Alle Jahre wieder: die aufgeregte Trikot-Diskussion
Nicht alle Fortuna-Fans sind mit dem neuen Ausweichtrikot in Lila und Pink einverstanden – vor allem wegen des Vereinswappens.
Meinung · Die Fortuna-Mitarbeiter:innen, die für die Gestaltung der Trikots einer Saison verantwortlich sind, können es nie allen Fans rechtmachen. Immerhin hat es sich dank Satzung durchgesetzt, dass Heim- und Auswärtstrikot immer Rot oder Weiß als Grundfarbe haben. Ob die Jungs dann einfarbig herumlaufen, quer- oder längsgestreift, kann nur als Geschmacksfrage diskutiert werden. Dass das von der DFL verlangte Ausweichtrikot meist in Schwarz und/oder Grau gestaltet war, hatte immer die Unterstützung der Fans. Und über Sondertrikots kann man noch zusätzlich streiten. So findet Jahr für Jahr vor Saisonbeginn eine weiträumige Diskussion auf den verschiedenen „sozialen“ Plattformen über die neuen Trikots statt – den Ergebenen langweilt das. [Lesezeit ca. 4 min]
Langjährige Leser dieses kleinen F95-Blogs wissen, dass der Ergebene durch und durch Fußballromantiker ist. Und das nicht nur aus emotionalen Gründen, sondern weil er die sozio-kulturelle Komponente des Fußballs immer noch so sehr schätzt. Deshalb war und ist für ihn die alljährliche Trikot-Diskussion nebensächlich und sinnlos. Weil er als – siehe oben – Romantiker Merchandising an und für sich ablehnt. Im ergebenen Schrank hängen genau drei Trikots: Ein schwarzes Tote-Hosen-Leibchen von 2004, das blaue Köbes-Hemd (ein Geschenk) und das weiß-rot gestreifte Trikot mit dem Schriftzug „Fortuna“ anstelle irgendeines Sponsornamens, das die Fanszene vorletztes Jahr selbst entworfen und verkauft hat. Für die Stadtwerke, Otelo oder die Targobank Reklame zu laufen, käme eurem Ergebenen niemals in den Sinn. Das als Vorrede.
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Nun ist der Betreiber der Fortuna-Punkte aber auch optimistischer Realist beziehungsweise realistischer Optimist und als solcher bereit und in der Lage, die Business-Realitäten im modernen Fußball zu erkennen. Ja, unser geliebter Fußball hat auch eine wirtschaftliche Seite, und zwar eine, die in den letzten 25, 30 Jahren kontinuierlich an Bedeutung gewonnen hat. Und, ja, der Profifußball ist heutzutage vor allem ein Teil der Unterhaltungsindustrie.
Der Zirkus will finanziert werden. Investitionen sind nötig, um (sportlich) erfolgreich mitmischen zu können. Und irgendwo muss die Kohle ja herkommen. Bei den Vereinen, die den Spielbetrieb ihrer ersten Herrenmannschaft in eine Kapitalgesellschaft ausgelagert haben, ist diese Finanzierung samt möglicher Gewinnerzielung sogar DER Geschäftszweck. Bei einem eingetragenen Verein wie der Fortuna sind – wie bei den „großen“ internationalen Clubs – die Einnahmen aus dem Merchandising eine wichtige Säule, die zum Budget beitragen.
Die Geschichte der Trikots als Fankleidung ist uralt. Schon der heisere Anhänger, der 1967 den F95-Aufstieg in Offenbach mit „Pitter Maier, eieiei“ feierte, hatte ein rotweißes Trikot am Leib. Die Fans der glorreichen DEG in den Siebzigerjahren trugen entweder einen handgestrickten rotgelben Pullover oder eben ein Originaltrikot an. Den ersten Aufschrei der Fans gab es bereits in den Achtzigerjahren, als Epson zum Großsponsor der DEG wurde und die Cracks fortan in türkisfarbigen Hemden auflaufen mussten.
