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F95 vs Gladbach 1:4 – Autsch, das hat wehgetan


[Bericht und Analyse] Kommt schon, Leute, war doch wohl jedem vorher klar, dass dieses Spiel alles werden konnte: Heimsieg, Niederlage, Unentschieden oder Klatsche. Dass es Letzteres geworden ist, löst den Schmerz deswegen aus, weil die anderen Varianten allesamt wahrscheinlicher waren. Denn die Fortunen brachten in der ersten Halbzeit ein richtig gutes Spiel auf die Wiese. Das war Rösler-Style: Nix mit Hochweit, sondern kluges Flachpassspiel. Dazu ordentliches Verhalten in Sachen Balleroberung, Ballannahme und Ballbehauptung. Vielleicht ist der Spieler Adams deswegen so negativ aufgefallen, weil er so extrem aus diesem positiven Raster gefallen ist. Dazu später mehr.

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Die Aufstellung war bis auf eine Ausnahme wie erwartet: Und die Ausnahme war der Spieler Adams, von dem Ihr sehr ergebener Berichterstatter schon am 18. Dezember 2019 schrieb, er würden ihn nie wieder in einer Fortuna-Mannschaft sehen wollen. Dessen Unterirdischkeit drückt sich gar nicht mal statistisch aus (40 angekommene zu 7 Fehlpässen), sondern darin, dass er mit komplexen Spielsituationen beinahe immer völlig überfordert ist – sowohl in der Abwehr, als auch beim Spielaufbau.

Adams fast immer überfordert

Natürlich geht das 0:1 auf seine Kappe, und ein paar Minuten davor hatte er Glück, dass er nach dem Überlaufwerden den richtigen Weg fand, um überhaupt noch eingreifen zu können. Der Block war sich zur Pause einige: Adams raus, Suttner rein. Aber das mittlerweile vierköpfige Trainerteam wartete bis zur 81. Minute mit dieser absolut nötigen Auswechslung. Da stand es aber schon 1:3, und der Spieler Adams hatte an diesem Tor erneut seinen Anteil; man kann solches Abfälschen unglücklich finden, aber in diesem Fall war es die Folge sinnloser Zappelei. Selten hat ein Spieler von seinen Kollegen derart viel Mecker kassiert wie Adams gestern. Ältere Säcke werden sich daran erinnern, wie Axel Bellinghausen seinerzeit den kleinen Cristian Ramirez so zusammenfaltete, dass der nie wieder so richtig auf die Füße kam.

Da war noch Hoffnung
Genug gebasht für heute, denn ansonsten ließen sich nur Nuancen kritisieren. Viele Facebook-Trainer haben zum Beispiel auch Nana Ampomah sehr schlecht gesehen. Nein, überragend war sein Auftritt nicht, aber erneut war ein Entwicklungsschritt zu erkennen. Ihr Ergebener möchte an dieser Stelle noch einmal an Dodi Lukebakio zu Beginn seiner Zeit bei der Fortuna erinnern, wo der sich auch oft festdribbelte, den Nebenmann nicht sah oder überhaupt die Birne woanders als auf dem Platz hatte. Nana dürfte nicht ganz so talentiert sein wie Dodi, ist diesem aber in der mentalen Entwicklung zu einem vergleichbaren Zeitpunkt voraus. Einen Sahnetag hatte Nana gestern sicher nicht, und der Wechsel in der 65. Minute, der Steven Skrzybski brachte, war absolut gerechtfertigt.

