Nach einer deprimierenden ersten Halbzeit gewann die Fortuna noch in Münster – weil die Preußen irgendwann das Spielen einstellten.
Bericht · Was da von den Herren in Weiß-Neon in den ersten 45 Minuten zu sehen war, kann nur als erschreckend, ja, schockierend bezeichnet werden. Während die Preußen den Ball mit erstaunlicher Passsicherheit (Quote bei 93 Prozent!) durch ihre Reihen laufen ließen, stolperten die Fortunen kollektiv über die Wiese und wussten überhaupt nicht, was sie machen sollten. Eine derartige Unterlegenheit eines Teams auf einer der oberen Ligahöhen gibt es sonst nur, wenn die Bayern gegen den HSV antreten müssen. Jeder einzelne Münsteraner war jedem Düsseldorfer in technischer, spielerischer, läuferischer und kämpferischer Hinsicht überlegen. Oder auch: Die Adlerträger spielten genau das, was unsere Jungs laut Trainer Thioune spielen sollen. Deprimierend! Warum die Gastgeber aber so ab der 30. Minute herum ihr erfolgreiches Spiel einstellten, wird auch nie einer rauskriegen. [Lesezeit ca. 7 min]
Trainer Thioune kritisierte in der Nachspiel-PK die mangelnde Disziplin seiner Truppe, vor allem der Dreierkette und der Mittelfeldreihe – sie hätten sich nicht an seine Anweisungen gehalten. Auf dem Papier sah die Systematik der Fortunen ganz gut aus, so, als hätten die Coaches ihre Preußen-Analyse in einen angepassten Spielplan umgesetzt. Für den Ergebenen sah das aus wie ein 3-3-2-2, also ein System mit Betonung des zentralen Mittelfeldes.
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Damit sollte der leicht altmodischen, aber erfolgreichen Aufstellung der Preußen mit Mittelfeldraute Rechnung getragen werden. Auf die Passschärfe der Hausherren hatte Trainer Thioune vor der Partie auch hingewiesen, aber nicht erzählt, dass man die nur durch beherztes Draufgehen entschärfen kann. Oder, vielleicht hat er es seinen Buben doch gesagt, aber sie haben es nicht verstanden, denn das Zweikampfverhalten der Fortunen war irgendetwas zwischen lächerlich und zum Weinen. Pressing? Wassen dassen? Schneller Aufbau? Können wir nicht; wir MÜSSEN immer erst bei Tim Oberdorf fragen, ob wir dürfen. Sonst Langholz.
Mindestens so erschreckend wie die sichtbare Leistung der Auswärtsmannschaft war die völlige Desorientierung der beiden Debütanten. Jesper Daland war als rechter IV gesetzt (neben ihm zentral Oberdorf und links Kenny Schmidt) und hatte NULL Bindung zu seinen Kollegen. Stattdessen maulte er die anderen ein paar Mal richtig blöd an. Noch schlimmer (und beinahe tragisch) das Spiel von Tim Breithaupt als Sechser, an dem das Spiel so völlig vorbeilief, dass er einem leidtun konnte. Die Idee, ihm Zimbo Zimmermann (rechts) und Sima Suso (links) als (na ja, nicht wirklich…) Schienenspieler zur Seite zu stellen, war so blöd nicht, zumal Mukki Muslija und Anoua El Azzouzi als Doppelzehn (oder Zehner-Achter-Kombi) weit nach innen gezogen spielten.
Weil aber weder der Kontakt von IV auf Mittelfelddreierkette noch zwischen Breithaupt und Co. mit den Zehnern funktionierte, fand die früher mal glorreiche Fortuna offensiv schlicht und einfach nicht statt. Zumal Czeki Celar als zweite Spitze überhaupt nicht wusste, was er tun sollte, und Cedi Itten sich vergebens bemühte, irgendwas auf die Reihe zu kriegen.
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Und hätte Preußen Münster nicht nach dem 1:0 ein bisschen und ab der 30. Minute fast ganz ihr feines Spiel eingestellt, wer weiß, ob Käpt’n Kastenmeier denselben nicht vollgekriegt hätte – über ein 3:0 zur Pause hätte sich niemand gewundert. Apropos: Dem Ergebenen gefällt der Münsteraner Trainer Alexander Ende sehr; datt issen Jung usser Region, der war selbst Profi, der ist lässig und der hat seiner Truppe ein System beigebracht, an dem sich noch einige Konkurrenten die Zähne ausbeißen werden. Vielleicht wird Ende ja mal frei, wenn wir gerade einen neuen Cheftrainer brauchen… Den Passivitätsanfall seiner Jungs konnte Ende aber nicht verhindern.
