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F95 vs Aue 3:0 – Wenn man einen schwachen, lustlosen Gegner nicht weghaut, wen dann?

Analyse · Ja, das kann passieren, dass ein ergebener Beobachter nach einem 3:0-Sieg der glorreichen Fortuna in höchstem Maße unzufrieden ist. Unzufrieden, nicht enttäuscht, denn nun ist sicher, dass F95 die Zweitligasaison 2020/21 mindestens auf dem fünften Platz beschließt. Eine gewisse Enttäuschung ist den Fans in den sozialen Medien anzumerken; warum sonst würden so viele herausstreichen, dass unsere wundervolle Diva in der kommenden Spielzeit in der besten aller zweiten Ligen mitmachen wird. Das kann als Trost herhalten, ändert aber nichts, dass sich Ihr enorm ergebener Analyst fragt: Wieso hat die Bande in Rot diese schwachen und – aus verständlichen Gründen – lustlos auftretenden Auer nicht mit – sagen wir mal – 5:0 oder 6:0 weggehauen? Weil auf eine starke Phase in der ersten halben Stunde erneut wieder diese geistige Lethargie eintrat. [Lesezeit ca. 8 min]

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Womit wird endlich bei der Trainerfrage sind. Genauer: Bei der Frage, ob und welchen Anteil Cheftrainer Uwe Rösler daran hat. Ihr Ergebener hat den strunznetten Kahlkopf dieses Mal von der Pressetribüne aus relativ intensiv beobachtet. Man muss sagen: Es gibt nur wenige Trainer, die so unmittelbar am Spiel teilnehmen, die immer in der Situation sind und immer durch Reinrufen oder direktes Ansprechen von Spielern versuchen, Einfluss auf das Spielgeschehen zu nehmen. Das ist Rösler-Stil und hat offensichtlich mit seiner Vergangenheit als stets voll engagierter Kicker zu tun. Nur: Auch heute hatte die Uwe-Action de facto keinerlei Verbesserungen zur Folge. Bekanntlich haben sich ja ein paar Spieler in der Vergangenheit darüber beschwert, dass er immer reinruft, und auch heute konnte man bei einigen Burschen leichte Irritationen sehen.

F95 vs Aue: Toi, toi, toi, Christoph Klarer (Foto: TD)

Über alles gerechnet hat dieser spezielle Coaching-Stil weder einzelne Spieler noch die Mannschaft auch nur einen Deut besser gemacht. Hat denn das Treiben von Uwe Rösler und den Co-Trainern Tom Kleine und Axel Bellinghausen überhaupt etwas verbessert? Und, wenn ja, im Vergleich zu was? Interessant war heute das Bemühen, mehr Flexibilität ins Spiel zu bringen. So kam der Axel zehn Minuten vor der Pause hoch und ließ sich von unseren Videoanalysten Szenen vorspielen. Dann flitzte er wieder runter und besprach das Gesehene mit Rösler. Kurz sah es aus, als würde gerade die Mittelfeldtstatik geändert, aber dann war auch schon Halbzeit.

F95 vs Aue: Ein Aue-Fan war auch da (Foto: TD)

Eine spannende Variante, die man gern auch schon in vergangenen Spielen gesehen hatte, zeigte die Defensive. Bei eigenem Ballbesitz und im Aufbau rückte Käpt’n Bodze regelmäßig als dritter Mann in die Mitte der Abwehrkette, sodass Leonardo Koutris und Matthias Zimmermann auf den Flügeln freie Hand in der Offensive hatten. Da sah es dann öfters nach einem 3-5-1-1 aus. Wobei fast alle einschlägigen Medien bei der grafischen Darstellung der F95-Startaufstellung falsch lagen: Spitze spielte Kenan Karaman und nicht, wie meist gezeigt, Emma Iyoha. Shinta Appelkamp agierte zentral mit Emma und Felix Klaus auf Außen. Cello Sobottka gab den Box-to-Box-Sechser, während Adam Bodzek einen Tacken hinter ihm als Ballverteiler agierte – entweder in der Dreierkette oder vor der Viererkette. So ergab sich entweder eine vertikale Achse Bodzek – Sobottka – Appelkamp, oder Shinta und Cello spielten nebeneinander als Achter.

