F95 vs Hannover 1:0 – Den Gegner in jeder Hinsicht überrascht
In einem interessanten Spitzenspiel schlug die glorreiche Fortuna Hannover 96 völlig verdient mit 1:0.
Bericht · Vielleicht ist Daniel Thioune ja doch ein Trainergott. Vielleicht liest Daniel Thioune aber dieses kleine Fortuna-Blog sehr genau und nimmt sich zu Herzen, was er liest. Jedenfalls überraschte unser sympathischer Chefcoach nicht nur den Ergebenen mit seiner Startaufstellung. Das ehemalige Fußballfachmagazin Kicker konnte mit der Liste der Nominierten jedenfalls nichts anfangen und bastelte zunächst ein irres 4-3-2-1 mit Danny Schmidt als Sechser (har-har-har). Aber, euer treu Ergebener hat ja im Block mit dem Tobi einen wahren Experten, der mal eben die tatsächliche Systematik klarstellte. Und die war nicht nur überraschend, sondern mutig. [Lesezeit ca. 7 min]
Und Mut war ja das, was außer dem Ergebenen zahllose Fans von Trainer Thioune eingefordert hatten. Also begann (überraschend) Emma Iyoha als Rechtsverteidiger, weil Nico Gavory seinen angestammten Platz als Linksverteidiger einnahm. Zimbo Zimmermann übernahm (überraschend) die Sechserposition und wurde mit einer tollen Vorstellung einer von zwei Männern des Matches. Ja, da wollte er ja auch immer hin, aber über die Jahre gab es immer Kollegen, die für diesen Job besser geeignet schienen. Jetzt ist Engelhardt weg und Cello Sobottka neben der Spur, da war der Platz eben frei.
Ob Ísak Jóhannesson tatsächlich den zweiten Sechser gab oder doch eher einen Achter, war nie so deutlich, war aber auch egal. Die Flügel besetzten (wenig überraschend) rechts Felix Klaus und links Tim Rossmann. Womit wir bei der vermeintlichen Doppelspitze wären. Gut, dass Dawid Kownacki ganz vorne arbeiten würde, überraschte nicht. Aber den Danny Schmidt, den Thioune gern einen Neuneinhalber nennt, den hat eigentlich niemand als echte zweite Spitze gesehen. Und dieser Danny wurde zum zweiten Mann des Matches.
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Und das nicht nur, weil er die Siegeshütte baute. Der junge, vor Saisonbeginn von vielen Kennern völlig unterschätzte Bursche bespielte den gesamten Raum zwischen Kownacki und Zimmermann beziehungsweise zwischen Rossmann und Klaus. Den bekamen die Hannoveraner nie in den Griff. Und eigentlich hätte der gute Danny schon in der 14. Minute den ersten Treffer für seine Farben markieren können. Tim Rossmann erobert die Pille im Mittelfeld mit robustem Körpereinsatz, rennt los, hat ne Menge Wiese vor sich und am Ende den neongrünen Zieler. Leider hat er den Ball am falschen Fuß als die richtige Schussposition erreicht. Also legt er rüber auf den mitgelaufenen Kollegen Schmidt. Der wird regelkonform gegrätscht, so dass der Ball von seinem Körper an den Pfosten hopst und dann ins Aus. Mann, was für eine Chance!
Daniel Thioune hatte in der Pressekonferenz zum Spiel Überraschungen angekündigt und diesen Hinweis eingelöst. Und zwar saftig. Denn weder die Hanoi-Truppe noch deren ebenfalls sympathische Trainer Leitl hatten mit einem derart druckvollen Start der Arena-Hauptmieter gerechnet. Denen fiel schlichtweg nix ein. Vor allem kein Weg, ihre zweifelsfrei vorhandene Qualität in irgendeinen Matchplan umzusetzen. Ihr Coach machte in der ersten halben Stunde an der Seitenlinie regelmäßig das Rumpelstilzchen, was aber nichts an der Unterlegenheit seiner Schützlinge änderte.
Übrigens: Rumpelstilzchen kann Thioune auch. Während er sich ja gewöhnlich eher ruhig und konzentriert in der Coachingzone aufhält, rastete er beim Siegtreffer schier aus, animierte anschließend die Zuschauenden mit ganz großen Gesten und freute sich nach Abpfiff körperlich einen Ast über die Partie, die für den Ergebenen das genaue Gegenteil von „vercoacht“ war. Ja, dieses wichtige Spiel hat der Cheftrainer gewonnen.
