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Fürth vs F95 3:2 – Schlimmer als ne Klatsche

Analyse · Da hat sich Ihr Ergebener in seinem Vorbericht ganz schön geirrt: Es ging für die glorreiche Fortuna nicht mal mehr rein rechnerisch um den Aufstieg, aber eben doch um den 4. und den 5. Platz. Der Unterschied dürfte im hohen sechsstelligen Bereich liegen. Das entspricht vier bis fünf durchschnittlichen Jahresgehältern der kickenden Vereinsangestellten. Da darf man doch fragen, a) wer hat’s verbockt und b) wer soll das bezahlen? Und letztlich fühlt sich das erbärmliche 2:3 gegen dezimierte Fürther schlimmer an als eine Klatsche. Womit wir dann doch bei der Trainerfrage sind – besser: bei der entscheidenden Frage AN Noch-Trainer Uwe Rösler: Warum in drei Fußballteufelsnamen haben Sie in der 65. Minute den besten Mann auf dem Platz ausgewechselt? [Lesezeit ca. 6 min]

UR behauptet in der Nachspiel-Pressekonferenz, er habe unbedingt das Duo Karaman-Hennings auf dem Platz haben wollen, außerdem sei Shinta Appelkamp bis dahin ja auch sehr viel gelaufen. Mit Verlaub: Mehr Bullshit lässt sich zu diesem Wechsel kaum erzählen. Shinta war bis dahin nicht nur der beste Fortuna, sondern der in jeder Hinsicht beste Spieler auf dem Ronhof-Rasen. Das ergab nicht nur der Augenschein, das beweisen im Nachhinein alle verfügbaren statistischen Werte. Appelkamp hat auch unter dem massiven Druck, den die Spvgg nach der Pause entfaltete, das Spiel der Fortunen zusammengehalten. Nach seiner Auswechslung war es innerhalb von Minuten vorbei damit. Weiter: Angesichts der teilweise miserablen Leistungen seiner Kollegen hat er eine Klatsche verhindert.

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Fürth vs F95: Shakehands vor dem Anpfiff (Screenshot Sky)

Nun ist es wenig sinnvoll, nach der Fahrradkette zu forschen, wenn eine Partie eine solche Wendung genommen hat. Aber: Hätte am Ende mit Shinta Appelkamp vielleicht doch ein Auswärtssieg oder wenigstens ein Unentschieden gestanden? Die Spielvereinigung Greuther Fürth unter der Regie von Sportdirektor Rachid Azzouzi, der vor ein paar Jahren in Düsseldorf ausgesprochen ungerecht behandelt wurde, hat diesen Aufstieg unbedingt verdient, keine Frage. Trainer Leitl hat der ziemlich jungen Truppe ein simples, aber wirkungsvolles Konzept ohne viel Varianten übergestülpt, dass den Fürthern Kicker passte wie ein Ganzkörperkondom. Respekt dafür.

Respekt aber auch an die elf Burschen, die gestern in Rot über die Wiese rannten, denn die setzten – dirigiert vom bereits erwähnten Shinta – diesem Konzept zumindest bis zur Pause genau das entgegen, was die Franken nicht so mögen. Deshalb war die Fortuna in der ersten Halbzeit überlegen und führte völlig gerechtfertigt mit 1:0. Nach einem perfekten Konter übrigens. Die Beteiligten: Natürlich Appelkamp und als Vollstrecker mit einem präzisen Schuss in die lange Ecke Kris Peterson – übrigens in den ersten 45 Minuten mit einem sehr guten Auftritt. Und noch ein Guter in dieser Phase: Luka Krajnc mal wieder als Außenverteidiger mit einigem Offensivdrang.

