Dynamo vs F95 1:0 – Die typisch fortunistische Emotion fehlt, nicht nur beim Trainer
Analyse · Nach der erneuten Niederlage – dieses Mal gegen eine Mannschaft, die zuvor fünf Spiele verloren hatte – kann es nur zwei ziemlich radikale Reaktionen geben: eine hochemotionale und eine nüchtern-objektive. Ihr sehr Ergebener mag nicht einstimmen in den Chor der Fans, die wieder auf alles einschlagen, was bei der Fortuna zwei Beine hat. Die Spieler als Gurken, Luschen, Versager oder Püppchen zu beschimpfen, zeugt ohnehin nur von fußballerischer Ahnungslosigkeit. Einen Rauswurf von Trainer Preußer zu fordern, ist dagegen auch objektiv angemessen. Dass nun inzwischen nicht mehr nur Sportvorstand Uwe Klein, sondern auch Klaus Aloffs Zielscheibe der Fanwut ist, überrascht doch ein wenig. Wenden wir uns spaßeshalber einfach den Fakten zu. [Lesezeit ca. 7 min]
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Und die findet man eben immer auch in den offiziellen Statistiken; denen einfach nicht zu glauben, hat auch etwas Querdenkerisches. Die beste Nachricht des Spiels ist eigentlich, dass das F95-Team dem Gegner mit einer Zweikampfquote von 62 Prozent in dieser Hinsicht überlegen war, dass die Männer in Rot die Preußer’sche Forderung nach Zweikampf, Zweikampf, Zweikampf also gut umgesetzt haben. Suchen wir in den Messwerten nach den Ursachen der Niederlage, dann finden wir sie WIEDER EINMAL in einer unterirdischen Passquote von nur 71 Prozent laut Kicker; bundesliga.de hat dagegen in dieser Statistik ordentliche 77 Prozent ermittelt. Weiter: Während die Dynamesen am Ende 116,5 Kilometer auf der Uhr hatten, waren es bei den Fortunen nur 113,4. Auch das zieht sich durch die Saison.
Wir finden also – ganz ohne Beschimpfung – erhebliche Schwächen im Passspiel und eine schlechte Laufbereitschaft. Und wenn aus 11 Torschüssen und 5 Ecken kein Tor erzielt wird, muss man von mangelhafter Chancengenerierung und -verwertung sprechen. Ganz schön viel Schwächen für eine Mannschaft, die nominell aus (objektiv) gar nicht so schlechten Spielern besteht. Die Objektivität kann man hilfsweise aus den Kicker-Noten destillieren. Da haben wir – wenig überraschend – einen Khaled Narey mit einem Durchschnitt von 2,55. Der Rest bewegt sich im Bereich zwischen einer guten 3 und einer 3,8. Nehmen wir zum Vergleich die Nürnberger (mit denen die Fortuna sich in dieser Saison am ehesten messen könnte), dann sieht es da ziemlich genauso aus. Aber auch die führenden Teams von Darmstadt, St. Pauli und Paderborn liegen nur unwesentlich besser. Es muss also an etwas anderem liegen als einem angeblich schlechten Kader voller Fehleinkäufe.
Die F95-Stimmen nach dem Spiel lesen sich inzwischen wie vorgestanzt. Preußer fand, dass seine Jungs „ganz ordentlich im Spiel“ waren, zumindest in den ersten 35 Minuten. Hennings konstatiert einen guten Auftritt in der ersten Hälfte, aber zu wenig Torchancen in der zweiten. Und Käpt’n Bodze sah den Elfer „das Momentum auf Dresdner Seite“ ziehen und erkannte Schwächen im Umschaltspiel. Was aber – leider nicht messbar – wirklich auffiel, war, dass die Roten einem Kontrahenten, der mit starkem Willen auftritt, nichts entgegenzusetzen haben. Das lag in Dresden gar nicht mal so sehr am fehlenden Kampfeswillen – gerade in der ersten Halbzeit gingen die Fortunen auf jeden erreichbaren Ball, holten viele zweite Bälle und ließen sich ds Ei nur selten abknöpfen.
