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F95 vs Heidenheim 1:1 – Es hat wieder nicht gereicht

F95 vs HDH: Das wunderschöne Tor von Emma Iyoha zum 1:1 (Foto: FP)

F95 vs HDH: Das wunderschöne Tor von Emma Iyoha zum 1:1 (Foto: FP)

Das Remis ist gerecht, aber die glorreiche Fortuna war in der zweiten Hälfte näher dran am Sieg als die Heidenheimer.

Bericht · Der Ergebene kam sich zwischenzeitlich vor wie der Mann, der im Radio von einem Geisterfahrer genau auf seiner Strecke hört und sagt: „Einer? Hunderte!“ Denn die Einschätzung der fortunistischen Darbietung war im Block eher nicht positiv. Euer vollkommen ergebener F95-Freund aber fand, dass die Fortuna eine läuferisch, spielerisch und auch kämpferisch gute Partie bot. Vielleicht sagt dieser Widerspruch weniger etwas über die Ahnungslosigkeit des Ergebenen als über die Wünsche, Hoffnungen und Ansprüche der F95-Anhängerschaft aus. Vielleicht ist diese Einschätzung aber auch Beleg dafür, dass die Luft aus dieser Saison nun endgültig raus ist. [Lesezeit ca. 7 min]

F95 vs HDH: Auflauf im Paul-Janes-Gedächtnis-Trikot (Foto: FP)

Ein Spaßvogel meinte nach dem Remis nach Abpfiff: „Oh je, fehlt immer noch ein Punkt gegen den Abstieg.“ Abgesehen davon, dass diese 40 ja eine fiktive Zahl ist, die vom Großvater auf den Enkel vererbt wird, dürfte ein Team dieser Qualität mit dem Abstieg rein leistungstechnisch nichts zu tun kriegen. Und, rein rechnerisch… Denn der Abstand zu Heidenheim auf dem Relegationsplatz beträgt bei noch zu vergebenen 30 Punkten „nur“ acht Punkte.

Na, schon gespannt auf den Spielbericht? Nach einer kurzen Werbeunterbrechung geht’s weiter. Denn die Fortuna-Punkte verstecken sich nicht hinter einer Paywall. Alles, was du hier findest, ist gratis, also frei wie Freibier. Wenn dir aber gefällt, was du liest, dann kannst du uns finanziell unterstützen – zum Beispiel mit dem Kauf von Lesepunkten. Wir würden uns sehr freuen.

Jedenfalls: Alles war angerichtet für einen großes Spiel, und unsere Ultras nahmen ihre Rolle dieses Mal wieder sehr ernst, indem Kapo Marvin vor allem Gesänge und Parolen anstimmte, die bis weit auf die Sitztribünen bekannt und beliebt sind und auch außerhalb des Ultras-Blocks mitgesungen werden. So entstand ein über weite Strecken engagierter und lautstarker Support, der der Mannschaft gerade in der zweiten Halbzeit deutlich Schub verlieh. Danke also an die Ultras, dass sie dieses Mal darauf verzichteten, ihre neuen Kitschlieder durchboxen zu wollen.

F95 vs HDH: Fahnenbild mit Fortuna-.Blues-Flagge im Hintergrund (Foto: FP)

Apropos: Wieder einmal war eine Delegation unserer Freunde aus Ipswich im Stadion, sie wurde von DJ Opa mit dem Beatles-Song „Hey Jude“ standesgemäß begrüßt, denn dieser Klassiker liefert den Fans von Ipswich Town FC die Melodie für ihren wichtigsten Fan-Gesang. Überhaupt war das Musikprogramm dieses Mal wieder sehr erfreulich für Menschen mit ganz verschiedenen Geschmäckern.

F95 vs HDH: Bisschen mehr Medien als sonst vor Ort – Spitzenspiel, halt… (Foto: FP)

Über das Sondertrikot zum 111. Geburtstag der Fortuna-Legende Paul Janes, jenem rotweißen Nationalspieler, nach dem das Stadion am Flinger Broich benannt ist, sind die potenziellen Kunden sehr geteilter Meinung. Einerseits finden viele es gut, dass so an die schönsten F95-Traditionen erinnert wird, und auch das Retro-Design gefällt nicht wenigen. Andererseits regen sich viele, wenn nicht die meisten zu Recht über den absurd hohen Preis von 95 Euro für ein Stück simples Mischgewebe auf. Wer gern das Zweitligalogo und den eigenen Namen drauf hat, muss gar fast 120 Euro latzen. Der Witz mit der „95“ im Preis ist müde, und weshalb man an einen 111. Geburtstag erinnert, erschließt sich auch höchstens Karnevalisten.

In Zeiten wachsender Armut und hoher Inflation eine derartige Summe aufzurufen, ist aber eindeutig asozial. Vielleicht sollte die CSR-Abteilung des Vereins den Merch-Fuzzis vorschlagen, bei ihrem Angebot über Ermäßigungen für Schüler, Studenten, Rentner und Inhaber des Düsselpasses nachzudenken. Das wär doch mal was.

