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VfL Oldenburg vs F95 0:5 – Oh, die Chancenverwertung!

Analyse · Noch vor dem 1:0 in der 13. Minute zeigte die Strichliste ACHT Torschüsse, darunter fünf im 80-bis-100-Prozent-Bereich. Da wurde es den gebrannten Kindern unter den Fortuna-Pokal-Fans schon ein bisschen mulmig, denn das frühe Tor war ausgeblieben. Dafür hatte die Truppe von Christian Preußer die Oldenburger Halbamateure bis dahin schon durch eine Vielzahl feinster Spielzüge heftig durcheinandergewirbelt. Bester Mann der Hausherren blieb bis zum Schluss deren Torwart, der sich nur Unhaltbare fing. Was der Coach versprochen hatte, trat zu hundert Prozent ein: Die Burschen in Black nahmen die Pokalpartie gegen den Fünftligisten ernst und agierten durchweg seriös und erfolgsorientiert. Und wäre bei summasummarum knapp 30 Torschüssen die Chancenverwertung nicht so schlecht gewesen, hätte es auch gut und gerne ein 8:0 werden können. [Lesezeit ca. 5 min]

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Dass die Düsseldorfer am Ende 66 Prozent Ballbesitz auf der Uhr hatten – geschenkt. Erfreulich die hohe Passquote von 88 Prozent, die man sich auch mal in einem Ligaspiel wünschen würde. Und es wurde gepasst, was das Zeug hielt. Kaum ein Spielzug verlief nach Schema F, Kurz- und Doppelpässe, schicke Steilpässe und öffnende Diagonalpässe wechselten sich im Minutenrhythmus ab. Wir ergebenen F95-Anhänger sahen Fußball im Preußer-Stil.

VfL Oldenburg vs F95: Der Motivationskreis (Screenshot Sky)

Das Ganze bei einem halben Heimspiel. Rund 2.000 Fortunen hatten sich in den Norden begeben und hatten durchweg die akustische Oberhoheit unter den insgesamt 4.200 Zuschauern in diesem kleinen, feinen Stadion am Marschweg, der Heimspielstätte des VfB Oldenburg. Alle Augenzeugen wussten zu berichten, dass es sich endlich mal wieder wie ein richtiges Pokalspiel anfühlte, dass es einfach wunderbar war, der Mannschaft so nah zu sein, dass Rouwen Hennings (nach Auswechslung) und Käpt’n Bodze gegen Ende sogar am Zaun mit den Damen und Herren, die das F95 im Herzen tragen, schäkerten und flachsten.

VfL Oldenburg vs F95: Lieblingsschiri Jablonski (Screenshot Sky)

Die Coaches hatten eine maximal offensive, auch von Kennern so nicht erwartete Startaufstellung gewählt. Neben dem wohl für lange Zeit (Was wird sein, wenn Andre Hoffmann wieder fit ist?) IV-Duo aus Chris Klarer und Dragos Nedelcu agierten auf links Leon Koutris und rechts Khaled Narey, der eigentlich nie einen Außenverteidiger gab, sondern beinahe einen klassischen Rechtsaußen. Nominell stellten Eddie Prib und Shinta Appelkamp eine Doppelsechs dar, in der Realität mimte der Eddie den Ballverteiler, und Shinta konnte man am ehesten als Achter mit horizontaler Narrenfreiheit sehen.

VfL Oldenburg vs F95: Das schicke 1:0 (Screenshot Sky)

De facto operierte davor eine offensive Viererkette mit Schippi Shipnoski auf rechts, Felix Klaus auf links sowie Rouwen Hennings und Dawid Kownacki als Doppelspitze. Meistens sah es tatsächlich aus wie ein 2-4-4, eine Formation, die so in keinem Lehrbuch steht. Nun spielten die VfLer das Spiel auch mit, betonierten sich nicht im eigenen Sechzehner ein, übten sich – teilweise recht bedrohlich – im Umschaltspiel und ließen sich durch die tonnenschwere Überlegenheit der Gäste nicht deprimieren.

VfL Oldenburg vs F95: Das erzwungene Eigentor zum 2:0 (Screenshot Sky)

Das 1:0 fiel dann ausgerechnet nach einer perfekten Flanke, die Leon Koutris passgenau in den Strafraum zog, wo Hennings fast unbedrängt mit dem Kopf einlochen konnte. Über alles war genau dieser Koutris der schwächste Mann in Schwarz auf dem Platz. Viele schlampige Fehler in der Ballannahme und ein viel zu schematischer Spielansatz ließen ihn gegenüber den Kollegen abfallen. Folgerichtig wurde er in der 72. Minute durch Flo Hartherz ersetzt. Da stand es schon 5:0, der Fisch war also geschuppt, und die Fortunen zeigten keine Ambitionen den Oldenburger eine echte Klatsche zu verpassen.

