Die F95-Expertenrunde: Wechselnde Kneipen, stabile Experten
Wann genau unserer kleinen Gruppe Fortuna-Freund:innen von wem der Ehrentitel „Expertenrunde“ zugeteilt wurde, ist nicht überliefert. Dass es im Bilker Häzz geschah, ist dagegen belegt.
Lesestück · Es gibt Allesfahrer (Schönen Gruß an die Sauerländer, die es sich gerade im Trainingslager von Marbella gutgehen lassen!), und es gibt Fortuna-Fans, die regelmäßig und aus verschiedenen Gründen gewissen Stadien von Konkurrenzclubs besuchen, wenn die Rotweißen dort antreten. Dann sind da noch die diversen Insassen von Fanclubs, die fast zu jeder Auswärtsbegegnung per Bus anreisen. Und dann noch die Rosinenpicker, die man gern in Erste-Klasse-Abteils der Bahn antrifft, nachdem sie ein Wochenende in einer interessanten Großstadt rund um ein F95-Spiel verbracht haben. Wer aber nicht alles fährt, der trifft sich gern zum Rudelguck in einer netten Kneipe Düsseldorfs. Und dort bilden sich über die Jahre immer wieder mehr oder feste Grüppchen, die sich dort immer treffen. So auch die sogenannte „Expertenrunde“, zu der sich zählen zu dürfen der Ergebene das große Vergnügen hat. [Lesezeit ca. 6 min]
Nun verliebte sich dieser Ergebene erst um 2004 herum wieder in die launische Diva und begann, zu den Heimspielen zu pilgern, während er Auswärtspartien am Radio oder Ticker verfolgte und sich auf die Ausschnitte in der Sportschau freute. Das Interesse wuchs und nahm Formen von Sucht an. Da er noch nicht so weit war, zu Begegnungen in der Ferne anzureisen, begann er die Suche nach Orten, an denen er im Kreise Gleichgesinnter Fortuna gucken konnte.
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Volles Haus in der Bar95
Tja, und da lag das F95-Vereinsheim am Flinger Broich nahe, das nach umfangreichen Renovierungsarbeiten und Umrüstung auf Gastronomie Bar95 hieß. Wo man nach den Spielen der Zwoten gern einkehrte, dachte der Ergebene, kann man bestimmt auch gut im Rudel Auswärtsspiele gucken. So war das auch.
An bestimmte Partien mit bestimmten Leuten erinnert sich der Ergebene leider nicht mehr. Dass es aber ein paar Mal wirklich rappelvoll war und es nicht ganz einfach, an die benötigte Menge Altbier zu kommen, das weiß er noch. Zuletzt war er im Sommer 2023 da – Auswärtspartien der glorreichen Fortuna werden da immer noch gezeigt.
Noch vollere Hütte bei Agi im Antoniushof
Es ist der Prototyp eines Traditionsgasthauses – der Antoniushof am Fürstenplatz. Und weil der Ergebene in Spuckweite vom Fürstenplatz geboren und aufgewachsen ist, gehört der Antoniushof zu seiner Heimat im engeren Sinn. Vor gut 25 Jahren hat es ihn wohntechnisch wieder ins Viertel gezogen. Dass der A-Hof – wie er aktuell neumodisch heißt – zu seinem Domizil wurde, lag auf der Hand.
In diesen langen Jahren hat der Ergebene etliche Wirte kommen und gehen sehen. Manchmal wurde der Laden zu einer muffigen Bude mit fettigem Essen. Mal trauten sich nur die Kegelbahnbenutzer, dort gefertigte Speisen zu sich zu nehmen. Dann gab es Vollversager, die alles dafür taten, Gäste zu vertreiben. Und dann waren da aber auch Pächter, die mit Liebe und Herzblut dafür sorgten, dass sich tout Fürstenplatz regelmäßig im Antoniushof traf. Momentan managt Alex den Laden – ja, den kennt man vom Vossen, dazu später mehr -, und der Laden brummt wie blöde. Ohne Reservierung ist kaum je ein Platz zum Abendessen zu haben; in der warmen Jahreszeit sitzt man gern draußen und freut sich am Quietschen der Straßenbahn, wenn sie die enge Kurve aus der Morsestraße nimmt. Nur eines fehlt dem Ergebenen zum Glück: Der A-Hof hat keine Fernseher und natürlich auch kein Sky-Abo – also, nix mit Fortuna-Gucken.
