F95 vs Darmstadt: 1:0 – Kämpferisch statt spielerisch, und mit ein bisschen Glück
Nein, F95 und Darmstadt trennen sich nie unentschieden, und die Lilien können in Düsseldorf nicht gewinnen – beide Teams taten am Ende alles, um diese Weisheiten zu bestätigen.
Bericht · Es ist ja immer so, wenn sich zwei wahre Traditionsvereine begegnen: Da werden langjährige Statistiken bemüht. Und die besagen im Fall der Kontrahenten, dass es in 19 Partien nur zwei Unentschieden gab und dass der SV Darmstadt 98 zuletzt im September 1988 im Rheinstadion gewinnen konnte. Schön, aber was sagt das über das gestrige Spiel aus? Genau: gar nichts. Dafür sprechen die statistischen Daten über die Partie selbst eine sehr deutliche Sprache. [Lesezeit ca. 8 min]
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Vor allem bei zwei Werten. Die Darmstädter hatten am Ende dreizehn Ecken auf dem Konto, und die Fortuna beging dreizehn Fouls, doppelt so viele wie der Gegner. Diese Daten belegen, dass es im Wesentlichen eine Abwehrschlacht war. Das lässt sich auch mit einem Ballbesitzverhältnis von 54:46 und Torschussquoten von 21:6 beweisen. Dass der SVD daraus keinen Sieg oder wenigstens ein Unentschieden erzeugen konnte, spricht dafür, dass der Tabellenführer einen nicht so guten Tag mit nach Düsseldorf gebracht hat.
Unter der Woche hat sich Fortuna vom langjährigen, über die Grenzen Düsseldorfs bekannten Stadionsprecher Dieter „The Voice“ Bierbaum verabschieden müssen, der nach langer, schwerer Krankheit im Alter von 80 Jahren gestorben ist. Die Ultras präsentierten eine wundervolle Choreo mit dem Spruch „Machet jot, Dieter“ und Stadion-DJ Opa legte das getragene Instrumentalstück „Biscaya“ von James Last als Hommage an Dieter Bierbaum auf, denn das hatte „The Voice“ in den Achtzigern regelmäßig auf dem Plattenteller im Rheinstadion. Bisschen Ärger gab es, weil die Gedenkminute nicht unmittelbar vor dem Anpfiff durchgeführt wurde, sondern mitten im Vorspieltrubel. Der Verein konnte nichts dafür, der DFB hatte die besondere Ehrung schlicht untersagt. Wir wissen ja alle, was der DFB uns kann…
Ein wenig fühlte es sich so an wie in den Partien, in denen unsere Jungs gegen Abstiegskandidaten antraten, brillierten und überlegen auftraten, aber am Ende keine Punkte verbuchen konnten. Und dass die Darmstädter nicht schon in der ersten Hälfte in Führung gingen, hatte eine Menge mit Dusel zu tun. Denn die Fortuna spielte schlecht, richtig schlecht. Da funktionierte eigentlich nichts. Auf der linken Abwehrseite tat sich Micky Karbownik schwer, dessen Kooperation mit Emma Iyoha klappte nicht. Über die rechte Seite ging gar nichts, und Dawid Kownacki hing völlig in der Luft.
Andererseits hätten die Roten in der 13. Minute in Führung gehen können, nein, müssen. Felix Klaus schiebt einen Freistoß von rechts in den Sechzehner, Chris Klarer direkt vor den Schlappen. Der trifft mit seinem Schuss den SVD-Keeper. Die Pille springt zurück, und jetzt ist Dawid Kownacki dran. Dessen Ding wehrt der Teufelskerl im Lilientor ab.
Kaum drei Minuten später hat dann der SVD seine fette Chance. Die entsteht, wie sollte es anders sein, über unsere linke Abwehrseite, ausgelöst durch eine Unachtsamkeit von Tim Oberdorf und scharf gemacht durch einen Fehler von Karbownik. Der Darmstädter kann abziehen, aber das Ei wird noch von einem Fortunen geblockt. Dieses Abwehrmuster wiederholte sich zigmal. Gefühlte 30 Schüsse wurden von F95-Körpern daran gehindert auf Flo Kastenmeiers Bude zu gehen. Nicht zuletzt deshalb hatte der gute Flo über rund 70 Minuten hinweg nicht viel zu tun.