Diese Konstellation im Verbund mit einem agilen Felix brachte von Beginn an einen sehenswerten Offensivwirbel. Leider, und darüber wird noch zu reden sein, sah aus auf der linken Seite mit Leonardo und Emma nicht annähernd so gut aus. Die Ideen gingen mehrheitlich von Shinta aus, aber bei Licht besehen war Cello wirkungsvoller, weil er mit seiner Wucht auch einmal durch die Gegner durchgehen und dabei den Ball behaupten kann. Für Ihren Ergebenen war Sobottka deshalb eindeutig Mann des Spiels – und, um auf die Trainerfrage zurückzukommen – Cello ist definitiv einer, der sich unter Uwe Rösler verbessert hat.

F95 vs Aue: Flo Kastenmeier in Aktion Foto: TD)

Kann man von Kenan Karaman, dieser Wundertüte auf Beinen, nicht behaupten. Sein wichtigster Spielzug besteht darin, bei einem langen Ball mit dem Körper zum eigenen Keeper den Hintern gegen seinen Gegner zu pressen, um so den Kopfball zu erobern. Das gelang ihm meistens. Ansonsten zeigte er wieder einmal technische Schwächen bei der Ballannahme und kam bei Chancen fast immer zu spät. Und doch hatte er Anteil am wunderschönen 1:0 in der 10. Minute, das sich Felix Klaus als Medaille ans Trikot heften darf. Denn der gab einen feinen Pass in den Sechzehner, den der gute Kenan zwar verpasste, weil ein Auer dazwischenging. Dessen Abwehr fiel Shinta vor die Füße, der aus knapp 15 Metern staubtrocken einnetzte.

F95 vs Aue: Felix Klaus verletzt – konnte aber weitermachen (Foto: TD)

Das 2:0 durch Cello Sobottka war auf andere Art schön. Shinta Appelkamp lüpft das Ei an den langen Pfosten, wo ein Erzgebirgler das Ding verpasst; nicht aber Herr Sobottka, der aus einem Zentimeter Entfernung per Kopf die Bude macht. Das war in der 18. Minute, und es sah ein bisschen danach aus, als würde es jetzt so im Zehn-Minuten-Takt weitergehen. Hätte aber auch schneller zum 3:0 kommen können, weil Emma in seiner sehenswertesten Aktion einen Kopfball setzt, den die Gäste gerade noch abwehren können.

Bis zu dieser 20. Minute war es übrigens ein außergewöhnlich faires Spiel. Der sichere Referee Cortus hatte bis dahin nur drei Fouls zu pfeifen. Was aber auch an einer merkwürdigen Spielauffassung der Herren aus dem fernen Osten lag. Zwischendurch konnte man sich nicht sicher sein, ob die Wismut-Jungs nicht nur kein 0:0 halten, sondern auch kein eigenes Tor schießen wollten. Gut, es ging bei denen auch nichts, und die durch den Wutanfall ihres Präsidenten ausgelöste Krankschreibung des Trainers war da auch nicht hilfreich.

F95 vs Aue: Seltene Flanke von links (Foto: TD)

