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Fortuna-Punkte: Warum kaufen, wo leihen doch so einfach ist…

In den Frühzeiten des Privatleasings gab es den Werbespruch „Warum kaufen, wo Leasing doch so einfach ist“. Witzbolde münzten den Satz um zu „Warum heiraten, wo…“. Und anscheinend nehmen die Manager europäischer Fußballclubs diese Weisheit seit einigen Jahren so ernst, dass die Zahl sogenannter „Leihspieler“ ständig wächst. Bei den Fans – auch bei der glorreichen Fortuna – ist das Ausleihen von Kickern allerdings ziemlich unbeliebt. Das hat was mit der fußballromantischen Sehnsucht nach Männern, die sich mit den Farben eines Vereins identifizieren, zu tun. Leihspieler gelten dagegen als Söldner, die heute hier, morgen da, für Geld den Ball treten. Dabei bietet diese Form der Spielerverpflichtung gerade ärmeren Clubs wie unserer Diva einige Vorteile.

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Zunächst: Natürlich ist der Begriff „Ausleihe“ im gegebenen Zusammenhang Blödsinn, denn laut Duden handelt es sich beim Leihen darum, dass jemandem etwas unentgeltlich zur Verfügung gestellt wird. Wenn Hänschen Müller also sein Auto Lieschen Meier für eine Tour überlässt, dann leiht er ihr die Kiste. Nun treten Kicker, die den Verein wechseln, nicht aber den „Besitzer“, beileibe nicht unentgeltlich an. Erstens verlangt der verleihende Club eine Gebühr, und zweitens zahlt (in aller Regel) der leihende Verein das Gehalt des Spielers. Rechtlich betrachtet wird solch ein Profi also vermietet.

Der Leihvertrag

Basis ist das, was trotz des Begriffsmissbrauchs „Leihvertrag“ genannt wird. Darin vereinbaren die beteiligten Clubs die genauen Konditionen nach denen der mietende Verein den gemieteten Spieler bei der DFL als Mitglied des Kaders melden kann. Wie erwähnt wird in (fast) jedem Fall eine feste Leihgebühr vereinbart. Außerdem wird festgelegt, wer welchen Anteil an den Gehalts- und Prämienzahlungen übernimmt. Und natürlich die Leihdauer. Gelegentlich werden erfolgsabhängige Komponenten in den Vertrag geschrieben sowie – und dieses Ding wird im konkreten Fall gern diskutiert – eine Kaufoption. Die bestimmt, durch Zahlung welcher Ablösesumme der ausgeliehene Spieler zu welchem Zeitpunkt in den „Besitz“ des Leihnehmers übergeht.

Sehen wir es realistisch: Das Geschäft mit den Beinen mehr oder weniger begabter Fußballer ähnelt immer mehr dem Handel mit Wertpapieren. Das wird vor allem beim Wechsel eines Kickers mit oder ohne Ablöse deutlich. Club FC hat den Spieler AA für eine Summe von beispielsweise 1,8 Millionen Euro vom Club SV übernommen. Da es sich um einen sogenannten, relativ preiswerten Perspektivspieler handelt, wettet der FC darauf, dass der Marktwert von AA über die vierjährige Vertragslaufzeit steigt, gern um das Doppelte oder Dreifache. Also verhält sich der FC wie ein Investor, der ein Aktienpaket in der Hoffnung erwirbt, er könne es nach einer Zeit mit hohem Profit abstoßen.

Wie beim Leasing

Dagegen verhält es sich bei der „Leihe“ eher wie beim Autoleasing: Der leihende TSV möchte kein Kapital durch das Zahlen einer Ablösesumme in Millionenhöhe binden, die Fähigkeiten des „ausgeliehenen“ Spielers aber trotzdem nutzen; an einer etwaigen Wertsteigerung partizipiert der Verein nicht. Übrigens werden die Kosten für solche „Leihgeschäfte“ bilanztechnisch anders verbucht als die von Festverpflichtungen. Rein betriebswirtschaftlich betrachtet ist das Mieten von Profikickern also eine durchaus positive Variante, sie folgt dem alten Werbeslogan „Warum kaufen, wo mieten doch so einfach ist“.

Natürlich, die ganze Sache so zu sehen und zu beschreiben, widerspricht den Gefühlen, den Wünschen und Sehnsüchten sowie der Nostalgie vieler Fans. Und, ja, dass das Verpflichten von Spielern seit dem alles verändernden Bosman-Urteil von 1995 überhaupt so abläuft, ist für nicht wenige Freunde des Sports fast unerträglich. Nur: Das Verfahren, mit dem Kicker bei einem Club fest unter Vertrag genommen wird, müsste den Fußballromantikern genauso aufstoßen, es ist keinen Deut näher dran am „Elf Freunde müsst ihr sein“ als das Leihwesen. Denn der Kern des Handels mit Spielern hat heutzutage nur noch wenig mit der sportlichen Seite zu tun, sondern ähnelt am meisten der Wertpapierspekulation.

Auch Leihspieler identifizieren sich mit dem Verein

Ganz ehrlich, ob ein „bloß ausgeliehener“ Fußballer sich mehr oder weniger mit dem Verein, für den er antritt, identifiziert als ein fest verpflichteter Kerl hat erfahrungsgemäß mit dem Vertragsstatus wenig bis nichts zu tun. Oder wollen wir unseren Ausleihhelden der vergangenen zwei Spielzeiten (nehmen wir nur einmal Erik Thommy als leuchtendes Beispiel) pauschal mangelnde Identifikation vorwerfen? Besonders im Vergleich zu Jungs mit festem Vertrag, die einen Vereinswechsel per Streik oder Dienst nach Vorschrift erzwingen wollen. Sicher nicht.

Der aus sportlicher und auch aus Fan-Sicht negativste Faktor bei den „Leihgeschäften“ besteht in der kurzen Laufzeit. Meist werden solche Vereinbarungen über maximal eine Saison abgeschlossen, nicht selten sogar nur über eine halbe Spielzeit. Für die Trainer bringt das den Nachteil mit sich, dass sie die besonderen Talente eines Leihspielers nicht bei mittelfristigen, saisonübergreifenden Planungen berücksichtigen können – wo es doch selbst bei Herren mit Vierjahresverträgen schwierig wird, die für mehr als zwei Spielzeiten fest einzuplanen.

Fazit: Das Mieten oder Leasen von Berufsfußballern bringt einem Verein, der nicht mal eben ein paar Milliönchen pro Saison in Ablösesummen investieren kann, die Chance, Spielern in den Kader zu holen, die dem Team sportlich weiterhelfen. Aber, „Leihgeschäfte“ behindern die mittel- und langfristige Kaderplanung. So nüchtern sollte man das einmal betrachten.

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