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Fürth vs F95 1:0 – Eine gut geölte Maschine

In Zeiten von Fake News und alternativen Fakten könnte die gewählte Überschrift passen. Nun ist Friedhelm Funkel kein Trump, haut nicht auf die Medien und jammert nicht, er habe ein Chaos geerbt. Was er geerbt hat, ist bekannt: einen Restekader mit fünf erfahrenen Spielern sowie einen Haufen mehr oder weniger hoffnungsvoller Talente. Die, so versprach das Trainerteam unisono, seien vorsichtig und maßvoll aufzubauen. Im Klartext: So ein Youngster kann im Training noch so gut sein und bei seinen Einsätzen noch zu überzeugend, ohne dass er damit zum Stammspieler würde. Der Gedanke dahinter ist vernünftig; so soll verhindert werden, dass die jungen Kicker verheizt werden. Grau, liebe Freunde, ist laut Goethe alle Theorie, und die Praxis war auch heute in Fürth wieder einen Stich grauer. Auch wenn die Partie mit ein bisschen weniger Pech anders hätte ausgehen können: Das Problem steht in der Coaching-Zone.

Nun hat man Friedhelm Funkel schon auf anderen Trainerstationen gelegentlich Sturheit vorgeworfen, und Peter Hermann ist auch keiner, der mal eben seine Meinung wechselt. Aber auch nach dem siebten sieglosen Spiel in Folge am selben Prinzip festzuhalten, kann niemandem, der die Fortuna mag, gefallen. Der Fehler liegt im System, und heute bei einem der traditionsreichsten Traditionsvereine führten die Coaches den Beweis der Richtigkeit selbst. Erst als in der 66. Minute Kiesewetter für Schauerte kam und erst recht nach der Einwechslung von Emma Iyoha in der 77. Minute zeigte sich das offensive Potenzial des aktuellen F95-Kaders.

Überragenden Offensive

Zwei Riesenchancen entstanden allerdings bereits in der 46. und 47. Minute, als die Pille beide Male beinahe schon in der Bude zappelte, es den Fürthern aber jeweils irgendwie gelang, das Ei am Linienübertritt zu hindern. Da schöpften die Anhänger der glorreichen Fortuna vor Ort und an den Fernsehempfängern daheim und in den Gasthäusern erhebliche Hoffnung. Dermaßen gewaltig war der Unterschied zum hilflosen Gekicke in den ersten 45 Minuten. Wobei die Heimmannschaft insgesamt sogar noch hilfloser wirkte als die Roten. Dass die Franken aus Nichts dann doch etwas machten, war Ergebnis eines eklatanten Fehlers von Außenverteidiger Julian Schauerte. Der ließ den ihm zugeteilten Stürmer frei, um Kevin Akpoguma, der an seinem Gegner arbeitet, völlig unmotiviert zur Hilfe zu kommen. An dem folgenden Chip aus kurzer Entfernung hatte Michael Rensing nichts zu halten.

Tatsächlich war dies der einzige wirklich schwere Defensivpatzer. Die Angriffsbemühungen der Fürther bewegten sich aber auch auf erheblich niedrigem Niveau. Das Treiben eines gewissen Herrn Bolly kam erfahrenen Fortunen bekannt vor – es war fruchtlos. Schön dagegen das Wiedersehen mit Jojo van den Bergh, der aber auch bei der SpVgg denselben Stiefel runterspielt wie früher in Düsseldorf. Unschön wäre eine vielleicht etwas zu harte Benotung für das, was Käpt’n Oliver Fink heute ablieferte. Laut offizieller Statistik lieferte 15 Fehlpässe; übertroffen wurde er in dieser Disziplin nur von Lukas Schmitz, der auch einen gebrauchten Tag in der Verlosung gezogen hatte.