Finde den Fehler: Menschen machen Fehler. Schreiber:innen sind Menschen, machen also Fehler. Und Schreiber ohne großes Team hinter sich – wie der Ergebene – machen natürlich auch Fehler. Deshalb unsere Bitte an alle: Wer einen Fehler im Text entdeckt, meldet ihn uns auf einem der bekannten Wege – z.B. per Mail an kontakt@fortuna-punkte.de oder über das Kontaktformular. Wir versprechen, falls wirklich etwas Falsches im Beitrag stand, bedanken wir uns nicht nur, sondern korrigieren es umgehend. Schönen Dank im Voraus!

Zu Beginn sah es aus, als müsse Flo Kastenmeier passen, denn er ging nach dem Warmmachen vom Platz, und Zweitkeeper Dennis Gorka wurde ungewöhnlich lange warmgeschossen. Aber dann war er doch an Bord und lieferte in der 61. Minute einen klassischen – wenn auch vom Gegner erzwungenen – Kastenmeier-Moment, der schließlich Cello Sobottka eine gelbe Karte kostete. Ohnehin scheint es mittlerweile so, als ob sich die Kollegen doch zu sehr auf seine fußballerischen Qualitäten verließen und viel zu häufig Risiken eingehen. Vielleicht sollten die Coaches mal überdenken, ob es auf Dauer klug ist, Kastenmeier als Libero zu beauftragen. Zumal seine besondere Spielweise bei den Trainern der anderen Zweitligamannschaften inzwischen hinlänglich bekannt ist.

Blöd vor allem, weil Cello nun dank der fünften Gelben auswärts in Rostock fehlen wird. Das ist besonders deswegen doof, weil das Duo aus ihm und Jorrit Hendrix nun schon zum zweiten Mal prima harmonierte, was zum einen für mehr defensive Sicherheit und andererseits für mehr positiven Aufbau aus dem Mittelfeld sorgte. Scheint, als habe Jorrit nun seine Rolle und seine Form gefunden – bisschen spät, vielleicht.

F95 vs HDH: Eine Ecke in der 1. Halbzeit, die nichts einbrachte (Foto: FP)

Gerade in der ersten Halbzeit war auch die gelungene Kooperation von Dawid Kownacki und Emma Iyoha – gestern bester Fortune auf der Wiese – zu bewundern. Dass Emma zum Ausgleich einlochte, war auch deswegen schön, weil Dawid gestern sein Torschützenhemd im Schrank vergessen hatte. Zwar schoss er ein paar Mal aufs Gästetor, aber eine zwingende Chance hatte er durchgehend nicht.

Angesichts dieser Konstellation rückte Shinta Appelkamp, dessen Einsatz am Donnerstag noch fraglich war, nominell auf den linken Flügel. Tatsächlich aber wurde diese Seite vor allem von Micky Karbownik, der bis zu Shintas verletzungsbedingter Auswechslung viel wirbelte und dribbelte und reihenweise schicke Flanken in den Sechzehner produzierte, bespielt. Endlich war der HDH-Strafraum in der ersten Hälfte oft auch ausreichend mit Fortunen geladen – etwas, das in vielen Spielen der Saison fehlte.

F95 vs HDH: Shinta Appelkamp schied leider in der 31. Minute aus (Foto: FP)

Nachdem Shinta in der 29. Minute rausging, brachte Trainer Thioune Daniel Ginczek als zweite Spitze, eine Variante, die eurem Ergebenen theoretisch gut gefiel. Leider baute „Ginni“ genau den Druck nicht auf, den er in Regensburg gemeinsam mit Jona Niemiec ab der 64. Minute auf den Platz gebracht hatte. Zu allem Überfluss musste nun Emma Iyoha auf den Flügel, wo er sich doch nicht nur durch sein Tor in der 27. Minute und diverse Aktionen als echte Spitze bewährt hatte.

Ein schönes Tor nach einem schönen Spielzug, übrigens. Wie konnte es anders sein, dass die entscheidende Flanke von Micky Karbownik kam. Zum Zeitpunkt dieser Flanke tummelten sich übrigens SECHS F95-Burschen im Sechzehner der Heidenheimer.

Über die rechte Seite ging dagegen nicht so viel, was weniger an Felix Klaus lag, der wieder für mächtig Wirbel sorgte, der ständig seine Position wechselte, aber im Fall der Fälle da zu finden war, wo ein Außenstürmer zu sein hat. Diese Powerarbeit hielt der blonde Felix übrigens bis zum Schluss durch und erwies sich gerade in der letzten Viertelstunde als wesentlicher Antreiber. Leider funktionierte die Zusammenarbeit mit Zimbo Zimmermann, der einen weniger guten Tag aus den Cornflakes gezogen hatte, nur phasenweise zufriedenstellend.

F95 vs HDH: Foul an Hoffmann bringt rote Karte (Foto: FP)

Über die rotweiße Innenverteidigung ist dagegen zu diskutieren. Beiden, Käpt’n Hoffmann und Chris Klarer, unterlaufen in Summe zu viele kleine Fehler, als dass man sie als sicher bewerten könnte. Erfreulich dagegen, dass die Kerle in passenden Situationen auch mal in der Offensive mitmischen. Bei Klarer ist man es gewohnt, dass er sich ab und an selbst die Sporen gibt und Alleingänge bis an den gegnerischen Strafraum wagt. Hoffmann dagegen überredete sich etwa ab der Roten Karte für seinen Gegenspieler zu aktiver Angriffsarbeit. Viel zu oft wirkt er mutlos und entscheidet sich für Aktionen, die risikoarm sind und so das Tempo aus dem Spiel nehmen.