Fürth vs F95: Torraumszene in der ersten Halbzeit (Screenshot Sky)

Dagegen konnte die rechte Seite mit Matthias Zimmermann und Felix Klaus nicht anstinken, nicht im Entferntesten. Zimbo wirkt inzwischen ernsthaft erschöpft, und man sollte ein paar Daumen drücken, dass er erfrischt und als ganz der Alte aus der Sommerpause zurückkehrt. Falls nicht, dürften seine Tage als Stammspieler gezählt sein. Beim zweifellos talentierten Felix liegen die Dinge komplizierter; keiner weiß, warum der seine PS nicht auf den Rasen bringt, aber so langsam wird klar, warum VW-Burg ihn abgegeben hat. Leider war Zimmermann an diesem letzten Spieltag auch defensiv reichlich indisponiert und hatte seine Seite nie wirklich im Griff. Folgerichtig geht der 2:2-Ausgleich zu mindestens 30 Prozent auf seine Kappe, denn es gelang ihm nicht, den Fürther am Flanken zu hindern.

Ungewohnte Konzentrationsprobleme legte der grandiose Kevin Danso an den Tag. Zwar war er in der ersten Halbzeit wieder der Wachturm, der zig Situationen, vor allem per Kopf, klärte, und seine Katemann-Einwürfe bringen fast immer Gefahr für den Gegner, aber das 3:2 für die Hausherren geht zu mehr als 50 Prozent auf sein Konto. Wie überhaupt die Viererkette nach dem Wiederanpfiff einigermaßen verwirrt wirkte. Das ergriff auch Christoph Klarer, der allerdings in den ersten 45 Minuten oft so hart einstieg und so oft heimlich festhielt, dass er mindestens eine gelbe Karte vom gut leitenden Schiri Osmers hätte sehen müssen.

Fürth vs F95: Der Ronhof, Heimat des Kleeblattes (Screenshot Sky)

Bei genauerem Hinschauen wird übrigens deutlich, dass sein Handspiel in der 52. Minute daraus entstand, dass er dem Fürther zum Festhalten an die Wäsche wollte. Seine Hand bewegt sich auf Hüfthöhe Richtung Gegner; leider kam in diesem Moment die Pille vorbei. Diese Spielweise hat keine Zukunft; beinharte Innenverteidiger zupfen nicht ständig am Gegenspieler, sie blocken und erobern den Ball – merk dir das mal, Herr Klarer. Insofern war der Elfer für den dreifachen deutschen Meister aus dem Frankenland nicht „unglücklich“, sondern Ergebnis einer falschen Spielweise. Das geschah also in der 53. Spielminute, und als Beobachter fragte man sich: gehen die potenziellen Aufsteiger jetzt All-in? Spielen sie jetzt auf Sieg, wo doch die Spielstände in Bochum und Kiel daraufhin deuten, dass auch ein Unentschieden für den direkten Aufstieg reichen würde?

Fürth vs F95: Flo Kastenmeier gut mit Fehlern (Screenshot Sky)

Die Frage blieb theoretisch, denn nur drei Minuten später zaubert Cello Sobottka nach tollem Solo eine feine Flanke in den gegnerischen Sechzehner, wo Shinta Appelkamp völlig frei und direkt zum 2:1 einschiebt. Womit wir den dritten F95ger genannt haben, der ein prima Spiel machte, wenn auch nicht so auffällig wie in den letzten Wochen. Immerhin durfte Cello bis zum Schluss mitmachen. Noch einmal: Natürlich erzeugte die Spvgg massiven Druck und kam auch zu Torschüssen, aber bis zur 65. Minute hielt die Fortuna deswegen stand, weil Fürth aus Angst vor roten Kontern eben nicht alles auf eine Karte setzte. Und für die Konter waren Adam Bodzek als Verteiler aus der Abwehr, Shinta Appelkamp als „the Brain“, Kris Peterson (der in Hälfte 2 allerdings stark abbaute) und eben Cello zuständig.

