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F95 vs Braunschweig 2:2 – Von der Theorie und Praxis eines Saisonziels

Analyse · Die meistgenutzte Floskel im deutschen Ligenfußball dieser Tage lautet „rein rechnerisch“. Rein rechnerisch sind die Bayern Meister, rein rechnerisch sind Schalke und Würzburg abgestiegen, und rein rechnerisch sind Bochum, Fürth und Kiel noch lange nicht aufgestiegen. Denn theoretisch kann die glorreiche Fortuna noch den dritten Platz ergattern, der zur Teilnahme an den nervenzerfetzenden Relegationsspielen berechtigt. Nun ist „theoretisch“ die kleine Schwester von „rein rechnerisch“; die Wahrscheinlichkeit ist ein Mü kleiner. Theoretisch hätte F95, eine Spitzenmannschaft der zweiten Liga, gestern aber locker gegen Eintracht Braunschweig, einen (rein rechnerisch) möglichen Absteiger, gewinnen müssen. Sowas rechnen einem dann gewisse Schreibknechte in Zeilennot vor und bemühen dazu (was sonst?) die Statistik: „Die Eintracht ist das harmloseste Team der gesamten Liga“ – rein rechnerisch, natürlich. In der Praxis trat aber eine blaugelbe Truppe an, die in jeder Sekunde voll da war, die nicht im eigenen Beton versumpfen wollte und die rasch die Schwächen der Heimmannschaft aufdeckte. [Lesezeit ca. 11 min]

F95 vs BTSV: Platzwahl mit dem guten Schiri Reichel (Foto: TD)
F95 vs BTSV: Platzwahl mit dem guten Schiri Reichel (Foto: TD)

Beginnen wir also mit einem ganz praktischen Kompliment an den BTSV: Optimal gemacht. Sonst wären die Braunschweiger in der Schlussphase doch nicht einem Siegtor näher gewesen als die Hausherren. Wenn ein Team theoretisch hätte gewinnen müssen, dann liegt das in der Regel nicht allein an der Stärke des Gegners, sondern daran, dass irgendwas beim designierten Gewinner nicht geklappt hat. Nun sind die Spieler und Trainer mit dem F95 über dem Herzen weder doof, noch faul oder gar böse. Es handelt sich um Menschen, und Menschen machen Fehler. Bei den sattsam bekannten Wutfans, die während der Partie und in der ersten halben Stunde nach Abpfiff ihren Hass in die sozialen Netze sabbern, wäre Ihr Ihnen auf liebevollste Weise ergebene Berichterstatter da nicht so sicher.

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Doof sind unsere Coaches allesamt nicht. Und sehr sorgfältige Arbeiter sind sie auch. Es ist ja nicht so, als käme UR am Samstagmorgen um die Ecke und sagt so aus dem Bauch heraus „Du und du und du – ihr spielt; und zwar du da ganz vorn.“ Im Grunde handelt es sich bei diesem Verbund aus Videoanalysten, Fitness- und Mental-Coaches, Torwartrainer, Axel Bellinghausen, Tom Kleine und Uwe Rösler (Haben wir wen vergessen? Sorry dafür) um Ingenieure, die Woche für Woche eine Maschine aus dem Boden stampfen. Dazu basteln sie einen Plan zusammen, und zwar – wie Ingenieure das so tun – auf Basis der Aufgabenstellung und der verwertbaren Fakten. Im Gegensatz zu uns Normalos gucken die sich ein Spiel (plus der immer weniger aussagefähigen TV-Ausschnitte) nicht nur einmal an, sondern wieder und wieder und wieder. Dazu die letzten Partien des Gegners. Dann formulieren sie einen Matchplan und begutachten die Qualität der zur Verfügung stehenden Rädchen.

F95 vs BTSV: Das übliche Einschwören (Foto: TD)
F95 vs BTSV: Das übliche Einschwören (Foto: TD)

UR & Co. hatten für die Auseinandersetzung mit dem BTSV ein paar Ideen, und hatte einige davon auch schon während der Vorspiel-Pressekonferenz verraten. Theoretisch war es eine gute Idee, Shinta Appelkamp auf der linken Außenbahn zu installieren, weil er gern nach innen zieht und so Räume auf dem Flügel schafft. In der Praxis lief es aber so, dass immer dann, wenn Shinta sich auf die Zehner-Position begab, Gefahr für den Gegner entstand – und zwar in der Zentrale. ALLE vielversprechenden Offensivaktionen entstanden so, alle. Also war nur die Hälfte der Idee gut. Theoretisch war es eine, sagen wir: interessante Idee, Kenan Karaman als Zehner spielen zu lassen. An Tagen, an denen der gute Kenan engagiert zur Sache geht, kann das ein Erfolgsrezept sein; gestern war kein solcher Tag.