Dass F95 zur Pause noch nicht hinten lag, hatte zwei gute Gründe. Die hießen Andre „Käpt’n“ Hoffmann und Chris Klarer, die gestern die vermutlich beste Leistung der Saison brachten. Gerade der gelegentlich gescholtene Hoffmann spielte einen herausragenden Innenverteidiger und nahm deutlich mehr am Spielaufbau teil als zuletzt. Und Klarer brachte die ihm eigene und für die Partie unbedingt nötige Härte in die Sache.
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Genau wie Cello Sobottka, übrigens. Der hatte sich dann doch von seiner hartnäckigen Grippe so weit erholt, dass er antreten konnten. Dass er aber 90 Minuten durchspielen würde, das war nicht zu erwarten. Man sah ihm nach dem Abpfiff auch an, dass er zuletzt auf den Reservetank umgeschaltet hatte. Überhaupt waren die Akteure, die das volle Pensum gegangen waren, sichtbar erschöpft – ein gutes Zeichen, denn es belegt, dass die Jungs physisch wirklich alles gegeben haben.
Spielerisch war das in der ersten Halbzeit Gebotene eher Magerkost. Die Passquote erreichte nur deshalb annehmbare Werte, weil dann doch wieder sehr viel hintenrum gespielt wurde. So kam es auch erneut dazu, dass Flo Kastenmeier die zweitmeisten Pässe über den Rasen schob und die beste Passquote erreichte. Die Fans spürten, dass dieses elende Hintenrum-Geschiebe dieses Mal so etwas wie Notwehr darstellte. Denn wann immer sich die Buben in Rot einen Spielzug zutrauten, ging der irgendwie in die Hose.
Zweikämpfe gingen in den ersten 45 Minute serienweise verloren, Balleroberungen gelangen nur selten, und an die zweiten Bälle kamen die F95-Kicker auch nicht. Da konnten alle, die es mit unseren Farben halten, froh über das 0:0 sein. Im Block herrschte milde Ratlosigkeit. Dass es nicht funktionierte, konnte jeder sehen, der weniger als drei Becher Bier intus hatte. Was genau nicht funktionierte, war schon schwerer zu erkennen. Und Lösungsvorschläge gab es noch weniger.
Einer davon sah so aus: Die größte Gefahr der Darmstädter ging bei denen auf dem rechten Flügel, also unserer linken Abwehrseite, aus. Offensichtlich hatten die sich Karbownik als Schwachstelle ausgesucht. Der aber an diesem Tag einfach nur offensiv sein wollte – eine teuflische Mischung. Wie wär’s – so die Idee – Micky und Emma die Positionen tauschen zu lassen? Denn Iyoha kann Außenverteidiger. Selbst die Überlegung, Karbownik durch Nicolas Gavory zu ersetzen, wurde debattiert.
Es kam anders. Als die Gäste samt Schiri Aytekin schon auf der Wiese rumlungerten, um die zweite Spielhälfte zu starten, war von der Fortuna noch nichts zu sehen. Die Kabinenbesprechung hatte sich ziemlich in die Länge gezogen. Und anstatt irgendwelcher Wechsel oder Umstellungen gab es da wohl eine gehörige Portion Motivation für die Kicker.
Dementsprechend wurden die Herren allesamt ein bisschen körperlicher. Promi-Schiri Aytekin ließ viele Sachen laufen, die andere Referees abpfeifen, lag nicht immer richtig, was aber über alles nicht zu Ungerechtigkeiten führte. Apropos: Gut eine Stunde vor dem Spiel joggte ein Mann in Schwarz einige Platzrunden, um sich aufzuwärmen – das war Deniz Aytekin. Und dabei geschah etwas, was euer in Ehren ergraute Ergebene noch niemals in einem Fußballstadion erlebt hat: Die Zuschauenden begrüßten den Unparteiischen mit warmem Applaus. Applaus für einen Schiedsrichter! So sind wir ja nicht einmal mit unserer ewigen Lieblings-Schiriin Bibi Steinhaus umgegangen. Dem mild Gefeierten war das wohl peinlich, er reagierte mit einer abwiegelnden Handbewegung.
Hart war es, aber niemals unfair, auch im sonstigen Umgang miteinander. Eine Lilie meinte trotzdem, in Diskussionen mit dem Referee einzusteigen – er wusste vermutlich nicht, wen er vor sich hatte. So blieb die Zahl der gelben Karten überschaubar. Interessant, dass die Darmstädter ihre drei Verwarnungen alle für taktische Fouls kassierten und alle jenseits der 80. Minute. So unterbanden sie fortunistische Konter. Und, wer weiß, ob nicht doch einer davon gelungen und der Sieg deutlicher ausgefallen wäre.
