Euer ErgebenerKolumnen

Fußballfans: Unsere Schiedsrichter:innen haben’s richtig schwer

Euer Ergebener möchte heute einmal eine fette Lanze für unsere Schiedsrichter und Schiedsrichterinnen brechen, Ja, wirklich…

Meinung · Aufgeweckt hat den Ergebenen die fantastische ARD-Serie „Unparteiisch„, die er sogar schon zweimal komplett gesehen hat – allein schon wegen der unglaublichen Aufnahmen aus zwei Fortuna-Heimspielen der vergangenen Saison: das gegen den hässlichen Äff-Zeh und das schockierende gegen Magdeburg. Noch nie wurde so intensiv und informativ über die Arbeit der Unparteiischen berichtet. Seitdem hat der Ergebenen einen Eindruck davon, wie schwer der Job für die Referees ist beziehungsweise geworden ist. [Lesezeit ca. 3 min]

Nein, Verständnis für die haarsträubenden Fehlentscheidungen gegen uns vom Jablonski und kürzlich dem Alt soll dieser Beitrag nicht wecken, obwohl inzwischen klargeworden ist, wie es zum jeweiligen Versagen gekommen ist. Die Schuld trägt die Institution des Video-Assistent-Referee, kurz: VAR. Außerdem haben es die diversen Regeländerungen der Verbände in den letzten Jahren den Schiedsrichter:innen viel schwerer gemacht als früher.

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Nein, früher war nicht alles besser. Vor der Einführung des VAR musste, durfte und konnte ein Referee immer auf Basis seiner eigenen Einschätzung Entscheidungen treffen. Statistiken darüber, wie oft sie dabei falsch lagen und ob es nach Einführung des Videobeweises besser geworden ist, gibt es nicht. Der Ergebene hatte das Gefühl, dass seit 2017 beziehungsweise 2019 die Zahl der Elfmeter und Platzverweise gestiegen ist – tatsächlich gab es bei den Handelfmetern eine Steigerung von durchschnittlich 36 auf 65 bis 85 Strafstößen pro Saison.

Dabei hatte er den Eindruck, dass es gerade in zwei Situationen öfter zu Strafstößen und Roten Karten gekommen ist: beim Handspiel und bei der sogenannten Notbremse. Wobei sogar einige Unparteiische offen zugeben, dass die Regeln zum absichtlichen Handspiel sehr viel komplizierter geworden sind und sie sich nach wie vor bei der Beurteilung unsicher fühlen.

Info:
Ein Handspiel liegt vor, wenn:

  • Der Arm unnatürlich vergrößert wird (z. B. über Schulterhöhe oder seitlich abgespreizt)
  • Der Ball den Arm unterhalb der Achselhöhle berührt (Grenze zwischen Schulter und Arm)
  • Der Spieler den Ball absichtlich spielt oder aktiv zum Ball geht
  • Der Arm in einer nicht fußballtypischen Bewegung gehalten wird (z. B. bei Sprüngen oder Grätsche

Kein Handspiel liegt vor, wenn:

  • Der Ball aus kurzer Distanz an einen natürlich gehaltenen Arm springt
  • Der Ball den Schulterbereich berührt (oberhalb der Achselhöhle)
  • Der Spieler keine aktive Bewegung zum Ball macht
  • Der Ball zuerst den Körper berührt und dann den Arm – ohne Absicht

Früher schrie das Stadion „Hand“, wenn ein Kicker den Ball absichtlich mit der Hand oder dem Arm mitnahm oder ablenkte. Heute schreien wir immer noch „Hand“, steigen dann aber meistens in eine längliche Diskussion darüber, ob der Arm unnatürlich vergrößert wurde (Durch eine kosmetische OP? Oder was?) oder in eine fußballuntypische Bewegung (Was wäre denn fußballtypisch?) bewegt wurde. Und dann muss der arme Schiri in Sekundenbruchteilen auch noch die Achselhöhle lokalisieren. Besonders die (vor nicht langer Zeit neu gefasste) Regel, dass es kein Handspiel ist, wenn der Ball zuerst den Körper des Kickers berührt und dann den Arm, scheint nicht eindeutig zu sein.

Tatsächlich ist es für eine:n Unparteiische:n beinahe unmöglich, die Regel samt ihrer Auslegungen in Sekundenbruchteilen und total unübersichtlichen Situationen anzuwenden. Ja, man kann sagen: Die Handspielregel rechtfertigt die Existenz des VAR. Was die Porträtierten in der erwähnten Serie zumindest durchscheinen lassen, ist die Tatsache, dass es Kolleg:innen gibt, die einfach spontan entscheiden und sich darauf verlassen, dass es der K**ner Keller schon richten wird. Das ist fatal und untergräbt den Glauben der Zuschauenden an die Kompetenz der Referees.

Die Unparteiischen leiden aber auch – das deuten sie ebenfalls an – darunter, dass ihre Entscheidungen für die betroffenen Vereine mitunter massive wirtschaftliche Auswirkungen haben und eben nicht nur sportliche. Weil das den mentalen Druck auf die Schiedsrichter:innen seit Jahren erhöht, haben sich auch ihre Ausbildung und ihr Training in den vergangenen zehn Jahren drastisch verändert. Körperlich müssen sie inzwischen auf dem Niveau von Erst- und Zweitligaspielern sein, das wird vom DFB streng abgeprüft. Dafür aber verdienen sie deutlich weniger: Das Grundgehalt liegt je nach Dienstalter bei 60.000 bis 80.000 Euro, FIFA-Schiris bekommen annähernd 90.000 Euro. Hinzu kommen Honorare pro Spiel von aktuell 6.000 Euro plus Spesen. Die wenigsten Insassen dieser Gruppe betreiben das Schiedsen übrigens hauptberuflich, wobei sie je nach ausgeübtem Beruf und Status (angestellt, verbeamtet, selbstständig oder freiberuflich) unterschiedlich viel Zeit neben der Tätigkeit für den DFB in ihre eigentliche Profession investieren.

Niemand von den in der Serie vorgestellten Personen nimmt die Sache leicht, fast alle machen sich tiefe Gedanken darüber, was ihre Tätigkeit für Auswirkungen hat. Und während einer Partie nehmen sie sehr wohl wahr, was sich im Stadion tut, wie Spieler, Stäbe und Zuschauende reagieren. Es ist ein physisch und psychisch unglaublich harter Job, den die Männer und Frauen mit der Pfeife da ausüben. Das sollten wir Fans einfach viel öfter respektieren und vielleicht auch mal durch Applaus honorieren.

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