Welche Idee dahinter stand, Eddie Prib auf der Doppelsechs vor oder neben Käpt’n Bodze zu stellen, erschloss sich dem Ergebenen nicht. Die Kollegen auf der Pressetribüne hatten angesichts der Aufstellung des supernetten Eddie allesamt Fragezeichen in den Augen. Die Idee hätte sein können, dass der Herr Prib mit seiner guten Technik für mehr Ballbehauptung im Mittelfeld sorgen könnte – jetzt, wo Adam Bodzek plötzlich zum Box-to-Box-Spieler herangewachsen ist. Ja, klar, Eddie holt sich gelegentlich den Ball und behauptet ihn, ohne so aber irgendetwas zum Angriff beizutragen.

F95 vs BTSV: Gute Ecke, kein Tor (Foto: TD)
F95 vs BTSV: Gute Ecke, kein Tor (Foto: TD)

Eine theoretisch gute Idee war es auch, die Viererkette beisammenzuhalten. Von wegen Stabilität und so. In der Praxis war Zimbo Zimmermann der einzige Stabile im Quartett. Der zwischenzeitliche Ausgleich durch die Braunschweiger geht auf die Kappe von Leonardo Koutris, der seinen Gegenspieler nicht in den Griff bekam, der ihn mit einem Doppelpass umspielte. Natürlich war der gute Leon nicht der einsame Depp: Gepennt haben in der 51. Minute alle Männer in Rot, die an und im eigenen Sechzehner herumlümmelten. DAS war überhaupt gestern das ganz praktische Problem der Defensive, dass eben nicht alle Mittelfeld- und Sturmbuben immer rechtzeitig und engagiert genug defensiv zu Werke gingen.

Ob es eine gute Idee war, den armen Dawid Kownacki erneut als einzige Spitze aufzubieten, steht dahin. Schon nach dem Spiel gegen den KSC waren sich die fachkundigen Auguren einig, dass der Dawid ein Mittelstürmer ist, der mit Steilpässen und nicht mit Flanken von der Grundlinie gefüttert werden muss. Nun könnte es die Idee gewesen sein, dass Shinta Appelkamp ihn öfter so anspielt, aber der musste ja gleichzeitig auch den Außenläufer geben. Mit den wenigen Flanken, die Felix Klaus von janz weit draußen schlug, konnte er nichts anfangen. Da musste dann in der 60. Minute schon der junge Herr Appelkamp zum richtigen Zeitpunkt den richtigen Ort (Elfmeterpunkt) anlaufen und die Quante in eine der schicksten Klaus-Flanken halten, damit es im BTSV-Kasten klingelt.

F95 vs BTSV: Nicht immer voll konzentriert - Leonardo Koutris (Foto: TD)
F95 vs BTSV: Nicht immer voll konzentriert – Leonardo Koutris (Foto: TD)

Nach dem Ausgleich durch den BTSV kam es zu einem ungewöhnlichen Dreierwechsel, der u.a. Mister BB auf den Platz brachte. Nun konnte sich der Shinta als Zehner positionieren. Aber: Auch das bisschen Flanken, das Brandon Borrello liefert, fand eben zu selten unseren Kownacki. Man kann zusammenfassen auch sagen: Den begabten, aber auch schnell in Frust versinkenden Dawid in einem solchen System als einzige Spitze aufzubieten, ist eine Scheißidee. Überhaupt ist inzwischen die größte Sorge Ihres in Ehren ergrauten Analysten, dass Uwe Rösler und sein Team ein paar Spieler sauer fahren. Und zwar entweder genau dadurch, dass sie nicht ihren Fähigkeiten entsprechend eingesetzt und positioniert werden oder dass sie zu selten oder nie oder zu spät eingewechselt werden.

Auf unseren Düsseldorfer Jong Emma könnten alle drei Dinge zutreffen. Gestern kam er in der 74. Minute gemeinsam mit Rouwen Hennings und Brandon Borrello für Felix Klaus. Ist ja toll, dass Iyoha auf beiden Flügeln spielen kann, aber ist es auch die richtige Position für ihn? Immer wieder glänzte er mit seiner Balltechnik und der Eleganz seiner Läufe. Aber die Flanken waren weniger gefährlich als die vom guten Felix. Wenn Emma in anderen Partien auf links eingesetzt wurde, war es dasselbe. Im Grunde ist er ein ähnlicher Spielertyp wie Kenan Karaman – er könnte gut zentral in der Spitze antreten, allerdings nicht als einziger Mittelstürmer. Vielleicht ist es (theoretisch) die beste Idee, das ganz Offensivspiel der Fortuna mehr vertikal anzulegen als in die Breite zu gehen. Da hätten wir dann schon drei junge Burschen, die mit einer solchen Anlage was anfangen können: Appelkamp, Iyoha und Kownacki.