Zum Glück waren gestern die individuellen Fehler nicht spielentscheidend. Aber, da war er wieder, der berühmt-berüchtigte Kastenmeier-Moment. In der 35. Minute hat Flo zwei Gelbschwarze vor sich, will zwischen denen hindurch abschlagen und trifft einen Gegner in den Rücken. Erstens entschärft er die Situation selbst, und zweitens stand der Schütze im Abseits. Und doch kommen wieder Leute aus den Löchern, die ihn als Nichtskönner beschimpfen, dieses Mal, weil er beim Elfer keine Reaktion zeigte. Ja, das kommt vor, dass ist auch schon Cracks wie Neuer und Kahn passiert. Dafür ist Kastenmeier einer der wenigen Torhüter in der Liga, die sich durchgehend am Spielaufbau beteiligen.
Einen Megabock schoss Tim Oberdorf in der 72. Minute. Einen Querpass unweit des eigenen Tors, legte er einem Dresdner in den Sprint. Und plötzlich sind zwei Schwarzgelbe frei vor dem Tor. Kastenmeier verkürzt den Winkel, und Chris Klarer putzt die Pille aus dem Fünfmeterraum. Apropos: Ob das Foul im eigenen Strafraum in der 42. Minute ein Fehler war, lässt sich nicht sagen, eine Dummheit war es in jedem Fall, den einschussbereiten Gegner von hinten anzugehen; da trifft man bei aller Vorsicht gern mal dessen Knochen.
Kollektiv war das Passspiel in der angeblich so ordentlichen ersten Hälfte eine Katastrophe – zwischenzeitlich lag die Quote bei knapp über 60 Prozent. Das heißt: Mehr als jeder dritte Pass kam nicht beim eigenen Kollegen an. Und das war dann auch der Schlüssel dazu, dass die glorreiche Fortuna in den ersten 45 Minuten gerade mal vier Torschüsse zustande brachte, von denen man zwei bei gutem Willen als Chancen bezeichnen würde. Ist doch klar: Wenn die Pässe nicht ankommen, kann man keine erfolgreichen Angriffszüge spielen. Weil den Dresdner kaum mehr gelang, waren die offensiv ebenfalls ungefährlich.
Was tatsächlich in den ersten 35 Minuten gut aussah – und das meinte Preußer vermutlich mit „ordentlich“ – war das hohe Pressing mit Emma Iyoha, Rouwen Hennings und Khaled Narey. Der war nominell auf der linken Seite eingesetzt, während Felix Klaus auf rechts angreifen sollte; aber die beiden rochierten häufig. Und wenn Klaus nicht wieder so eine Partie geliefert hätte, bei der er bemüht aussah, aber wenig bewirkte, wäre sicher mehr Gefahr von diesem Flügel ausgegangen. Tatsächlich geschah das erst, als Narey in der zweiten Hälfte dann ganz auf die rechte Außenbahn vor Zimbo Zimmermann wechselte … der übrigens ein im Rahmen seiner Möglichkeiten gutes Spiel lieferte.
Ao Tanaka, der überraschend anstelle von Cello Sobottka ins Mittelfeld gerückt war, brauchte volle 50 Minuten, bis er sich das eine oder andere Herz fasste und das Spiel an sich zog. So überragend der in der japanischen Nationalelf auftritt, so gehemmt wirkt er immer (noch) bei der Fortuna. Gerade seine Diagonalbälle sind hervorragend, er hat einen guten Überblick und ist recht passsicher. Dafür aber ließ er sich in der ersten Halbzeit ein ums andere Mal den Ball abluchsen. Vergleichsweise unauffällig agierte Käpt’n Bodze, der aber auf seiner Position recht selten gefordert war.