Derby-Geschwafel am Rande der Hysterie

Beim 0:1 hatte Ihr sehr Ergebener einen leichten Torwartfehler gesehen, aber die TV-Bilder rehabilitieren Flo Kastenmeier hundertprozentig – der hatte alles richtig gemacht, und mit zwei Schuhgrößen mehr hätte seine Grätsche gereicht, die Pille am Einlochen im langen Eck zu hindern. Ansonsten zeigt sich immer mehr, dass der junge Mann, der vom Jahn aus Regensburg stammt, ein hochmoderner Keeper ist, der eben auch Fußball spielen kann. Dass der gute Flo bisweilen zum Unsicherheitsfaktor wird, hat ja auch damit zu tun, dass er ins kalte Wasser einer Nummer 1 im Tor geworfen wurde und zuvor sehr wenig Spielpraxis hatte. Kurios, dass er die gestrige Fehlpasstabelle anführt…

Jedenfalls: Natürlich war die Bude ausverkauft, natürlich hatten sich wieder jede Menge Rautenliebhaber*innen zwischen die Fortuna-Anhänger gemischt, und natürlich wurde wieder von einem Derby geschwafelt. Aber irgendwie müssen Medienfuzzis ja immer alles hochjazzen und mit Bedeutung aufladen, damit die Leute auch schön emotional werden. Dass es eine Rivalität zwischen der glorreichen Fortuna und dem VfL BMG gibt, ist bekannt, dass die aber noch gar nicht so alt ist, wissen dann wieder nur die älteren Säcke. Noch in den Siebzigerjahren gab es nicht wenige Düsseldorfer, die zu beiden Clubs hielten, und die Zeit, in der Gladbach seine Heimspiele im Rheinstadion austrug, ist unvergessen.

Bude voll, Eventies gehen früher

Dass aus einer rein sportlichen Rivalität ernsthafter Hass wurde, haben wir der Fehlentwicklung der Gladbacher Fan-„Kultur“ zu verdanken, die in den Achtzigerjahren in die Hände eines vollkommen asozialen Packs fiel, das nicht nur in Düsseldorf (und K***, nicht zu vergessen), sondern in vielen anderen Bundesligastädten böse auffiel, weil die sich als Hooligans fühlenden Bauernburschen aus Ostholland sich gern an alten Leute, an Müttern mit Kindern und überhaupt an Unbeteiligten vergriffen. So etwas vergisst man nicht, wenn man es leibhaftig miterlebt hat. Wie überall haben sich dies miese Verhalten über die Jahre verdünnt, und heute sind die aktiveren Anhänger des VfL genauso drauf wie die anderer Clubs auch.

Im Herzen der Choreo
Aber es lag schon eine knisternde Spannung über dem Rasen der Arena. Es ginge ja ums Überleben, hatte Trainer Rösler vor der Partie verlauten lassen, und er kann froh sein, dass ihn niemand nach dem Schlusspfiff fragte, ob die Fortuna nun tot sei. Passend zur Ansage des Chefcoaches präsentierten die Ultras eine betörende Choreo unter dem bewährten Tote-Hosen-Motto „Bis zum bittren Ende“ und versehen mit der klaren Ansage, dass man diesen Weg gemeinsam gehen werden, dass zwischen Mannschaft und Fans kein Blatt Papier passt. So lange es gut aussah für die Jungs in Weiß, war auch die Stümmung gut; wobei manches von der Süd auf die Tribünen überschwappte. Aber nach dem 1:3 bewies sich einmal mehr, dass solche „Derbys“ eben doch sehr viele Zuschauer anlocken, die Fußball sonst nur vom TV her kennen und echte Emotionen nicht aufzubringen bereit und in der Lage sind. Jedenfalls leerten sich die Blöcke der Heimzuschauer ab der 78. Minute rasch. Auf seinen frühen Abgang angesprochen meinte ein Kunde, er habe ja wohl das Recht zu gehen, wenn er sich von der Mannschaft, ja, auch dem Trainer und vor allem dem Vorstand verarscht vorkäme – mehr Verwirrung geht wohl nicht.

Ihrem Ergebenen persönlich ist es viel lieber, engagierte, mitgrölende Fans im Block meckern und granteln in einer Tour, um dann doch immer wieder zu erscheinen und die Mannschaft zu unterstützen, als wenn irgendwelche Eventies glauben, ihre durch nichts fundierte Meinung im Web rausfurzen zu müssen, nachdem sie zehn Minuten vor Schluss desertiert sind.

