Fortuna-Punkte: Zwischen Aluhut und Pillepalle
In diesem Sommer jährte sich zum zehnten Mal der Putschversuch, mit dem eine Geheimloge namens „G3“ versuchte, die Macht im Verein an sich zu reißen. Daran werden sich nur die Älteren unter denjenigen erinnern, die sich für Vereinspolitik interessieren, denn kurz nach dem Aufstieg in die zweite Liga im Mai 2009 war unsere wunderbare Fortuna noch ganz klein. Der erste Boom bei den Mitgliederzahlen sollte erst noch kommen, und von 27.000 Mitglieder (Stand jetzt) konnte man nur träumen.
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Die Insassen der G3-Truppe hatten frei Schnauze und ohne jedes Mandat einen Vermarktungsvertrag mit der berüchtigten Agentur SportFive ausgehandelt, denn die F95-Gremien nun einfach mal so absegnen sollten. Tatsächlich hatte der damalige Aufsichtsrat unter Dr. Dirk Kall eine Vereinbarung mit dem anderen Vermarkter, nämlich Infront, abschlussreif verhandelt. Also teilte der Aufsichtsrat dem G3-Anführer, dem ehemaligen Stadtsparkassenboss Hans Schwarz mit, dass man dieses Vorpreschen nicht gutheißen könne, worauf der androhte, man werde den Aufsichtsrat einfach „überrollen“. Übrigens: Mitglied bei den Putschisten war ein gewisser Dr. Christian Veith, der seit 2012 Mitglied im jetzigen Aufsichtsrat ist.
Leben wir im Vorfeld eines Putschversuches?
Die Kontrahenten hätten einfach auch diskutieren können, stattdessen aber gingen von der G3 ziemlich hässliche Aktionen aus, die zum Ziel hatten, die amtierenden Aufsichtsräte – allen voran die damals als „Fanvertreter“ betrachteten Dr. Dagmar Starke und Marcel Kronenberg – zu diskredietieren. Und natürlich spielten die Putschisten die ganze Angelegenheit massiv über die Medien … wobei sich einige derer Vertreter sich widerstandslos instrumentalisieren ließen. Was das mit der aktuellen Sache zu tun hat? Dass eine gewissen Wahrscheinlichkeit besteht, dass es sich beim Durchstecken auf kriminelle Weise beschaffter Mails vom Vorstandsvorsitzenden Röttgermann an das Handelsblatt, den Spiegel und die BILD um vorbereitende Maßnahmen für einen Putsch handeln könnte.
Allerdings: Zu jeder ordnungsgemäßen Verschwörungstheorie gehört eine schlüssige Antwort auf die Frage: Cui bono? Und da tappen alle im Dunkeln. Denn sollte es sich um einen versuchten Umsturz handeln, dann halten sich die Putschisten – im Gegensatz zur damaligen G3 – (noch) im Hintergrund. Außerdem muss auch die Frage sinnvoll zu beantworten sein, was die möglichen Putschisten wollen. In der Welt da draußen (sowie in Dutzenden einschlägiger TV-Serien) wollen die Bösen meist Macht und Geld, manchmal auch nur Rache. Nun ist so richtig viel Kohle für Machtübernehmer bei der Fortuna nicht zu holen, und die Macht ist ja auch eher auf ein bisschen Fußball begrenzt. Worum also ging’s damals? Die G3-Leute hatten eine andere Vorstellung davon, wie man die Fortuna wirtschaftlich schnell nach vorne bringen könnte.
Sollte es also Aufständler geben, die sich demnächst zeigen und losschlagen könnten, dann dürfte es sich um Menschen handeln, die unter Tränen beteuern, dass sie die Fortuna im Herzen tragen und nur das Allerbeste für den Verein anstrebten. Getrieben seien sie (so könnte sich derlei anhören) von tiefer Sorge, weil die aktuellen Verantwortlichen ihrer Meinung nach viel, wenn nicht alles falsch machten. So wie die Dinge liegen, würden imaginierte Putschisten versprechen, dem Verein viel, viel mehr Geld zu beschaffen, um das Bestehen der Mannschaft in der ersten Liga zu sichern. Und wenn wir alle schon unsere Aluhüte poliert und aufgesetzt haben: Liegt doch auf der Hand, dass die Aufständler den Verein für Investoren öffnen wollen. Verschwörungstheorie fertig!
