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Fortuna-Punkte 16/17: Warum sich altgediente Fans von der Fortuna abwenden

Der altgediente und verdiente Fortuna-Fan Ulli Münsterberg aka Der Hildener versteht sich als Oldschool-Fan und trägt vor allem den englischen Fußball im Herzen. So kam er vor einem guten Dutzend Jahre auf die Idee, mitten in der hiesigen Winterpause mit anderen poseteff Bekloppten für ein Fußballspiel auf die Insel zu reisen. Es entstand dieses Wahnsinnsprojekt namens „Difo meets United Kingdom“. Frühmorgens rollte ein Bus los, überquerte per Fähre den Kanal, um rechtzeitig zum Vorglühen am Spielort einzutreffen. Nach Abpfiff ging’s dann mehr oder weniger sofort wieder retour. Mehr aus Zufall wurde das nette Städtchen Ipswich in der Grafschaft Suffolk zum Ziel. Der Club der Stadt heißt schlicht Ipswich Town Football Club und ist ein Traditionsverein; eine Gemeinsamkeit verbindet den ITFC mit der glorreichen Fortuna aus Düsseldorf: Beide Klubs wurden in ihrer langen Geschichte jeweils nur einmal Landesmeister.

Jahr für Jahr organisierte der Hildener also diese Fahrten, und aus den regelmäßigen Kontakten mit den Fans und Offiziellen vom ITFC entstand das, was man eine Fan-Freundschaft nennen muss. Sie gipfelte im legendären Saisoneröffnungsspiel im Juli 2015, das F95 im altehrwürdigen Paul-Janes-Stadion am Flinger Broich mit 4:3 gewann. Abgesehen von der wahnsinnigen Stimmung beim Saisoneröffnungsspiel gegen PAOK Saloniki vor einigen Jahren war die Begegnung mit den Engländern DAS Highlight unter den Feierlichkeiten zur Saisoneröffnung, die ja bei der Fortuna in den letzten 10 Jahren einige Male mehr als peinlich abliefen. Nun hatte Ulli die feine Idee, die Party zur Saison 2017/18 erneut mit einer Partie gegen den ITFC zu schmücken. Dementsprechend trat er an den Vorstandsvorsitzenden Robert Schäfer heran, der wiederum Robert Palikuca, den „Leiter Operations Profimannschaft“ ins Boot holte. Um eine lange Geschichte hier kurz zu fassen – hier der Bericht von Ulli Münsterberg in einem ausführlichen Facebook-Posting.

Ironie der Geschichte

Ironie der Geschichte ist, dass es bei Begegnungen zwischen Ulli und Robert Schäfer um die Frage ging, weshalb es „grade unter den älteren Fußballfans so viele Leute gab, die sich mehr und mehr vom Sport abwenden“. Angesichts der eingangs skizzierten Geschichte steht mindestens eine Antwort fest: Weil sich die Gremien des Vereins immer weiter von den aktiven Fans entfernen. Ob das auch bei anderen Clubs so ist, vermag der Verfasser dieser Kolumne nicht zu beantworten. Dass es beim TSV Fortuna Düsseldorf 1895 so ist, dafür sprechen viele, viele Indizien. So hat sich zum Beginn der laufenden Saison eine Gruppe SCD-Aktiver, die über Jahre Busfahrten begleiteten und als Fanordner in der Support-Area wirkten, zurückgezogen. Und wer sich auf der Südtribüne umsieht, wird bei genauerem Hinschauen feststellen, wie viele Gesichter, die man über Jahre kannte, inzwischen fehlen.

