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Aue vs F95 0:0 – Glückauf, Glück zu…

Man kann natürlich auch unter solchen Bedingungen versuchen Fußball zu spielen. Und damit ist nicht nur der gefrorene Boden im Erzgebirgestadion gemeint, sondern die durchweg angetrunkene Stimmung der Einheimischen. Per Saldo hatte beides wenig mit Fußball zu tun. Und wer jetzt den Spielern beider Mannschaften irgendwelche Vorwürfe machen möchte, versuche einmal, auf der Weihnachtseisfläche am Schauspielhaus zu kicken, wenn das Publikum die Glühweinfässer schon leergetrunken hat. Das Angenehme am Auer Publikum ist eigentlich nur, dass ihr sinnfreies Gegröle selten ins Aggressive umschlägt – da ist man von den Fans anderer Clubs im tiefen Osten Anderes gewohnt. Wie gesagt: Die Bedingungen… Sie waren es, die Lukas Schmitz zum Matchwinner gemacht hätten, wäre der Fortuna der Auswärtssieg gelungen.

So muss sich Schmitz mit dem Ehrentitel „Dritter Pfosten des Tages“ begnügen. Ob es etwas mit Glück zu tun hat, wenn sich ein Verteidiger in jeden erreichbaren Schuss des Gegners wirft, kann bezweifelt werden. Wobei ja in einer Bergbaustadt wie Aue Glück immer mit im Spiel ist. So grüßt man sich – genau wie im Ruhrgebiet – mit Glückauf und meint damit, dass es doch ein ziemliches Glück ist, heil aus dem Schacht wieder nach oben zu kommen. Heil nach oben gekommen ist der FC Erzgebirge Aue, den die Fans immer noch „Wismut Aue“ nennen, nach einem Abstecher in die Dritte Liga. Es war der bewährte und sympathische Allzwecktrainer Pavel Dotchev, der den Club aus dem winzigen Ort wieder in die Zweite Liga beförderte. Ob er sich dort aber wird halten können, ist unsicher, den allzu oft war das Glück für die Auer in der Hinrunde zu.

Sinnloser Telekom-Cup

So eigentlich auch gestern, denn über alles gerechnet hätten die sogenannten „Veilchen“ den Sieg verdient gehabt. Einerseits hatten sie deutlich mehr Chancen als die Fortunen. Andererseits waren sie außer in den ersten zehn, zwölf Minuten immer überlegen. Das lässt beim geneigten F95-Fan langsam Sorgen aufkommen. Betrachtet man die vergangenen drei Partien, wird spürbar, dass sich im Team etwas verändert hat bzw. dass etwas noch in Veränderung begriffen ist. Da können Fortuna-Freunde froh sein, dass die Winterpause hereingebrochen ist und das kongeniale Trainerteam Funkel – Hermann sich mit der Analyse befassen und Gegenmaßnahmen ergreifen kann. Fragt sich allerdings, ob die Teilnahme am völlig sinnlosen Telekom-Cup in der Arena am 14. Januar sich da nicht als Störfaktor erwiesen wird.

Erfreulichstes Ereignis des Tages auf Düsseldorfer Seite war das Comeback von Christian Gartner, dem man nichts mehr wünschen kann, als endlich endlich endlich einmal über einen längeren Zeitraum verletzungsfrei zu bleiben – am liebsten natürlich bis mindestens zum Ende der Saison. Es könnte nämlich gut sein, dass der junge Österreicher am Ende die Konstante im Mittelfeld und so auch Stammspieler wird. Ob es in dieser Region zu einem Konkurrenzkampf zwischen ihm, Marcel Sobottka und Kaan Ayhan kommt, ist vorstellbar, aber nicht sehr wahrscheinlich, weil alle drei äußerst flexibel einsetzbar sind. Apropos Sobottka: Der hatte kurz vor Schluss ein fast sicheres Tor auf dem Schlappen, dass der Auer Keeper mit den Fingerspitzen abwehrte.

Harmlose Stürmer

Die Statistik sagt dazu, dass die meisten Torschüsse von ebendiesem Sobottka und dem bereits erwähnten Schmitz stammten. Tatsächlich gelangen gestern weder Ihlas Bebou, noch Rouwen Hennings irgendwelche auffällige Aktionen. Dabei dürfte der weitere Erfolg der Rotweißen genau von der Gefährlichkeit dieses Duos abhängen – offensive Alternativen liegen ja kaum vor. Wobei natürlich Axel Bellinghausen nicht unerwähnt bleiben darf, der aber gestern erneut nur seine kämpferische Seite zeigen konnte. Emma Iyoha ersetzte ihn, blieb aber ebenso blass wie Marlon Ritter, der für den ziemlich erschöpften Gartner aufs Eis kam.

Interessant, dass nun eigentlich alle Kadermitglieder, die unter „Angriff“ gelistet werden, zum Zuge kamen – außer Kemal Rüzgar, von dem sich viele Fortunen zu Beginn der Saison eine Menge versprochen haben. Leicht bedrohlich, dass sich eben nur Bebou und Hennings ernsthaft bewährt haben. Könnte also gut sein, dass jede Menge Qualität im Mittelfeld steckt, aber nicht gut bei den Stürmern.

Unmotiviertes Kartenfestival

Was den leicht verwirrten Schiedsrichter Petersen dazu getrieben haben mag, mit gelben Karten gegen Fortuna-Spieler nur so um sich zu werfen, bleibt im Dunkeln. Kann allerdings sein, dass er sich vom ständigen Reklamieren von Auer Offiziellen und Zuschauern hat animieren lassen. Die Quittung: Sowohl Kevin Akpoguma, als auch Marcel Sobottka werden zum Rückrundenstart wegen der berüchtigten 5-mal-Gelb-Sperre fehlen. Dabei traten die Düsseldorfer weder besonders aggressiv auf – nicht einmal Adam Bodzek ließ die Sau raus -, noch sensten sie Gegner mangels Bodenkontrolle um. Gerade die Abwehr kam im Eisstadion des Erzgebirges ganz gut zurecht. Dass die Auer gegen Ende mehr oder weniger ungeschoren davonkamen, obwohl beinahe jeder Konteransatz der Fortuna durch ein taktisches Foul gestoppt wurde, mag als Beweis für eine schlechte Schiedsrichterleistung dienen.

Aber auch in diesem Mannschaftsteil zeichnet sich ein Problemchen ab. Akpoguma neigt inzwischen dazu, die Fehler seiner Mitspieler allesamt höchstpersönlich ausbügeln zu wollen und gerät so an den Rand der Hektik. Immerhin musste er sich gestern nicht mit Julian Koch herumschlagen und konnte auf den deutlich sicheren Julian Schauerte vertrauen. Robin Bormuth, sein IV-Kollege, agierte wieder recht sicher – man hat sich an seine Leistung inzwischen so gewöhnt, dass man sie für selbstverständlich hält.

Überhaupt hat sich der aktuelle Kader inzwischen gut eingerüttelt, schnurrt dabei aber auch auf Normalmaß zusammen. In der Rückrunde würde man sich wieder mehr und mutigere Offensivaktionen wünschen, eine weiterhin stabile Viererkette sowie ein noch kreativeres Mittelfeld. So steht es auf viele virtuellen Wunschzetteln geneigter Fortuna-Fans.


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