VfL Oldenburg vs F95: Die Blondschöpfe bejubeln das 4:0 (Screenshot Sky)

Immer mehr zum Sorgenkind wird der gute Dawid Kownacki, der ackerte und tat und machte, sich bemühte, sehr flexibel spielte, aber aus acht Torschüssen nur einen Treffer machte, und das war der Elfer zum 3:0 in der 26. Minute. Beinahe peinlich wie er eine 110-prozentige Möglichkeit in der 87. Minute vergeigte, die ein Stürmer, der fürs Toreschießen geholt wurde, einfach verwandeln muss. Herrlich angespielt von Kelvin Ofori läuft der Dawid frei auf den VfL-Keeper zu, macht aber schon beim ersten Ballkontakt einen Fehler. In Sachen Kownacki möchte man nicht Mentaltrainer sein, denn der teure Junge ist psychisch offensichtlich eine harte Nuss. Manche Experten diskutieren schon, ob man ihn nicht verleihen sollte, damit er sich bei einem anderen Club die Erfolgserlebnisse holt, die er bei der Fortuna einfach nicht hat.

Das krasse Gegenteil stellt der eiserne Rouwen dar, der unter Preußer so richtig aufblüht, wesentlich mehr am Spiel teilnimmt und sichtbar Spaß am Kick hat. Ein Mitglied der einschlägigen Expertenrunde prophezeite gar, Hennings könnte am Ende der Saison die Torjägertrophäe der zweiten Liga ergattern – noch vor diesem Terodde. Mit seinem humorlosen Elfer zum 4:0 in der 62. Minute rückte er schon einmal in der ewigen Liste der Fortuna-Pokal-Torschützen ein Plätzchen nach oben. Bezeichnend für seine tolle Einstellung: Den Strafstoß zum 3:0 in der 26. Minute überließ er ganz selbstverständlich und aktiv dem Kollegen Kownacki – nach dem Motto: Du brauchst ein Tor mehr als ich.

VfL Oldenburg vs F95: Die Blondschöpfe machen das 5:0 (Screenshot Sky)

Ein bisschen leid taten einem die Oldenburger in der 23. Minute, weil sie sich ein Eigentor in die Maschen zimmerten. Wobei: Wenn der Ausdruck „erzwungenes Eigentor“ je passte, dann in diesem Fall. Der blendend spielfreudig Khaled Narey zwirbelte von rechts eine schicke Flanke in den linken Sektor des Sechzehners, die nahm Hennings auf und köpfte ins Zentrum, wo Niklas Shipnoski ziemlich frei wartete. Dem armen Gästeverteidiger blieb kaum mehr übrig, als das Ei irgendwie weg zu kicken; leider in die eigene Hütte.

Also standen bis zur 69. Minute zwei Strafstöße und ein Eigentor auf der Anzeige – rein formal eher nix Dolles bei einer Begegnung zwischen einem Zweit- und einem Fünftligisten. Dass es neben dem 1:0 wenigstens noch ein richtig echtes Tor gab, dafür sorgten Kuba und Schippi. Der blondgefärbte Pole hopste nach einer Ecke am höchsten, zielte aufs linke Eck, wo der Kollege Shipnoski wartete, der die Pille sauber über die Linie zwirbelte. Man beachte: Die Fortuna schießt ein Tor nach einer Ecke.

VfL Oldenburg vs F95: Kownacki versemmelt das 5:0 (Screenshot Sky)

Bemerkenswert die Wechsel: Chris Klarer blieb nach der Pause vorsichtshalber draußen, für ihn kam Tim Oberdorf, der seine Sache so sauber erledigte, dass man ihn als vollwertigen Backup für die Innenverteidigung betrachten muss. Später (63.) kamen dann der schon erwähnte Kuba Piotrowski sowie Kelvon Ofori und – eine schöne Überraschung – auch noch Phil Sieben. Raus gingen im Sinne der sogenannten „Belastungssteuerung“ Appelkamp, Hennings und Prib. Der junge Phil fiel allerdings eher wenig auf, während nicht nur Kuba sofort mittendrin im Getümmel war, sondern auch der kleine Kelvin mit seiner spezifischen Spielweise für viel Unruhe sorgte. Wäre der ein bisschen standfester, also körperlich stärker, könnte der ganze Viererketten ganz allein auseinandernehmen.

Ihr ergebener Pokalfreund war und ist nicht nur froh, dass die geliebte Diva zum siebten Mal in Folge die erste Runde überstanden hat, sondern vom Gesamtkunstwerk Fortuna 2021/22 schon jetzt sehr, sehr angetan. Von gewissen Experten wird ihm gar vorgeworfen, er entwickle sich zum Preußer-Fan. Na und? sagt er dazu nur, wenn’s doch dem Erfolg dient.

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