Meiner Meinung nach machen der Hildener und seine Freunde aber einen großen Fehler, indem sie ihre Enttäuschung, ihren Frust, ja, ihre Wut an den aktuell handelnden Personen festmachen. Der Ulli fühlt sich in der konkreten Sache von Robert Schäfer und vor allem von Robert Palikuca „verarscht“. Manche starten aus demselben Anlass eine Debatte über mangelnde oder zu massive Professionalität, und leider wird immer wieder mit Neid auf die „Wahnsinnsgehälter“ und die „Traumjobs“ der Vereinsmitarbeiter argumentiert. Natürlich wird einem Otto Normal-F95-Fan ein Jahresgehalt von 200.000 Euro unglaublich hoch vorkommen, aber gemessen an dem, was für ähnliche Jobs in der sogenannten „freien Wirtschaft“ gezahlt wird, nehmen sich diese Beträge eher normal aus. Und das mit dem „Traumjob“ ist ein altes Thema: Wer über Jahre oder Jahrzehnte für die Fortuna aus freien Stücken und unbezahlt hochaktiv war, der stellt sich vor, dass dieselbe Tätigkeit gegen ein Gehalt ein Traumjob sein muss. Nun ist aber bei einem halbwegs modernen Verein mit einer zeitgemäßen Organisation nicht mehr jeder Mitarbeiter auch Fan.

Profis statt Fans

Im Gegenteil: Auf der Geschäftsstelle soll es nach Aussagen aus zuverlässiger Quelle sogar Menschen geben, die sich gar nicht einmal so richtig für den Fußball interessieren. Und nicht wenige Mitarbeiter schauen sich noch nicht einmal jedes Spiel der launischen Fortuna an. Und das können die besagte Altgedienten nicht verstehen. Bei vielen anderen Fällen darf man dieses Unverständnis gern mit Begriffen wie „Romantik“ verunglimpfen. Bei F95 (und verschiedenen anderen Traditionsvereinen) liegen die Dinge aber anders. Man kann den Satz gar nicht oft genug schreiben: Ohne das große und unbezahlte Engagement aktiver Fans in der „dunklen Zeit“ zwischen etwa 2000 und 2008 gäbe es die Fortuna überhaupt nicht mehr. Oder höchstens als blasse Erinnerung mit einer ersten Mannschaft in der fünftklassigen Oberliga Nordrhein. Leute wie der Hildener und einige Dutzend anderer Frauen und Männer verlangen zu Recht, dass die aktuellen Akteure diese geschichtliche Tatsache anerkennen.

Wenn Aufsichtsräte wie der gefürchtete und gescholtene AR-Vorsitzende Dr. Reinhold Ernst oder eben der nestgeruch-freie Vorstandsvorsitzende Robert Schäfer sich dazu durchringen könnten, sähen die Dinge schon wieder anders aus. Wobei sie natürlich die vielen Animositäten sowie verschiedene Formen von Neid und Missgunst unter den Altgedienten zu berücksichtigen hätten. Mangels Geschichtsbewusstsein sind sie aber kaum in der Lage, die tatsächliche Bedeutung einzelner Personen in der damaligen Phase der F95-Historie richtig einzuschätzen. Und wer warum und in welchem Maße eitel ist, erfährt man ja ohnehin nur im persönlichen Kontakt.

Der Zustand des Profifußballs

Jedenfalls ist – und dieser Effekt wächst gerade stark an – der Umgang mit den aktiven Fans der dunklen Jahre ein Grund dafür, dass sich diese vom Verein abwenden. Aber eben nur EIN Grund. Der andere ist im aktuellen Zustand des Profifußballs, seiner Entwicklung und den Zukunftstrends zu suchen. Wer als Anhänger eines Fußballklubs so richtig viel Zeit und Herzblut in das eine oder andere Support-Projekt gesteckt hat, der ist quasi per Definition das, was man einen „Oldschool-Fan“ nennt. Deren Nostalgie richtet sich auf eine ziemlich entfernte Vergangenheit in den Sechziger-, Siebziger- und Achtzigerjahren. In eine Ära des Fußballs also, in der es noch um den Sport ging, in der Geld keine übergeordnete Rolle spielte, in der die Fans ihr Fan-Sein noch fast unreglementiert ausleben konnten, in denen es rund um den Fußball eine Kultur der normalen Leute gab, in der Spieler noch Typen waren, die den Fußball geliebt haben. Das Idealbild dieses Oldschool-Fußball ist ziemlich deckungsgleich mit dem Zustand des Soccer im England der Achtzigerjahre.