F95 vs BTSV: Verletzung oder Schauspielkunst? (Foto: TD)
F95 vs BTSV: Verletzung oder Schauspielkunst? (Foto: TD)

Zurück zur Praxis und damit zum Spielfilm. Uwe Rösler hatte also ein 4-2-3-1 hingestellt als der fehlerfreie Schiri Tobias Reichel, den wir in der laufenden Saison schon zum dritten Mal hatten und der uns als einer der wenigen Referees nicht verschaukelt hat, um Punkt 13 Uhr anpfiff. Irgendwo unterhalb der Pressetribüne und über der Gästebank übte sich ein Häuflein Was-auch-immer in Anfeuerungsrufen samt Geklatsche für die Eintracht – witzig. Gleich in der 3. Minute unterlief Zimbo am eigenen Strafraum ein übler Fehlpass, der auch Unglück hätte bringen können. Ansonsten stand der BTSV zu dieser Zeit mit einer Sechserkette in der Abwehr, und das fortunistische Pressing wollte nicht so recht klappen.

Das hatte zwei Gründe: Kownacki macht das nicht gern und kann das nicht so gut (wie Rouwen Hennings), und Kenan Karaman hatte einfach einen wurschtigen Tag im Morgenmüsli gefunden. Weil der Rest sich das frühe Stören nur mit mildem Interesse anschaute, brüllte UR bei einem Abstoß der Braunschweiger so laut „Alle hoch!“, dass die Tauben im Gebälk der Arena erschreckt aufflogen. Die vielleicht beste Idee, die sowohl in der Theorie, als auch in der Praxis ihre Schönheit entfaltete, war die einstudierte Flexibilität am Südende der Mannschaft. Liefen beide Außenverteidiger hoch, rückte Bodzek als dritter Mann in die Innenverteidigung; ließ sich Eddie Prib als defensiver Sechser zurückfallen, rückte Adam auf eine Art Achter-Position. Das roch dann stellenweise nach 3-5-1-1, also einem System, bei dem es UR bekanntlich warm ums Herz wird.

F95 vs BTSV: Verletzung oder Beherzte Abwehr durch Leonardo (Foto: TD)
F95 vs BTSV: Verletzung oder Beherzte Abwehr durch Leonardo (Foto: TD)

Bis ungefähr zur 27. Minute passierte nichts Zählbares; die Pille lief bei annähernd 60 Prozent Ballbesitz für die Roten flüssig und meist fehlerfrei, aber ernsthafte Angriffe oder gar Torchancen kamen nicht zustande; bis zum diesem Zeitpunkt stand es in Sachen Schüsse aufs Tor 1:0 für den BTSV! Muss man sich mal vorstellen. Nur einmal in der 11. Minute blitze was auf als Klaus fein und halbsteil auf Karaman legte. Der tragische Dawid fand nicht statt, gar nicht, null, niente… Die Braunschweiger standen nun aber nicht mehr so tief, sondern ihrem 4-4-1-1 entsprechend kompakt im Mittelfeld, wo sie ein fast perfektes Pressing zelebrierten, mit dem unsere Jungs gar nicht klarkamen.

Hat der Ergebene schon erwähnt, dass Eintracht Braunschweig ein löwenstarkes Spiel ablieferte? Also im Rahmen ihrer Möglichkeiten. Da ist es ja, was man bei jeder Zielstellung – also auch da draußen im wirklichen Leben – betrachten muss: Welche praktischen Möglichkeiten, sprich: Fähigkeiten liegen vor? Natürlich kannst du dich – sagen wir mal – als Jahn Regensburg hinstellen und zu Beginn der Spielzeit sagen: Ähem, wir wollen dieses Jahr in die erste Liga aufsteigen. Wenn du aber mit demselben Kader und Trainerteam antrittst, wirst du nur belustigtes Gepruste allerorten ernten. Theoretisch war es natürlich richtig, dass Kläuschen Allofs (ja, wir wissen jetzt, dass es seine ureigene Idee war) als Sportsprecher eines Erstligaabsteigers das Saisonziel „direkter Wiederaufstieg“ ausgab, denn so machen Absteiger das eben (auch Schalke + X werden das demnächst so machen). Nur wäre es in der Praxis klug, vorher die Rahmenbedingungen, also die Möglichkeiten und Fähigkeiten ein bisschen genauer unter die Lupe zu nehmen.

