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F95 vs Kiel 0:2 – Aufstieg abhaken, Trainer gehen lassen, Saison 21/22 vorbereiten

Meinung · Cheftrainer Uwe Rösler hat in den vergangenen Monaten viel, viel Glück gehabt. Erst diente ihm die Verletztenliste als Ausrede, dann brachte ihm die Mannschaft das 4-4-2 bei, sodass es einen positiven Lauf gab, und dann war da noch Shinta Appelkamp. Jetzt hat der sympathische Sachse mit der lustigen Sprache keine Ausrede mehr, keine Nachhilfe durch die Spieler und keinen Shinta Appelkamp. Und schon vergeigt das Team die Spiele auf eine Art, die einen eingefleischten Fortunen zwischen nackter Verzweiflung, stiller Schicksalsergebenheit und blinder Wut schwanken lässt. Dass die Rotweißen zuhause gegen eine Kieler Mannschaft verlieren, die sowas von souverän und humorlos auftrat – geschenkt. Dass es aber bis zur Einwechslung von Dawid Kownacki in der 67. Minute nie den Anschein hatte, die Jungs könnten noch was reißen, das macht klar, dass Fortuna Düsseldorf in der laufenden Saison mit dem Aufstieg nichts zu tun haben wird. [Lesezeit ca. 7 min]

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Nun trägt ein Chefcoach nicht an allem die Schuld, aber die volle Verantwortung für die Ergebnisse. Angesichts der Niederlagen gegen RW Essen im Pokal, gegen Würzburg und jetzt gegen Kiel können die Verantwortlichen im Vorstand eigentlich nur auf Rausschmiss entscheiden. Und zwar nicht in dem Sinne, dass man mit einem anderen Trainer vielleicht doch noch oben mitmischen könnte (die Panikvariante), sondern um HIER und JETZT mit der Vorbereitung auf die Saison 2021/22 zu beginnen und einen echten Umbruch einzuleiten. Für die damit verbundenen Aufgaben eines Trainers ist Uwe Rösler nicht der Richtige. Mit Nico Michaty, dem Erfolgscoach unserer Zwoten, hat Fortuna einen Mann in der Belegschaft, der genau das wäre: ein Perspektivtrainer. Fragt sich nur, ob der gute Nico Bock auf den exponierten Job hat.

F95 vs Kiel: Die Aufstellung

Hakt man die Saison ab, könnte man auch sofort damit beginnen, den Kader aufzuräumen, sich also von Spielern zu trennen, bei denen keine Entwicklung zu sehen war und zu erwarten ist. Dazu zählt beispielsweise Toni Pledl. Der nette Kerl mit der Blondierung war gestern in der kunterbunten Messehalle über weite Strecken der auffälligste Akteur, ständig in Bewegung, ständig in Aktion, aber unfassbar ineffizient. 12,54 Kilometer hat er abgespult und mit 78 Prozent eine ordentliche Passquote hingelegt, aber weniger als ein Drittel seiner Zweikämpfe gewonnen. Ein verantwortungsbewusster Trainer hätte den guten Toni spätestens nach dem 0:2 erlöst. Dass der sich dann mit einem Kopfball-Slapstick statt eines Treffers blamieren musste, geht auf des Coaches Konto. Oder Eddie Prib, ebenfalls ein grundsympathischer Typ mit kiloweise Erfahrung, der aber gestern ein völliger Ausfall war, aber sich bis zum Abpfiff quälen musste – nein, der hat keine Perspektive als Spielmacher.

Nehmen wir den ebenfalls äußerst netten Luka Krajnc, der immer spielen muss, weil Florian Hartherz als linker Außenverteidiger den Ansprüchen nicht genügt und Leon Koutris nicht in der Viererkette spielen mag. Auch der gute Luka hat keine Perspektive, da hätte man ja auch versuchen können Herrn Gießelmann zu halten. Keine Perspektive hat auch unser geliebter Knipser, der Herr der linken Klebe, Rouwen Hennings. Wenn ein Spiel nicht voll und ganz auf ihn zugeschnitten ist, kommt es einem vor als träte die Fortuna mit einem Mann weniger an. Außerdem kennen den alle Gegner und wissen, dass der Hennings immer das spielt, was der Hennings eben so spielt. Gestern war der Rouwen ebenfalls ein Totalausfall und wäre am besten schon in der Pause ausgewechselt worden. Da nun an einen Aufstieg nicht mehr zu denken ist, kann man auch den guten Kenan Karaman langsam austrudeln lassen; der ist eh weg im Sommer und sollte nicht länger den Platz für einen Perspektivstürmer blockieren. Ihr höchst Ergebener glaubt übrigens immer noch an Dawid Kownacki, der unter Rösler zunehmend für blöd verschlissen wird. Entweder er muss jokern oder in einer Konstellation antreten, in die er nicht passt. Das Duo aus Emma Iyoha und Kownacki, das hat Zukunft, nicht aber Karaman plus Hennings.

