Dresden vs F95 2:0 – Verkackt, vercoacht, verloren
Mit einer couragierten, starken Leistung warf Dynamo Dresden die dieses Mal nicht glorreiche Fortuna in der ersten Runde aus dem Pokal.
Bericht · Über dieses Desaster musste Euer Ergebener nicht nur eine Nacht schlafen, sondern brauchte einen ausgiebigen Hundegang am Morgen, um diese schlimme Niederlage halbwegs nüchtern analysieren zu können. Daran konnte auch die einzig gute Nachricht des Sonntags wenig ändern: Ja, Dawid Kownacki wird – wie vom Ergebenen schon seit April gewünscht – wieder Fortune. Und die Basis für den folgenden Spielbericht hat der geschätzte F95-Freund Markus Sch. mit seinem Kommentar auf Facebook gelegt. Der schrieb, dass es wohl das schwerstmögliche Los für F95 war, in Dresden vor einer Erstligakulisse gegen ein dermaßen engagiertes Team antreten zu müssen, und dass sich sicher jeder andere Erst- und Zweiligist gegen Dynamo schwergetan hätte. Trotzdem: Die Spieler haben es in der ersten Halbzeit und in den letzten zwanzig Minuten verkackt, und Trainer Thioune hat sich (erneut) vercoacht. [Lesezeit ca. 6 min]
Daniel Thioune ist ein äußerst sympathischer, eloquenter und gelassener Mensch, der – das hat er bewiesen – Spieler stärken und besser machen kann. Nur, mutig ist er nicht. Sein Coaching ist dicht am Rand von Risikoscheu. Spätestens zum Wiederanpfiff nach der desolaten ersten Hälfte hätte er radikal umbauen müssen. Eine möglicherweise harte Kabinenpredigt hat zwar dazu geführt, dass die Jungs in Rot die zweiten 45 Minuten druckvoll und kampfbereit begannen, nicht aber zur Veränderung dessen, was man auf Spochtdeutsch „Momentum“ nennt.
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Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wäre es noch zum spannenden Pokal-Fight geworden, hätte Jona Niemiec die Pille zwei, drei Zentimeter höher gelupft als er frei auf den SGD-Keeper zulief. Denn dann wäre der Ausgleich gefallen. So aber kam der Tormann mit den Fingerspitzen noch ans Gerät, was die Flugbahn so veränderte, dass ein Kollege noch vor der Linie klären konnte. Ausgangspunkt war ein feiner Steckpass von Ísak Jóhannesson auf Jona, den der mit Schwung mitnahm. Das war in der 46. Spielminute.
Fußball findet nicht im Konjunktiv statt, sondern in Echtzeit. Die Echtzeit der ersten Halbzeit war geprägt von einer mut- und ideenlosen Fortuna, die vor lauter kleinen und großen Fehlern offensiv nicht stattfand. Mag ja sein, dass den balltretenden Vereinsangestellten von der beeindruckenden Kulisse – drei Viertel des Publikums waren in Gelb gekleidet und feuerte durchgehend und lautstark an – die Unterhosen gefüllt waren und sie überhaupt nicht mit einem derartigen Ansturm der Dynamesen gerechnet hatten. Aber den Kickern diese Angst zu nehmen, steht in der Jobbeschreibung eines Trainers. Das kann und muss er von der Seitenlinie leisten, wenn er aber sieht, dass es am individuellen Verhalten der Belegschaft liegt, MUSS er systemische und/oder personelle Änderungen vornehmen.
Zum Beispiel: Cello Sobottka, einer der Lieblingsspieler des Ergebenen, legte eines der schwächsten, wenn nicht gar DAS schwächste Spiel seiner Zeit bei der Fortuna auf die Wiese. Dass er erneut gegen seine Fähigkeiten einen verkappten Achter spielen musste, machte die Sache nicht besser. Oder Ísak Jóhannesson, der 45 Minuten lang nicht wusste, was er tun sollte, weil die ihm zugeordnete Achterposition ja von Cello besetzt war. Ao Tanaka versuchte Ordnung in die Sache zu bringen, zeigte aber ebenfalls eine von ihm unbekannte Formschwäche. Ergo fiel das Mittelfeld als Treiber komplett aus.
Engelhardt, ach Engelhardt! dachte nicht nur euer stets ergebene Fortuna-Analyst. Mit Yannik wäre das alles nicht so gelaufen. Der geschätzte Kollege Jolitz von der RP macht zu Recht darauf aufmerksam, dass dem Düsseldorfer TSV Fortuna 1895 durch das frühe Pokalaus etliche mögliche Millionen entgehen. Rechnet man den Transfererlös für Yannik E. dagegen, kommt bestenfalls ein Nullsummenspiel heraus. Und, ja, das traumhafte F95-Mittelfeld der vergangenen Saison war auch gut, weil es mit Christos Tzolis einen genialen Abnehmer hatte. Von diesem rotweißen Pfund ist wenig übrig, das haben übrigens auch schon die Partien in Darmstadt und gegen den KSC gezeigt.
