Spielberichte

Rostock vs F95 1:3 – Erst ballsicher, dann dem Druck standgehalten

Nach einer harten zweiten Halbzeit fuhr Fortuna Düsseldorf doch mit drei Punkten aus Rostock nach Hause.

Bericht · Es wurde viel diskutiert in und an der Retematäng, dieser feinen Kneipe am Rande der Altstadt, in der bei Auswärtsspielen meistens die sogenannte „Expertenrunde“ tagt. Themen waren der schmale Kader, die undurchsichtige Finanzsituation des Vereins und das ganze Drum und Dran der Freispiele. Aber eben auch das tolle Spiel gegen den KSC wurde mit Grinsen im Gesicht angesprochen. Und alle, die es mit der Fortuna haben, hofften, dass es so weitergehen könnte nach dieser doofen Länderspielpause. In der ersten Halbzeit sah es auch ganz so aus. Da hatten die Weißen die Hausherren weitestgehend im Griff. Doch nach der Pause drehten die Rostocke mächtig auf. [Lesezeit ca. 6 min]

Hansa zählt zu den Überraschungen der bisherigen Saison, nicht so sehr wie Magdeburg, aber immerhin waren die Ostseekicker am zweiten Spieltag Tabellenführer und halten sich seitdem im oberen Viertel der Tabelle. Das liegt daran, dass die Blauen einen ziemlich engagierten Ball spielen und gern auch mal hart zulangen. So kam es zu den beiden fiesen Verletzungen von Käpt’n Hoffmann und Vince Vermeij. Die waren definitiv nicht Folgen von Fouls, aber doch schon eines ausgesprochen harten Zweikampfverhaltens der Rostocker. Wohlgemerkt: Unfair traten die Herren von der Warne nie auf, nur kompromisslos.

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Die möglicherweise schlimme Schulterverletzung von „Hoffi“ entstand im Gedränge vorm FCH-Tor; unglücklich kam sie zustande und auch, weil der Käpt’n vollen Körpereinsatz zeigte. Der Zusammenprall von Vince Vermeij – Knie gegen Knie – sah zunächst übel aus. Hoffentlich muss Doc Blecker da keinen längerfristigen Ausfall diagnostizieren. Denn: Der Kader ist klein. Während eine einzelne Verletzungspause wie die von Cello Sobottka – wie gesehen – noch gut kompensiert werden kann, tun zwei über einen längeren Zeitraum fehlende Kicker schon weh. Hoffen wir also das Beste.

Rostock vs F95: Schweigeminute für Marokko und Libyen vor dem Spiel (Screenshot Sky)
Rostock vs F95: Schweigeminute für Marokko und Libyen vor dem Spiel (Screenshot Sky)

Nebenbei: Unter dem nur 23 Mann starken Kader leidet übrigens unsere Zwote ganz erheblich, weil Trainer Michaty kaum mit Abstellungen aus der ersten Mannschaft rechnen kann. Und weil sich seine Truppe nach einigen Ab- und Zugängen auch noch erst finden muss, wundert es nicht, dass die Zwote nach der 0:1-Niederlage in Gütersloh Letzte in der Regionalliga West ist.

In der ersten Spielhälfte trumpften die Jungs in den rotweißen Blockstreifen-Jerseys auf. Der Sky-Kommentator wurde nicht müde, von den „ballsicheren Düsseldorfern“ zu reden. Die Passquote lag zeitweise bei fast 90 Prozent, was allen Akteuren ermöglichte, gefährlichen Zweikämpfen aus dem Weg zu gehen. Und weil dieses wundervolle Mittelfeld mit Yannik Engelhardt, Ísak Jóhannesson und Shinta Appelkamp die Pille grandios verteilte und die drei Flügelmänner Felix Klaus, Chris Tzolis und Emma Iyoha immer was damit anzufangen wussten, hatte die Mannschaft die Gastgeber über 40 Minuten voll im Griff.