Das war mal über ein paar Jahre anders als der Antoniushof schon einmal unter genialer Leitung stand. Agi hieß die Wirtin, die den Laden mit starker Hand leitete. Und weil sie Sky im Abo hatte, um die von ihr vermuteten vielen Fans irgendwelcher Erstligaclubs anzulocken, wären auch Live-Übertragungen von F95-Spielen möglich gewesen. Aber dazu mussten wir sie erst überreden… Nun gut, in den Zeiten, in denen sich weniger als 12.000 Unbeirrbare bei Heimspielen in der Arena verloren, trafen sich die immergleichen fünf bis sieben F95-Fans vor den vielen Flachbildschirmen im weiträumigen Antoniushof. Wir wurden toleriert.
Aber dann kam das Jahr 2011. Plötzlich lag der Aufstieg in Reichweite. Bei welchem Spiel genau es war, weiß der Ergebene nicht mehr. Aber an einem sonnigen Sonntag fielen auf einmal die Massen bei Agi ein. Es sollen bis zu 200 Menschen in der Kneipe, im Saal und draußen da gewesen sein – darunter viele, die man aus dem Umfeld gut kannte. Darunter der Schauspieler und Filmemacher Lars Pape, der uns 2006 die unfassbar schöne Doku „Warum halb vier?“ geschenkt hat und bekanntlich glühendster Verehrer der wunderschönen Fortuna ist.
Im Bundesligajahr war die Bude dann öfters voll. Aber – der Ergebene weiß es nicht mehr genau – 2013 oder 2014 endete Agis Ära im Antoniushof, und die Nachpächter waren zu blöd, sich Fortunafans als Stammgäste heranzuziehen.
Manchmal voll im Vossen
Heimatlos geworden trieb sich der Ergebene danach bei Auswärtsspielen, zu denen er nicht reiste, hier und da herum. Und landete schließlich eher zufällig um die Ecke im Vossen. Übrigens ebenfalls ein Etablissement, das der bereits erwähnte Alex führt und schon vor Jahren zu einem Treffpunkt der Nachbarschaft und Geheimtipp für Messegäste gemacht hat. Ha! Dort gab’s jede Menge Fernseher und ein Sky-Abo sowie einen festen Kreis von um die zwölf Menschen, die dort immer einliefen, um Fortuna auswärts zu gucken.
Zu diesen Immer-da-Sitzenden fand der Ergebene nicht so richtig Kontakt. Manchmal traf er dort andere nette Leute mit F95-Interesse, und irgendwann verabredete er sich zum ersten Mal mit Stadio-DJ Opa, in Oberbilk ansässig, im Vossen – es könnte diese fürchterliche 5:1-Pokalniederlage in Nürnberg im Oktober 2015 gewesen sein.
Immerhin hatte sich jetzt die Keimzelle der inzwischen legendären Expertenrunde gebildet…
Heiße Tage im Bilker Häzz
War es im April 2016, dass sich die Kunde unter den Freunden und Freundinnen der wundervollen Fortuna verbreitete, der legendäre Micha Nord habe eine Kneipe in Bilk übernommen? Dass der gute Micha der Gastronomie zugeneigt ist, hatte er schon in seiner Zeit in der Bar95 bewiesen. Jetzt aber hatte er sich seinen Traum wahrgemacht und aus einer wirklich üblen Säuferkneipe an der Ecke der Bilker Allee zur Jahnstraße eine urgemütliche Bar gemacht und ihr den feinen Namen „Bilker Häzz“ verpasst. Das MUSSTEN wir hin!
