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F95 vs Regensburg 1:1 – Keine Fehler im System, aber jede Menge Unzulänglichkeiten

Analyse · Man könnte sagen: Ui, gegen den Spitzenreiter einen Punkt geholt, bravo. Nur spielten die Regensburger gar nicht wie die Spitzenreiter. Insofern stimmte der Ausgangspunkt im Vorbericht. Ansonsten lag Ihr in Treue ergebener F95-Analyst selten so falsch wie da. Der Leser Stadionbier hat das in seinem Kommentar sehr schön herausgearbeitet – danke dafür! Der Ergebene hatte sich von zwei winzigen und eher kryptischen Äußerungen des Cheftrainers verleiten lassen eine Systemänderung anzunehmen. Stattdessen und sinnvollerweise gab’s ein 4-4-2 nach schon fast bewährtem Muster. Dass am Ende kein Heimsieg stand, hatte aber nichts mit der taktischen Aufstellung zu tun, sondern war die Folge individueller Fehler und Unzulänglichkeiten. [Lesezeit ca. 5 min]

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Es ist ja auch einfach so, dass die – wie Preußer es nennt – Systematik nur vorgibt, welcher Spieler sich wo aufzuhalten und was er da zu tun habe. Da die Kicker bestimmte Positionen lieber spielen und besser können, lässt sich nicht jeder Bursche überall hinstellen. Also tun sie an ihrem Platz das Beste, was sie können. Nehmen wir mal Ao Tanaka, der im Verbund mit Cello Sobottka eine Doppelsechs ergab. Der nahm sich anfangs alle Freiheiten, die sich aus der Position des offensiven Sechsers ergeben und wirkte als Spielmacher. So weit, so gut. Dass ihm die Jahn-Männer erheblich viel Platz ließen, merkte er aber nicht, nutzte also die gebotenen Räume nicht wirklich aus. Die Folge: die Anspiele der Stürmer erfolgten meist so früh, dass diese noch ordentlich zu laufen hatten und oft in Eins-zu-eins-Situationen mussten. Ergo: System gut, Ausführung verbesserungswürdig.

F95 vs R’burg: Auf der Bank (Screenshot Sky)

Das nur als Beispiel für die genannten Unzulänglichkeiten. Dass ausgerechnet Tanaka mit einem kapitalen Bock das Tor für den SSV einleitete und es dann auch noch durch einen Stellungsfehler erleichterte – geschenkt. Es war ein Fehler. Andere gestandene Fortuna-Recken machten auch Fehler, die aber zum Glück folgenlos blieben. Gleich drei haarsträubende Fehler leistete sich beispielsweise Andre Hofmann. Oder nehmen wir Flo Kastenmeier und seine zwei Kastenmeier-Momente. Zweimal irrte er durch den Fünfer und unterlief Flanken. Beim zweiten Mal hätte er klar ein Tor verschuldet, wäre der Treffer nicht wegen (angeblichen?) Handspiels nicht anerkannt worden. Dafür glänzte der gebürtige Regensburger dieses Mal wieder mit seiner klugen Beteiligung am Spielaufbau.

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Und dann sind da noch die Unzulänglichkeiten, die damit zusammenhängen, dass dieses Teams sich noch nicht gefunden hat – und sich ja bisher auch noch nicht vollständig finden konnte. Seit der letzten Länderspielpause tun Buben mit, die an der Saisonvorbereitung gar nicht oder nur teilweise teilnehmen konnten. Also die späten Neuzugänge und die zwischenzeitlich Verletzten. Während Mannschaften wie die des Jahn, die im Vergleich relativ unverändert dastehen, von Saisonbeginn an ihren Streifen spielen können, leiden Teams mit größeren Umbrüchen immer noch unter dem bescheuerten Transferfenster. Überhaupt scheint der einzige Erfolgsfaktor der Regensburger diese Konstanz zu sein – neben einer körperlichen Härte, die der äußerst schwache Schiri Osmers nicht erkannte und zu spät ahndete. Nein, der Unparteiische hat uns nicht verpfiffen, aber die Zweikampfhärte unserer Jungs früher und öfter abgepfiffen als die der Gäste. So etwas wirkt sich unter anderem auf die Zweikampfquote aus, die für F95 am Ende nicht so gut aussah. Gerade im Pressing bringt eine solche Referee-Politik zudem Nachteile für das hochstehende Team.

Wie gesagt: Am System lag’s nicht. Im Gegenteil, denn wie Cheftrainer Christian Preußer die defensive Seite des 4-4-2 interpretiert ist hochmodern. In Offensivsituationen gehen die beiden Außenverteidiger weit nach vorne mit. Hinten stehen nur die beiden Innenverteidiger, die im Verbund mit dem defensiven Sechser praktisch eine Dreierkette als Absicherung bilden. Im eigentlichen Mittelfeld bleibt dann nur noch der offensive Sechser, während die mitgelaufenen Außenverteidiger Paare mit den Außenstürmern bilden. Eine der beiden Spitzen hängt ein bisschen und wirkt eher als Empfänger für Schnittstellenpässe, während die andere auf die Annahme von Flanken programmiert ist. Feines System, allerdings auf Dauer sehr ausrechenbar.

