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Puskás Akadémia FC: Testspiel gegen Orbáns Korruptionsprojekt – euer Ernst, Fortuna?

Am 17. Juli soll unsere Fortuna im Trainingslager im österreichischen Bad Leonfelden ein Testspiel gegen den ungarischen Erstligisten Puskás Akadémia FC austragen – wissen die Verantwortlichen eigentlich, womit sie es bei diesem „Verein“ zu tun haben?

Meinung · In Felcsút, einer 1.800-Einwohnergemeinde keine 40 Kilometer westlich von Budapest, steht seit 2014 die hochmoderne Pancho-Arena mit 4.000 Plätzen inmitten eines beinahe zwölf Fußballfelder großen Trainingszentrum mit eigenem Hotel und allem Pipapo. Es ist das Stadion eines „Vereins“, der sich Puskás Akadémia FC. Denn von einem Verein in unserem Sinn kann beim PAFC keine Rede sein. Es handelt sich um ein Retortenprodukt gegen das sich RB Leipzig ausnimmt wie ein hochseriöse Fußballsportprojekt. Denn gegründet hat dieses Ding im Jahr 2005 der amtierenden ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán, der in Felcsút aufgewachsen ist – sein Ferienhaus im Ort steht gleich neben dem Stadion. [Lesezeit ca. 4 min]

Fortuna-Fans, die an Politik interessiert sind und die Werte, für die unser Verein steht, hochhalten, sind entsetzt. Der langjähriger F95-Anhänger Hajo Kendelbacher schrieb an den Fortuna-Vorstandsvorsitzenden Alexander Jobst:

Hallo Herr Jobst,
ich habe zwei kurze Fragen: Soll das Spiel gegen Puskas Akadamia wirklich stattfinden? Und wie schätzen Sie die Vereinbarkeit dieses Spiel mit den Werten unseres Vereins ein.
Entsetzte Grüße
Hajo Kendelbacher

Und bezog sich dabei auf einen Artikel im Merkur aus dem April 2022, in dem der Autor Punkt für Punkt nachweist, auf welchem Korruptionssumpf der PAFC und das Pancho-Stadion erbaut wurde und betrieben wird. Dazu später mehr. Die Vereinsführung antwortete prompt:

Sehr geehrter Herr Kendelbacher,
uns ist dieser Artikel bekannt und wir kennen die Diskussionen rund um diesen Verein und die gesamte ungarische Sportpolitik.
Für uns ist dieses Testspiel gegen einen ungarischen Erstligisten auf neutralem Boden ein rein sportlicher Wettkampf im Rahmen der Sommervorbereitung.
Wir gehen keine Beziehung zu diesem Verein ein, laden ihn nicht zu uns ein, bzw. lassen uns nicht einladen und pflegen auch sonst keine Beziehung zu Puskas.
Wir kennen unsere Werte, leben diese und unterstreichen diese durch zahlreiche Maßnahmen. Durch dieses Testspiel sehen wir unsere Wertebasis nicht gefährdet.
Mit freundlichen Grüßen
Gabriele Huppertz
Mitgliederverwaltung

Den zweiten Satz muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Die Vereinsführung hält also das Korruptionsprodukt des Autokraten Orban, der die Präsidentschaft übrigens an seinen alten Kumpel Lőrinc Mészáros weitergegeben hat, für einen stinknormalen ungarischen Erstligisten. Was in mehrfacher Hinsicht nicht stimmt.

Die Corruptia des Viktor Orbán

Gegründet wurde Puskás Akadémia als Nachwuchs- und Farmteam des ungarischen Traditionsclub (gegründet 1941) Fehérvár FC, der in der Nemzeti Bajnokság genannten ungarischen Erstliga antritt. Der Club kommt aus der 100.000-Einwohnerstadt Székesfehérvár, etwa 30 Kilometer südwestlich von Felcsút gelegen.