F95 vs BTSV: Brotlose Strafraumszene gegen Ende (Foto: TD)
F95 vs BTSV: Brotlose Strafraumszene gegen Ende (Foto: TD)

Denn die F95-Praxis der vergangenen acht Monate zeigte immer wieder ganz praktisch, an welchen Stellen es haperte. Nein, es waren nicht nur die blöden Startbedingungen mit den vielen kommenden und gehenden Spielern, die bitteren Abgänge von Kaan Ayhan und Erik Thommy (um nur die am meisten Vermissten zu nennen) sowie die lange Verletzungsphase, sondern a) eine Überschätzung der Qualität im Kader und b) eine Diskrepanz zwischen angestrebter Spielweise und den zur Umsetzung eingesetzten Mitteln (und Spielern). Die Verantwortung für das Verfehlen des Saisonsziels tragen diejenigen, die es ausgerufen und diejenigen, die sich nicht dagegen gewehrt haben. Moment! Rein rechnerisch… lassen wir das.

In der 30. kriegt der bis dahin perfekt spielende Kevin Danso was auf die Gräten, seine Auswechslung droht, und Christoph Klarer macht sich schon mal warm. Nicht dass Ihr Ergebener dem Kevin was Schlechtes wünscht, aber die Kombi Klarer + Krajnc hätte er gern mal in der Praxis erlebt. Zum Glück berappelte sich der einwurfstarke Hüne. Endlich, endlich gelingt es den Buben mal, den Braunschweiger Sechzehner in einen Hexenkessel zu verwandeln; die sind so in Schwung, dass die um einen am Boden liegenden BTSVler herum kombinieren. Der ruht direkt vor den Füßen des Schiris, und es ist die ureigene Aufgabe des Spielleiters das Geschehen per Pfiff zu unterbrechen – wenn eine Mannschaft in einer solchen Situation das Ei rausschlägt gilt das als fair. Kann aber passieren, dass die Kicker das in ihrem Wahn nicht so recht mitkriegen … oder dem anscheinend Verletzten seine Verletzung nicht glauben.

F95 vs BTSV: Die kleine Rudelbildung für zwischendurch (Foto: TD)
F95 vs BTSV: Die kleine Rudelbildung für zwischendurch (Foto: TD)

Jedenfalls wird bös gerudelt. Jemand geht Koutris an die Gurgel, der BS-Torwart rastet tierisch aus, und Käpt’n Bodzek lässt sich auch dazu hinreißen, einen Kontrahenten anzutatschen. Schiri Reichel schaut sich das an, behält die Ruhe, kriegt die Bande auseinandergerupft und verzichtet auf gelbe Karten – souverän gelöst. Nur bewirkt das Gemenge, das die Braunschweiger die Schauspielkunst für sich entdecken. Wäre nicht nötig gewesen, denn nach diesem Fortuna-Strohfeuer hat der BTSV die Sache im Griff und ist die klar überlegene Mannschaft. Obwohl die Statistik zu dem Zeitpunkt etwas anderes sagt: F95 liegt bei allen Werte – von Laufstrecke über Ballbesitz (55:45) bis hin zur Pass- (tolle 81 Prozent) und Zweikampfquote (52:48) – vorn; aber die Praxis sprach dagegen.

In der 40. Minute geht Shinta Appelkamp dann mal richtig zentral und steckt auf Felix Klaus und Dawid Kownacki durch, die nahe beieinander in den Sechzehner gelaufen sind, wo der gute Dawid von den Beinen geholt wird. Ob einer von den beiden Recken aus dieser Situation eingetütet hätten? Man weisset nit… Jedenfalls traut sich Kownacki den Strafstoß zu. Vorher wird ein bisschen mit den Kölner Olmen telefoniert, aber dann darf er und versenkt scharf, präzise, humorlos. Viel mehr passiert in Hälfte Eins nicht.