Genau an dieser Stelle im Text kam die offizielle Nachricht vom Verein, dass man den Vertrag mit Uwe Rösler nicht verlängert hat…

Ratespiel: Wen hat der Noch-Nicht-mehr-Trainer ausgewechselt? Genau: Appelkamp (65.), Peterson (76.) und Bodzek (76.). Damit war das Spiel der glorreichen Fortuna eine Viertelstunde vor Schluss bei einer 2:1-Führung kaputt, zerstört, funktionsunfähig. Seien wir ehrlich: Der Ausgleich in der 69. Minute hat mit der Auswechslung von Shinta nicht ursächlich etwas zu tun, sondern eher indirekt. Spielten bis dahin die Fürther mit einem Mann weniger, sank die Gesamtstärke der Fortuna nach der Einwechslung von Kenan Karaman um mindestens 20 Prozent. Damit war wieder Chancengleichheit hergestellt. Später hat sich der gute Kenan verabschiedet und sich für die schöne Zeit in Düsseldorf bedankt. Auch wir Anhänger der liebenswerten Diva haben ihm zu danken, denn er hat uns über seine drei Jahre ein paar Mal den Hintern gerettet und uns eine Handvoll feiner Tore geschenkt. Seitdem Rösler die Mannschaft übernommen hat und Kenan nach seiner schlimmen Lungenkrankheit wieder fit war, hat er allerdings nie seine Lieblingsposition spielen dürfen, und gestern sollte er wieder den Glimmertwin neben Rouwen Hennings geben – eine manchmal erfolgreiche Kombi, die aber ihren Glanz schon vor gut einem Jahr verloren hat.

Fürth vs F95: Das fein herausgespielte 1:0 (Screenshot Sky)

Ja, der gute Rouwen hat auch mitgespielt. Wieder ordentlich gewühlt, wieder slapstickartige Passversuche unternommen, aber leider auch wieder die eine dicke Chance versiebt. In der 35. Minute kommt er fast unbedrängt am Elferpunkt zum Schuss, sogar mit seinem gewaltigen Linken, trifft aber nicht richtig, und der Keeper kann parieren. Es tut einem aufrichtig leid, aber Rouwen Hennings kommt in einem System, dass auf einem spielstarken Mittelfeld basiert, nicht klar; er braucht immer diese spitzwinkligen Flanken oder Steilpässe in die äußeren Sektoren des Sechzehners. Das ist altmodisch, das hat keine Zukunft.

Fürth vs F95: Der dämliche Ausgleichstreffer (Screenshot Sky)

Dass es dann ausgerechnet Brandon Borrello, der Mister BB, war, dessen Verstolperer die Fehlerkette zum Siegtreffer für die Gastgeber auslöste, kann einem ein bisschen leidtun, denn der kam in der 76. Minute mit dem sichtbaren Willen ins Spiel, an einem Sieg mitzuarbeiten. Was wird von ihm in Erinnerung bleiben, wenn er nach Freiburg oder an eine andere Leihstation weiterzieht? Nicht viel; am ehesten noch, dass er sich in der Rückrunde deutlich gesteigert hat. Ob die Fehlerkette zum 3:2 bei Anwesenheit von Käpt’n Bodze hätte unterbrochen werden können, ist Spekulatius. Fakt ist, dass Danso das Ding verbockt hat – dass ein Tor draus wurde, ist dann nun wieder einem Patzer von Flo Kastenmeier zu verdanken.

Fürth vs F95: Elfer für Fürth (Screenshot Sky)

Viel mehr gibt es nicht zu berichten. Und der Ärger über die Niederlage, die Ihren äußerst Ergebenen über Nacht noch gequält hat, ist verflogen. Zumal die Nachricht vom Ende des Uwe Rösler als Fortuna-Trainer eine gute Nachricht ist. Die Hoffnung wächst, dass dieser guten Nachricht noch eine Reihe froher Botschaften folgt. Zum Beispiel von aktuellen Kaderinsassen, die hier nicht so eingeschlagen haben und deshalb woanders hingehen. Zum Beispiel, dass es nicht nur bei der Verpflichtung von Shipnoski bleibt, sondern dass a) unbedingt ein ordentlicher linker Außenverteidiger kommt, b) ein Trainer gefunden wird, dessen Vorstellungen zur Fortuna passen und c) dass die designierten Profis aus der eigenen Jugend (Siebert, Lobinger…) in dessen Konzept passen. Die Rahmenbedingungen für den Aufbau zur Saison 2021/22 sind jedenfalls deutlich besser als die vor der abgelaufenen Saison.

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