dass man gegen geballtes Talent 90 Minuten lang zu 100 Prozent konzentriert und wach sein muss.

Wenn die Auguren zur Pause vermelden, Fortuna habe keinen einzigen Torschuss abgegeben, lässt das Zweifel an den Statistikern aufkommen, die für diese und andere Werte Strichlisten führen. Schaut man sich die diversen Liveticker an, dann war die Fortuna sogar näher an der Führung als die Europaliga-Aspiranten aus dem Chemiedorf. Blöd nur, dass von den handgezählten fünf aussichtsreichen Situationen tatsächlich nur eine zu einem gezielten Schuss aufs Tor führten.

Torwartfehler zum 0:2

Springen wir gleich in die entscheidende 79. Minute, die Vizekusen das 2:0 brachte – Ergebnis eines klaren Torwartfehlers, denn wenn Kastenmeier die Linie verlässt, um eine Flanke abzufangen, dann muss er sie auch haben oder wenigstens wegfausten. Das lernen schon die kleinen Keeper in der C-Jugend. Dass der Kastenmeier’sche Fehlgriff sich die Waage mit einigen prima Rettungen hält, ändert nichts an der Tatsache, dass “der Flo” seinen Kasten leider nicht sauber zu halten versteht. Wer zu F95 hält, muss also darauf hoffen, dass Zack Steffen bald wieder eingreift und/oder dass Michael Rensing fit genug für einen Einsatz wird.

Zwischen der 60. und der 75. Minute hatten unsere Jungs eine saustarke Phase, die bei einem der Fortuna zugewandten Glücksschwein den Ausgleich hätte bringen müssen. Leider gab es Slapstick-Aktionen wie das Anschießen eines eigenen Kollegen und beeindruckende Saves des Bayer-Schlussmanns. Ausgelöst wurde der Sturmdrang übrigens von Marcel Sobottka, der insgesamt unauffällig agierte, aber neben Thommy der einzige Kicker in einem blauen Trikot war, der so etwas wie Spielideen einbrachte. Alfredo Morales zeigte sich erneut als klassische Lichtschattengestalt, der manchmal völlig danebengreift, manchmal aber auch nach Balleroberungen den genau richtigen Pass spielt.

Die verdienten Spieler

Käpt’n Fink trat wieder als verdienter Spieler an, versuchte manches, konnte einige Mal die Pille kapern, blieb aber ansonsten wirkungslos. Freund und Kupferstecher Adam Bodzek, der andere verdiente Spieler, fehlte wegen Leistenzwickung. Natürlich witzelten die Mitglieder der Expertenrunde, die sich wieder einmal in der Retematäng versammelt hatten, dass der sture Friedhelm den ganz sicher gebracht hätte, weil er sich ja nicht in die Aufstellung reinreden lässt. Vermisst hat man den guten Adam nicht, obwohl das 4-1-4-1-System ja auf ihn als “Libero” zugeschnitten ist. Eigentlich kam die pillendrehende Gefahr ohnehin immer nur über außen, wo sich die ballsicheren Bayer’n jeweils Dreiecke aufbauten, um sich doppelpassend von den Seiten in den Strafraum zu kombinieren. Oder: Diese wahnwitzig schnellen Außen rennen einfach ihre jeweiligen Verteidiger in Grund und Boden, um dann in der Mitte den hauseigenen Knipser zu suchen. Viel Fantasie hat das alles nicht.

Es stand hier schon so oft: Rouwen Hennings spielte das, was er immer spielt. Und wenn er das Ding kriegt und nicht versehentlich außerhalb des Sechzehners rumläuft, dann sucht er den Torschuss. Das ist gut und richtig so, weil in der laufenden Saison überwiegend erfolgreich. Der Erfolg des guten Rouwen hat eine unangenehme Kehrseite, unter der Dawid Kownacki zu leiden hat. Denn so lange Hennings mit seinen Toren die Fortuna am Leben hält, wird der junge Pole niemals alleinige Spitze spielen, also die Position, für die er mehr als prädestiniert ist. Dass er sich (gestern zur 65. Minute für Skrzybski eingewechselt) wirklich alle Mühe gibt seine Fähigkeiten in den Dienst der Mannschaft zu stellen (5 Euro ins Phrasenschwein!), zeigte er auch gestern wieder.

