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Fortuna im Aufwind – besser keine Euphorie sondern realistischen Optimismus

Das war ein feiner F95-Sieg gegen Schalke. Und hoffentlich nicht bloß ein Strohfeuer…

Meinung · Die Stümmung auf der Süd nach dem Abpfiff der Partie gegen den FC Schalke 04 am Sonntag war viel weniger euphorisch als man hätte erwarten können. Natürlich sangen alle mit als DJ Opa „An Tagen wie diesen“ abspielte, wer hatte, hielt seinen F95-Schal hoch, und die anfangs ausgelegten Fähnchen wurden eifrig gewedelt. In den Gesichtern nicht weniger Fans aber stand so etwas wie fröhliche Skepsis. Kein Wunder, denn a) steht die glorreiche Fortuna immer noch auf dem Relegationsplatz und b) gab es auch in der laufenden Saison Strohfeuer wie den Sieg gegen den KSC mit anschließender kalter Dusche. Euer von Herzen ergebener F95-Betrachter ist bekanntlich ein realistischer Optimist und macht sich deshalb immer noch keine Sorgen, dass am Ende ein Abstieg stehen könnte. [Lesezeit ca. 3 min]

Optimist zu sein heißt, das Altbierglas nach dem ersten langen Schluck als halbvoll zu betrachten. Realistisch ist es zu wissen, dass einem Köbes (meistens) schnell ein frisches Alt hinstellt, wenn das eine leergetrunken ist. Insofern ist das F95-Glas nach der ersten Halbzeit in Kiel und dem Heimsieg gegen Schalke immer noch halbvoll. Den nächsten langen Schluck nehmen wir dann am kommenden Sonntag gegen Wismut Aue. Und die neuen Kellner (Thioune, Gavory, de Wijs und Ginczek) der Fortuna lassen vermuten, dass uns bald weitere Siege bevorstehen.

Das ist kein Grund für Euphorie, soviel ist klar. Denn immer wieder kann es passieren, dass die Pille einfach nicht in des Gegners Bude will und dass sich die Burschen in Rot auch mal wieder einen entscheidenden Gegentreffer in den letzten Sekunden fangen. Wie hoch die Wahrscheinlichkeit für beides ist, hängt aber tatsächlich vom agierenden Personal ab. Bleibt die Konzentration bis zum Abpfiff so hoch wie gegen Schalke, sinkt die Gefahr eines 90+-Minuten-Tors. Und je feiner der neue Cheftrainer das Zusammenspiel tunt, desto seltener werden die Spiele für unsere Farben torlos bleiben.

Das sind die harten Faktoren. An den weichen Randbedingungen haben die Verantwortlichen – vom Sportvorstand Klaus Allofs bis zum Aufsichtsrat – in den letzten Wochen lautlos und konsequent gearbeitet. Niemand weiß, ob die Umbesetzungen des Vorstands und die Bestellung von Christian Weber zum Sportdirektor noch in der laufenden Saison Auswirkungen auf den sportlichen Erfolg haben werden. Sichtbar ist aber, dass im Wintertransferfenster – noch unter deutlicher Mitwirkung von Uwe Klein, übrigens – drei enorm wertvolle Kicker geholt wurden. Spieler, die den Unterschied machen können.

Dass man sich für Daniel Thioune als neuen Cheftrainer entschieden hat und nicht einen sogenannten „Erfahrenen“ wie Uwe Neuhaus oder gar Friedhelm Funkel verpflichtet hat, beweist, dass es für den sportlichen Bereich einen langfristigen Plan gibt. Sollte es – was die liebe Fußballgöttin verhindern möge – wider Erwarten doch zu einem Abstieg kommen, wird es sicher zu massiven Veränderungen im Kader kommen, aber der Plan wird sich nicht ändern. In der dritten Liga spielen zu müssen würde vor allem und leider drastisch die finanzielle Situation verschlechtern, nicht aber unbedingt die sportliche.

Wer Klaus Allofs gestern in dieser komischen Sport1-Talkrunde genau zugehört hat, nahm einen realistischen Optimisten wahr. Einen unaufgeregte Typen, der eben nicht nur von seinen Zeiten in Bremen und Wolfsburg lebt, sondern ganz offensichtlich auf der Höhe der Zeit ist, was das angeht, was man gemeinhin „Fußballgeschäft“ nennt. Solche Realisten verströmen niemals Euphorie und können folglich einen Verein und sein Team mental nicht zum Glühen bringen. Diesen Part übernimmt – und das war am Sonntag erstaunlich klar zu erleben – Daniel Thioune.

Mit ihm haben die für den Sport verantwortlichen Leute – in diesem Fall allen voran eben Allofs – mit einiger Wahrscheinlichkeit die richtige Balance getroffen. Auch DT ist ein junger Trainer, auch er verfügt über eine Menge an theoretischem Knowhow, das „erfahrene“ Coaches oft nicht haben, aber er hat den Vorteil selbst aktiver Fußballer in den oberen Ligen gewesen zu sein, und Daniel Thioune hat ein Temperament, das um ein Vielfaches besser zur Fortuna passt als das seines Vorgängers.

Realistisch betrachtet wird F95 am Ende der Saison (laut Tabellenrechner…) bestenfalls den 11. Platz belegen. Optimistisch stimmt, dass den erwartbaren Abgängen zur neuen Saison der Einbau einiger Jungs aus dem eigenen NLZ entgegensteht. Die jetzt im Abstiegskampf ins Feuer zu werfen, wäre falsch. Insofern ist es sinnvoll, Burschen wie Christoph Klarer, Tim Oberdorf und Tyger Lobinger momentan öfters auf die Bank zu setzen – deren Zeit kommt noch bzw. wieder. Jetzt auf die erfahreneren Recken zu setzen ist goldrichtig. Das werden auch Daniel Thioune und seine beiden Co-Trainer so sehen.

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