F95 vs BTSV: Kownacki nagelt den Elfer rein (Foto: TD)
F95 vs BTSV: Kownacki nagelt den Elfer rein (Foto: TD)

Zwei Kollegen hätten gut und gerne in der Kabine bleiben können: Wüsste man nicht, dass es nicht seine Art ist, hätte man Karamans Treiben als lustlos bezeichnen können; jedenfalls kam er eigentlich bei jeder Aktion immer einen Schritt zu spät. Und der gute Eddie, der Herr Prib, von dem wir uns nach seiner Ankunft so viel versprochen hatten? Es war wieder nicht sein Spiel. Man muss dann als Coach auch mal überlegen, woran es liegt, denn es sieht nicht so aus, als sei Eddie außer Form oder so etwas, nein, es wirkt am ehesten so, dass er sich im System nicht wohlfühlt. Wobei sich dann die Frage stellt: Welches Systemerl hätten’s denn gern?

Um der Gerechtigkeit die Ehre zu geben: Am Ausgleich in der 51. Minute hatten die beiden erwähnten Herren keinen Anteil. Bisschen Pech für Flo war auch dabei, denn das Ei, das dann in die Maschen ging, war ein wenig abgefälscht. Konnte er nichts dran halten. Dass Leonardo mit dem Tor was zu tun hatte, wurde erwähnt; tatsächlich wirkte Herr Koutris in der Folge fast durchgehend unkonzentriert – wie schon bei seinen letzten Auftritten phasenweise. Vielleicht sollten die Coaches dann doch mal Plan B aufrufen, also Klarer als zweiten IV bringen, damit Krajnc auf die linke AV-Position rücken kann. Ob der Ausgleich ein Weckruf war? Mmmh, joah… Immerhin ging Danso jetzt regelmäßig vor, wenn es einen Einwurf von rechts für die wunderhübsche Fortuna gab, und machte den Katemann. Blieb brotlos…

F95 vs BTSV: Im Prinzip gutes Verengen im Mittelfeld (Foto: TD)
F95 vs BTSV: Im Prinzip gutes Verengen im Mittelfeld (Foto: TD)

Brotreich dann aber der schon skizzierte Angriff, der zum 2:1 in der 60. führte. Daran hielten zunächst Kenan Karaman und Felix Klaus mit einem feinen Zusammenspiel von innen nach außen die Aktien. Und dann Klaus, dieser Teufelskerl, der gegen jeden Widerstand zur Grundlinie durchgeht, einen Schuss mit perfekter Höhe und Geschwindigkeit mitten in den Strafraum schlägt, wo Shinta das Ding gnadenlos reinhämmert – der mit weitem Abstand schönste Spielzug der Partie! Wie heißt es manchmal so traurig: „Die Freude währte nicht lange.“ Denn in der 68, Minute schlug es auf der anderen Seite ein. Anstatt dass wir auf die fortunistische Fehlerkette zu sprechen kommen: Feines, willensstarkes Solo des Braunschweigers, das er mit einem strammen, präzisen Bumms abschloss, der so genau und hart kam, dass Flo Kastenmeier nicht einmal reagieren konnte. Das war schon gut gemacht und passte perfekt zum mutigen Auftritt der blaugelben Eintracht.

Nun waren ja noch mehr als zwanzig Minuten zu spielen, und Fortuna hatte noch nicht ausgewechselt. Wobei die Herren Hennings, Borrello und Iyoha schon vor dem Ausgleich zum Umziehen an die Bank gekommen waren. Natürlich roch das nach KSC, aber man sollte Trainer Rösler nicht für so bescheuert halten, dass er mit denselben Tauschereien zweimal zum Wechselmagier werden könnte. Zumal ja mit Karaman einer in der Startelf stand, der am Montag noch zu den Eingewechselten zählte. Bevor die drei(!) Stürmer kamen, hämmerte Klaus in der 74. Minute ein Pfund aus etwas mehr als zwanzig Metern unter die BTSV-Latte – das hätte problemlos auch das 3:2 werden können. Wie würde es eine dieser neumodischen Sprechpuppen in dümmstem Denglish ausdrücken? Noch eine Viertelstunde „zu gehen“.

F95 vs BTSV: Die letzten verbleibenden Auswechselspieler (Foto: TD)
F95 vs BTSV: Die letzten verbleibenden Auswechselspieler (Foto: TD)

Aber nicht die Heimmannschaft, die nun (fast) ein 4-2-4 spielt, kriegt Oberwasser, sondern der potenzielle Absteiger, der einfach klarer auftritt, schnörkellos, direkt … und ein bisschen schlitzohrig. Bei den Fortunen wirbelt BB auf mindestens vier Positionen gleichzeitig. Hennings ist neben Kownacki gerückt und zeigt ihm in der Praxis wie hohes Pressing geht, und Bodzek weiß nicht so recht. In der 86. Minute haben die Braunschweiger die größte Chance zum Sieg, in der 89. und 90. noch einmal. Zwischendurch kommt es zu einer feinen Iyoha-Flanke auf die Brandon-Birne, die der aber nicht richtig erwischt – Fahrkarte. Die Roten sind nun durchgehend in der blaugelben Hälfte, kriegen aber nie Überzahl oder Räume zum Austoben.