Man stand also in der Pause vor der Retematäng herum und diskutierte mögliche Änderungen. Darüber, dass man Cello erlösen müsste, herrschte Einigkeit. Auch Emma Iyohas Auftritt als Außenverteidiger fand so wenig gefallen, dass ihn die anwesenden Expert:innen lieber als Linksaußen gesehen hätten. Die grundlegendste Idee war aber, Joshua Quarshie als dritten Innenverteidiger reinzuholen, auf Dreierkette umzustellen und ein breites Fünfermittelfeld zu installieren. Dazu dann systemtypisch zwei Spitzen.
Finde den Fehler: Menschen machen Fehler. Schreiber:innen sind Menschen, machen also Fehler. Und Schreiber ohne großes Team hinter sich – wie der Ergebene – machen natürlich auch Fehler. Deshalb unsere Bitte an alle: Wer einen Fehler im Text entdeckt, meldet ihn uns auf einem der bekannten Wege – z.B. per Mail an kontakt@fortuna-punkte.de oder über das Kontaktformular. Wir versprechen, falls wirklich etwas Falsches im Beitrag stand, bedanken wir uns nicht nur, sondern korrigieren es umgehend. Schönen Dank im Voraus!
Ist es Ironie oder Trainerschiss, der dafür sorgte, dass genau diese Änderungen erst nach dem 0:2 in der 68. Minute vorgenommen wurden? Viel früher hätte Noah Mbamba unseren Cello ersetzen müssen, zumal der einen anderen Ansatz fährt und als offensiver Sechser sogar Regie führen kann. Okay, den frischgenesenen Dzenan Pejcinovic brachten die Coaches wie vorgesehen in der 62. Minute. Mit Mut hätte man ihn aber schon zu Beginn der zweiten Spielhälfte auf den Rasen geschickt.
Mann des Spiels war für den Ergebenen eindeutig Jona Niemiec. Nicht weil dem alles gelang, was er anpackte, oder weil er dauernd richtig lief und stand, sondern weil als Einziger ein großes Kämpferherz zeigte, um jeden erreichbaren Ball kämpfte und ständig mit voller Energie rannte. Ob er wirklich der richtige (Ersatz)Mann für die einzige Spitze im System ist, kann man diskutieren, aber mit dieser Mentalität (und übrigens seiner hervorragenden körperlichen Konstitution) sollte er viel öfter in der Startelf stehen.
Wie gesagt: Die zweite Halbzeit mit einer Dreierkette zu bestreiten, wäre wohl eine gute Variante gewesen. Am besten eine aus drei Innenverteidigern bestehende. Aber anstatt Tim Oberdorf (auch er so schwach wie nie) und Jordy de Wijs mit Quarshie einen dritten IV an die Seite zu stellen, ersetzte Joshy Jordy, und Zimbo Zimmermann rückte in die Dreierkette – bescheuerte Idee!
Apropos: Das olle Ehepaar Zimbo-Felix zeigt Auflösungserscheinungen. Als Schiene funktionierten sie in Halbzeit 1 gar nicht. Immerhin zeigte Felix Klaus nach der Pause so etwas wie Herz und Engagement, zog häufig in die Mitte, versuchte die Kollegen in der Box zu bedienen oder hielt drauf. Neben Jona war er in dieser Periode der auffälligste Fortune im Rudolf-Harbig-Stadion.
Leidtun konnten einem auch unsere unumschränkte Nummer Eins in der Kiste. Flo Kastenmeier versuchte immer wieder sich in die Spieleröffnung einzumischen, aber die Jungs vor ihm liefen so neben der Spur, dass sie oft gar nicht mitkriegten, dass ein langer Abschlag für sie gedacht war. Und hätte der gute Flo zweimal nicht grandios gerettet (und zwei weitere Male Schweineglück gehabt), hätten sich die F95-Kicker über eine 4:0-Niederlage nicht wundern müssen.
Das 2:0 für die SGD in der 68. Minute zog den Rotweißen dann alle verbliebenen Zähne. Nein, aufgesteckt haben sie nicht. Weil sie aber erst jetzt neu formiert worden waren und Pejcinovic noch nie mit den Kollegen zusammengespielt hatte, zogen die Veränderungen nicht mehr wirklich. Die letzte ernsthafte Chance für unsere Buben gab es in der 76. Minute nach einer Ecke und einem scharfen Pass von Jona Niemiec in den Strafraum. Danach spielten die Dresdner natürlich auf Zeit (im Rahmen der Fairness, übrigens) und gingen kein Risiko mehr ein. So schaukelten sie den Sieg, der beileibe keine „Pokalsensation“ ist, sicher nach Hause.
Mindestens eine Szene wird einen der größte Fortuna-Mythen befeuern. Der besagt, dass Ex-Fortunen IMMER gegen ihren ehemaligen Verein eine Bude machen. Gestern traf es zu. Der bei uns extrem glücklose Herr Daferner war es, der das 1:0 aus unmöglichem Winkel machte. Dem Duffy hatte der Ergebene ja mehrfach Schusspech bescheinigte; bei der Hütte aber hatte er aber mal so richtig Glück, denn Kastenmeier war kurz mit der Hand und dann auch noch mit dem Kopf an der Kugel, bevor sie sich dann doch einen Weg ins Netz bahnte. Rein statisch ist aber nichts dran an der Legende von den gegen F95 einlochenden Ex-Spieler.