Dann gab es da noch einen sehenswerten Fernschuss von Zimbo in der 23. Minute. Der Rest war öder Sommerstandfußball. Erfreut war der Ergebene, dass Christoph Klarer endlich mal in der Startelf ran durfte. Der junge Ösi zeigte sich in der ersten halben Stunde überaus nervös und klärte zweimal unnötig ins Aus. Schön anzusehen ist sein beinhartes Einsteigen, das aber immer unterhalb der Foulgrenze lag. Natürlich hat der gute Christoph Potenzial, aber gut wäre auch, wenn er mal aktiv am Spielaufbau teilnehmen würden – das geschah in den gesamt neunzig Minuten nicht. Dafür ist in der Innenverteidigung aber auch Kevin Danso zuständig, der wieder eine 1a-Partie bot. Wenn die Augsburger den nicht zurückholen würden, wären sie schön blöd. Als altgedienter F95 denkt man bei ihm unwillkürlich an andere ausgeliehene IVs – besonders an Lucky Lukimyah, Jonathan Tah und Kevin Akpoguma, die sich bei uns den letzten Schliff abholten.

Das Duo der beiden österreichischen Jung-Innenverteidiger wird es also in der kommenden Saison nicht wieder geben. Fragt sich, ob der zukünftige Fortuna-Trainer sich trauen wird, auf zwei Youngster (Klarer plus Jamil Siebert) zu setzen oder ob Andre Hoffmann wieder den Turm im Zentrum geben muss. Dass der Kader dringendst eine Alternative auf der rechten AV-Position braucht, ist seit Wochen klar – angeblich hat Sportvorstand Uwe Klein da auch schon geeignete Spieler auf dem Zettel; auch, weil der eigene Nachwuchs da momentan nichts hergibt.

F95 vs Aue: Kurze Trinkpause samt Taktikbesprechung (Foto: TD)

Reden wir über Emma Iyoha, den Kicker, auf den der blöde Begriff „Eigengewächs“ bestens passt. Der fand in der ersten Halbzeit praktisch nicht statt. Gut, von Leonardo, der anscheinend fest auf das Zusammenspiel mit Peterson geprägt ist, bekam er wenig, und sich den Ball eigeninitiativ zu besorgen, unterließ er methodisch. Ihr total Ergebener ist immer geneigt, Entschuldigungen für seine – sagen wir – verbesserungswürdigen Leistungen zu finden, aber es fällt immer schwerer. Wurde er angespielt, suchte er NIE den direkten Weg, sondern ging IMMER ins Dribbling, auch wenn er von drei Auern umgeben war. Flanken produzierte er keine, und in die Zentrale ging er ebenfalls kaum. Was genau sollte er, was genau wollte er eigentlich spielen? Dass ihm Rösler bei jedem Vorbeikommen aufmunternde Worte zuwarf oder einen motivierenden Klaps versetzte, änderte gar nichts.

F95 vs Aue: Einer dieser Katemann-Einwürfe von Danso (Foto: TD)

In der zweiten Hälfte wurde Emma aktiver und hatte per Saldo drei Torchancen unterschiedlicher Güteklasse. Das Einzige, was einem noch einfällt, wäre, ihn mal als zweite Spitze einzusetzen. Während seiner Leihaufenthalte in Osnabrück, Aue und Kiel hat er gezeigt, dass er auch Buden machen kann. Was auffällt: Er kommuniziert sie gut wie gar nicht mit seinen Kollegen, fordert den Ball nicht, beschwert sich nicht, beteiligt sich aber immerhin am Torjubel. Für einen angehenden Spitzenspieler von 24 Jahren ist das alles ein bisschen wenig. Da muss man ihm auch nicht Shinta Appelkamp als leuchtendes Beispiel hinhalten, denn der ist in jeder Hinsicht ein völlig anderer Typ, einer mit dem Zeug zum – wie sagt man heute? – „Teamleader“, der eben nicht nur das Spiel dirigieren, sondern auch seine Mitspieler motivieren kann.