Trainingsgelände des PAFC rund um die Pancho-Arena in Felcsút (Screenshot: Google Maps)
Trainingsgelände des PAFC rund um die Pancho-Arena in Felcsút (Screenshot: Google Maps)

2011, 2015 und 2018 wurde der FFC ungarischer Meister, und 1985 stand der Club im UEFA-Pokal-Endspiel. Sieben Mal stand Fehérvár im Pokalendspiel, zwei holten sie diesen Titel. Besitzer und Präsident des MOL FC Fehérvár ist ein gewisser István Garancsi, millionenschwerer Bauunternehmen und persönlicher Freund von Viktor Orbán – der wie Lőrinc Mészáros zum Korruptionsnetzwerk des Ministerpräsidenten zählt.

Besonders gern bedient sich diese Corruptia an EU-Gelder. Zwei Mio EU-Zuwendungen versenkten Orbán und Konsorten in den Bau einer Schmalspureisenbahn zwischen der Pancho-Arena und einem 5,7 Kilometer entfernten Naturschutzgebiet. Am Bau dieser sinnlosen Bahnlinie ebenso beteiligt wie am Bau der Pancho-Arena waren Mitglieder der Orbán-Bande. Genaue Zahlen darüber, was die gesamte Anlage in Felcsút rund um das Stadion samt der im Zuge des Baus notwendig gewordener Infrastruktur gekostet hat, existieren nicht, sehr wohl aber eine Liste der beteiligten, von staatlichen und umgeleiteten EU-Mitteln profitierenden Unternehmen. Der Puskás Akadémia FC und die Pancho-Arena in Felcsút sind markante Beispiele für das korrupte System Orbán.

PAFC als Erstligist

Im Jahr 2007 veröffentlichte Orbán auf der Website seines Fußballprojekts einen salbungsvollen Text:

Wer sich in Felcsút umschaut, wird überzeugt sein: Hier ist ein Ort, ein Sportverein, in dem die Jugend wirklich das Wichtigste ist. Ein Ort, an dem die Infrastruktur, das Know-how und die Sponsoren vorhanden sind, um Kindern und Jugendlichen zu dienen. Denn nur so kann der ungarische Fußball aufgebaut werden: wenn wir vor Ort, von unten nach oben, alles dafür tun, dass die nächste Generation von Fußballern auf hohem Niveau ausgebildet wird.

Felcsút, 1. April 2007.
Viktor Orbán
Gründer der Puskás-Ferenc-Fußball-Akademie
Ministerpräsident von Ungarn

Der Puskás Akadémia FC sollte also DIE Ausbildungsstelle für die ungarische Fußballjugend sein. Wie kommt es dann, dass a) das Farmteam eines traditionsreichen Clubs in die erste Liga aufsteigt und b) die Saison 2022/23 als Vierter mit 18 Punkten Vorsprung vor dem Mutterverein als Zehntem beendet? Ganz einfach: Es liegt daran, dass im 31-Mann-Kader des PAFC nur noch 14 Spieler in einer U23-Mannschaft kicken dürften – alle anderen sind 25 Jahre und älter. Das war im Aufstiegsjahr 2013 noch anders, als nur vier Akteure schon aus dem Nachwuchsalter raus waren.

Danach ging man auf Einkaufstour; ungarische Talente fanden nur noch in Einzelfällen in den Kader. Aktuell kann man nur noch den 17-jährigen Martin Kern und den 18-jährigen Zsombor Gruber in diese Kategorie zählen. Zu den Jüngeren im Team gehören gebürtige Ungarn, aber auch naturalisierte Burschen aus Schweden und der Ukraine. Wertvollster (und bekanntester) Kicker des PAFC ist der Schwede Jonathan Levi, der soeben für 600.000 Euro von Norrköping gekommen ist. Seit drei Jahren werden zunehmend Spieler aus dem Ausland geholt, und mit Lamin Colley kam 2022 der allererste Nichtweiße in den Kader, der bis 2020 ausschließlich aus gebürtigen und naturalisierten Ungarn bestand.