Und dann ist von mindestens vier Minuten Nachschlag die Rede. Niemand, keiner, weder in der virtuellen Expertenrunde noch auf den Presseplätze kommt auf die Idee, es könnte ein Karlsruhe 2.0 geben, also einen Wiedergänger dieses wundervollen Appelkamp-Tores, dass am Montag die Fortuna-Welt verzaubert hat. Nein, im Gegenteil: Es duftet ganz stark danach, dass es die Braunschweiger doller wollen. Bei einem von drei BTSV-Torschüssen muss Flo sich strecken, von einer Chance für F95 kann in der Schlussphase nicht die Rede sein. Um 14:53 Uhr pfeift Reichel ab, und die Schützlinge von Trainer Uwe Rösler sind geknickt. Sie wissen: mit dem Remis hat das Aufstiegsgespenst ausgespielt, der Relegationsplatz ist nur noch theoretisch und kaum noch rein rechnerisch drin.

F95 vs BTSV: Das frustrierende Nachher (Foto: TD)
F95 vs BTSV: Das frustrierende Nachher (Foto: TD)

Dass die Burschen so enttäuscht sind, ist ein gutes Zeichen. Es beweist, dass sie a) noch dran geglaubt und b) daraufhin gearbeitet haben. Irgendwelche Charakterschwächen oder Arschlöchrigkeiten sind das Allerletzte, was man dem F95-Kader 2020/21 vorwerfen kann. Am ehesten noch könnte ein Generalvorwurf dem gelegentlichen Phlegma, dem Verbaseln ganzer Halbzeiten und eine gewissen Mutlosigkeit gelten. Wer aber rein rechnerisch herausfinden möchte, weshalb das unnütze Saisonziel graue Theorie geblieben ist, der sollte aber mal sehr genau nachschauen, wann und wo aus welchen Gründen Punkte liegengelassen wurden – und daraus Schlüsse ziehen. Nur so könnte in der kommenden Saison rein rechnerisch ein Aufstieg in Liga 1 stehen.


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10 Gedanken zu „F95 vs Braunschweig 2:2 – Von der Theorie und Praxis eines Saisonziels

  • Ich bin weit weg davon, dass Siege automatisch nach Tabellenplatz oder der Form der letzten Spiele eingefahren werden. Gestern präsentierte sich Braunschweig völlig anders, als in den Spielen zuvor.

    Trotzdem ist es auffällig, dass unsere Jungs viele Spiele gegen die sogenannten „Kleinen“ , also unteren Tabellenplätze, vergeigt. Auch gestern war das so und erneut überflüssig. Das Defensivverhalten bei beiden Gegentoren war einfach schlecht und halbherzig. Wenn man tatsächlich noch an eine Möglichkeit zum Aufstieg glaubt, geht ma entschlossener zur Sache. Egal, dass Braunschweig das gestern gut gemacht hat, der Sieg war trotzdem möglich.

    Und leider spielt der Trainer da auch eine Rolle. Natürlich stellt er nach besten Wissen und nach einem Matchplan auf. Trotzdem muss man hinterfragen, warum er einen Prib trotz wiederholt schlechter Leistungen immer wieder aufstellt. Auch gestern durfte Prib wieder über 70 Minuten eine Fehlpass-Orgie zeigen. Wenn so etwas immer wieder vorkommt, muss man diesem Spieler auch mal eine Auszeit geben, System hin oder her.

    Ähnliches gilt für Karaman. Auch er zeigt wiederholt zu wenig. Offensiv trifft er oft die falschen Entscheidungen (dribbeln und verzetteln, anstelle von Abspiel), nach hinten trabt er hinterher und geht nicht entschlossen den Gegenspieler an. Kann mir keiner erzählen, dass dies nur lustlos aussieht.

    Zimmerman ist ganz offensichtlich überspielt oder einfach nur ausser Form. Warum nicht mal Klarer dort spielen lassen, gab es diese Saison schon einmal. Kownacki vorne alleine passt auch nicht. Appelkamp muss zentral im offensiven Mittelfeld spielen, das darf man nicht nur als Stammtischtrainer sehen.

