Vorbericht: Pauli vs F95: Mit Geduld und Spucke und högschder Disziplin

Verrückt, aber wahr: Das Spiel der Paulianer mit dem Auswärtssieg in Lautern ähnelte taktisch und vom Ablauf her dem der Fortuna gegen die Hertha.

Analyse · Aber nicht nur die Partien mit je einer zähen, von Taktik geprägten ersten und einer munteren zweiten Halbzeit ähnelten sich, sondern ebenso in Bezug auf den Kader mit einigen Ab- und wenigen Zugängen sieht es bei beiden Mannschaften ziemlich gleich aus. Auch dem FC St. Pauli hat man Probleme prophezeit, weil bei den Hamburgern ebenfalls einige schmerzhafte Abgänge und bislang nur fünf Zugänge zu verzeichnen sind. Treppenwitz am Rande: Beide Clubs kriegen je einen Kicker von Norwich City. Überhaupt spricht vieles dafür, dass die glorreiche Fortuna und der FCSP in dieser Saison direkte Konkurrenten um einen Aufstiegsplatz sein werden. [Lesezeit ca. 4 min]

Das Gegnerporträt

Zumal die Gesamtbilanz der beiden Vereine mit je 16 Siegen und 9 Unentschieden ausgeglichen ist, allerdings hat Pauli mit 55:52 die Nase bei den Treffern vorn. Zum ersten Mal überhaupt traf man 1971 in der Aufstiegsrunde zur Bundesliga aufeinander; die glorreiche Fortuna setzte sich durch und startete in ihre goldenen zehn Jahre. Der FCSP wurde überhaupt erst nach dem zweiten Weltkrieg zu einem ernstzunehmenden Verein im Fußball. Allerdings reichte es nicht vor 1977 zum ersten Aufstieg in die erste Bundesliga. Anschließend etablierten sich die (Achtung: schlimme Spochtrepochterfloskel!) Kiezkicker in der zweiten Liga. Eher zufällig stießen die Besetzer der Häuser an der Hafenstraße Mitte der Achtzigerjahre auf den FCSP – die Ära des Clubs als linksalternativer Verein begann. Der Kult wurde dann später durch Corni Littmann zum Marketingfaktor umgemünzt.

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Ein paar Mal waren sie pleite, einmal half der FC Bayern mit einem Freundschaftsspiel aus. Konsolidiert und etabliert – eine Runde durch die erste Liga inklusive – ist der FC St. Pauli so richtig erst seit dem Ende der Neunzigerjahre. Schon davor waren zahlreiche Verbindungen zwischen den Anhängern der Fortuna und den Pauli-Fans entstanden, die bei manchen externen Beobachtern den falschen Eindruck einer Fanfreundschaft entstehen lassen.

1990 gelang den Rotweißen mit einem 7:0 gegen den FCSP der bis dato höchste Heimsieg. Eine umgekehrte Klatsche kassierte F95 von denen nie. Seit 2017 hat die Fortuna in den Begegnungen in der zweiten Liga vorwiegend die Nase vorn. Am Ende der letzten Saison liefen die beiden Teams in der Tabelle als Vierter und Fünfter mit je 58 Punkten und nur einem Tor Unterschied ein.

Der Spielplan

Der junge Pauli-Trainer Hürzeler setzt meistens auf eine Dreierkette mit einem Vierermittelfeld und einem Sturmtrio davor. Auch nach den Abgängen gilt das Team als ausgesprochen lauf- und kampfstark. Selbst gegen nominell überlegene Gegner setzen die Paulianer eher nicht auf ein Betonmittelfeld und können beim hohen Pressing sehr unangenehm werden. Das bedeutet, dass sich die Buben von Trainer Thioune nicht wie gegen die Hertha mit einem Doppelriegel im Mittelfeld werden auseinandersetzen müssen. Und, was ihnen auch entgegenkommt: Es steht nicht zu vermuten, dass sie das Spiel machen müssen.

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Das spricht dafür, die Sache behutsam und geduldig anzugehen. Zum Rezept könnte werden, auf Standards aus zu sein, also Eckbälle zu forcieren und sich auf Zweikämpfe in Strafraumnähe einzulassen, die zu Freistößen führen könnten. Ob das Team in Braun immer noch anfällig bei Distanzschüssen ist, wäre zu klären, in der Hinrunde der vergangenen Saison waren sie es.

In der Defensive spricht viel für eine defensive Doppelsechs, die bei Bedarf aus der Vierer- eine Fünferkette macht, davor einen Störer. Im Angriff sollten sie versuchen, mehr Leute in die Box zu kriegen als dies bei der Partie gegen Hertha der Fall war. Die Fehlervermeidung, sowohl beim Passspiel als auch in Zweikämpfen, hat höchste Priorität.

Das System und die Aufstellung

In der Pressekonferenz hat Daniel Thioune zwei- oder dreimal das Wort „Dreierkette“ in den Mund genommen. Und zwar bei der Debatte darum, ob Jordy de Wijs oder Jamil Siebert starten sollten. Euer Ergebener glaubt aber nicht daran, dass es zu einem 3-5-2 kommen wird, obwohl eine Dreierkette mit Hoffmann, de Wijs und Siebert schon ihren Charme hat.

Genauso wenig glaubt er an eine Doppelspitze, die Thioune ebenfalls kurz in die Debatte geworfen hat als es darum ging, wer in der Spitze spielen soll, also Daniel Ginczek oder Vince Vermeij. Der Ergebene ist sich sicher, dass diese beiden in mancher Hinsicht ähnlich agierenden Kollegen nicht harmonieren würden. Gehen wir also von de Wijs und Ginczek und demselben 4-3-3 (oder 4-3-2-1) aus, das wir gegen die Hertha gesehen haben.

Soweit bekannt, liegt der Fortuna immer noch kein vernünftiges Angebot für Ao Tanaka vor, sodass der wieder in der Startelf stehen wird. So ein bisschen geht das zulasten sowohl von Yannik Engelhardt, dem man unbedingt Spielzeit wünscht, als auch Fernandes Neto. Im Mittelfeld hat die Fortuna aktuell beinahe ein Luxusproblem. Und schon haben wir die Besetzung der Bank parat: Karol Niemczycki, Jamil Siebert, Taka Uchino, Ben Böckle, Yannik Engelhardt, Fernandes Neto und Jona Niemiec.

Der Tipp

Lassen wir dem Herzen das erste Wort. Es träumt von einem Spektakel, das am Ende mit 3:2 an die wunderhübsche Diva geht. Realistischer natürlich der Kopf, der einen mühsamen 1:0-Sieg für die Rotweißen vorhersieht. Dem Bauch ist ein bisschen übel, denn er fürchtet eine knappe Niederlage auf St. Pauli.

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