Damit die UEFA sich nicht einschaltet, hat man 2018 klammheimlich den Status des PAFC von einer offiziellen Nachwuchsmannschaft des FC Fehérvár (entsprechend etwas Jong Ajax in den Niederlanden oder Juventus Next Gen in Italien sowie unseren deutschen Zwoten) in den einer normalen Herrenmannschaft verändert; andernfalls hätte man auch nicht an internationalen Wettbewerben teilnehmen dürfen.

Der Puskás Akadémia FC ist ein Totengräber des Fußballs

Es gäbe noch mehr dazu zu schreiben, wie der ausländerfeindliche, homophobe und latent antisemitische und offen antizyganistische Viktor Orbán und seine Clique korrupter Unternehmer rund um den PAFC und die Pancho-Arena getrickst, betrogen und gelogen haben. Dieser reddit-Artikel bringt es auf den Punkt.

Nein, es handelt sich nicht um einen normalen ungarischen Erstligisten, mit dem man sich im sportlichen Wettbewerb messen will, so wie gegen Slovan Liberec, den VfL Bochum oder die Düsseldorfer TuRU. Es handelt sich auch nicht bloß um ein Kunstprodukt wie RB Leipzig, das ein Erfrischungsgetränkehersteller zu Marketingzwecken gegründet hat, sondern um den feuchten Traum eines Autokraten, der die EU verarscht, verhöhnt und bescheißt sowie einen riesigen Geldtopf für seine korrupten Kumpel.

Wer dieses Projekt für einen normalen Erstligisten hält, hätte vermutlich auch nichts gegen ein Freundschaftsspiel gegen Zenit St. Petersburg, dessen Fan Putin ist und in dessen Beirat Putins Spannmann Dmitri Medwedew saß, um dort die Gazprom-Millionen erfolgsbringend einzusetzen. Oder gegen einen der zahlreichen Clubs weltweit, die sich korrupte Autokraten halten. Geht ja nur um den sportlichen Wettbewerb…


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5 Gedanken zu „Puskás Akadémia FC: Testspiel gegen Orbáns Korruptionsprojekt – euer Ernst, Fortuna?

  • So langsam geht mir unsere „Vereinsführung“ auf den Sack. Was soll ein Spiel gegen so eine Schei***?
    Interessiert sich unsere Direktorenriege noch um die Ansichten der Mitglieder und die Werte des Vereins?

    Antwort
  • Haben wir nicht auch andere wichtige Themen i. M.? Wie wäre es mal wenn KA und CW mal etwas Gas geben, das ist doch ein Witz mit 6-9 Monaten Vorlaufzeit holen wir bisher 2x Spieler aus der Liga3 (vorbereitet). Der Rest kommt wieder im Juli/August, nach der Vorbereitung und uns steht ein riesiger Umbruch bevor. Aufsichtsrat: ohne Transfererlöse, keine Freigaben für Neuverpflichtungen, völlig falsches Prinzip.

    Antwort
    • Ach, weißte… Soll der Ergebene sich jetzt auch an der Spekulatiusfabrik beteiligen, mit der die Altpapiere sich in der Sommerpause ihre Auflagen und Clickzahlen erhalten wollen?

      Antwort
  • Das Anwortschreiben von Fr. Huppertz dokumentiert eindrücklich wie es derzeit um die Akzeptanz der Meinung der Fanszene bestellt ist. Für mich zudem ein weiteres Beispiel wohin sich die Transparenz bei Fortuna entwickelt. Dieses Testspiel, gegen das Spielzeug eines narzisstischen, homophoben und rassistischen Autokraten, fördert deren Selbstverständlichkeit anerkannt und akzeptiert zu sein. Bedauerlich, aber nicht verwunderlich das sich diese Kausalitäten den Verantwortlichen nicht erschließt. Da bleiben alle anderen Toleranzbekundungen Makulatur, die sich der Verein dann auch sparen kann..

    Antwort
  • Pingback: F95 vs PAFC 5:0 – Ein Sieg der Guten gegen Orbáns Retortenprojekt – Fortuna-Punkte

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