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[Gekürzt] Die Causa Zoller: Viel Lärm um nichts

Aufsichtsratsvorsitzender Björn Borgerding mit Freunden in der Kurve (Foto: privat)

Aufsichtsratsvorsitzender Björn Borgerding mit Freunden in der Kurve (Foto: privat)

Wer die Sache mit der Nichtverpflichtung von Zoller verstehen will, sollte die Historie und die Satzung des Düsseldorfer TSV Fortuna 1895 e.V. kennen.

Meinung · Es ist ja ein Kreuz mit dem Transferfenster, eigentlich eine gute Sache, die den Menschenhandel zwischen den Fußballfirmen regeln soll. Und in früheren Zeiten, als in den Verträgen bloß Ablösesumme, Gehalt und ein eventuelles Handgeld festgeschrieben wurde, basteln sich spezialisierte Anwälte im Auftrag ausgebuffter Spielerberater Dokumente voller mehr oder weniger schwer verständlicher Klauseln zusammen. Besonders schwer zu durchschauen ist für die Sportverantwortlichen in den Vereinen, was der Spaß einer Neuverpflichtung am Ende wirklich kostet. Dies als Vorrede. [Lesezeit ca. 4 min]

Nun ist der Fortuna am vergangenen Freitag kurz vor Toresschluss etwas passiert, was anderen Clubs – vor allem in Italien – in den vergangenen Jahren dauernd passiert ist: Ein schon sicher geglaubter Wechsel kam in allerletzter Minute nicht zustande. Nun fragt man sich natürlich, weshalb sich die Paulianer den Zoller leisten können, wir aber nicht. Der Hamburger Stadtteilverein steht bei ähnlichen Finanzergebnissen in den letzten Jahren in der Bilanz des Jahres 2022 deutlich besser da als die Fortuna, aber nicht so gut, dass sie dem Zoller mehr zahlen können. Soweit öffentlich bekannt, lag die Ablösesumme unterhalb von 500.000 Euro, ein Betrag, den sich beide Clubs angesichts ihrer bisherigen Transferbilanz locker leisten konnten. Es steht aber zu vermuten, dass die Gehaltsforderungen in Bezug auf die jeweilige Lohnstruktur beider Vereine am oberen Ende der Skala lagen.

Jedenfalls so hoch, dass sich der F95-Vorstand beim F95-Aufsichtsrat eine Genehmigung für den Transfer einholen musste. Wann Klaus Allofs das tun muss, ist in der Vereinssatzung eindeutig festgeschrieben, den zu den Aufgaben des Aufsichtsrates gehört es…

Der Vorstand bedarf stets der Zustimmung des Aufsichtsrates zu folgenden Geschäften:

e. Abschluss von Spieler- und Trainerverträgen der ersten und zweiten Fußball-Herrenmannschaft, deren Laufzeit drei Jahre überschreitet oder die den Verein zur Zahlung eines Gesamtaufwandes von mehr als 4% des Lizenzspielerbudgets verpflichtet. Die Höhe des Gesamtaufwandes ergibt sich aus der Summe der Jahresvergütung des Spielers/Trainers und der Beraterkosten für das erste Spieljahr.
Das Lizenzspielerbudget ergibt sich aus den im Rahmen des Lizensierungsverfahrens des Vereins festgelegten und vom Aufsichtsrat genehmigten Angaben für die Saison, in der der Spieler spielberechtigt ist bzw. der Trainer seiner Tätigkeit aufnimmt (Bemessungszeitraum).
Als Lizenzspielerbudget gilt auch das Vertragsspielerbudget im Rahmen eines Zulassungsverfahrens des DFB oder seiner Regional- und Landesverbände.
Liegt zum Zeitpunkt des Abschlusses eines solchen Vertrages das Lizenzspielerbudget für den Bemessungszeitraum nicht vor, wird das Lizenzspielerbudget aus dem zuletzt genehmigten Lizensierungsantrag zugrunde gelegt.
Die Jahresvergütung ergibt sich aus den Bruttobezügen des Spielers/Trainers zuzüglich aller durch den Spieler/Trainer unter Zugrundelegung der nach den Angaben im genehmigten Lizensierungsantrag erreichbaren Prämien sowie etwaiger Einmalzahlungen. Die Beraterkosten ergeben sich aus der mit dem Berater des Spielers/Trainers abgeschlossenen Provisionsvereinbarung.
f. Abschluss von Transferverträgen, die den Verein zur Zahlung von Ablösesummen von mehr als 4% des Lizenzspielerbudgets der ersten Fußball-Herren-Mannschaft verpflichten.
[Vereinssatzung, Stand 30.01.2023, § 14, Abs. (3e/3f)]