Rostock vs F95: Das schicke 1:0 durch Chris Tzolis (Screenshot Sky)
Rostock vs F95: Das schicke 1:0 durch Chris Tzolis (Screenshot Sky)

Die Rostocker hatten alle Hände voll zu tun mit dem Verteidigen, sodass sie praktisch gar nicht ernsthaft in die Offensive kamen. Dem One-Touch-Spiel der Fortunen hatten sie kaum etwas entgegenzusetzen. Trotzdem dauerte es bis zur 17. Minute, bis das 1:0 fiel. Und wieder war es Tzolis, der ganz ähnlich wie gegen den KSC an den Rand des Sechzehners kam und eine präzise Bogenlampe in der Hansa-Hütte versenkte. Was haben wir da für einen Fang gemacht! Vier Tore in vier Spielen, wobei er bisher nur die Hälfte der möglichen Spielminuten sammeln konnte.

Rostock vs F95: Immer wieder Gefahr durch Hansa-Ecken (Screenshot Sky)
Rostock vs F95: Immer wieder Gefahr durch Hansa-Ecken (Screenshot Sky)

Der Schachzug, Emma Iyoha als nominellen linken Außenverteidiger einzusetzen, zahlte sich wieder aus. Im Grunde traten die Burschen von Trainer Thioune auf dem linken Flügel mit zwei Außenstürmern an, wobei Emma immer schön an der Linie bleibt, während Chris bei Gelegenheit gern nach innen zieht. Das ist besonders dann schwer zu verteidigen, wenn da auch noch ein Mittelstürmer mitmacht, der durch viele kleine Positionswechsel Räume für die Außenstürmer öffnet. Nein, ein Knipser ist Vince Vermeij nicht, aber einer, der mit maximalem Energieeinsatz die gegnerischen Verteidiger beschäftigt.

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Auf dem anderen Flügel läuft es anders, weil Zimbo Zimmermann seltener mit nach vorne geht. Aber auch da hat es sich zwischen ihm und Felix Klaus eingebürgert, eine Art doppelte Außenstürmerei aufzuziehen. Weil Hansa defensiv auf dieser Seite aber deutlich stärker verteidigte, kamen Zimbo und Felix nicht so oft zum Zug. Interessant ist immer wieder zu sehen, wie Yannik Engelhardt die Rolle des defensiven Sechsers interpretiert: Er orientiert sich einerseits an Jóhannesson und Appelkamp, in dem er immer eine Linie hinter ihnen bleibt, aber mit ihnen auch vorrückt, andererseits reiht er sich bei Emmas Vorstößen fast schon in die Viererkette, also zwischen Hoffmann und de Wijs ein.

Rostock vs F95: Gut 1.000 F95-Fans bejubeln die Tore (Screenshot Sky)
Rostock vs F95: Gut 1.000 F95-Fans bejubeln die Tore (Screenshot Sky)

Womit wir schon wieder beim schmalen Kader sind und der gestern auch diskutierten Frage: Was machen wir, wenn Engelhardt, Jóhannesson und/oder Appelkamp ausfallen? Eine mögliche Antwort: Dann setzen wir wieder auf das eingespielte Team, das vor der Ankunft der Neuzugänge zu Beginn der Saison gut funktioniert hat. Dies alles mit vielen aufgestellten Kerzen in der Kapelle des Fußballgottes mit der Bitte, er möge eine Verletzungsmisere wie im vergangenen Herbst mit sieben Ausfällen nicht zulassen.

Rostock vs F95: Spitzenreiter, Spitzenreiter, hey, hey (Screenshot kicker)
Rostock vs F95: Spitzenreiter, Spitzenreiter, hey, hey (Screenshot kicker)
Jedenfalls hatte die glorreiche Diva in den ersten 40 Minuten durchgehend Oberwasser. Und es war Käpt’n Hoffmann, der in der 35. Minute saftig zum 2:0 abstaubte. Dabei gingen er und Jordy de Wijs mit brachialer Kraft im Rostocker Sechzehner vor – erfolgreich! Das Gegentor in der 45. Minute war die Folge einer Ecke, bei der alle acht Fortunen im Strafraum schlecht standen und nicht gut reagierten. Engelhardt nahm das Ei mit der Brust, sodass es abtropfte, und der Hansa-Torschütze mit einem Körperteil in die Lage versetzt wurde, die Kugel an Flo Kastenmeier vorbei in die Maschen zu drücken. Und um ein Haar wäre sogar der Ausgleich gefallen. Und zwar durch einen wuchtigen Distanzschuss, der allerdings direkt auf Kastenmeier zu schoss, sodass er keinen Schaden anrichtete. In Hälfte 1 hatte Flo ansonsten wenig zu tun und konnte sich erst im zweiten Spielabschnitt mit ein paar grandiosen Paraden hervortun.