Übrigens: Weil „Romantiker“ wie der Ulli und seine Freunde und viele Fans jenseits der 50-Jahre-Marke dieses Idealbild haben, können sie auch mit dem Support-Stil der Ultras wenig anfangen. Denn deren Engagement richtet sich aus Sicht der Oldschooler ausschließlich auf die Daueranfeuerung des Teams während eines Spiels, nicht aber auf die ehrenamtliche Unterstützung des Vereins als solchen. „Selbstdarstellung“ nennen Oldschooler das fortwährend Trommeln und Singen der Ultras. Sie sehnen sich nach situationsbezogenen, spontanen Rufen und Gesängen, die niemand orchestrieren muss. Sie träumen von mehrstrophigen Liedern, die alle Damen und Herren auf den Stehplätzen locker mitsingen. Aber das ist nur ein Nebenkriegsschauplatz.

Soccer Entertainment Business hat schon gewonnen?

Der wesentliche Kampf findet woanders statt und ist vermutlich längst zugunsten des Soccer Entertainment Business entschieden. Die typisch britische Fankultur in den englischen und schottischen Stadien ist fast ausgestorben und lässt sich nur noch bei einigen Zwei- und Drittliga-Clubs finden. Dito in Italien. Und in Deutschland arbeiten DFB und DFL seit der „WM im eigenen Land“ systematisch an der Domestizierung des Fußballs. Oberstes Ziel ist es, den Bundesliga-Fußball familien- und eventie-tauglich zu machen. Aus rein unternehmerischer Sicht ist das richtig und vernünftig, weil nur so neue Kundenkreise und neue Märkte erschlossen werden können, was zur Umsatzsteigerung und Verbesserung der Profitabilität führt. Vereine, die mitmachen wollen, müssen sich diesem Ziel beugen. Dieses Mitmachen führt aber zwangsweise zu Einschränkungen der Fankultur. Das lässt sich seit über zehn Jahren an fast jedem Verein beobachten, der in einer der beiden oberen Ligen spielt.

Und hier schließt sich der Kreis. Denn die Oldschool-Romantiker können es nicht ertragen, dass IHR Verein, der Club, den sie im Herzen tragen, bei der Umwandlung des Fußballsports in eine Abteilung der Unterhaltungsindustrie mitmacht. Schlimmer noch: Erwecken Handlungen der Verantwortlichen auch nur den Anschein, den Langfristplan von DFB und DFL voranzutreiben, werden ihnen diese Verantwortlichen zu Feinden. Das natürlich auch, wenn Projekte der Fankultur torpediert, sabotiert oder gar verboten werden. Wenn nun also der F95-Vorstandsvoritzende Robert Schäfer und sein Mitarbeiter Robert Palikuca das Projekt „Saisoneröffnung gegen den ITFC“ nicht mit fliegenden Fahnen unterstützen, sabotieren sie ein wirklich traditionsreiches und absolut fußballgerechtes Projekt der Fankultur – ob absichtlich oder fahrlässig ist dabei unerheblich. Damit machen sie sich die Oldschool-Romantiker zu Feinden oder bewirken, dass diese sich von der Fortuna abwenden.


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5 Gedanken zu „Fortuna-Punkte 16/17: Warum sich altgediente Fans von der Fortuna abwenden

  • Bei F96 (und verschiedenen anderen Traditionsvereinen) liegen die Dinge aber anders.

    F96 ??? Carmen Thomas als ghostwriter??? 😉

    Antwort
    • War bestimmt wieder ein Osterei, von Ostern noch übriggeblieben. 🙂

      Antwort
    • Danke für den Hinweis. Muss wohl noch vom Osterei her in den Tasten gesteckt haben ;–)) Ist korrigiert.

      Antwort
  • War bestimmt wieder ein Osterei, von Ostern noch übriggeblieben. 🙂

    Antwort
  • Äh, ja, doppelt hält besser oder so… sorry!

    Antwort

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