Unsere Profis

F95 vs BTSV 1:2 – Was war gut, was war schlecht?


Nach einer solch unglücklichen Niederlage verbietet sich die Frage nach dem oder den Schuldigen von selbst. Stattdessen führen nur Analysen nach dem Muster „Was war gut, was war schlecht?“ weiter. Auch Schiri-Schelte samt zugehöriger Verschwörungstheorie („Der DFB will den Aufstieg spannend halten“) führen zu nichts. Außerdem sollten die Fans, die auf dem Weg von der Arena zur Straßenbahn bzw. zum Parkplatz auf Trainer Funkel und die angeblich lauf- und kampfunwilligen Kicker schimpfen, nach Einmaldrüberschlafen doch auch mal das Hirn zum Bauch dazu schalten und überlegen, was das gestern Abend vor wieder nur knapp 20.000 Zuschauer stattgefunden hat.

Natürlich waren die halbwegs fachkundigen Freunde der glorreichen Fortuna ziemlich erstaunt, den Namen Iyoha nicht auf der Liste der startenden Elf zu finden, hatte doch sein Einsatz in Bochum über die gesamte Spielzeit schon ganz gut geklappt. Okay, offensiv wirkte Emma – wie ihn die Fans nennen – bisweilen überfordert, außerdem fühlte er sich auf der linken Außenbahn auch nicht sonderlich wohl. Aber insgesamt hatte seine Leistung mindestens eine 3+ verdient. Noch erheblich erstaunter reagierten die Teilzeitexperten als Emma in der 82. kam, aber nicht als zusätzlicher Stürmer, sondern als Ersatz für Mittelstürmer Rouwen Hennings. An diesem Erstaunen kann man aber auch ablesen, dass Funkel mit seiner Äußerung, das System sei sch..egal nicht ganz Unrecht hat – zumindest was seine Systeme angeht.

Das war gut

Beginnen wir mit der Frage: Was war gut? Diese Truppe auf dem Platz war von der ersten Sekunde an hellwach, presste die Braunschweiger wie blöde und hätte es verdient gehabt, aus dem Chancenknubel rund um die 30 Spielsekunde einen Treffer zu machen. Dass die Pille nicht in die Hütte ging, war einfach nur Pech. Aber das Pressing ging weiter, und die Blaugelben konnten damit überhaupt nicht umgehen. Wenn eines sogar sehr gut war, dann der starke Wille, den Ball jederzeit und an jedem Ort zu erobern. Das gelang in der ersten Spielhälfte ganz hervorragend. Und weil das Mittelfeld so den Ball aus der eigenen Spielhälfte hielt, konnten sich die beiden Außenverteidiger, Julian Schauerte und Lukas Schmitz, kontinuierlich ins Offensivspiel einmischen.

Gut auch der neue Ansatz, Ecken und Freistöße – zumindest die von rechts – allesamt von Rouwen Hennings schießen zu lassen. Da hat man geübt, und auch wenn aus den sehr scharfen Schüssen noch keine Riesenchancen entstanden, ist der Weg aus dem Dilemma mit den wirkungslosen Standardsituationen zu sehen. Dass es Innenverteidiger Robin Bormuth war, der das Tor für die glorreiche Fortuna markierte, zeigt zudem, dass die harten Jungs von hinten Mitte in solchen Situationen in den gegnerischen Sechzehner gehören.

Das war nicht so gut

Nicht so gut – und das gehört zum selben Themenkreis -, dass Hennings nach wie vor den Wühler geben muss, weil es keinen zweiten Stürmer gibt. Das ist NICHT das Spiel des Rouwen Hennings! Das hat man in Bochum lernen können, den Beweis hat man gestern erneut bekommen. Noch einmal fürs Trainerteam zum Mitschreiben: Bei offensiver Ausrichtung MÜSSEN zwei echte Stürmer mit den entsprechenden Freiheiten auf dem Platz rumlaufen! Und diese zwei sind – Stand jetzt – eben Hennings und Iyoha. In Bochum ließ sich erkennen, dass eine solche Konstellation auch gut für die kreativen Freiheiten des Ihlas Bebou ist.