Eigentlich sollten die Fans des 1. FC Heidenheim mit dem Auftritt ihrer Blaumänner unzufrieden sein. Jedenfalls ab etwa der 60. Minute. Da hatte die Fortuna den Gegner schon fast an der Wand. Und dass die Heidenheimer sich zunehmend nicht mehr anders zu helfen wussten als mit mehr oder weniger nickeligen Fouls, spricht Bände. Die rote Karte gegen einen von denen in der 77. Minute nach einem recht rüden Einsteigen gegen Käpt’n Hoffmann rundete diese latente Hilflosigkeit ab.

F95 vs HDH: Jordy de Wijs, frisch erblondet, kommt in der 86. (Foto: FP)

Natürlich kamen unter altgedienten Fortunesen nach dem Platzverweis die üblichen Sprüche davon aus, dass F95 gegen einen Mann weniger nicht gewinnen kann – was statistisch betrachtet so nicht stimmt. Und tatsächlich bauten die Männer in den Sonderleibchen noch einmal ordentlich Druck auf. Durch die Einwechslung von Ao Tanaka (für Sobottka) und Rouwen Hennings (für Iyoha) wurde der zwar nicht größer, aber nun standen die beiden Kicker auf dem Rasen, die das Spiel zugunsten der Fortuna hätten entscheiden können, in einem Fall sogar MÜSSEN.

In der 83. Minute rutscht unser ewiger Knipser Rouwen um Zentimeter an einer feinen Hereingabe von Dawid Kownacki vorbei. Mit zwei Schuhnummern mehr hätte er vermutlich das 2:1 markiert. Schon schwieriger die Sache in der 90. Minute, bei der Rouwen Hennings aus extrem spitzen Winkel mit seinem „falschen“ Fuß abzieht. Das Ei schießt schnurgerade am Tormann vorbei, hat aber keinen Schnitt und streicht am langen Pfosten vorbei ins Aus.

Unser japanischer Nationalspieler mit dem aktuellen Formproblem, Ao Tanaka, aber hätte den Siegtreffer in der 86. Minute machen MÜSSEN. Felix Klaus gibt scharf rein, sehr präzise auf den anbrausenden Tanaka. Der müsste einfach nur den Innenrist hinhalten, denn das Stück Tor vor ihm ist fast leer. Ao haut nicht richtig zu, sodass der HDH-Torwart doch noch den Arm in den Schuss bringt und so die Pille abwehrt.

F95 vs HDH: Die übliche Nachbesprechung auf dem Platz (Foto: FP)

Wichtig ist generell, nach einer solchen Partie die Kommentare sogenannter „Fans“ in den sogenannten „sozialen“ Medien nicht zu lesen, die Fakten ignorieren und einfach bloß Meinung absondern. So wie einer, der jenseits aller Statistiken und Messungen den Fortuna-Kickern „Altherrenfußball“ unterstellte. Auch der auf Facebook zu findende Begriff „Fehlpassorgie“ ist bei einer Passquote von 86 Prozent von geradezu absurder Blödheit. Aber so ist das eben, und Granteln, Grummeln, Schängen und Miesmachen gehören ja seit Jahrzehnten zur DNA richtiger Fortuna-Anhänger:innen.

Im Gegensatz zu dieser Spezies und den Freund:innen im Block 41 ist der Ergebene der Meinung, dass dies ein gutes Spiel der Fortuna war. Er hat viele schöne Laufwege gesehen, viel erfolgreiches Bemühen bei Balleroberungen und viel Energie. Er hat einen glänzenden Auftritt von Emma Iyoha gesehen, einen vielversprechenden von Jorrit Hendrix und einen erfreulichen von Micky Karbownik. Der Ergebene musste aber leider auch feststellen, dass die Quote bei der Chancenverwertung einfach nicht reicht, um die Fortuna tatsächlich noch in den Kreis der Bewerber um den Relegationsplatz aufzunehmen.

Die ergebene Glaskugel sagt deshalb, dass Darmstadt und der HSV direkt aufsteigen und sich Heidenheim und Paderborn um die Relegation kloppen werden. Ein wahrscheinlicher fünfter Platz am Saisonende würde sich irgendwie doof anfühlen, aber nach dem Fastabstieg in der vergangenen Saison ist der Fortschritt nicht zu leugnen. Deshalb wird ein „Umbruch“ vor der kommenden Saison nicht nötig, sondern kontraproduktiv sein. Die Rückkehr der überaus glorreichen Fortuna ins „Oberhaus“ (Da, nimm dies, Phrasenschwein!) muss als Langzeitprojekt mit maximaler Kontinuität betrachtet werden. Auch wenn das eine bestimmten Sorte Freund:innen der Fortuna nicht gefällt.

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