Der Verein

Wie war das eigentlich mit den Sportwelt-Millionen für die Fortuna?

Die vielleicht bekloppteste Vereinsführung des TSV Fortuna Düsseldorf hat 1999 ein Darlehen in Höhe von 15 Millionen DM von der Sportwelt GmbH bekommen – und damit einen Vertrag „auf ewig“ abgeschlossen. Die Folgen belasten F95 noch heute und bis 2025.

Bericht · Michael Kölmel hat zwei große Leidenschaften: das Kino und den Fußball. Soweit bekannt, dreht sich sein ganzes privates und geschäftliches Leben um dieses Thema. Um 1997 herum, sein Filmverleih Kinowelt AG befand sich auf dem Weg ganz nach oben und dem Börsengang, hatte er die Idee, systematisch in Traditionsvereine zu investieren, denen es gerade nicht so gut ging. In der Folge vergab er Darlehen an Borussia Mönchengladbach, Union Berlin, Dynamo Dresden, den Karlsruher SC, Waldhof Mannheim, Alemannia Aachen, Eintracht Braunschweig, Rot-Weiß Essen, den 1. FC Schweinfurt, den 1. FC Magdeburg, Sachsen Leipzig, VfB Leipzig, Carl Zeiss Jena und eben Fortuna Düsseldorf. Die Clubs sollten ihre Schulden, ordentlich verzinst, langfristig tilgen und zudem Anteile an den Einnahmen aus ihren Medienberichten an die Kinowelt abtreten. [Lesezeit ca. 4 min]

Heute wissen wir, dass die Verträge ganz unterschiedlich ausgestaltet waren (und sind) und dass sie nur für die Vereine, die Michael Kölmel sympathisch waren (und sind), allen voran Union Berlin, der KSC und die beiden damaligen Leipziger Fußballvereine, halbwegs freundlich aussahen. Fortuna zählte nicht zu den Clubs, die Kölmel sonderlich mochte. Und die damals für die Vereinsführung zuständigen Leute ließen sich, was die Bedingungen anging, einigermaßen über den Tisch ziehen.

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Darüber hinaus sahen sich Präsident Helge Achenbach und sein Vize Heinz Hessling nicht genötigt, den Deal gegenüber Mitgliedern und Fans transparent zu machen. Erst als der Baum schon brannte, erbarmte sich der Vizepräsident, im Volksmund wegen seiner Firma „Lampen-Heinz“ genannt. Auf einer Infoveranstaltung erklärte er seine Sicht auf die Kinowelt-Vereinbarung in Form einer kurzen Powerpoint-Präsentation, die alle Beteiligten ratlos zurückließ.

Bis heute geht das Gerücht, dass das Vertragswerk so dick ist wie die Bibel und selbst die Unterzeichneten nie genau verstanden, was sie das unterschrieben hatten. Erst gut sieben Jahre später, nachdem sich mehrere im Prinzip sachkundige Menschen an der Lektüre versucht hatten, brachte der spätere Aufsichtsratsvorsitzende Dr. Reinhold Ernst Licht in die Sache und deckte schockierende Bedingungen auf.

Achenbach und Hessling hatten einen Vertrag unterschrieben, der unkündbar war und „auf ewig“ gelten sollte. Nun ist ja bekannt, dass man mit dem Begriff „ewig“ äußerst vorsichtig sein sollte. Schon die Toten Hosen sangen „Nichts ist für die Ewigkeit“, später aber auch „Das hier ist ewig, ewig für heute“, womit sie die endlose Dauer klug relativierten.

Eigentlich handelt es sich sogar um zwei Verträge mit zahlreichen Nebenvereinbarungen. Einerseits wurde ein simpler Darlehensvertrag geschlossen. Danach sollte Fortuna die geliehene Kohle mit einem märchenhaften Zinssatz von 6 Prozent und einer variablen Tilgung bezahlen. Andererseits sollte die Sportwelt dafür, dass sie das Darlehen gewährte, mit einem festen Anteil an den F95-Markenrechte „auf ewig“ entlohnt werden. Hinzu kamen Dutzende Klauseln darüber, wie die Fortuna das Geld zu verwenden hatte und ob, wann und in welcher Höhe Michael Kölmels Laden weitere Millionen nachzuschießen habe.