Bombensichere Abwehr

Trotz zweiter Außenverteidiger mit Schwächen stand die Abwehr relativ sicher – dies das Verdienst von Akpoguma und Kaan Ayhan, die einen sauberen Job ablieferten und sich nach der 60. Minuten sogar mehrfach und gefährlich in die Offensive einschalteten. Adam Bodzek hat schon schlechtere Partien abgeliefert, aber auch jede Menge bessere. Marcel Sobottka, den man als langfristigen Hoffnungsträger der Fortuna sehen kann, war nicht so gut drauf wie üblich, und Axel Bellinghausen gelang bei allem sattsam bekannten Mühen wenig. Der wurde in Hälfte Zwo ohnehin durch Christian Gartner ersetzt, der eher unauffällig agierte, aber schnell mit klugen Pässen und interessanten Ideen glänzte. Bleibt der begabte Österreicher gesund, wird er den F95-Fans sicher noch viel Freude machen.

Bleibt der Sturm in Gestalt von Ihlas Bebou und Rouwen Hennings. Jeder, der sich auch ein bisschen mit Hennings befasst hat, weiß, dass dieser Vollblutstürmer einen Mitstreiter auf gleich Höhe braucht, um erfolgreich zu sein. Das war in seiner Zeit beim KSC das ganze Geheimnis. Und trotzdem muss der arme Kerl immer und immer wieder den einsamen Wühler geben, der sich aufreibt und kaum je Zeit hat, sich aussichtsreich im gegnerischen Sechzehner zu positionieren. Als nach der Pause Bebou ein bisschen vorrückte und so etwas wie eine zweite Sturmspitze gab, kam die rotweiße Offensive in Schwung. Kongenialer Partner für Hennings könnte vor allem Iyoha sein, der selbst für Verwirrung der anderen sorgt und so seinem Mittelstürmer Zeit gibt.

Der Erfolgstrainer

Der Verein hieße nicht Fortuna Düsseldorf, würden nach dieser Niederlage nicht Trainer-raus-Rufe laut. Leute, die so überhaupt gar keine Ahnung haben, hetzen gegen Funkel als sei er die Merkel unter den Coaches und habe mit einem „Wir schaffen das“ etwa versprochen, was er nicht halten kann. Und weil sich in den Zeiten von AfD, Trump & Co. Hasstiraden auf Facebook und Twitter gern zum Shitstorm hochschaukeln, scheint der Neusser Friedhelm zum allgemeinen Beschimpfen freigegeben. Aber so ist das eben: Gerade noch der Retter, jetzt der Sündenbock. Traurig, dass auch altgediente Fans in diesen miesen Chor einstimmen, die wissen sollten, wie wenig Trainerwechsel bei der Fortuna üblicherweise bewirken.

Dennoch würde man sich vom Trainergespann einen Hauch weniger Altersstarrsinn wünschen. Vielleicht auch einfach mehr Mut. Denn eine Niederlage nach wildem Fight, bei dem die Youngster ihre ganze junge Kraft auf den Rasen gebracht haben, würde man Funkel und Hermann eher verzeihen als einen weiteren Grottenkick wie in Halbzeit Eins.


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2 Gedanken zu „Fürth vs F95 1:0 – Eine gut geölte Maschine

  • Seh ich anders: Hauptproblem bei unserer Fortuna ist die schwache Form der erfahrenen Spieler seit Herbst. Weder Axel noch Fink (seit seiner Wiederkehr), von Madlung reden wir besser gar nicht, max. noch Bodze reißen irgendetwas im Spiel. Hinter den 3-4″mühen sich die Jungspunde redlich, aber die Riege Ritter, Ferati, Yildirim, Kiesewetter etc kann’s noch nicht suf den Platz bringen. So entsteht ein Vakuum im Mittelfeld, das sowohl defensiv (Ausnahme Bodze) als auch und erst recht offensiv nix Vernünftiges produziert. Das wird sich auch mit zwei Stürmern nicht ändern, dann kassieren wir nämlich auch sofort mehr Tore! Also bleibt nur die Hoffnung auf bessere Form oder der Durchbruch eines Youngsters. Und das Üben von Standards! 95 ole

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    • Wirklich interessanter und bedenkenswerter Ansatz!

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