Mit dem neuen Schwung, den unsere Boys nach der Pause auf den Platz brachten, kamen die Lilien nicht sonderlich gut klar. Ein etwas dummes Foul von Tim Oberdorf brachte denen einen Freistoß aus gefährlicher Position, der aber nichts einbrachte. Ansonsten ging es bis zur 51. Minute eher im Mittelfeld zur Sache. Dann aber fiel dieses eine wunderbare Tor.
Es war ein, na ja, Konter: Cello Sobottka schlägt im Rauslaufen einen Steilpass in die generische Hälfte, den Daniel Ginczek klug für Dawid Kownacki durchlässt, der wiederum steil verlängert auf Emma, der nur noch einen SVDler mehr neben als vor sich hat. Emma zieht aus ungefähr 17 Metern ab. Sein Gegenspieler fälscht den strammen Schuss unhaltbar ab – 1:0 für die glorreiche Fortuna!
War der Support bis dahin angesichts des schwierigen Spiels noch etwas verhalten, rastete nicht nur die Süd aus. Und von da an unterstützten alle Anwesenden, die F95 im Herzen tragen, ihr Team mit Macht. Die Spieler äußerten sich später sehr angetan von der Anfeuerung und bedankten sich nach Spielende ausdrücklich beim Fanvolk. Bei den Coaches hätten sich die Liebhaber der Diva allerdings genauso ausdrücklich bedanken müssen. Denn das die Fortuna den Sieg nach Hause trug, lag auch an einer schlauen Umstellung ab der 70. Minute.
Daniel Thioune meinte später, ihm sei klar geworden, dass seine Jungs den Sieg nicht hätten offensiv durchbringen können. Und weil die Lilien im Angriff gestern nicht besonders inspiriert auftraten, setzte er auf verstärkte Defensive. Ausgerechnet die beiden angriffsstärksten Kicker, nämlich Felix Klaus und Emma Iyoha gingen, Nicolas Gavory und Jordy de Wijs kamen. So entstand eine massive Fünferkette. Micky Karbownik wurde dadurch von Defensivaufgaben entbunden und rückte ins Mittelfeld, das nun aus drei Kollegen auf gleicher Höhe bestand. Hatten zuvor Tim Oberdorf – etwas tiefer – und Cello Sobottka dort agiert, gab es nun eine Dreier- vor der Fünferkette.
Den Darmstädter blieb kaum mehr übrig als es von außen mit Flanken in die Box zu versuchen, die Mitte war zu. Dies erwies sich als exakt das richtige Konzept, den Ausgleich zu erschweren. Schon in der 61. Minute war Rouwen Hennings für den angeschlagenen Daniel Ginczek gekommen, setzte dessen Rolle nahtlos fort, war aber durchaus effektiver in seinem Tun. Und in der 85. Minute hätte er das goldene Tor machen können: Mit der Hacke versuchte er eine Flanke Karbownik am Keeper vorbei ins Gehäuse zu zaubern.
In der 73. und der 83. Minute tat Flo Kastenmeier dann seinen Teil zum Heimsieg. Zweimal entschärfte er saugefährliche Schüsse auf sein Tor in Weltklassemanier. Nur zwei Fortunen zeigten sichtbare Schwächen im Spiel. Bei Karbownik hat man manchmal das Gefühl, er dribbelt nur um des Dribbelns willen. Zieht er am gegnerischen Sechzehner vorbei, ruft das halbe Stadion oft: „Nun schieß doch endlich!“ Und bei Daniel Ginczek hatte man durchgehend das Gefühl, er habe einfach nicht genug Sprit im Tank. Blass blieb dieses Mal Felix Klaus, der in den vergangenen Partien so geglänzt hat.
Es blieb bei diesem schmuddeligen 1:0, das der Bauch des Ergebenen vorhergesagt hat. Und das, obwohl die Mannschaft in Rot spielerisch eine Klasse tiefer angesiedelt war als zuletzt. Dafür aber haben sich die Männer gerade in der zweiten Halbzeit so richtig reingehängt. Wohl auch, weil sie gemerkt haben, dass das Team des SV Darmstadt 98 an diesem Sonntag nicht annähernd so effizient auftrat wie so oft in der Saison.