Besonders kompliziert die Regelung zu den Markenrechten, die in der Praxis besonders die Einnahmen aus dem Merchandising betreffen. Dafür zahlte die Sportwelt 3,8 Millionen DM. Die Rechte wurden in der Folge an eine Sportwerbe-GmbH übertragen, an der die Sportwelt mehrheitlich beteiligt war.

Das alles erklärte Vize Hessling am 28. April 2000 den verdutzten Mitgliedern im Rahmen der turnusmäßigen Jahreshauptversammlung vor nicht einmal 200 Stimmberechtigten. Zustimmungspflichtig war der Deal nach der damals geltenden Satzung nicht, aber Hessling nötigte den Anwesenden einen sogenannten „Vorratsbeschluss“ ab, nach dem die Ausgliederung des Spielbetriebs in eine GmbH angestrebt wurde – eine der von Sportwelt-Kölmel zur Absicherung seiner Forderungen verlangte Maßnahme.

Im Chaos der Achenbach-Ära kam es nicht dazu. Stattdessen verwickelten die Vorturner sich in Streitigkeiten mit Kölmel, stoppten zwischenzeitlich die Tilgung … und warfen die Sportwelt-Flocken mit vollen Händen aus dem Fenster. Vor allem für Spielerverpflichtungen und geradezu lächerlich überhöhte Gehälter für Spieler und Trainer. Beides brachte wenig, und am Ende der Saison 2000/01 stand der Abstieg aus der drittklassigen Regionalliga in die Oberliga. Der aber nicht vollzogen wurde, weil die Lizenzunterlagen des SV Wilhelmshaven aufgrund eines defekten Faxgerätes nicht rechtzeitig beim DFB eintrafen.

Aus der Sicht späterer Jahre hatte die Fortuna also ihre Seele dem Teufel verkauft. Und so sahen viele, die das Desaster mitbekommen hatten, in Michael Kölmel einen Teufel – der er weder war noch ist. Als erfolgreicher Kaufmann hatte er lediglich versucht, ein Geschäft mit hohem Risiko, aber möglicher hoher Rendite einzugehen. Von den rund 133 Millionen DM, die er zwischen 1998 und 2000 in Fußballvereine investierte, hat er Stand heute nicht alle Forderungen einziehen können, und die von ihm erhoffte Rendite blieb auch geringer als geplant.

Einige seiner Gläubiger gingen schlicht (einmal oder mehrmals) insolvent, andere erreichten nie eine Ebene, auf der sie auch nur annähernd zu teilende Überschüsse generieren konnten. Die Bosse von Gladbach, Dresden und Essen waren schlau genug, frühzeitig Vertragsänderungen zu ihren Gunsten auszuhandeln, und in mindestens vier (von 14) Fällen wurden die Forderungen im Verlaufe der Kinowelt-Pleite mehr oder weniger stillschweigend auf Null gestellt.

Nicht so bei der Fortuna. Denn erst das intensive Studium der Verträge und Regelungen versetzten den Club in die Lage, mit Michael Kölmel bzw. dem Insolvenzverwalter zu verhandeln. 2008 erreichte Dr. Reinhold Ernst eine Vereinbarung, die dafür sorgte, dass der Verein ab 2012 wieder in vollem Umfang seine Markenrechte selbst auswerten konnte. 2013 begann Paul Jäger dann eine weitere Verhandlungsrunde, dieses Mal über die Einnahmen aus den TV-Rechten. Man einigte sich darauf, dass die Fortuna Kölmel einmalig drei Millionen Euro zahlte und weitere 4,8 Millionen über zehn Jahre abzustottern hatte.

Weil Michael Kölmel angesichts der corona-bedingten Verlusten bei den Einnahmen 2020 sofort bereit war, die vereinbarten Zahlungen ein Jahr lang zu stunden, endete der Sportwelt-Deal nicht schon mit dem Ende des Jahres 2023 sondern ein Jahr später.