Ein Heilsbringer namens Stöger

Kurz vorher kam der Messias namens Kevin Stöger für Olli Fink, also der absolute Hoffnungsträger, der es richten soll, der aus der Rumpeltruppe ein Showensemble formen soll, allein durch die Kraft seiner Kreativität. Wer soll mit diesem Druck klarkommen? Und so fand der gute Kevin kaum ins Spiel und schaffte es in seiner halben Stunde Spielzeit genau zweimal einen Angriff zu orchestrieren. Was die Frage aufwirft, ob ein ideenreicher Kopf allein etwas ausrichten kann, wenn seine Nebenleute (Thommy ausdrücklich ausgenommen) die jeweilige Idee gar nicht oder mit Verzögerung kapieren. Vielleicht muss sich das Prinzip des kreativen Mittelfelds mit Stögers Hilfe auch erst wieder einspielen…

Das Foul mit dem Matthias Zimmermann den Elfer kurz vor Schluss verschuldete, war so blöd, dass man dem guten Matthes dafür eine halbe Schulnote bei der Bewertung abziehen kann, die ohnehin nicht so gut ausfällt wie bei ihm gewohnt. Und obwohl Kaan Ayhan und Andre Hoffmann in der Innenverteidigung insgesamt eine solide Vorstellung gaben, blieben sie unter ihrem Notendurchschnitt – vor allem, weil sie viel weniger gefordert wurden als in den anderen Partien. Die Einwechslung von Nana Ampomah für Thommy in der 87. Minute verstand niemand, sie verschlechterte die Lage aber auch nicht.

Fakten statt Emotionen

Den emotionsgesteuerten Fans, die aus Sorge um ihre geliebte Fortuna dieses und jenes fordern, sei mit ein paar Fakten nachgeholfen. Es wird ja beispielsweise nach Kevin Ofori geschrien, der müsse mal ne Chance kriegen. Wer dessen Auftritte bei den Testspielen und in der Zwoten gesehen hat, wird den Verstand einschalten und konstatieren müssen, dass der noch weit entfernt von der Bundesligareife ist bei allem Talent. Gestern bei der Zwote leistete sich der Jungspund in der ersten Halbzeit sogar eine völlig sinnlose Tätlichkeit, die zum Platzverweise führte. Apropos Zwote: Rausgerissen hat es Aymen Barkok, der aus einem 0:2 in Bonn noch ein 2:2 machte und sich zumindest mittelfristig für die Erste empfiehlt – ein Mittelfelddreieck mit Stöger, Sobottka und Barkok könnte ein Erfolgsfaktor sein.

Auch Fantasien von Trainerrausschmissen und dem Holen von Vereinsheroen wie Markus Anfang als neuem Chefcoach gehen am Problem vorbei. Ein Motivationsproblem haben die aktuellen Kaderinsassen anscheinend ja nicht, und ob ein neuer Besen in drei Monaten für eine drastische Weiterentwicklung der Spieler sorgen könnte, muss bezweifelt werden. Die Möglichkeiten mit genau dieser Kickertraube dem Abstieg zu widerstehen, wurden zu Beginn der Saison eingeschränkt als merkwürdige Startaufstellungen und noch merkwürdigere Einwechslungen Partien verloren, die man hätte gewinnen können, ja müssen. Es kann nun nur noch um Schadensbegrenzung gehen, also Verzicht auf radikale Lösungen, um am Ende dann doch noch wenigstens Platz 16 zu erobern, auch wenn das die Teilnahme an der ungeliebten Relegation bedeuten würde.

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