F95 vs Kiel: Eine Bilanz

Blöd dass Kevin Danso bloß ausgeliehen ist, denn der könnte in einem Team mit Perspektive der Anführer sein, der gebraucht wird. Der aktuelle „Leader“ heißt übrigens Kastenmeier, steht im Tor und ist definitiv eine Säule des kommenden F95-Teams. Hat Andre Hoffmann noch eine Perspektive? Im Sinne der Sozialhydraulik ganz sicher, spielerisch, na ja… Da hat Christoph Klarer trotz seiner nicht überzeugenden Leistung gestern bessere Aussichten. Und natürlich Jamil Siebert, der noch ein bisschen braucht. Was machen wir mit Zimbo? Gestern war er oft der Motor, mangels passender Partner für Doppelpässe und so’n Zeug nicht sehr wirkmächtig. Aber, der Matthias Zimmermann, der hat noch ein paar gute Jahre vor sich.

Eine Säule des zukünftigen Teams wird definitiv Alfie Morales sein, den wir unbedingt über den Sommer halten sollten. Ob er bleiben mag? Nur wenn man ihm eine Perspektive bietet. Auf lange Sicht haben wir alle auf Cello Sobottka gesetzt, der gestern irgendwie deplatziert wirkte, nicht ins Zusammenspiel fand und am Ende total deprimiert aus der Wäsche guckte; eingelöst hat er die Erwartungen nie. Was ist mit Felix Klaus? Der hat definitiv noch Ausbaumöglichkeiten und sah gestern oft nicht gut aus, weil niemand auf seine Spielideen einging. Davon ließ er sich frustrieren und war gegen Ende ebenfalls ein Ausfall. Bei Leonardo Koutris weiß man noch gar nichts, der ist noch überhaupt nicht in Düsseldorf angekommen. Ihr Ergebener traut Kristoffer Peterson keine positive Entwicklung zu, kann sich aber gerade in diesem Punkt täuschen. Kuba Piotrowski hat dagegen was, was genau, weiß man aber auch noch nicht – auf mittlere Sicht ist eine polnische Achse zwischen ihm und Kownacki denkbar. Apropos: Käpt’n Bodzes Karriere läuft ja jetzt schon aus, der wird in der kommenden Saison keine Rolle mehr spielen.

F95 vs Kiel: Der Stadionsprecher im Karnevalsmodus

In einem aufgeräumten und verjüngten Kader käme Shinta Appelkamp eine wichtige Rolle zu; der ist ja nicht nur ein toller Spieler, sondern ein kluger, reflektierter Bursche, der das Zeug zum mentalen Anführer hat. Und nur in einem solchen runderneuerten Kader hätte endlich auch Kelvin Ofori seinen Platz, dem ja nicht nur körperliche Härte fehlt, sondern – so sagen Leute, die es wissen sollten – die Akzeptanz der älteren Spieler im Team. Ein solches junges Gerüst könnte man mit zwei, drei, vier Buben aus der U23 auffüllen und mit ein, zwei erfahrenen Kickern ergänzen. Das hätte Potential.

Zurück zum Spiel

So, haben wir das auch erledigt; wenden wir uns also dem Spiel zu. Denn es war nicht alles schlecht. Im Gegenteil: Kiel war richtig gut. Genau das, was der Fortuna fehlt, gab es bei denen: blindes Verständnis, also diese sogenannten „Automatismen“, die man früher unter dem Begriff „Laufwege“ behandelt hat, ein klares Spielverständnis, eine disziplinierte Grundordnung und einfach das richtige Denken. Dazu einen tollen Tormann (okay, den haben wir auch) sowie drei durchsetzungsfähige Stürmer. Und als die Rotweißen nach einigem Geplänkel begannen, den geplanten Druck aufzubauen, da haben die Holzbeine mit großer Gelassenheit reagiert. Man hat auch bemerkt: Das dauernde Anlaufen der Innenverteidiger und des Torwartes bringt nix, wenn die sich dadurch nicht in Panik versetzen lassen – dann kann man das sogenannte „hohe Pressing“ gleich vergessen.

F95 vs Kiel: Danso will den Elfer nicht wahrhaben

Wirkungsvoller Druck muss aus dem Mittelfeld kommen und zu einer Palette an unterschiedlichen Spielzügen führen. Ohne Morales und Appelkamp entsteht kein solcher Druck; Eddie Prib ist nicht derjenige, der einen solchen Druck aufbauen kann, er hat andere Qualitäten. Und Sobottka ist mehr dazu da, die Löcher zu stopfen, wenn Balleroberung und -behauptung im Mittelfeld nicht geklappt haben. Und trotzdem: In der Phase zwischen etwa der 10. und der 35. Minute blitzten manchmal nette Spielzüge auf, und wenn die Burschen endlich mal Eckbälle zu Chancen werden ließen, wer weiß… Im Nachhinein kann man leicht sagen: Der Elfer hat den Fortunen den Zahn gezogen. Bei Licht betrachtet war zu diesem Zeitpunkt die Luft schon fast draußen aus dem Druckkessel. Nein, Ihr Ergebener wird den Strafstoß nicht diskutieren, sondern nur sagen: Ja, er sieht das wie Kevin Danso selbst – nicht er hat sich bewegt und so die ominöse Berührung erzeugt, sondern sein Gegner.