Nun hatte sich Coach Preußer für zwei Spitzen entschieden, was bei den von ihm bevorzugten Systematiken fast zwangsläufig ein 4-4-2 mit sich bringt, das in der Realität eher wie ein 4-2-2-2 daherkommt, denn die beiden Sechser – in diesem Fall eben Bodzek und Tanaka – spielen nie auf einer Linie mit den Außenläufern (Klaus und Narey), sondern vertikal gestaffelt vor der Viererkette. Das erfordert für ein druckvolles Angriffsspiel, dass die Außenverteidiger immer mit nach vorne müssen; beziehungsweise immer einer von ihnen, während der andere ein Stück zurückbleibt. Jetzt muss man sich fragen, ob die aufgestellten Spieler gut in dieses System passen. Und da stellt sich wie so oft die Frage nach den Pärchen auf den Flügeln.
Gelernt haben wir, dass es mit Zimmermann und Narey auf der rechten Seite ganz gut funktioniert. Die Kombi aus Hartherz und Klaus erwies sich dagegen als weitgehend wirkungslos, aber auch wenn Narey auf links spielte, kam wenig dabei rum. Wenn Hartherz, dann Peterson – so sieht es anscheinend aus. Dieses Duo entstand ab der 63. Minute nach dem Wechsel von Klaus auf Peterson. Ein bisschen überraschend und einigermaßen spät ersetzte dann Leonardo Koutris ab der 81. Minute Flo Hartherz. Der Brasilgrieche brannte und leistete sich dabei einige harte Aktionen, die aber folgenlos blieben. Es war aber zu erahnen, dass das Duo aus Koutris und Peterson sehr viel mehr Schwung auf den linken Flügel bringt als eben Hartherz plus Klaus.
Ganz generell stellt sich aber immer mehr die Frage nach einer Dreierkette, also einem astreinen 3-5-2. Nach Ansicht einiger Experten, denen sich der Ergebene gern anschließt, würde eine solche Systematik sehr viel besser zum Kader passen, gerade weil mit Tim Oberdorf ein weiterer Innenverteidiger herangewachsen ist. Selbst ohne Andre Hoffmann wäre eine Dreierkette mit Klarer, Oberdorf und Bodzek gut vorstellbar. Möglichkeiten für verschiedene Doppelspitzen gibt es schon jetzt – auch wenn er noch nicht so recht einschlagen will, sollte man Robert Bozenik nicht abschreiben, und Emma Iyoha zeigt bei seinen ersten vollen 90 Minuten nach langer Zeit eine ansprechende Leistung.
Und, ja, spätestens nach gestern wird über Trainer Preußer und seinen Verbleib zu reden sein. Das Blöde ist, dass man ihm – objektiv betrachtet – wenig vorwerfen kann. Dass er nach Trainingsleistung aufstellt, hat er unter Kollegen nicht exklusiv. Dass er sich mit flexiblen Systemen, also auch Umstellungen der Systematik im Spiel schwertut, war nicht zu erwarten, ist aber so. Aus Sicht von Menschen, die der Fortuna schon lange verfallen sind und schon Hunderte F95-Partien in guten wie in schlechten Zeiten gesehen haben, erscheint Christian Preußer aber immer mehr wie ein Fremdkörper – es gelingt ihm nicht, Emotionen zu zeigen, vielleicht hat er aber auch keine, und das ist in höchstem Maße unfortunistisch.
Jede:e erfahrene Fortuna-Zuschauer:in kennt das, wenn ein Spiel vor eigenem Publikum eng wird, dass dann schon eine kleine Schiri-Fehlentscheidung die Leute auf den Rängen entzünden kann, dass es dann laut und wütend wird und sich diese emotionale Energie auf die Spieler auf dem Rasen überträgt. Wie viele Partien hat die glorreiche Fortuna so noch gedreht! Und immer, wenn alles auf dem Platz und auf der Bank ruhig und sachlich zugeht, wird das jeweilige F95-Team ebenfalls zu einer Schlaftablette. So gesehen hatte Uwe Rösler, der objektiv viel mehr zu kritisieren war als Preußer, mehr Fortuna-Blut in sich.
