Website-Icon Fortuna-Punkte

Ein Hoch auf F95-Sportvorstand Uwe Klein!

Meinung · Es könnte ein Treppenwitz werden: F95-Sportvorstand stolpert über seinen Mallorca-Urlaub in den Zeiten der Seuche. Denn im Land der Empörten zu Zeiten der Wutfans kann ein kleiner Shitstorm praktisch jeden seinen Job kosten. Und einen solchen Scheißesturm auszulösen, darin sind die Boulevardmedien – in diesem Fall die mehr alt als ehrwürdige Rheinische Post – inzwischen geübt. So konnte das Revolverblatt nicht an sich halten, aus der Reise des Uwe Klein auf die Baleareninsel eine Meldung mit vorwurfsvollem Unterton zu machen: Wie kann man nur! Dass es angebrachter wäre, die Supersonderregeln für den Spielbetrieb der Ligen zu kritisieren, kommt den Spochtrepochtern nicht in den Sinn. Und sie gießen damit Wasser auf die Mühlen der Fortuna-Interessierten, die UK noch lieber weghaben wollen als Cheftrainer UR. [Lesezeit ca. 5 min]

Unterstützt TD!
Dir gefällt, was The Düsseldorfer über die Fortuna schreibt? Und vielleicht auch die Artikel zu anderen Themen? Du möchtest unsere Arbeit unterstützen? Nichts leichter als das! Unterstütze uns durch ein Abschließen eines Abos oder durch den Kauf einer Lesebeteiligung – und zeige damit, dass The Düsseldorfer dir etwas wert ist.

Uwe Klein, der ja in Sachen Medienkontakt bekanntermaßen schwer erziehbar ist, macht den Fehler darauf einzugehen und sich zu rechtfertigen. Dabei sagt er Sachen wie “Malle ist ja aktuell praktisch sicherer” und dass er immerhin engmaschig getestet würde. Er hätte entweder besser geschwiegen oder den/die Anfragende*n gegengefragt, was sie*ihn das eigentlich angeht. Schwamm drauf. Denn schon viel länger tobt in den einschlägigen Sozialkanälen ein Fäkalientornado mit dem Tenor: Uwe Klein ist schuld (am kommenden Nichtaufstieg), der habe eben einen Scheißkader zusammengestellt.

Faktencheck statt Baugefühl

Klopft man diese steile These mit kühlem Kopf und Normalblutdruck auf ihren Faktengehalt ab, bleibt nur der Vorwurf, UK sei es nicht gelungen, das durch den Abgang von Stögi verwaiste Kreativmittelfeld zu besetzen. Und nicht einmal diese Behauptung stimmt. Selbsternannte Fans denken in der Wur meist sehr, sehr schlicht. Und sind zudem selten in der Lage zu differenzieren. Weil der überaus gute, leider momentan malade Shinta Appelkamp aus dem Fortuna-Nachwuchs stammt, wird er eben nicht als Neuzugang gesehen – der er ja auch nicht ist, weil er bereits in der Vorsaison im Profikader hauste. Wenn Appelkamp nicht ein Kreativkopf fürs Mittelfeld ist, wer dann?

Bilanz 1: Die Leihspieler

Weiter wird Uwe Klein – dies ein uralter Hut – vorgeworfen, zu viele Leihspieler geholt zu haben. Tatsächlich haben wir vier Kollegen, die noch anderen Clubs gehören: Kevin Danso, Luka Kraijnc, Leonardo Koutris und Brandon Borrello. Für Luka und Leon, die beiden vielversprechendsten (die sich Fortuna leisten könnte), hat UK Kaufoptionen zu ziemlich erfreulichen Konditionen ausgehandelt; den guten Kevin könnten wir uns eh nicht leisten, und ob der vollbärtige Brandon es je brächte, steht in den Sternen. Eine positive Bilanz für uns Uwe in diesem Punkt, würde Ihr höchst Ergebener sagen.

Bilanz 2: Die echten Neuzugänge

Schauen wir uns mal die “echten” Neuzugänge an, also die Kicker, die nach dem Abstiegsabgang von – je nach Zählweise – 16 beziehungsweise 19 Kollegen eingekauft wurden, und beginnen wir mit den Burschen, die man als Perspektivspieler bezeichnen muss, also als potenzielle Langzeitverstärkungen. Wir reden zum Beispiel von Kristoffer Peterson (25) und Kuba Piotrowski (22), die zum Schnäppchenpreis geholt wurden, und vom Ösi-Auswahl-Youngster Christoph Klarer (20) – alle gescoutet von Goran Vucic und/oder Christian Weber sowie Uwe Klein himself. Irgendwelche Argumente gegen diese drei? Dann haben wir da auch noch Felix Klaus aus Golfsburg, den Fortuna überraschend günstig erwerben konnte und an dem wir vermutlich noch viel Freude haben werden.

Okay, reden wir auch über Florian Hartherz (27) und Edgar Prib (30), die beide das exakte Gegenteil von Perspektivspielern sind und auch gar nicht als Superduperverstärkungen geholt wurden, sondern um den kollektiven Erfahrungsschatz aufzufüllen. Auch wenn bei beiden die Leistungen über alles gerechnet eher enttäuschend sind, von Fehleinkäufen kann man sicher nicht sprechen – keine negative Bilanz für uns Uwe, würde Ihr furchtbar ergebene Berichterstatter sagen.