F95 vs Aue: Vorsicht, Umschaltspiel! Foto: TD)

Eigentlich ließ sich Halbzeit Zwo ganz gut an, denn aus einem dieser Katemann-Einwürfe von Danso entstand eine Chance für Cello. Das war’s dann auch bis zur 55. Minute. Da spielt Karaman einen Kurzpass auf Emma am Rande des Fünfers, aber der versemmelt das Ding. Der Schuss aus extrem spitzem Winkel, den Iyoha in der 60. Minute abgibt, wäre ein Wundertor gewesen, wurde es aber nicht. In der 64. und 65. probieren es Klaus bzw. Koutris, aber die Bälle werden geblockt oder vom Aue-Torwart gehalten. Und in der 66. Minute gab es dann endlich den Kastenmeier-Moment, als der Flo eine Bogenlampe, die als Flanke gedacht war, mit einer Hand wegfausten will, die Pille auch berührt, dann aber zu Boden geht, ohne schnell genug wieder hochzukommen. Ein halbwegs begabter Fußballer hätte daraus ein Tor gemacht – aber den Auern fehlten an diesem Tag die nötige Minimalqualität.

Dass es um die 70. Minute herum nur 2:0 stand, war beschämend für die Fortuna. Immerhin hatte sich das Coaching-Team nach ziemlich langer Beratung dazu entschlossen, die beiden schwächsten Akteure in Rot vom Platz zu nehmen: Für Koutris und Iyoha kamen positionsgetreu Luka Krajnc und Brandon Borrello. Mister BB legte los wie die Feuerwehr und hätte beinahe gleich eine Vorlage gegeben, die aber dann doch noch geblockt wurde. Dann aber: Borrello flach auf Krajnc – der Winkel war zu spitz. In der 79. Minute zeigt Karaman endlich mal, was er theoretisch kann; seinen feinen Schuss kann der erzgebirgige Tormann gerade noch halten. Das war’s dann auch für den designierten EM-Teilnehmer, der Platz machen muss für Rouwen Hennings.

F95 vs Aue: Höfliche Verabschiedung (Foto: TD)

Angeblich soll sich die Bank während des ganzen Spiels nicht für die Zwischenstände auf den anderen Plätzen informiert haben. Das dürfte stimmen, denn als Paderborn gegen Fürth führte und der HSV in Osnabrück nur ein Remis hinbekam, als F95 also REIN RECHNERISCH doch noch… Sie wissen schon… ging kein Ruck durch die Mannschaft. Als so um die 80. Minute klar war, dass Fürth durch sein würde, ließ aber auch niemand den Kopf hängen. Und doch: Mit der Hereinnahme von Kris Peterson für den ausgelaugten und leicht angeschlagenen Felix Klaus, kam noch mal Schwung in die Sache. Auch der frische Eddie Prib, der Shinta ablöste, sorgte für mehr Druck. Das sollte erst in der 87. Minute belohnt werden. Hennings, ja, der gute Rouwen, steckt perfekt auf den einlaufenden Kris durch, der problemlos das 3:0 markiert.

F95 vs Aue: Endlich Feierabend (Foto: TD)

Schiedsrichter Benjamin Cortus hatte ein frühes Einsehen, indem er fast pünktlich abpfiff, obwohl man ihm drei Minuten Zuschlag empfohlen hatte. Die Stimmung auf der Wiese war danach erschreckend gleichgültig, was man bei den Männern aus dem Schacht noch akzeptieren konnte. Es sah mehr nach „Endlich Feierabend“ als nach Trauer über den verpassten Wiederaufstieg aus. Weil die Begegnung mit den Greuther Fürthern nun bedeutungslos geworden ist, können Vorstände und Aufsichtsrät*innen schon morgen mit der Planung für die stärkste zweite Liga aller Zeiten beginnen – sofern nicht geschehen. Die Kernfrage wird bleiben – und für die Antwort sind in erster Linie Klaus Allofs und Uwe Klein zuständig – ob man Uwe Rösler zutraut, aus dem aktuellen Kader mit punktuellen Verstärkungen ein Team zu machen, das in der Saison 2021/22 gegen Schalke, Köln, Bremen, HSV, Paderborn, St. Pauli, Hannover, Nürnberg und so weiter um den Aufstieg mitspielen kann. Es wird eine Frage nach tragfähigen Konzepten sein…

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