Gladbacher Systemwechsel und die Folgen

Man kann auch nicht sagen, dass das Spiel nach der Pause gekippt wäre. Nicht einmal nach dem Führungstreffer für die Kleinpferde in der 51. Minute, einem waschechten, perfekt gespielten Konter. Jedoch hätte das Trainerteam spätestens an dieser Stelle merken müssen, dass BMG auf zwei Viererketten umgestellt und so a) unserem kreativen Mittelfeld mehr Räume klauten und b) besser aufs Umschaltspiel gepolt war. Tatsächlich aber gab es bei der Fortuna keinerlei erkennbare Reaktion auf den Gladbacher Systemwechsel. Mit einem 3-5-2 gegen ein 4-3-2-1 sieht die Mannschaft mit dem geringeren Qualitätspotenzial schnell schlecht aus. Am besten baut man dann auf ein 4-4-2 um – oder eine andere Variante mit Viererkette. Wäre auch nicht schwierig gewesen, Matthias Zimmermann einfach nach hinten zu beordern. Und auch die Umstellung auf ein 4-3-2-1 wäre denkbar gewesen.

Gespanntes Warten
Jedenfalls sahen die Fortunen nach der Pause und nach der Führung für die Gäste einfach schwächer aus, obwohl alle Messwerte dagegen sprachen. Haupteffekt der neuen Konstellation war, dass die BMGler nun Kevin Stöger weitgehend ausschalten konnte, sodass Valon Berisha nun den spielmachenden Job fast allein übernehmen musste. Wie in seinem ersten Spiel für die Diva rannte sich der Norweger wieder die Zunge aus dem Hals, kam in den 78. Minuten seiner Platzexistenz auf 10,35 Kilometer und musste einfach ausgetauscht werden. Da war das 1:3 gerade gefallen, und die Trainer brachten Adam Bodzek für Berisha. Als sich unsere Mann aus Stahl unten warmmachte und die Instruktionen der Coaches an der Bank entgegennahm, ging ein Raunen durch den Block: Bodzek? Warum jetzt Bodzek? Um das 1:3 zu halten? Oder was? Es roch einfach nach Funkelei, und damit Schwamm über diese Geschichte.

Unser wunderbares Mittelfeld

Wenn wir Stöger und Berisha durchnehmen, dürfen wir natürlich Erik Thommy und Alfredo Morales nicht vergessen. Wie der ernste Erik den Ausgleich erzielte, war ein glühendes Beispiel für das absolute Wollen: Ich mach jetzt das Tor, komme, was wolle! Und der Pass von Kaan Ayhan in den gegnerischen Sechzehner war aus purem Zucker. Man würde sich als F95-Liebhaber so sehr wünschen, dass sich unser Kaan noch viel öfter in den Spielaufbau mischen könnte und nicht ständig in Abwehrarbeiten verwickelt wäre. Es sieht ganz danach aus, dass die Innenverteidigung so gestärkt werden muss, dass Ayhan eben doch als Sechser spielen kann. Zu Recht bemängelte Rösler nach dem Spiel die Laufleistung, die mit 110,5 Kilometern (BMG: 113,3) wirklich ungenügend ausfiel. Übrigens: Während sich der Herr Funkel noch über Tracking-Statistiken lustigmachte, bezieht sein Nachfolger statistische Werte ganz selbstverständlich in seine Analyse mit ein.

Dass Stöger, Thommy und auch Morales die meisten Meilen machten, ist allerdings ein gutes Zeichen und eines, dass für das 3-5-2-System spricht, weil ein bewegliches Mittelfeld das erfreuliche Flachpass-, Kombinations- und One-Touch-Spiel überhaupt erst möglich macht. Denn, nein, Fußball ist eben nicht bloß Kopfsache, sondern ein Spiel, bei dem es auch um Strategie und Taktik geht. Kein neuer Trainer könnte durch pures mentales Umpolen der Kicker erfolgreich sein – er muss auch an den Stellschrauben rund um Systeme und Aufstellungen drehen. Das ist allemal nahrhafter als das ewige Gequäke von der Körpersprache und ähnliche Küchenpsychologie.