Bilanz 3: Die aus dem F95-Nachwuchs

Was die Integration der von Phrasendreschmaschinen gern “Eigengewächse” genannten Spielern angeht, steht es in der Partie UK vs Fans eher unentschieden, denn auf den Weg gebracht hat er den Aufstieg von Dennis Gorka (18, ein Riesentorwarttalent!), Jamil Siebert (18) und Nikell Touglo (18) nicht – die Weichen wurden noch unter seinem Vorgänger Lutz Pfannenstiel gestellt. Nach allem, was man so mitkriegt, scheint aber die Kommunikation zwischen dem NLZ und Uwe Klein so gut zu laufen, dass einige neue Kandidaten aus der Zwoten und der U19 an die Tür klopfen: Davor Lovren scheint sich bei der Zwoten so langsam dem Durchbruch zu nähern, Ley-Tyger Lobinger könnte einer werden. Es läuft darauf hinaus, dass in der Aufstiegssaison 2021/22 mehr als nur die vier Pflichtyoungster in den Profikader kommen.

Bilanz 4: Die nicht geholten Kicker

Dass sehr viele altgediente Fortuna-Anhänger bemängeln, Uwe Klein habe diesen oder jenen Topspieler nicht geholt, der dann stattdessen zu irgendeinem blöden Erstligisten gewechselt ist, hat seine Ursache in deren F95-farbigen Brille, die unsere geliebte Diva immer noch als Großclub erscheinen lässt, bei dem für Geld spielen zu dürfen die Stars nur so lechzen. Dafür ist die Fortuna trotz aller Erfolge der vergangenen zwölf Jahre und angesichts der konsequent betriebenen finanziellen Konsolidierung noch zu arm. Und irgendwelche alternde Kicker mit großen Namen zu casten, damit ist F95 in der Vergangenheit noch nie wirklich glücklich geworden.

Was man Uwe Klein in seiner Eigenschaft als Sportvorstand und verantwortlicher Kaderplaner der Saison 2020/21 allerhöchstens vorwerfen kann, ist, dass er für bestimmte Positionen keine passenden Kicker bekommen hat. Immer wenn wichtige Kollegen ausfallen, werden die Mängel deutlich. Besonders eklatant vor einigen Monaten das Defizit auf der linken AV-Position als sich Cello Sobottka ein paar Spiele lang dieser Rolle annehmen musste. Immerhin haben UR und UK das Problem dadurch in den Griff gekriegt, dass zum Ende September Kraijnc als IV geliehen flugs nach außen gestellt und dass Anfang November Leonardo Koutris gekauft wurde – besser spät als nie. Bis heute nicht behoben ist dagegen der Mangel auf der rechten AV-Planstelle, die momentan ausschließlich mit Matthias Zimmermann besetzt werden kann. Wenn dem was zustößt, muss (ähnlich wie damals mit Krajnc) ein etatmäßiger IV auf diese Position.

Problemkind Mittelfeld

Das mit Abstand am lautesten quengelnde Problemkind aber ist und bleibt das Mittelfeld. Quer durch die gesamte Saison bis hierher gab der Kader keine stabile Lösung, geschweige denn taktische Varianten her – ausgelöst vor allem durch Verletzungspech, verstärkt aber auch durch die Formschwächen von Kerlen, die das eigentlich was losmachen sollten. Hier hätten es gern ein, zwei Burschen mehr sein können, sowohl für die Zentrale als auch für die Flügel. Nur: Mit 29 Insassen ist der F95-Kader in Relation zu den anderen Zweitligisten schon ziemlich fett, zwei Neuzugänge hätten zwingend zum Abgeben von zwei Spielern führen müssen.

So wurde (und wird) es immer wieder notwendig, dass Kicker Jobs übernehmen müssen, in denen ihr Talent verschenkt ist – man denke nur an Dawid Kownacki auf der Außenseite oder auch Shinta Appelkamp als Außenläufer. Diese Baustelle hätte man mit der Verpflichtung eines vielseitigen und robusten Mittelfeldmannes umgehen können; Moment, war dafür nicht Eddie Prib gedacht? Wie auch immer: Hier nicht ausreichend vorgesorgt zu haben, ist tatsächlich die einzige Kritik an Uwe Klein, die einer rationalen Überprüfung standhält.

Bloß kein Populismus jetzt!

Aber, wir leben nicht nur in den Zeiten der Pandemie und der Dauerempörung sondern auch des Populismus. Der bringt es mit sich, dass Verantwortliche in allen Bereichen lieber dem schäumenden Volk nach dem Maul reden als sich unabhängig Meinungen zu bilden und dann Entscheidungen zu treffen. Bisher hat sich der Fortuna-Aufsichtsrat genau diesem Populismus enthalten, und es wäre eine Affenschande, wenn sich der Klein’sche Kurzurlaub zu einer Mallorca-Affäre mit anschließendem Rausschmiss entwickeln würde. Die Fortuna braucht Uwe Klein – auch wenn viele Liebhaber der rotweißen Diva ergeben zum großen Klaus aufschauen und meinen, der müsse nur mit dem Ohrläppchen zucken und schon würden die Topspieler in den kommenden Kader purzeln.

Die mobile Version verlassen