Natürlich hatte Micha Sky in seinem Laden, natürlich traf man sich aus dem Stand zu Auswärtsspielen der Fortuna dort. Waren es anfangs die üblichen Verdächtigen, wurde es spätestens ab Anfang 2017 oft so voll im Häzz, dass man gut daran tat, sich ein Plätzchen mit freiem Blick auf einen Bildschirm zu reservieren. Das taten der Opa und der Ergebene regelmäßig, und bald gesellten sich Fankollegen in wechselnder Besetzung dazu. Wichtig war: Immer schön mehr oder feine oder blöde Witze zu reißen, gaaanz wichtig. Und lauthals Meinung zum Spiel abzusondern.
Irgendwann nahm irgendwer unsere Kommentare zu ernst und brüllte – nachdem wir uns mächtig geirrt hatten – „Ihr seid vielleicht Experten!“ Klar, dass die Gruppe retournierte: „Wir sind ja auch eine Expertenrunde!“ Das war die Geburtsstunde, und bei einem der nächsten Spiele lag auf dem angestammten Stehtisch der Reservierungszettel mit der Aufschrift „Expertenrunde“. Noch in der Ära des Häzzens rundete sich der Expertenclub auf sechs mehr oder weniger feste Insassen, die unter anderem den Aufstieg 2018 gemeinsam dort feierten.
Gerettet in der Retematäng
Gastronomen wissen, dass der Abo-TV-Versender Sky spätestens 2018 den Hals nicht mehr vollkriegte und die Gebühren für die Nutzung in Kneipen drastisch erhöhte; auch, weil sich die Verantwortlichen mit Fantasiesummen die Bundesligarechte ersteigert hatten. Mich Nord wollte dieses Rattenrennen völlig zu Recht nicht mitmachen und rechnete jedem, der es hören wollte, genau aus, welche Umsätze er mit TV-Tagen machen müsste, um auch nur die Gebühren zu zahlen. Dies im eher kleinen Häzz zu erwirtschaften, war unmöglich.
Zentnerschweren Herzens machte sich die inzwischen gefestigte Expertenrunde auf die Suche nach Asyl. Eine Menge an Kneipen kam in Frage, zumal der eine oder die andere schon zu Häzz-Zeiten gelegentlich untreu geworden waren. Man konnte ja auch in der Kassette (Gibt’s leider nicht mehr) oder in der Blende oder irgendwo in der Altstadt gucken. Brachte aber alles irgendwie nicht das Feeling wie im Häzz…
Die Rettung kam aus unerwarteter Richtung. Denn es gab da einen Altstadtwirt namens Daniel Vollmer, der verrückt genug war, im Dezember 2018 eine neue Kneipe zu eröffnen, die sich an den guten, alten Altstadtkneipen orientierten und die er mit großem Mut „Retematäng“ nannte. Und zwar an der Ecke der Ratinger Straße und der Ratinger Mauer (mundartlich eben „Retematäng“), gegenüber vom Henkelsaal und schräg gegenüber vom Füchschen. Und weil er Daniel F95-bekloppt ist, bot er von Anfang an Live-Übertragungen der Spiele seiner Lieblingsmannschaft an. Und einen eigenen Fanclub namens „Retefortäng“ gab es dort auch gleich.
Seit der Saison 2019/20 hat die Expertenrunde in der Retematäng ihr Hauptquartier eingerichtet. Auch wenn sie nicht bei jeder F95-Auswärtspartie dort in voller Stärke aufläuft: Opa, Gogo, Matthias, Dieter, Silvie, Chris, Claudia oder den Ergebenen wird man dort sicher antreffen. Egal, in welcher Liga unsere geliebte Fortuna spielt, egal, ob sie gewinnt oder verliert.
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