Finde den Fehler: Menschen machen Fehler. Schreiber:innen sind Menschen, machen also Fehler. Und Schreiber ohne großes Team hinter sich – wie der Ergebene – machen natürlich auch Fehler. Deshalb unsere Bitte an alle: Wer einen Fehler im Text entdeckt, meldet ihn uns auf einem der bekannten Wege – z.B. per Mail an kontakt@fortuna-punkte.de oder über das Kontaktformular. Wir versprechen, falls wirklich etwas Falsches im Beitrag stand, bedanken wir uns nicht nur, sondern korrigieren es umgehend. Schönen Dank im Voraus!
Euer zutiefst ergebene Fortuna-Beobachter muss mal kurz auf die Metaebene hüpfen und ein bisschen darüber philosophieren, warum er diese Spielberichte so schreibt, wie ihr sie lest. Eine Motivation war und ist die Lektüre der Kommentare der F95-Fans in den (a)sozialen Medien. Die sind ja oft ziemlich rüde. Und meistens ganz knapp und ohne Begründung. Wenn einer schreibt „Was für’n Grottenkick!“ möchte der Ergebene eigentlich gern lesen, in welcher Hinsicht es ein Grottenkick war und woran’s lag. Überhaupt: Er möchte mit seinen Artikeln dem Pauschalieren gern etwas entgegensetzen. Einfach zu sagen „Thioune muss weg!“, reicht ihm nicht. Er sucht immer nach einer tragfähigen Begründung: Welchen Anteil genau hat der Trainer an schlechten Leistungen, und was hat er falsch gemacht. Genau wie der Ergebene über einen Spieler nicht einfach nur hören möchte „Watt ne Gurke!“, sondern erkennen könnten möchte, was schlecht war an dessen Leistung. Es geht immer um Erkenntnis. Es geht immer um ein „Was lernen wir daraus?“ Das nur mal nebenbei…
Sagen wir so: Nicht wenige Trainer der oberen Ligen hätten diese extreme Minderleistung ihrer Mannschaft zum Anlass genommen, spätestens in der Halbzeitpause personelle Wechsel und/oder Systemumstellungen vorzunehmen; vielleicht sogar schon früher. Leute auszutauschen, bot sich nicht an, weil alle (außer Oberdorf und mit Abstrichen Muslija) schlecht waren. Aber, dass das 3-3-2-2 nicht funktionierte beziehungsweise die auf dem Platz anwesenden Kicker das nicht umsetzen konnten, war sonnenklar. Was aber taten Thioune, Stefes und Hoepner nach Abpfiff der ersten Hälfte? Sie hockten auf der Bank und diskutierten. Wer angesichts dessen hoffte, die drei Recken hätten eine neue taktische Grundordnung ausgeheckt, sah sich getäuscht.
Auch Hoffnungen der Preußen-Fans, ihr Team würde wieder aufdrehen, erfüllten sich nicht. So wurde die ersten Viertelstunde der zweiten Halbzeit zu einem chaotischen, von beiden Seiten fehlerhaft geführten Spiel. Okay, die Jungs in den Auswärtshemden traten ein wenig dynamischer auf, gingen in mehr Zweikämpfe und gewannen mehr Bälle, aber das war so lecker wie ein lauwarmes Alt nach einem heißen Bier. Immer noch wusste keiner so genau, was zu tun war. Und hätten nicht Käpt’n Kastenmeier und Tim Oberdorf endlich zu einem mehr oder weniger bewährten Mittel gegriffen, nämlich, lange Bälle nach vorne zu schlagen, hätte F95 immer noch nicht offensiv stattgefunden.