Das bedeutet, dass der Sportvorstand nicht einfach hingehen und sagen kann: „Hömma, Aufsichtsrat, wir können den Zoller günstig kriegen; summasummarum kostet uns das so’ne Viertelmillion.“ Nein, die Abteilung Sport muss auf den Euro genau ausrechnen, welche Kosten durch eine Verpflichtung INSGESAMT entstehen, und die Zahlen dem Aufsichtsrat zur Genehmigung vorlegen.

Das haben die Mitglieder in den entsprechenden Jahresmitgliederversammlungen so beschlossen; die Präzisierung der zustimmungspflichtigen Beträge wurde erst vor wenigen Jahren per Satzungsänderung festgelegt. Und das aus gutem Grund. Immer noch stoßen wir ja auf den Sportwelt-Deal, auch bekannt unter dem Namen Kölmel. Wäre die Corona-Pandemie nicht dazwischengekommen, hätte die Fortuna dieses Jahr den finalen Schlussstrich unter dieses Desaster, das den Verein beinahe das Leben gekostet hat, ziehen können. Michael Kölmel hat sich aber angesichts der Finanzschwierigkeiten in den Zeiten der Seuche auf einen Aufschub eingelassen, sodass F95 noch eine Weile weiter wird latzen müssen.

Was aber haben die knapp 2.000 Mitglieder, die anno 2002 noch übrig waren, sich bei der neuen Satzung, bei der Konstruktion aus bezahltem Vorstand und ehrenamtlichem Aufsichtsrat gedacht? In erster Linie, dass es nie, nie, nie wieder vorkommen darf, dass ein unkontrolliertes Vereinsorgan wie damals der Präsident Einnahmen einfach nach Gutsherrenart verbraten darf, vor allem nicht für Spielerkäufe. So kam es zu dieser präzisen Klausel in der Satzung.

Und warum dann das freitägliche Hickhack? Weil es nicht ganz einfach war, die exakten Kosten eines Zoller-Transfers zu ermitteln. Das hat wiederum mit den äußerst komplexen Verträgen zu tun, die heutzutage rund um einen Transfer geschlossen werden. Da steht ja nicht einfach drin: Fortuna zahlt Bochum 400.000 Euro, damit Zoller einen Vertrag bei F95 unterschreiben kann. Da gibt es haufenweise Nebenabreden, da werden Zusatzzahlungen an den abgebenden Verein vereinbart, die fällig werden, wenn der aufnehmende Verein aufsteigt, wenn der Spieler eine gewissen Anzahl Partien absolviert oder wenn der aufnehmende Verein den Spieler später für eine höhere Ablösesumme abgibt.

Die Verträge mit Spielern sind oft genauso kompliziert. Dass neben dem Gehalt nur Auflauf- und Punkteprämien vereinbart werden, war gestern. Heute werden oft Vereinbarungen getroffen, die den Spieler an späteren Ablösesummen beteiligen, oder dass eine erhebliche Prämie gezahlt wird, wenn er mindestens soundso viel Spielminuten in einem gewissen Zeitraum absolviert hat. Und dann erst die Beraterverträge…

Nach unserer Satzung müssen die Sportverantwortlichen ausrechnen, was ein Wechsel den Verein alles in allem maximal kosten kann. Das haben Klaus Allofs und seine Leute einfach nicht schnell genug hingekriegt. Offensichtlich war der avisierte Betrag so hoch, dass er das festgelegte Budget überschritten hätte. Als sich ergab, dass dem nicht so ist, erteilte der Aufsichtsrat umgehend seine Zustimmung. Aber zu spät.

Es gibt also überhaupt keinen Grund, dem Sportvorstand oder dem Aufsichtsrat ans Bein zu pinkeln. Leider nehmen einige Leute die Causa Zoller zum Anlass, ihre Kampagne gegen den Aufsichtsrat, besonders und aus unerklärlichen Gründen gegen den Aufsichtsratsvorsitzenden Björn Borgerding, fortzuschreiben. Euer schwer ergebener F95-Liebhaber findet das ungerecht und falsch.

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