Leider erstreckt sich das kühle Temperament nicht nur auf Christian Preußer. Da fehlt auch ein Axel Bellinghausen an der Bank, der durch schieres Rumhopsen und -schreien schon mal die Mannschaft nach vorne bringen konnte. Und, was das Schlimmste ist, da fehlen Spieler im Kader, die auch mal laut werden, die ihre Kollegen ernsthaft antreiben können, die man als Führungspersönlichkeiten sehen könnte – so Typen wie Kaan Ayhan, beispielsweise. Nein, eine Fortuna ohne große Gefühle funktioniert nicht. Und, auch das muss man leider konstatieren, der aktuelle Vorstand (Röttgermann, Allofs, Klein und Koke) ist auch nicht gerade ein emotionaler Hexenkessel. Vielleicht ist diese durchgehende Coolness aber auch genau der Preis, den die Fortuna auf dem Weg aus dem Chaos der Nullerjahre hin zu einem (halbwegs) professionellen Fußballclub zu zahlen hatte. Es ist an der Zeit, das wieder zu drehen. Denn sonst bleiben noch mehr Fans weg.
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Dafür dass ich mich gestern lieber anderen Dingen draußen gewidmet und erst spät am Abend mal nach dem Ergebnis geschaut habe eine gute Zusammenfassung, die für mich das Geschehen gestern im Dresdenr Rudolf-Harbig-Stadion sehr anschaulich darstellt.
PS: Weshalb eigentlich zum Ende diese komischen Doppelpunkte?
Gut zusammengefasst. Was genau an dem eigentlich besseren Kader im Vergleich zum Tabellenplatz nicht stimmt, müssen Verantwortliche bei Fortuna herausfinden. Nicht der Mob in den sozialen Medien. Ich denke aber, da gibt es keinen, der das kann. Herr Klein sicher nicht, er ist verantwortlich für den in Teilen lückenhaften Kader. Bei Herrn Allofs sieht es leider wohl auch so aus, dass er lieber eine Wohlfühloase bevorzugt.
Zum Ende der Hinrunde stelle ich für mich fest, dass nach den verschenkten Spielen immer die gleichen Sprüche und Aufarbeitungen kommen. Ohne daß sich etwas ändert.
Am Freitag werde ich nach vielen, vielen Jahren zum ersten Mal wieder meine Karte für das Heimspiel in den Reisswolf schieben. Meine Freizeit bietet mir bessere Möglichkeiten, als das Gegurcke. Ändert sich jetzt nichts entscheidend, gibt es die nächsten drei Spiele heftige Klats Henning.
Klaus Henning sagt die Autokorrektur ?? Heftige Klatschen, schrieb ich 🙂
Danke, das nicht nur mir das so geht, das mir im Moment im Verein die Emotion fehlt. Das nervt mich richtig. Preusser ist was das angeht nicht schwingungsfähig, wie mir scheint. Weder freut er sich richtig, noch ärgert er sich richtig. Wenn das in der Kabine ähnlich vor sich geht, kein Wunder, das die Spieler überwiegend auch so seltsam unbeteiligt spielen.
Es gibt wenig zu lachen, guckstu hier den vollsten Optimismus:
„Diese Co-Trainer könnten Preußer bei Fortuna helfen“
https://rp-online.de/sport/fussball/fortuna/moegliche-co-trainer-fuer-christian-preusser-bei-zweitligist-fortuna-duesseldorf_bid-64199011
Ich würde Holger, Stefan Reisinger UND den Thommy verplichten, das wäre cool: so viel Sachverstand und so viel Nostalgie! Die kosten bestimmt auch nicht viel.
Vorsichtshalber auch noch Sven D., wenn wir uns diese alte linke Klebe leisten können; bitte aber nicht den Norbert, der ist einfach zu dickköpfig.
Das ganze kann Preusser selber nicht mehr lösen. Es bleibt die ungute Vermutung, dass wir bis Weihnachten auf einem Abstiegsplatz stehen, wo wir auch mit diesen Leistungen hin gehören. Rouwen Hennings ist ein absoluter Fremdkörper als Anspielstation und Bindung zum Spiel und hat überhaupt kein Tempo.
Bei Hartherz brennt es immer lichterloh auf der Seite. Die Zuschauer werden jetzt wegbleiben.
Ich denke auch das reicht jetzt. Die Mannschat wirkte hilflos und sie spielte nicht gegen Bayern München. Die Mannschaft braucht jetzt eine Lösung von außen.