Man kann nicht sagen, dass F95 nach dem Wiederanpfiff schlechter geworden wäre; es waren die Hanseaten, die von Beginn an volles Rohr auf Ausgleich und Sieg spielten. Dabei warfen sie alles hinein, was sie haben – jedoch ohne sich hinten zu viele Blößen zu geben, sodass es praktisch keine echten Konterchancen für die Gäste gab. Der Druck stieg von Minute zu Minute. Und als Käpt’n Hoffmann in der 53. Minute (siehe oben) durch den jungen Jamil Siebert ersetzt werden musste, machten sich ein paar Fans in der Retematäng Sorgen.

Aber nicht nur Jamil hielt seine Räume sauber, Yannik Engelhardt wurde von Minute zu Minute stärker, gewann in dieser Phase 90 Prozent der Zweikämpfe und kam auf eine sagenhafte Passquote von 96 Prozent! Und der Junge ist gerade mal 22 Jahre alt! Als die Expertenrunde gerade über mögliche Wechsel redete und sich für Jona Niemiec und Ao Tanaka aussprach, kamen – siehste! – Niemiec und Tanaka auf die Wiese. Allerdings nicht wie vorgeschlagen für Vermeij und Klaus, sondern für den bis dahin ungewöhnlich unauffällig agierenden Shinta Appelkamp und – aus unerfindlichen Gründen – Chris Tzolis. Das war in der 62. Minute.

Rostock vs F95: Käpt'n Hoffmann macht das 2:0 (Screenshot Sky)
Rostock vs F95: Käpt’n Hoffmann macht das 2:0 (Screenshot Sky)

Aus dem 4-3-3 wurde so eine Art 4-4-1-1, wobei das Mittelfeld eine flexible, defensiv ausgerichtete Raute bildete. In der 68. Minute war es dann fast soweit: Ein hammerhartes Ding aus gut 22 Metern haute fast den Pfosten um; da wäre nichts zu halten gewesen. Alle wichtigen Statistikwerte schlugen nun zugunsten der Rostocker aus, die inzwischen 8:1 Torschüsse nach Halbzeitbeginn auf dem Konto hatten. Dann der Zusammenprall, bei dem Vince Vermeijs Knie was abbekam. Für ihn kam Daniel Ginczek, der überhaupt nicht ins Spiel fand. Außerdem brachte Thioune in dieser 74. Minute Tim Oberdorf für Zimbo Zimmermann.

Die rotweißen Zuschauenden in der Kneipe rechneten bereits fest mit einem Unentschieden. Besonders als Kastenmeier in der 87. Minute mit einer Weltklasseparade reagierte und alle 30 Sekunden was auf seinen Kasten kam. Entlastungsangriffe? Fehlanzeige. Bis zur 88. Minute. Und wer leitete ein? Natürlich Ìsak Jóhannesson, der durchgehend alles im Blick hatte und erkannte, dass Jona Niemiec auf dem Weg war. Ein Traumpass, eine eher mittelmäßige Annahme, ein Stolpern des Verteidigers – und Jona netzt ein zum 3:1. Da konnte man deutlich spüren, dass den wackeren Hanseaten damit der Zahn gezogen war. Nach ein bisschen Geplänkel pfiff der sichere Schiri Winter ab.

Rostock vs F95: Das 3:1 durch Niemiec - unscharf (Screenshot Sky)
Rostock vs F95: Das 3:1 durch Niemiec – unscharf (Screenshot Sky)

Zeitgleich lag der HSV in Elversberg zurück, und so skandierte der Mob „Spitzenreiter, Spitzeneiter, hey, hey“. Dass die wunderhübsche Diva auch heute morgen noch von oben grüßen konnte, verdankt sie den Schalkern, die in einem wüsten Spiel mit 4:3 gegen Magdeburg gewannen. Und weil es ja nicht immer nur die Punkte sind, die in einer Tabelle gut aussehen, sei noch auf die Tordifferenz von +9 hingewiesen und dass die Fortuna mit bisher vier Buden die zweitwenigsten Treffer kassiert hat. Hoffen wir also darauf, dass es Käpt’n Hoffmann und Vince Vermeij nicht schlimm erwischt hat und dass unser wunderbares Team nächste Woch im Heimpsiel gegen Hanoi nachlegt.

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