Für eingefleischte Anhänger sind die Farben der im Merchandising angebotenen Trikots eben nicht bloß eine Geschmacksfrage. Deshalb heißt es nach einer wegweisenden Änderung in der Satzung des Düsseldorfer Turn- und Sportverein Fortuna 1895 e.V. im Absatz (3) des § 1 wörtlich „Die Vereinsfarben sind Rot-Weiß. Das Emblem des Vereins ist ein roter Kreis mit weißem Schriftzeichen ‚F95‘ in zwei parallellaufenden weißen Kreisen.“ Dass das gerade präsentierte Ausweichtrikot das Logo in Pink zeigt, kann also als Satzungsverstoß betrachtet werden. Genau wie in den Fällen, in denen die Verantwortlichen das Signet in Grau anbringen ließen.
Was den Ergebenen aber eher ärgert als amüsiert: Dass man nun die Farben Lila und Pink für dieses dritte Trikot verwendet, wird von den Merchandisingfuzzis als „mutig“ bezeichnet. Ja, klar… Man hängt sich damit an den Erfolg des ebenfalls in diesen Farben blinkenden Trikots der DFB-Auswahl an. Kann man machen. Aber ähnlich wie beim DFB soll diese Farbwahl so etwas wie Offenheit für Diversität signalisieren, denn immer noch gelten Violett und Rosa als „schwule“ Farben – finden diejenigen, die solche Trikots entwerfen. Das ist im Jahre 2024 mindestens albern, wenn nicht sogar wieder diskriminierend gegenüber Menschen mit nicht-heterosexueller Ausrichtung.
Macht aber wenig Sinn, daraus eine Grundsatzfrage zu machen – wie es momentan bestimmte Kreise der Fanschaft tun. Der Erfolg gibt den Machern Recht, denn das neue Auswärtstrikot war gestern bei der F95-Kirmesveranstaltung gleich ein Verkaufshit. Denen, die sich in Relation zu denen, die sie „Eventies“ nennen, als „echte“ Fans verstehen, sei gesagt: Soll Merchandising erfolgreich sein und Kohle bringen, kann es sich eben nicht an die aktiven Supporter wenden, sondern an diejenigen, die Fußball letztlich als Unterhaltung begreifen. Die wissen nicht um die Befindlichkeiten der „wahren“ Anhänger, die wollen mit dem Erwerb und dem Tragen eines offiziellen Trikots nur das Fanverhalten nachahmen, dass ihnen die verblödeten Medien Tag für Tag in die Hirne waschen.
Auf diese Klientel mit milder Verachtung herabzuschauen, ist falsch. Gerade im Sinne des Konzepts „Fortuna für alle“, mit dem die Verantwortlichen die Zielgruppe erweitern wollen. Denn es geht um die langfristige Existenzsicherung des Vereins in einem durchkommerzialisierten Umfeld. Den Bestand der Fortuna mit allen Mitteln zu sichern, ist notwendig und eindeutig die Aufgabe des Vorstands und der nachgeordneten Abteilungen. Deshalb ist gegen das lilapinkte Ausweichtrikot eigentlich nichts einzuwenden – nur das satzungsgemäße rotweiße Emblem, das hätte nicht angetastet werden dürfen.
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„Schon der heisere Anhänger, der 1967 den F95-Aufstieg in Offenbach mit „Pitter Maier, eieiei“ feierte, hatte ein rotweißes Trikot am Leib.“
Hatte ich nicht, war vielmehr mit 16 brav und bieder gekleidet, als ich neben Jupp Hellingrath beim Platzsturm stolzierte (dokumentiert in WZ-Foto!).
Daher habe ich im Laufe der Zeit im Unterschied zum nur schmal ausgerüsteten Ergebenen 😉 ein Dutzend Trikots gesammelt, seit ich mir das leisten kann. Ich freue mich, dass der Ergebene Absolution bezüglich des „Ausweich-Erwerbs“ erteilt hat, werde es allerdings nur im privaten Umfeld tragen, obwohl ich die Fehlfarben beim Vereinslogo gar nicht schlimm finde …
Mir ist zu Ohren gekommen, dass unsere Merchandise Abteilung dieses Trikot bereits VOR der Veröffentlichung des EM Trikots entworfen hatte… nur ein Gerücht? Wer weiß…