F95 vs R’burg: Endlich wieder Stehplätze (Screenshot Sky)

Die Unzulänglichkeit im fortunistischen Spiel gestern in dieser Hinsicht: Die Systematik wurde alles in allem zu schematisch in konkreten Fußball umgemünzt. Gerade die Aktionen auf den Flügeln waren ausrechenbar, und um den Jahn damit auszuhebeln, war die Unterschiede bei den spielerischen Qualitäten nicht groß genug. Ja, Felix Klaus kam etliche Mal an der Grundlinie zum Flanken, aber beinahe immer nach demselben Muster. Wobei der gute Felix mit Khaled Narey hervorragend zusammenarbeitet. Der gute Khaled ist aber einer, der auch mal die Überraschung sucht und statt des üblichen Doppelpasses nach innen zieht und versucht, die Pille in die Mitte zu schieben.

Auf links haben wir ein Problem. Denn die Gefahr auf diesem Flügel ist aktuell absolut von der Form des Kris Peterson abhängig. Erneut versuchte der viel, dribbelte mächtig, blieb aber viel zu oft hängen und produziert zudem einige Fehlpässe. Mit einem Kris auf der Höhe seines Könnens wäre die Fortuna mindestens 50 Prozent gefährlicher. Eine kluge Personalentscheidung der Coaches war es übrigens, Flo Hartherz erneut als linken Außenverteidiger zu nominieren. Denn was die wuchtigen Regensburger mit dem schmächtigen Leon Koutris angestellt hätten, möchte man sich gar nicht vorstellen. Außerdem ist Hartherz eben doch ein Flankengott. Er hat großen Anteil am 1:1 in der 33. Minute.

F95 vs R’burg: Der Torjubel des Robert Bozenik (Screenshot Sky)

Erst schiebt Felix Klaus einen flachen Ball in den Sechzehner, den Rouwen Hennings durchlässt als er merkt, dass er ihn nicht wird verwerten können. Das Ei landet bei Flo Hartherz, der sehr präzise flankt, wo Robert Bozenik tut, was ein Mittelstürmer zu tun hat: Er springt höher als die Verteidiger, trifft den Ball perfekt und locht ein. Ein wunderschönes Tor, von dem man sich dringend mal ein paar mehr in einem Spiel wünschen würde. Apropos Hennings: Wenn er eine zweite Spitze neben sich hat, blüht der Rouwen auf und spielt viel variabler als sonst. Okay, ein Dribbler vor dem Herrn wird er nicht mehr, und auf die Präzision seiner Pässe sollte man nicht allzu sehr vertrauen. Mit Bozenik könnte er den Partner gefunden haben, den er braucht. Übrigens: Verlierer des Tages wurde leider erneut Dawid Kownacki, dessen Tage in Düsseldorf gezählt sind – so pfeifen es gewisse Spatzen von gewissen Dächern. DK war nicht mal im Kader, offiziell wegen einer Blessur aus dem Training…

Ein Blick auf die Statistiken des Jahn bestätigt, was bei denen schon bisher zu beobachten war. Sie rennen mehr und sind stark im Zweikampf. Mehr aber auch nicht. Sieben offiziell aufgezeichnete Torschüsse sind wenig, vor allem, wenn da so zwei, drei dabei waren, die keine Gefahr ausstrahlten. Ihre Tore machen sie aus Fehlern der Gegner. Einem spielerisch überlegenen Gegner als der sich die Fortuna in Halbzeit Zwo präsentierte, haben sie wenig entgegenzusetzen. Und, ja, die Männer in Rot hätten gewinnen müssen.

F95 vs R’burg: Das 0:1 nach Fehlerkette (Screenshot Sky)

Eine Partie und ihr Ergebnis sind das eine, die Punkte und die Tabelle sind das andere. Und die Ausstrahlung des Spiels einer Mannschaft ist dann noch einmal etwas anderes. Nachdem endlich wieder Stehplätze zugelassen waren, sah die Süd schon beinahe aus wie früher. Nur die Ultras fehlen noch (wobei sich die Stimmen mehren, eine gute Stümmung gehe auch so). Immerhin rund 19.000 echte Anhänger der traumschönen Diva hatten sich mit Tickets versorgt, und man spürte den Willen, Heimspielatmosphäre entstehen zu lassen. Der einzige Spieler, der auf diese Situation so richtig ansprang, war der junge Robert Bozenik, der nach seinem Treffer auf die Stehplätze zulief und Kontakt aufnahm. Vermutlich ist es genau dieses fortuna-typische Element, dass noch fehlt, auch als sportlicher Erfolgsfaktor. Dass es wieder eine Rolle spielt, ist aber nicht allein Sache der Zuschauer, die Kicker müssen schon auch ein bisschen mehr Emotion zeigen und so zu einem begeisternden Fußball finden. Nächste Station wäre dann das Heimspiel gegen Paderborn, das in dieser Hinsicht zu Schlüsselspiel werden könnte.

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