Direkt aufsteigen werden die Lilien mit großer Wahrscheinlichkeit doch, und das wäre dem Verein, dem Trainer und den Spielern auch von Herzen zu gönnen. Der TSV Fortuna Düsseldorf dagegen hat endlich einen Schritt in die richtige Richtung gemacht. Weil Pauli zuhause unerwartet gegen Braunschweig verloren hat, ist F95 nun wieder Tabellenvierter und weil auch der HSV gegen beherzt spielende Lauterer verlor, sind es nur sechs Punkte bis zum Relegationsplatz.
Sieht so aus, als ob der FC St. Pauli es in der Hand hat, die glorreiche Fortuna doch noch auf den dritten Platz zu hieven. Die Braunen vom Kiez müssen nur gegen den HSV gewinnen und sich am 12. Mai von unseren Jungs besiegen lassen. Dann könnte aus „rein rechnerisch“ ein dickes „tatsächlich“ werden. Man wird doch noch hoffen dürfen…
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Ja, es war einiges an Glück dabei gestern. Aber denke ich an einige unglückliche Punktverluste (ich meine nicht die doofen und selbstverschuldeten), fehlen noch ein paar Spiele dieser Art.
Man muss aber auch sagen, dass Darmstadt gestern nicht wirklich zwingend und entschlossen war. In Hälfte eins haben sich beide mit ähnlicher Spielweise quasi egalisiert. In Halbzeit zwei dann unser sehr schöner Konter zum 1:0, so etwas hatten die Darmstädter gestern nicht drauf. Bei den frühen Wechseln um die 70. Minute herum glaubten wir, dass dies in die Hose geht. Tat es aber nicht, denn unsere Jungs haben malocht, wie schon lange nicht mehr. Und standen hinten massiv und sicher, wie schon lange nicht mehr. Beim Pfostenschuss hatte Kaste Glück (oder seherische Fähigkeiten), beim Kopfball der Darmstädter hatte er eine Riesenparade. Da der Torwart zur Mannschaft gehört und einer von 11 ist, gehört das mit zur Spiel-Wahrheit.
Am Ende war es eben nicht unverdient, dass wir gewonnen haben. Das Lieberknecht von fehlenden Spielglück sprach, stimmt zwar. Das hatte Darmstadt aber auch ein paar mal in anderen Spielen in dieser Saison. Und wir eben in viel mehr Spielen nicht.
Tja, schade, dass wir in 4 bis 6 Spielen einfach zu viele Punkte verschenkt haben. Wir wären schon fast durch. Jetzt sind wir auf fremde Hilfe angewiesen. Aber im Fußball ist alles möglich, also abwarten.
Hallo extrem Ergebener, hallo Uwe, ich freue mich heute über zwei sehr gute Einschätzungen zum Spiel. 50 Cent vom Euro gehören daher diesmal Uwe. Ich habe nur wenig Ergänzungen. Der SVD hat meiner Meinung nach ein hervorragendes Lehrstück in Sachen Zweikampfstärke gezeigt. Obwohl wir kämpferisch gewiss nicht schlecht waren, können wir uns in Sachen Cleverness von denen ein gutes Scheibchen abschneiden. Hätten sich die Fortunen hinten (insbesondere die beiden IV!) nicht in jeden Schuss geworfen, hätte das Spiel auxh ganz anders ausgehen können. Das habe ich bei unseren in dieser Saison eher selten so intensiv gesehen, Respekt! Dass es nach vorne nicht so gut geklappt hat, lag nach meiner Ansicht an der (diesmal zurecht) eher defensiveren Ausrichtung und dadurch zu wenigen Anspielstationen im Mittelfeld. Die Darmstädter haben den Raum ganz schön eng gemacht, das war schon große Klasse. Uns fehlt es nach wie vor etwas an Tempo (nicht nur, aber besonders) auf den Flügeln, das ist aber nichts Neues. Besonders gut gefallen haben mir neben den IV Oberdorf und Sobottka, die die eher schwächelnden AV wett gemacht haben. Kaste hat seinen Job ebenfalls ausgezeichnet gemacht. Mein Resümee lautete daher: „Nicht gut, aber erfolgreich“, ein gerechter Ausgleich zu vorangegangenen Spielen! Ich bleibe aber dabei, dass ich mir den Aufstieg in dieser Saison nicht wünsche, wenn es auch nach diesem Spiel schon ein bisschen weniger geworden ist… Gruß Delk