Außerdem hatte es Mukki Muslija aufgegeben, sich an irgendwelche taktischen Zwänge zu halten. Er flottierte nun von rechts nach links und zurück in die Mitte, holte sich die Pille mal weit hinten oder stand plötzlich als Flankenempfänger im gegnerischen Sechzehner. Derlei Aktivität zog zumindest Cedi Itten mit. Es wurde deutlich: Die Fortuna musste mehr in die Breite spielen. Und erst in der 60. Minute kapierten es auch die Coaches draußen. Chris Rasmussen kam für Kenny Schmidt, aus der Dreierkette wurde eine stinknormale Viererkette mit zwei richtigen Außenstürmern. Verrückt genug, dass diese scheinbar winzige Veränderung Auswirkungen auf das Verhalten fast aller Fortunen auf dem Platz hatte.
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So erzwangen unsere Jungs in der 63. Minute die erste(!) Ecke der Partie – Münster hatte davon allein in der ersten Halbzeit schon sieben. Mukki Muslija hebt an den kurzen Pfosten, wo ein Preuße mit dem Kopf versucht, nach hinten zu klären. Der völlig ungedeckte Cedi Itten ahnt es, macht zwei drei Schritte nach hinten und kriegt so die Birne gut hinter die Pille. Der Keeper ist noch auf dem Weg ins lange Eck, kommt aber zu spät – Ausgleich!
Vom Ergebnis her ist das Spiel noch nicht gedreht, von den Anteilen her aber schon. Die Preußen kriegen ihr Klein-klein nicht mehr auf den Platz, und wenn sie versuchen, auf andere Weise zu Chancen zu kommen, misslingt das. Muslija ist dagegen jetzt der Kicker der Stunde und wirbelt die rechte Seite der Gastgeber durcheinander. 70. Minute, Mukki tankt sich an der Torauslinie nach innen, wird gefoult. Freistoß aus spitzem Winkel. Er schießt halbhoch, unser ehemaliger Jorrit Hendrix springt in den Schuss und kriegt das Ei an den Arm. Handspiel im Strafraum = Elfmeter. Und wer versenkt den gnadenlos? Genau: Florent Muslija! Fortuna führt.
In der 77. Minute versemmeln unsere Jungs einen schicken Konter im Drei-zu-Eins. Muslija und Celar laufen in die verbotene Zone. Und anstatt nun selbst zu gehen, passt Itten auf Celar, der mindestens einen Meter im Abseits ist. Doppelwechsel in der 84. Minute: Danny Schmidt kommt für Czeki Celar und Sotiris erlöst den armen Timmi Breithaupt, der sich vermutlich noch nie so fehl am Platz gefühlt hat wie an diesem Tag in dieser Mannschaft. Dann schlagen die Minuten von Herrn Kastenheld, denn die Preußen wollen sich nicht ergeben, sondern wenigstens noch ausgleichen. Das Ding aus spitzem Winkel abzuwehren, war noch nicht so schwer. Aber in der 92. Minute liefert der Käpt’n eine Parade, die gleich von mehreren Kommentatoren „Monster-Save“ genannt wurde. Damit hat er der Fortuna den Sieg gerettet.
Und das Fazit? Das 3-3-2-2 war ein interessantes Experiment, das aber komplett gescheitert ist, weil es die Spieler nicht umsetzen konnten. Zwei mögliche Erklärungen: Entweder, die Coaches waren nicht in der Lage, System und Spielplan so zu vermitteln, dass die Kicker es verstehen konnten. Oder, ein neues System mit einer Startaufstellung umsetzen zu wollen, in der gleich vier Neulinge antraten, war eine Überforderung. In beiden Fällen tragen Trainer Thioune & Co. einen großen Anteil an der Minderleistung der ersten Halbzeit.
Andererseits: Das Spiel mit seinen Höhen (ha, ha, ha…) und Tiefen steht für nichts. Es hat keine wegweisende Bedeutung. Es belegt vor allem, dass den Coaches die schnelle Integration der Neuzugänge immer noch nicht gelingen will – andere Trainer anderer Team können das offensichtlich besser. Was dem Ergebene einige Sorgen bereitet, ist die inzwischen wieder lange Verletztenliste, die Trainer Thioune dazu zwingt, Startaufstellungen immer unter Druck zusammenbasteln zu müssen. Gerade die Häufung muskulärer Probleme sollte der medizinischen Abteilung zu denken geben – in diesem Punkt ist Fortuna Düsseldorf zurzeit Spitzenreiter der zweiten Liga, und das ist nicht gut.
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