Zu diesem Zeitpunkt konnte aber jeder, der ein bisschen was vom Fußball versteht und Augen im Kopf hat, sehen, dass mindestens zwei, eher drei Spieler so deftig neben der Spur liefen, dass ein guter Trainer sie erst durch Auswechslung erlöst und dann getröstet hätte. Spätestens zum Wiederanpfiff hätten die Herren Pledl und Prib besser auf der Auswechseltribüne Platz nehmen sollen. Auch der Herr Klaus kam mit der Gesamtsituation nicht zurecht und hätte draußen bleiben sollen. Dem nicht stattfindenden Herrn Hennings hätte ein umsichtiger Trainer auch eine Dusche über mehr als die Pausenzeit gegönnt. Und hätte das Coaching-Team im Sinn gehabt, das Spiel noch zu drehen, hätten sie allerspätestens zur 50. Minute einen Komplettumbau angehen müssen. Da stand es übrigens schon 0:2 durch eine Kieler Kombi, die vor allem den jungen Christoph Klarer sehr, sehr alt aussehen ließ, von der Abwesenheit des Herrn Zimmermann ganz zu schweigen.

F95 vs Kiel: Danso – Einwürfe wie von Harald Katemann

Spätestens an dieser Stelle war klar, dass a) der Matchplan in die Hose gegangen war, dass b) die taktische Grundordnung nichts brachte und c) das agierende Personal nicht die Mittel hatte, das Ding zu drehen. Was passiert? Erstmal nichts. Und dann ist der erste Wechsel in der 67.(!!!) Minute der von Kownacki für Klaus. Nicht etwa Peterson für Pledl oder Kuba für Prib. Gut, die Idee dahinter war wohl, nun auf drei Spitzen zu setzen. Wenn man aber ein 4-3-3 will, dass muss die Drei in der Mitte gut funktionieren; aber alle drei (Prib, Sobottka, Pledl) waren nicht auf der Höhe ihrer Fähigkeiten. Wieder war der gute Dawid hochmotiviert, wieder machte und tat er, wieder holte er sich die Bälle selbst – wieder wollte er zuviel, und da gelang ihm wenig. Im Gegensatz zum guten Rouwen kann er aber etwas mit dem Ball anfangen, immerhin…

F95 vs Kiel: Und da fällt das 0:2

Die zweite Wechselei in der 75. Minute hatte dann schon etwas Realsatirisches. Positionsgenau von Krajnc auf Koutris zu wechseln, ist albern. Ein mutiges Trainerteam hätte an dieser Stelle vielleicht auf ein 3-5-2 umgestellt, also den Leon als Außen der Fünferkette besetzt. Tatsächlich aber blieb es beim 4-4-2 mit dem berühmt-berüchtigten Vor- und Zurückziehen der Außenverteidiger in die mittlere Kette. Das spielt Zimbo gern, das kann er auch; bei Koutris konnte man das Fragezeichen über dem Kopf (WAS soll ich machen?) förmlich sehen, und er entschied sich, dann lieber mal gar nichts zu machen. Da nützt das ganze coachende Reinrufen, für das Uwe Rösler bekannt ist, auch nichts, wenn ein eingewechselter Spieler nicht verstanden hat, was genau er tun soll.

Der Wechsel von Bodze für Cello war nachvollziehbar, aber sinnlos, weil er am Spielgeschehen nichts ändern konnte. Aber allein durch die Anwesenheit von Kownacki und einen Karaman, der auf dessen Spielweise einging, wurden die Fortunen gefährlicher. Es gab Chancen – die hundertprozentigste vergab Pledl per Kopf… Zweimal hatten die Kieler bei Hickhack im eigenen Sechzehner Glück, dass sie keine Bude kassierten. Dafür hatten sie selbst auch zwei Hundertprozenter nach Kontern auf den Schlappen. Vermutlich hätten sie sogar gewonnen, wenn F95 den Ausgleich geschafft hätten. Verdient war der Sieg allemal, den die Kieler hatten an diesem Abend einfach das mit Abstand bessere Team auf dem Platz. Ihr Ergebener wird Kiel-du-Arschloch übrigens ab sofort die Daumen drücken, denn er hätte diesen traditionsreichen Traditionsverein gern mal in der ersten Bundesliga.

F95 vs Kiel: Neun Ecken, aber kein Tor

Währenddessen prollte die üblichen Wut-Fans in den sogenannten „sozialen Medien“ herum. Manche waren einfach ungerichtet wütend, andere arbeiteten sich an einem Spieler (Pledl) ab, andere wurden nicht müde, die Kicker mit dem F95 auf dem Hemd zu beleidigen. Alles also wie immer. Vielleicht ist es auch im Hinblick auf diese Spezies „Anhänger“ gut, dass nun der Aufstiegsdruck weg ist und man sich die restlichen Spiele mit großer Gelassenheit und fröhlichem Realismus anschauen kann.

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