Bleiben wir kurz bei Alfredo Morales und nehmen wir Zimmermann hinzu. Der US-Nationalspieler wird mit jedem Auftritt besser, traut sich mehr zu, geht mehr Meter, beherrscht Balleroberung und Ballsicherung immer besser – ein Beispiel für einen Kicker, der sich mit Hilfe seiner Trainer weiterentwickelt. Über den guten Matthias muss man nicht viel schreiben; gestern begann er mit ein bisschen gebremstem Schaum, war aber gerade in der zweiten Hälfte einer der mutigsten, der inzwischen auch nicht mehr jedes Mal, wenn er außen bis zur Grundlinie getrabt ist, halbhoch flankt, sondern auch mal nach innen zieht oder einen intelligenten Rückpass spielt.

Hennings hätte, hätte, Fahrradkette…

Und unsere Lebensversicherung? Der gute Rouwen? Der olle Knipser? Der hatte gestern exakt DREI Torschüsse, von denen zwei als echte Torchancen zu betrachten waren, besonders das lange Ding in der 73. Minute, das nur ganz knapp am rechten Pfosten vorbeistrich. Es wäre der zu diese Zeitpunkt noch verdiente Ausgleich gewesen. Ansonsten ist das Spiel mit dem neuen System nicht mehr so massiv auf ihn als Mittelstürmer abgestellt, er kann nun viel öfter auf die Seiten ausweichen oder sich fallen lassen, um so Räume für die Kollegen zu schaffen. Ein Ballkünstler wird aus ihm übrigens nicht mehr, seine Flankenversuche haben teilweise was von Slapstick. Und leider ging auch eine artistische Einlage, die an das Zaubertor in K’lautern erinnerte, nicht in die Maschen.

Wir müssen uns aber noch einmal mit den Coaches befassen, die exakt nach dieser leider verpassten Chance auf Aufmachen umstellten und damit die Niederlage einleiteten. Tatsächlich agierte die Mannschaft nun noch offensiver, während Gladbach das Spielchen zwischen Zurückfallenlassen und plötzlich eingeleitetem hohen Pressing perfekt inszenierten. Damit wurde jeder rotweiße Angriffsversuch zum Risiko, und weil Ayhan nun doch öfter weiter vorne mitmachte, standen in mehreren Situationen Torwart Kastenmeier, der Spieler Adams und Zanka allein gegen (meistens) zwei Angreifer. Das konnte nicht gutgehen, und das 1:3 fiel dann fast zwangsläufig. Zanka Jørgensen konnte übrigens überzeugen, auch wenn er in der beschriebenen Situation ebenfalls ein bisschen überfordert wirkte.

Am Ende geht der Sieg für die ostholländischen Ponys in Ordnung und auf das Konto einer klasse Trainerleistung, weil der Coach die optimale Systemänderung vornahm. Das Ergebnis fällt jedoch um ein, zwei Tore zu hoch aus und sieht aus wie eine Klatsche, die es aber nicht war. Blöd nur, dass im Abstiegskampf jedes kassierte Tor zu viel am Ende entscheiden kann. Der Auftritt bis etwa zur 75. Minute macht Hoffnung, dass dieses Team unter diesem Trainer dann doch noch die nötigen Punkte für den 15. Platz wird holen können. Auch wenn es gestern eben nicht ums Überleben ging, werden die kommenden Partien gegen Freiburg (A), Hertha (H), Mainz (A), Paderborn (H) und Köln (A) zu lauter Endspielen. Man kann es sich leicht ausrechnen: Die fünf Partien müssen mindestens zehn, am besten aber zwölf Punkte in die Scheune bringen, denn ab Spieltag 27 wird der Weg deutlich härter.

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