Eurem vom ganzen rotweißen Herzen ergebenen Fortuna-Liebhaber stellt sich insgesamt eine über diese Partie hinausweisende Frage. Und zwar ausgehend von der Annahme, dass es durchaus normal ist, wenn in einer Partie auch mal zwei Kicker formschwach agieren. An wem aber liegt es, wenn – wie gestern – gleich vier, fünf oder sechs Spieler (Oberdorf, Zimmermann, Iyoha, Sobottka, Tanaka) deutlich unter ihrem Niveau auftreten? Einer der wenigen Fortuna-Profis, mit denen der Ergebene je befreundet war (Kein Name an dieser Stelle.) sagte einmal: „Ich bin immer nur so gut wie passend der Trainer mich in einer Partie mit Aufgaben betraut.“ Anders ausgedrückt: Wenn’s System im Schritt zwickt und sich ein Bursche auf der ihm verordneten Position nicht wohlfühlt, wird er kein gutes Spiel machen. Insofern hat der Cheftrainer, haben die Coaches einen großen Anteil an einem Kollektivversagen wie gestern in Dresden.
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Also erstmal gibt es ein Bier für den Erhabenen für die schöne Kritik an unserem Trainer dann darf ich die Logik kritisieren und die Logik ist hier …Der Trainer hat alles falsch gemacht !
Da darf ich zuerst fragen „Was für ein Kader hatte der Trainer zur Verfügung?“…Shinta nicht dabei, Pejcinovic lange verletzt, Mbamba ,Vermeij und Siebert noch verletzt oder erst kurz genesen. Dann die Schlüsselspieler von letzter Saison fehlen und vorne spielen junge Neulinge für die so ein wichtiges Spiel viel zu früh kommt und ich meine hier nicht Siebert.
Jetzt hat es der unprofessionnelle Trainer letzte Saison bis ins Halbfinale geschafft, dann muß ich doch den Schluß ziehen..“So blöd kann der doch gar nicht sein…“ und der ist bestimmt nicht diese Saison blöder geworden.
Die Trainerkritik kommt für mich immer zu schnell, auch wegen dem Internet, nach der Kritik muss dann zwangsläufig die Entlassung gefordert werden und für mich geht es dann in die falsche Richtung -> gegen Kontinuität, gegen langfristige Entwicklung und wieder so ein Trainer wie Preußer kann für uns gefährlich sein.
Ich setzte hier mal Darmstadt mit Lieberknecht als Beispiel und meinen hohen Respekt vor der Führung von Darmstadt Lieberknecht trotz Abstieg nicht zu feuern. Das war bestimmt nicht leicht weil ich auch Kommentare lese unter PK’s aber der MSV Duisburg weiß wovon ich rede und jetzt bezahl ich.
Danke fürs Bier! Bitte, der Ergebene ist weit entfernt von einer Generalkritik am Trainer. Keine Frage, dass Daniel Thioune ein enormes taktisches Verständnis hat, mit seinen Spieler klasse umgeht und fast jeden Kicker, der ihm in die Hände fiel, besser machte. Seine Verdienste der letzten Jahre sind unumstritten. Die Kritik des Ergebenen bezieht sich auf genau einen Punkt: Mut. Radikale und mutige Entscheidungen sind Thiounes Ding nicht. Das schadet in den allermeisten Fällen nicht, manchmal – wie am Sonntag – aber schon. Engelhardt und Tzolis fehlen, ja klar, dass so ein Offensivfeuerwerk erstmal nicht abbrennen wird. Aber vom tollen Mizttelfeld der vergangenen Saison sind immerhin noch vier Fünftel an Bord, die Viererkette steht relativ fest. Nur vorne ist nichts wie es war. Das wird sich ändern. Eigentlich, findet der Ergebene, ist das aktuelle F95-Mittelfeld mit Sobottka, Jóhannesson, Tanaka und Appelkamp (auf dem Papier) immer noch eines der besten der zweiten Liga, und Noah Mbamba wird sicher eine enorme Verstärkung. Klartext: Der Ergebene würde in Sachen Thioune niemals „Trainer raus!“ rufen – im Gegenteil, er wünscht sich bloß, dass unser Chefcoach manchmal mutige Entscheidungen schneller trifft.
Da wird der Ergebene lange warten müssen. Der nette Herr Thioune, dem das einnehmende Lächeln nur dann nicht vergehen wird, falls „Dawid“ ihm den Arsch rettet, ist einfach kein Siegertyp, um nichts Böseres zu sagen.
Inkl. dem glücklichen Darmstadtsieg [die werden voraussichtlich wie Bielefeld durchgereicht] hat ER die letzten vier Spiele persönlich „verkackt“. Das nimmt kein gutes Ende, vorausgesetzt, man ist mit Platz acht nicht zufrieden…