Nein, die Begegnung haben sie alle zusammen gewonnen: Spieler auf dem Platz, Spieler auf der Bank, Betreuer und Stab, die Co-Coaches und eben Cheftrainer Daniel Thioune. Dass die Bande das auch so sah, konnte man an ihren Feierlichkeiten nach Abpfiff vor der Süd sehen. Wobei Jamil Siebert den lustigen Klassen-Clown gab und Flo Kastenmeier strahlte, wie Flo Kastenmeier selten strahlt.
Finde den Fehler: Menschen machen Fehler. Schreiber:innen sind Menschen, machen also Fehler. Und Schreiber ohne großes Team hinter sich – wie der Ergebene – machen natürlich auch Fehler. Deshalb unsere Bitte an alle: Wer einen Fehler im Text entdeckt, meldet ihn uns auf einem der bekannten Wege – z.B. per Mail an kontakt@fortuna-punkte.de oder über das Kontaktformular. Wir versprechen, falls wirklich etwas Falsches im Beitrag stand, bedanken wir uns nicht nur, sondern korrigieren es umgehend. Schönen Dank im Voraus!
Und wenn unser unumschränkter Keeper Nr. 1 nicht Mann des Spiels ist, dann ist das ein gutes Zeichen. Okay, die ergebene Strichliste attestiert Kaste vier besondere Paraden, aber sowas richtig Spektakuläres war nicht dabei … weil es nicht nötig war. Seine Rolle als Spieleröffner erledigte er wie gewohnt, und einen potenziellen Kastenmeier-Moment entschärfte er souverän. Da war er die Torlinie entlang nach einem Ball gelaufen, einen Gegner im Nacken; raus aus dem Sechzehner und die Pille weggedroschen.
Beeindruckend auch der Auftritt von Nico Gavory, um den sich in den vergangenen Tagen ja auch Transfergerüchte gebildet hatten. Wir alle wissen doch: Wenn der Franzose nicht verletzt und topfit ist, dann ist er der perfekte Linksaußenverteidiger. Und der Ergebene hätte es ihm so sehr gewünscht, dass sein Fernschuss in der 64. Minute nicht an den langen Pfosten, sondern reingegangen wäre. Der Kommentator der Sportschau-Zusammenfassung ordnete die Chance übrigens Herrn Zimmermann zu – kann passieren bei den ganzen wasserstoffblondierten Kollegen im roten Dress,
Noch einen, den man herausheben muss: Käpt’n Hoffmann erlebt sowas wie seinen dritten Frühling, wobei für ihn Ähnliches gilt wie für Gavory – ist er fit, ist er eine Bank. Besonders auffällig, dass er wesentlich mutiger kickt als in den, ja, vergangenen Jahren, dass er im Zweifel nicht nach Kastenmeier Ausschau hält, um das Ei bloß nicht nach vorn treiben zu müssen. Beeindruckend, wie elegant er in der 64. Minute einen Gegner aussteigen ließ.
Auch wenn Tim Oberdorf sowohl in Dresden als auch in Ulm ein bisschen überspielt wirkte, war er gestern wieder der Innenverteidiger, als den wir ihn lieben. Bleibt das so, wird’s schwierig für Jordy de Wijs und Joshy Quarshie. Es sei denn, Daniel Thioune will dann doch mal mit Dreierkette spielen lassen. Wenn aber Jamil Siebert wieder an Bord ist, haben die beiden Kollegen kaum noch ein Chance – schade, eigentlich. Könnte natürlich sein, dass die Coaches die beiden noch umschulen…
Der einzige Fortuna-Angestellte, der dem Ergebenen an diesem lauen Abend in Stockum nicht so gut gefallen hat, war ausgerechnet der Heimkehrer. Irgendwie und aus irgendeinem Grund spielte Dawid Kownacki mit gebremstem Schaum. Am Pressing beteiligte er sich nicht, und einen Wandspieler zu machen, probierte er nicht einmal. Okay, Kollege Schmidt bekam aber auch deutlich mehr Bälle serviert als der gute Dawid. Nur würde man sich einfach mehr Feuer vom Polen wünschen.
