Was machen wir denn jetzt bloß ohne Tzolis?
Jetzt ist es offiziell: Christos Tzolis spielt ab der nächsten Saison für den FC Brügge, den belgischen Meister von 2021, den sie alle nur Club Brügge nennen.
Meinung · Ja, auch der Ergebener hatte irgendwo die romantische Hoffnung, das griechische Schlitzohr könnte uns erhalten bleiben. Aber da war ja die Ausstiegsklausel. Und die fortunistische Notwendigkeit, Transfererlöse zu erzielen. Also musste unser Verein Christos Tzolis ziehen lassen und darf sich über mindestens 3 Millionen Euro Überschuss erfreuen. Wir erinnern uns: Im vergangenen Sommer hatten Klaus Allofs und Chris Weber, diese ausgefuchsten Kaderplaner, Chris von Norwich City ausgeliehen und eine Kaufoption in Höhe von 3,5 Mio vereinbart. Herrn Tzolis einfach so zu kaufen und dann zu behalten, wäre vielleicht realisierbar gewesen. Aber spätestens mit dem Nichtaufstieg nach dem verkackten Elferknallen gegen Bochum war klar: er würde die Ausstiegsklausel ziehen. [Lesezeit ca. 4 min]
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Denn noch ein Jahr in der deutschen zweiten Liga wäre seiner Karriere vermutlich nicht so gut bekommen. Man weiß es nicht. Möglicherweise haben die F95-Verantwortlichen auch aufgeatmet. Denn mit dem Weggang von Chris Tzolis geht ein weiterer Großverdiener, der den Spielbetriebsetat enorm belastet hat. Man war ja aus demselben Grund auch heilfroh, im Winter Daniel Ginczek losgeworden zu sein.
Wenn man von F95-egoistischen Motiven absieht, kann man Chris zu seinem Schritt beglückwünschen. Der FC „Club“ Brügge ist ein wahrer Traditionsverein; gegründet 1891, 19-mal belgischer Meister, mit 11 nationalen Pokalen Rekordverein in dieser Kategorie. International waren sie seit den Sechzigerjahren regelmäßig in den verschiedenen Wettbewerben vertreten. Und wer weiß noch, dass der legendäre Ernst Happel dort seine Trainerkarriere begann und auch Christoph Daum mal dort Coach war? Und in der abgelaufenen Saison 2023/24 hat sich der Club Brügge für die kommende Saison der Champions League qualifiziert. Tzolis geht also zu einem der europäischen Top-30-Vereine.
Der Club Brügge hat für die kommende Saison 31 Kicker im Kader, transfermarkt.de taxiert den Gesamtmarktwert auf über 150 Mio Euro. Dabei ist Christos Tzolis mit 10 Mio der drittwertvollste Spieler des Vereins. Zum Vergleich: F95 wiegt insgesamt 34 Mio… Ob unser geliebter Grieche in Brügge gleich Stammspieler wird, ist offen, denn die haben mit Michal Skoras einen Polen von Lech geholt, der in der polnischen Liga auf Linksaußen ziemlich erfolgreich war. Wir werden sehen…
So, Daniel Thioune und seine Co-Coaches müssen also in der kommenden Saison auf das Schlitzohr verzichten. Nominell hat Chris ja Linksaußen gespielt, diese Position aber in Abstimmung mit dem Cheftrainer auf seine Weise interpretiert. Klar ist, dass es keinen 1:1-Ersatz für Tzolis geben wird. Einen Außenstürmer mit derart viel Torerfolgen findet man nicht an jeder Ecke.
Schauen wir uns also mal den F95-Kader im aktuellen Zustand an. Wir finden zwei nominelle Linksaußen: Den flinken Dennis Jastrzembski und den 20-jährigen Tim Rossmann, der schon früh im Jahr vom KSC geholt wurde. Der hat 18 Zweitligapartie mit insgesamt 370 Minuten gemacht, war also im Schnitt um die 20 Minuten pro Partie auf dem Platz. Im November 2023 zog Tim sich eine schlimme Hüftverletzung zu, die ihn mehr als ein halbes Jahr Reha kostete – spielfähig ist er (offiziell) erst wieder seit dem 15. Juni. Ihn zu verpflichten, ist ganz klar eine Wette auf die Zukunft, auf eine verletzungsfreie natürlich. Rossmann ist ein eher kräftiger Typ und Linksfuß. Ob und was er auf Linksaußen reißen kann, lässt sich kaum vorhersagen.
Bei Jastrzembski wissen wir, woran wir sind: schnell, dribbelstark, aber nicht besonders durchsetzungsstark und präzise beim Pass- und Flankenspiel. Kann natürlich sein, dass Dennis umso besser wird, je öfter er spielen darf. Und dann wäre da ja noch Emma Iyoha, der vom Linksaußen auf linker Außenverteidiger umgeschult hat. Interessant: Tzolis und Iyoha sind Rechtsfüßler, Rossmann und Jastrzembski benutzen eher die linke Flosse. Dass keiner von den drei genannten Jungs Christos Tzolis gleichwertig ersetzen kann, ist klar. Wer auch immer demnächst auf dem linken Flügel angreift: es wird Folgen für das fortunistische Spiel haben.
Jetzt, wo Vince Vermeij gerade verletzt ausfällt und Thioune ansonsten keinen Mittelstürmer in der Truppe hat, spricht ohne Tzolis viel für eine taktische Grundordnung mit zwei Spitzen. Bei der EM hat man gesehen, dass nur die Mannschaften mit lediglich einer nominellen Spitze angetreten sind, die zwei waschechte Dribbler auf den Außenpositionen hatten. Für die Fortuna bot sich das in der vergangenen Saison an, weil nicht nur Chris Tzolis gern nach innen zog, um selbst Buden zu machen, sondern auf der anderen Seite sowohl Felix Klaus, als auch Jona Niemiec ebenfalls.
Andererseits könnten die Coaches weiter an der bisherigen Ordnung festhalten – aber dann müssten Allofs und Weber noch mindestens einen weiteren Mittelstürmer finden und verpflichten. Dabei dürfen sie sich Fehlgriffe wie mit Ginczek, Daferner und auch Mustapha nicht mehr erlauben. Aus der eigenen Zwoten beziehungsweise U19 bietet sich für diese Position noch niemand so richtig an (was sich mit Mechak Quiala-Tito ganz vielleicht ändern könnte).
Was machen wir also ohne Christos Tzolis? Die Antwort kann nur lauten: Wieder so spielen wie damals ohne Tzolis. Ach, Mist, da hatten wir ja noch Dawid Kownacki, der 2022/23 seine beste Saison in Rotweiß spielte… So einen bräuchte man…
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Nächste Saison wird Fortuna nicht unter die ersten vier kommen. Man kriegt nicht jedes Jahr die Lücken gestopft, die Leistungsleibspieler hinterlassen, wenn sie den Lockruf des Geldes folgen