Über alles gerechnet hat der TSV Fortuna Düsseldorf heftig mit Zitronen gehandelt. Den umgerechnet 7,8 Millionen Euro erhaltener Darlehenssumme stehen allein schon die 7,8 Millionen Rückzahlungen ab 2014 gegenüber. Weil die Sportwelt bzw. Michael Kölmel aber ab 2008 haben 30 Prozent aller jährlichen Einnahmen für die audio-visuellen Rechte (TV-Vermarkung) bekommen hat sowie 15 Prozent für die Tilgung eines Darlehens und weitere 15 Prozent als Vergütung, hat der Kino- und Fußballliebhaber dann doch am Deal mit der Fortuna verdient.

Dem Verein aber waren die Verträge und die verbundenen Zahlungen bis heute eine Zwangsjacke, die vor allem Verpflichtungen von Spielern oder deren angemessene Bezahlung behindert hat. Und das, weil zwei Nasen einen unkündbaren Vertrag „auf ewig“ unterschrieben haben.


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4 Gedanken zu „Wie war das eigentlich mit den Sportwelt-Millionen für die Fortuna?

  • Sehr gut und interessant. Gerne mehr von solchen Hintergründen. Und Respekt für die Aufarbeitung und Recherche.

    Antwort
  • Danke für die Erklärung. Mich interessiert die Rolle von Paul Jäger bei dem Deal. Schließlich war er doch auch in einer verantwortlichen Position. Auch kann ich nicht glauben, dass nur „2 Nasen“ im Alleingang eine solche Vereinbarung abschließen dürfen. Wurde eigentlich geprüft die verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen?

    Antwort
  • Es nicht auf einer Info-Veranstaltung sondern es war auf der jährlichen oMV des e.V. mit den ’sagenhaften‘ 2-Folien.

    Die ‚Helge-Gang‘ wollte auf dieser oMV einen Vorratsbeschluss erwirken.
    Besauerlicherweise habe ich mit überwätigender Mehrheit mit Antrag zur Geschäftsordnung einen zusätzlichen Tagesordnungspunkt erwirkt.
    Damals konnte man erst ab 2.Liga ausgliedern (daher der Vorratsbeschluss). Da wir aber zu dem Zeitpunkt mit ‚Jürgen aus Bad Gelsdorf‘ leidlich ‚Voll im Soll‘ weit ab vom ‚Platz an der Sonne‘ in der 3.Liga‘ rumdümpelten, sollte nach dem Bericht des Vorstandes ‚meine‘ Abstimmung zur Vertagung des Vorratsbeschlusses auf die nächste oMV stattfinden.
    Während des Vorstandsberichtes entglitt dem Visionär Achenbach die Versammlungsleitung und
    die oMV implodierte während des Vortrages von 2-Folien-Heinz und seinen Kranichen.

    Zur Abstimmung kam es dann nicht mehr, weil die Versammlung mit der Ankündigung einer aoMV zum Thema ‚Dr. Knebel‘ beendet wurde.

    An diesem Abend war der Justiziar der ‚Knebelwelt‘ (kein Vereinsmitglied) anwesend, ohne dass die oMV dazu satzungskonform befragt wurde. Die oMV wäre anfechtbar gewesen.

    Nach einigen Satzungsänderungen meinerseits (aoMV explizit nur zum Thema ‚Ausgliederung‘, 2/3 –> 3/4 Mehrheit) wurden dann von Thomas Schäfer und mir Vertragsbedingungen zur evtl. Auslagerung des Spielbetriebes in der Satzung verankert.

    Gegen das Modell ‚FC Subprime 04‘ (Auslagerungen ausserhlab des Spielbetriebes in GmbHs) gibt es derzeit keine Beschränkungen in der Satzung.

    Antwort
  • Wir sollten uns mittlerweile den 28.04. als Trauertag im Kalender vermerken und uns am FB auf ein bis zwei Trauerbier treffen.
    Werden ja noch länger mit diesem Herrn K. zu tun haben.
    Gruß Alberich

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