    In dieser Saison war hat UR am Kader beteiligtt, im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten der Fortuna. Dann muss er auch ein System hinbekommen, dass zu den Spielern passt. Und zu deren Positionen, auf denen sie in der Regel die stärkste Leistung bringen können. Wenn da ein Prib nicht hineinpasst, dann muss er halt auf die Bank. Oder er hätte einfach nicht geholt werden sollen. Ich war und bin der Meinung, dass die Entlassung von FF vollkommen richtig war. Ich war auch der Meinung, dass UR trotz des Abstieges bleiben sollte und er eine Mannschaft nach seinen Vorstellungen zusammenstellen sollte. Jetzt aber muss ich persönlich feststellen, es hat halt nicht funktioniert. Und bevor unsere hoffnungsvollen Nachwuchskräfte und die Spieler mit weiter laufenden Verträgen so viel Frust entwickeln, dass sie weglaufen, sollte man jetzt Nägel mit Köpfen machen. Klar kommunizieren, dass mit UR nicht verlängert wird und ein neuer Trainer gesucht wird. Und für die letzten beiden bedeutungslosen Spiele sollte man UR klar anweisen, gib der Zukunft (Klarer und Co.) jetzt Gelegenheit, sich zu zeigen.

    Die Hasskommentare im 95er Forum oder bei Twitter und Co. tue ich mir einfach nicht mehr an (ich vermute mal, dass sich Rainer auf die sozialen Medien bezieht). Bei einem Sieg der Fortuna sind alle sowieso wieder Halbgötter, um dann bei der nächsten Niederlage auf dem Scheiterhaufen zu landen. Sind eh‘ keine Fußballfans und Ahnung haben die auch nicht. Beschimpfungen und Hass sind sowieso zu veruteilen, aber die Köpfe dieser Hohlbirnen erreicht man sowie so nicht (Vakuum und so), also ignorieren.

    Antwort
    • Super treffender Kommentar! Leider ist Rösler genau wie Funkel an seiner Sturheit gescheitert. Und er ist den Spielern gegenüber zu „lieb“. Das passt nicht zu der Erwartungshaltung, die es hier in Düsseldorf gibt. Wieso spielt Prib durch und wurde ein Ofori quasi ausgemustert?

      Antwort
  • Bleibe dabei, es ist ein Mix aus Trainerteam und Scouting … wenn es dem Trainerteam nach 32 Spieltagen nicht gelungen ist, ein erkennbares System (ein) zu spielen, die Spieler nach ihren Stärken auf der richtigen Position einzusetzen, dann hat man leider auch nicht das Maximale raus geholt. Scouting … Der Kader selber musste neu und umfangreich zusammen gestellt werden, was eine große Herausforderung war (und als Entschuldigung her halten kann). Trotzdem, einen Koutris kann man nicht für einen Hartherz wechseln (Hartherz ist der Etatmäßige LV), weil der Unterirdische Leistung bringt. Der geschätzte Zimmermann bringt nun in dieser Saison auch keine überragenden Leistungen. Da war der ganz schwache Zimmer mal die Alternative als RV, aktuell gibt es keinen weiteren Etatmäßigen RV. Klarer sehe ich eher als Zweikampfstarken IV. Die neusten Verpflichtungen mit Prib und Klaus …. naja Prib ist wirklich ganz ganz schwach, wenn man gestern mal wieder die Fehlpässe sieht, dann stelle ich die Qualität des Spielers in Frage. Klaus naja, da wird auch kein Gegner in der 2. Liga Angst bekommen, der kann ja keinen mit Schnelligkeit überlaufen. Kownacki ist und bleibt auf lange Sicht unser teuerster Fehleinkauf. Das Trainerteam ist Mittelmaß, das Scouting ist eher unter Mittelmaß (mit den finanziellen Möglichkeiten haben es viele andere Vereine besser gemacht). Der Kader ist gutes Mittelmaß Zweite Liga. Hoffnung geben viele Junge Spieler, die es sehr gut machen und sich noch weiter besser entwickeln können.

    Antwort
  • Insgesamt wieder mal eine gute Spielanalyse unseres Höchstergebenen. Ihre Ansicht, dass einige Spieler „sauer fahren“, weil sie nicht entsprechend ihrer Fähigkeiten oder Positionierung eingesetzt werden, stößt bei mir allerdings auf Unverständnis.