Wollen Fortuna-Leute das System Ernst kippen?
Schönheit kommt von innen, Bosheit manchmal auch. Es ist eine andere Variante denkbar. Ausgangspunkt ist der Fakt, dass die Röttgermann’schen Mails aktiv ausspioniert wurden, was entweder von Mitarbeitern der Geschäftsstelle ausgeführt oder von einzelnen Figuren zwischen Praktikant und Vorstandsmitglied bei Hackern beauftragt wurde. Nun gibt es nicht erst seit gestern eine Grundunzufriedenheit unter den F95-Mitarbeitern, die nicht allein dem geschassten VV Schäfer anzulasten ist. Es gibt halt Veteran*innen aus der guten, alten Zeit, als Paul Jäger noch was zu sagen hatte, denen geht diese ganze Professionalisierung gewaltig gegen den Strich.
Deren Zielscheibe war übrigens hat nicht so sehr Robert Schäfer und ist jetzt auch nicht Thomas Röttgermann, sondern der Aufsichtsratsvorsitzende Dr. Reinhold Ernst. Denn der hat seit seinem Amtsantritt im Dezember 2015 intensiv und hochkonzentriert daran gearbeitet, aus dem mild chaotischen, aber liebenswerten Haufen namens Fortuna ein brauchbares und erfolgreiches Mitglied des bundesdeutschen Soccer-Business zu machen – also, vor allem, was die internen Strukturen und Prozesse angeht. Wo unter seinen Vorgängern gern mal rheinisch-fröhlich improvisiert wurde und manche Dinge irgendwie erledigt wurden, da sollten jetzt Jobbeschreibungen und Zielvereinbarungen herrschen. Kurz: Fortuna sollte zu einem ordentlichen Unternehmen werden.
Nennen wir es das „System Ernst“, das auf vielen, ja, auf fast allen Gebieten zu deutlichen Verbesserungen für alle Stakeholder – also Personen, die ein Interesse an der Fortuna haben – geführt hat. Stiefkind ist, dazu später mehr, die Unternehmenskommunikation, die von den handelnden Akteuren immer noch zuerst als „Pressearbeit“ verstanden wird. Wie gesagt: Nicht jedem haben die Veränderungen gefallen, nicht alle fühlen sich mit den Veränderungen wohl. Gerade Fans, die dieser launische Diva durch die Tiefen der Ligen und Fastpleiten die Treue gehalten haben, ist dieser ganze Business-Kram mindestens suspekt, wenn nicht zuwider. Könnte also sein, dass eine wie auch immer beschaffene Allianz daran schraubt, dieses System Ernst zu beenden.
Ist das alles am Ende doch nur Pillepalle?
Vielleicht aber ist das alles auch nur ein ziemlich kleiner Moskito, der gar nicht von irgendwelchen Schurken zum Dino aufgeblasen wird, sondern durch Ungeschicklichkeit bei der externen Kommunikation erst zu einem Ungeheuer geworden ist. Bei Licht betrachtet sind nämlich alle drei Tatbestände, aus denen man Röttgermann ein Seil flechten will, ziemlich Pillepalle. Die Sache mit der App: So lange Thomas R. nicht Nacht für Nacht programmierend an den Tasten hockt und während seiner regulären Arbeitszeit nichts auf die Reihe kriegt, geht das Projekt doch in Ordnung. Die Verpflichtung von Welling: In jedem Unternehmen holen sich neue Verantwortungsträger Leute ins Team, mit denen sie schon erfolgreich zusammengearbeitet haben. Das Hickhack um die Raman-Erlöse: Klar, hätten auch Journalisten auf ihrer Suche nach simplen Lösungen gern, dass da eine einfache Zahl unter dem Deal stünde, aber so läuft das eben nicht mehr – der lobenswerte Lutz Pfannenstiel hat sich die Mühe gemacht, den Medienvertretern das mal auseinanderzufieseln.