Der ja bekanntlich kurz nach Wiederanpfiff das 2:0 für F95 schoss, dass dem Team aber dank einer kaum verständlichen Fehlerentscheidung des Schiri-Assis Foltyn aberkannt wurde. Dieser Rafael Foltyn ist – nach Aussagen von Leuten, die dabei waren – schon mehrfach anti-fortunistisch verhaltensauffällig geworden, unter anderem in einem Spiel der U19-Bundesliga. Das sei hier ohne weitere Wertung angemerkt.

Das war schlecht

Schlecht waren durchweg Ballbehauptung und Passspiel. Viel zu oft ging das Ei nach einer kämpferisch tollen Eroberung wieder verloren. Und die Fehlerquote bei Pässen und Flanken war so hoch wie in den schlechtesten Spielen dieser Saison. Das zeigt die offizielle Statistik erst auf den zweiten Blick. Auffällig bei den statistischen Daten sind die Unterschiede bei den vier Mittelfeldhelden: Marcel Sobottka und Kaan Ayhan produzierten wenige, Christian Gartner deutlich mehr und Oliver Fink sehr viele. Das könnte man unter „Wer viel macht, macht auch viel verkehrt“ abbuchen, aber das würde dem, was zu beobachten war, nicht gerecht.

Die spektakulärsten Pässe stammten eindeutig von Gartner und Ayhan, die wirkungsvollsten von Sobottka. Käpt’n Fink hat so enorm viel Ballbesitz, dass er eigentlich nur im Kurzpassbereich auffällig wird. Apropos: Das Kurzpassspiel war auch nicht so gut. Und hier könnte der Schlüssel zum Misserfolg liegen. In der ersten Halbzeit gab es sechs, sieben Szenen, die über Doppelpässe zu Chancen hätten führen können, aber dank Fehlpässen wirkungslos blieben. In den zweiten 45 Minuten lief es in dieser Hinsicht ein wenig besser. Trotzdem erarbeitete sich das Team in Weiß insgesamt mehr als zehn gute Chancen, während es der BTSV über die gesamte Spielzeit überhaupt nur 14-mal Richtung Tor schoss.

Wie aus dem Nichts

Dass der Korrespondent des ehemals wichtigen Sportmagazins Kicker ein „mäßiges Spiel“ in Halbzeit 1 gesehen haben will, spricht nur für dessen schlechte Laune, ausgerechnet am Montag ein Zweitligaspiel beobachten zu müssen. Aber das kennt man inzwischen von den weniger sachkundigen „Sportreportern“, die ein Spiel nur bejubeln, wenn es „ein Spektakel“ ist und „für gute Unterhaltung“ sorgt. Solche Leute können eine gute Partie in der Zweiten Bundesliga einfach nicht mehr erkennen, weil sie vom CL- und EL-Entertainment völlig verblendet sind. Gut am Spiel war die Intensität auf beiden Seiten, die nur zwischen etwa der 25. und der 35. Minute einen Hänger hatte und dann noch einmal nach der Pause bis zur 60. Minute.

In dieser Minute fiel nämlich – Achtung: Sportreporterfloskel! – „wie aus dem Nichts“ der Ausgleich für Braunschweig. Ein verdeckter Schuss aus ungünstigem Winkel, den Michael Rensing erst spät erkennen kann und der ins Netz geht. Dem Spielverlauf wurde dieses Tor für den BTSV erst in der Folge gerecht. Denn spätestens mit der Einwechslung von Kumbela gaben die Braunschweiger offensiv so richtig Gas. Das Verhalten der Fortunen unter Druck gehört dann leider ebenfalls zu den Dingen gestern Abend, die weniger gut waren. Ja, man musste sich als Freund der Rotweißen schon Sorgen machen. Und dass obwohl auch die Düsseldorfer offensiv noch einmal voll in die Eisen gingen – lautstark supportet von einem Großteil des Publikums.