    1. Weil ich mich dann auch im Training über allen Maßen anbieten muss! (betrifft Ersatzspieler)

    2. Weil Spieler wie z.B. Kownacki oder Hennings oder Prib, egal mit welchem System wir gespielt haben, überwiegen schlecht waren und in den Fällen von Kownacki und Henning unzählige, teils hundertprozentige Torchancen versiebt haben. Sie sind für mentale Situation so ziemlich selbst verantwortlich und gehören eigentlich auf die Tribüne! (Können den Herrn Karaman gleich mitnehmen)

    3. Weil man verdammt nochmal die Pflicht hat, sich für Mannschaft, Verein, Fans und nicht zuletzt für’s Gehalt, an Spieltagen an denen man zum Kader gehört, den Ar… aufzureißen sollte.

    Bei Kownacki sollte dringend vor der nächsten Saison mal der Mentaltrainer ran…vielleicht auch bei Hennings, falls sich das noch lohnt. Vielleicht schafft er es ja aus Kownacki das herauszuholen, was FF in ihm gesehen hat und wofür wir übertrieben viel Kohle ausgegeben haben. Ich glaub, der Junge kommt damit nicht klar!

    In der Pressekonferenz auf YouTube nach dem Spiel, ab Minute 3.30 hört UR sich zumindest mal so an, als würde UR endlich mal am Kader bzw. an der Aufstellung für’s nächste Spiel etwas ändern wollen. Leider zu spät, aber ich habe die Hoffnung, dass wir vielleicht doch mal ohne seinen „Wunschspieler“ Eddie eine Partie bestreiten. Auch würde ich mir wünschen, dass er dann mal Emma die Chance im Zentrum gibt, den ich für den kompletteren unserer gesammelten Stürmer sehe.
    Und da Pettersen ja vielleicht wieder mitspielen kann, hoffe ich auf Appelkamp im Zentrum hinter der Spitze und Sobotka mit Bodzek dahinter.
    Den Relegationsplatz halte ich für abgehakt und das ist auch gut so! Denn ich bin der Meinung, dass die Kohle die wir dann mehr bekommen nicht ansatzweise ausreicht, um eine erstligareife Mannschaft zusammenzustellen.

    Antwort
    • Den letzten Teil ab Pressekonferenz sehe ich ganz genauso. Kownacki, Karaman und Hennings haben überwiegend enttäuscht, warum als nicht mal Iyoha vorne rein? Und Appelkamp muss in ZOM, wer sonst hat seine Fähigkeiten? Nicht zu vergessen Klarer, der jetzt endlich mal eine Chance gegen Aue bekommen muss.

      Aue hat heute 8 Stück bekommen, wird Sonntag also wieder „gefährlich“ für Fortuna 😉 .

      Die Kaderplaner haben viel Arbeit in Bezug auf die nächste Spielzeit.

      Antwort
    • Ui, das ist dem Ergebenen lange nicht passiert… Danke für den Hinweis – schon korrigiert!

      Antwort
  • „Überhaupt ist inzwischen die größte Sorge Ihres in Ehren ergrauten Analysten, dass Uwe Rösler und sein Team ein paar Spieler sauer fahren. Und zwar entweder genau dadurch, dass sie nicht ihren Fähigkeiten entsprechend eingesetzt und positioniert werden oder dass sie zu selten oder nie oder zu spät eingewechselt werden.“

    BESTENS, Ergebener !!!

    Und an MAGIERTOM:

    „Trotzdem, einen Koutris kann man nicht für einen Hartherz wechseln (Hartherz ist der Etatmäßige LV), weil der Unterirdische Leistung bringt.“

    Bin nicht so sicher, auf wen sich „der“ grammatikalisch beziehen soll…
    Fußballerisch kann man den stümpernden Fehleinkauf Hartherz doch wohl nicht ernsthaft gegen den hochbegabten Koutris ausspielen!

    Mein Tipp last but not least:
    Wir spielen nächste Saison ohne Koutris (keine Lust mehr hier), Kownacki (dito) und ggf. Appelkamp; wenn Neuhaus nämlich in Ostholland kündigt, ist A. keine vier Wochen später Borusse.
    Die haben dann nämlich die Knete.

    Und dann wird dank Adam Bodzweg alles wieder gut.

    Antwort
  • In der App F95 Fans wird auf einen Artikel der Sportstadt Düsseldorf verlinkt. Wieder Mal hochinteressant, wie dort einige Spieler gesehen werden und warum es letztendlich nicht reicht bei Fortuna. Einiges aus dem Artikel wurde hier vom Autor und den Kommentatoren auch schon erwähnt.

    Antwort
    • Guter Hinweis, Danke! Der Artikel trifft in allen Bereichen voll zu!

      Antwort

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