Ungefähr so viel Feuer wie Felix Klaus seit Saisonbeginn auf dem Rasen versprüht. Der Mann ist jetzt 31 und kickt seit dem Januar 2021 für die wunderhübsche Diva. Er hat – wie man so sagt – Höhen und Tiefen durchlebt, aber er war nie einer, der sich irgendwelchen Depressionen hingibt (auch wenn er manchmal so traurig aussieht). Die Ehe mit Zimbo geht nun ins fünfte Jahr, und selbst Herr Zimmermann nicht auf der rechten Außenschiene spielt, vergisst er seinen ollen Kumpel nicht. Tatsächlich kamen von der Sechs mehr Pässe auf die rechte Seite als in Richtung Tim Rossmann.
Auch der Felix hatte mindestens eine Bude auf dem Schlappen, aber nichts Ernstes, wobei er am Kuddelmuddel, das zum entscheidenden 1:0 führte, ausnahmsweise nicht beteiligt war und nur unterstützend zuschaute. Gestern hatte er es auf der Schiene mit Emma Iyoha zu tun, was dazu führte, dass er viel weniger ins Spiel gebracht wurde. Emma erfüllte seine Aufgabe sauber; wenn er sich aber am Aufbauspiel beteiligte, dann in Form, dass er mit der Kugel dribbelte, dabei nach innen zog und im Zweifel auf den linken Flügel passte.
Tja, und die Seite beackerte Tim Rossmann im Verbund mit Nico Gavory. Das passte nicht ganz so gut, weil unser Franzose gern selbst bis zur Grundlinie durchgeht, um dann zu flanken, was seinen Spannmann dazu zwingt, nach innen zu ziehen, wo aber bei der gegebenen Konstellation nicht viel Platz für ihn war. In der zweiten Hälfte klappte es zwischen den beiden besser, sodass es auch zu zwei, drei schönen Doppelpasssituationen kam. Besonders auf dieser Position könnte es spannend werden, wenn Neuling Myron van Brederode, durch und durch Linksaußen, einsatzbereit wird.
Ansonsten schlüpften kurz vor dem Anpfiff mit Giovanni Haag und Valgeir Lunddal Fridriksson noch schnell durchs Transferfenster – dazu demnächst mehr.
Apropos Feuer: Einer, der immer die Fackel zündet, ist Jona Niemiec, ein klassischer Joker. Wie der sich durchsetzt, wie der im Umschaltspiel Bälle festmacht, wie der in den Strafraum eindringt, und … wie der aus Chancen keine Buden macht. Was muss man dem ins Müsli mischen, damit er die Pille eben nicht dem Tormann in die Arme schiebt oder den Kasten einfach verfehlt? Es ist das Einzige, was dem guten Jona noch zum Spitzenspieler fehlt.
Felix Klaus, den anderen Firestarter, erwischte es in der 78. Minute so, dass er rausmusste. So kam es zu den ersten Wechseln: Jona ersetzte Felix, und für den mild lethargischen Dawid Kownacki kam der Jungspund Pejcinovic, der deutlich mehr Action anzettelte. In der 86. Minute hatte dann Siegtorschütze Danny Schmidt Feierabend und wurde durch Cello Sobottka ersetzt. Um ein bisschen Nachspielzeit von der Uhr zu nehmen, brachten die Coaches in der 93. Minute Noah Mbamba für Tim Rossmann. Und dann war Schluss.
Tja, da hatte also unser mutiger Trainer Thioune seinen H96-Kollegen überrascht. Und zwar so, dass dessen Buben die gesamte Partie über nie die Oberhand gewannen und selbst das Endfeuer der letzten 15 Minuten nie lichterloh brannte. Dass die Rotweißen so gut dastanden, hatte auch etwas damit zu tun, dass sich offensichtlich (fast) jeder Kicker auf seiner Position wohlfühlte – also genau das Gegenteil von dem, was in Dresden und Ulm zu sehen war. Vielleicht ist Daniel Thioune kein Trainergott, aber ganz gewiss so lernfähig, dass er auch Trainer anderen Gegner überraschen wird – zum Beispiel den der Hertha, wenn ins 14 Tagen weitergeht.
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Ich kann bei vielem zustimmen. Gavory gestern sehr gut, Zimmermann und Klaus auch. Allerdings finde ich, dass Niemiec Woche für Woche zeigt, dass er keine zweitligareife hat. Schlechte ballan- und mitnahmen, schwache Defensivarbeit usw. Nur schnell sein reicht aus meiner Sicht nicht. Ich sehe leider keine ausreichende Entwicklung bei ihm um wirklich mal ein ernsthafter Konkurrent für Klaus zu sein. Leider.