Ein mittleres Desaster ist (wieder einmal!) die Art und Weise wie die ganzen Dinge kommuniziert werden. Eigentlich war der Skandal ja schon tot, bevor er begonnen hat. Nach dem Handelsblatt-Artikel hatten sich Reinhold Ernst und Thomas Röttgermann zusammengesetzt. Röttgermann hatte seine Fehler eingestanden, die Sache schien erledigt. Und dann kam zwei Stunden vor dem Anpfiff der Spiegel-Artikel, ein lieblos zusammengeschustertes Stück voller Halbwahrheiten und Vermutungen. Dass und wie die F95-Kommunikation darauf reagierte, ist mindestens amateurhaft. Nur weil es DER Spiegel ist, muss man auf einen solchen feuchten Furz nicht mit dermaßen großen Besteck reagieren. Nein, es gab für niemanden bei der Fortuna den geringsten Grund, sich gegenüber den schwankenden Anschuldigungen zu rechtfertigen!
Schlimmer noch: In den Gesprächen mit den Lokalmedien (The Düsseldorfer war erneut aus unbekanntem Grund nicht geladen…) in den letzten Tagen skizzierte Thomas Röttgermann vor allem Verschwörungstheorien und versuchte, seine unstrittigen Fehler herunterzuspielen. Das war weder souverän, noch zielführend. Anstatt überstürzt und unvorbereitet zu reagieren, hätten sich die Verantwortlichen in aller Ruhe und lautlos auf die Suche nach dem Maulwurf machen müssen und sich erst dann öffentlich äußern sollen, wenn es Neuigkeiten gegeben hätte.
Hysterie und Unruhe
So aber ist das entstanden, was nach Volksmeinung das Schlimmste ist, was einem Verein passieren kann: Unruhe. Wobei das Gegenstück dazu ja unkritische Friedshofsruhe ist. Es sei denn, man meint mit Unruhe, dass vorhandene Konflikte nicht offen und fair ausgetragen werden, sondern irgendwo im Untergrund schwurbeln. Immer noch vertreten Leute die Meinung, dass diese Unruhe ja auf die Mannschaft ausstrahlen und für sportlichen Misserfolg sorgen könnte. Das ist bestenfalls eine Behauptung, die genauerer Analyse nicht standhält. Als Auslöse für Hysterie jeglicher Art taugt die ganze Angelegenheit am allerwenigsten. Letztlich könnte man sagen: Gehen Sie weiter, hier gibt es nichts zu sehen.
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100% Zustimmung mit unserem Trainer auf PK gestern, wir (und ich glaube, noch „ein paar“:) „normale“/“einfache“ F95 Fans:)) genießen einfach das 2 BL Jahr; hätte, ehrlich gesagt, nicht gedacht, dass ich dies noch erleben werde – unsere liebe Tuna in der Bundesliga… (und wir können uns immer noch sehr gut erinnern, wo vor nicht sooooo langer Zeit bei einigen Heimspielen nur rund 12T im Stadion waren und Uerige/Altstadt bei den Auswärtsspielen ziemlich leer war und sich jeder, wörtlich, jeder jeden kannte, der jedes Mal da war…. die Kollegen auf Arbeit/tief im Pott noch fragten, ähm.. F95…in welcher Liga spielt ihr noch?…)
„[…] das ist einfach die Gemeinschaft Sport Club Freiburg…die stimmt einfach. Da ist immer Ruhe. Da kommt keine Hektik auf. Dort konzentriert man sich nur auf das, was wichtig ist …in einem Bundesligaverein, nämlich auf den FUSSBALL, alles andere ist völlig uninteressant. Interessant ist ja Fussball, und da muss Ruhe herrschen… Wenn das der Fall ist, wenn es nicht zu viele Nebengeräusche gibt, wenn…sich echt auf Profifußball konzentriert wird…auf das, was in den nächsten Tagen, Wochen und Monaten passiert … und nicht zukunftsorientiert in 3, 4, 5 Jahre, das ist völlig uninteressant […] darum ist Freiburg erfolgreich […]“. Fortuna Düsseldorf vs. SC Freiburg 2019/20 | F95-Pressekonferenz |Friedhelm Funkel vor #F95SCF/Am 27.09.2019 veröffentlicht [02:53-03:39 https://m.youtube.com/watch?v=1gPWlu9Kh3c%5D.
„Im Team stimmt der Zusammenhalt.Wir laufen durch ihn durchs Feuer.Er ist einfach unser Trainer.“ Kapitän Oliver Fink. 13.01.2019 Telekom Cup, Düsseldorf [www.spox.com/de/video/fussball-bundesliga/1901/fink-quotlaufen-fuer-funkel-durchs-feuerquot.html].