Eigentlich lief alles auf ein – aus Sicht des BTSV schmutziges – Unentschieden hinaus, wäre da nicht ein scharfer Fernschuss von Seiten der Blaugelben extrem blöd abgefälscht worden, sodass Rensing keine Chance hatte. Das war dann auch schon der Siegtreffer in der 89. Minute. Zwar gab es drei Minuten Nachschlag, aber der Tabellenvierte aus dem Zonenrandgebiet verstand es geschickt, Zeit zu schinden und brachte das Ding über die Runden.

Und die Konsequenzen

Natürlich kann niemand, der halbwegs bei Verstand ist, den Trainern jetzt noch vorwerfen, sie würden die Youngster zu wenig spielen lassen – man errechne bloß einmal den Altersdurchschnitt der Mittelachse von Defensive und Mittelfeld. Wer nicht ganz verblendet ist, kann nun auch kaum noch mangelnden Einsatz und Kampfeswillen bemängeln. Bleiben als Hauptkritikpunkte am Gesamtkonstrukt der fehlende zweite (echte!) Stürmer und die wieder zu hohe Fehlerquote – beides Dinge, die sich sicher ändern lassen.


Entdecke mehr von Fortuna-Punkte

Melde dich für ein Abonnement an, um die neuesten Beiträge per E-Mail zu erhalten.

Ein Gedanke zu „F95 vs BTSV 1:2 – Was war gut, was war schlecht?

  • Hmm, eigenartige Analyse. Funkel möchte nichts ändern, das hat man doch gestern final sehen können. Alles, was in Bochum noch gut war, hat er wieder über Bord geworfen. Die Standards waren zudem keineswegs besser. Sie bewirkten mal wieder rein gar nichts. Den einzigen richtigen Stürmer diese treten zu lassen, ist auch wieder eine von Funkels komischen Entscheidungen. Der Mann ist einfach ein Trainer aus der Steinzeit. Vier Sechser als Block, davon keiner wirklich offensiv, die Außen dafür häufig völlig verwaist, das ist eine „Taktik“, die ich so nicht verstehe. Fink hatte viele Ballkontakte? Der Mann ist nur im luftleeren Raum anzutreffen. Versteckt sich, packt mal ab und zu eine Grätsche aus, das war es dann. Unser Österreicher hatte zudem in der ersten Halbzeit einen völlig gebrauchten Tag, hinterher ging es, gut war es aber dennoch leider nicht. Gartner entwickelt sich immer mehr zu einem totalen Missverständnis.
    Dass Funkel dann in dieses Mittelfeldkonstrukt aus den Untiefen der Fußballantike dann auch noch Bellinghausen bringt, wo der in dieser Saison nun wirklich keinen Sinn mehr macht, hat mich weiter an der Zurechnungsfähigkeit unseres betagten Trainersgespanns zweifeln lassen – wie so oft in dieser Saison. Axel muss – leider – mittlerweile vor sich selbst geschützt werden. Das ist nur noch pure Slapstick.
    Dann wartet Funkel mal wieder bis zur Schlussphase, bevor er Iyoha bringt und nimmt dafür deckungsgleich Hennings raus. Das 1:2 war für mich eine passende Klatsche für Funkel und ehrlich gesagt wäre ich froh, wenn wir diesen Mann nicht mehr länger ertragen müssten… Aber er hat ja noch einen länger laufenden Vertrag. Mal abwarten, ob er es schafft, die Zuschauerzahlen langfristig unter die 20.000 zu drücken. Der Anfang ist seit Ende 2016 gemacht.

    Antwort

Schreibe einen Kommentar zu Felix Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert